Diskussion:Minna Flake

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„Berliner Aerztinnen zu § 218“. Der Sozialistische Arzt, Band VI, Heft 3, Juli 1930, S. 116

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Da in den im Internet verfügbaren Digitalisaten des betreffenden Bandes S. 116-117 nicht gescannt wurden, folgt hier der Text des Aufsatzes von Minna Flake, der Aufsatz findet sich abgedruckt auf Seite 116.

- doppelte Anführungszeichen wurden hier in einfache Anführungszeichen gesetzt (da Zitat im Zitat)

- die Abschnitte wurden wie im Original gesetzt; die Zeilenumbrüche jedoch nicht berücksichtigt

- Hervorhebungen wurden im Original mit Sperrsatz markiert

- die Überschrift ist im Original mittig und das Kürzel "M.Fl." ist rechtsbündig, ging hier irgendwie nicht einzustellen...


„Berliner Aerztinnen zu § 218

356 Berliner Aerztinnen aller Parteirichtungen – das sind drei Viertel aller weiblichen Aerzte Berlins – haben eine E i n g a b e an den S t r a f r e c h t s a u s s c h u ß d e s R e i c h s t a g s unterzeichnet, in der die F r e i g a b e der S c h w a n g e r s c h a f t s u n t e r b r e c h u n g in die Hände des Arztes oder wenigstens die Zulassung der sozialen Indikation verlangt wird. Die Berliner Aerztinnen haben diese Aktion aus der Erfahrung ihrer ärztlichen Praxis heraus, aus der Einsicht, in die Gesundheit und Leben vieler Tausender bedrohenden Gefahren des Pfuscheraborts unternommen.

    Obwohl auch die übergroße Mehrheit der B e r l i n e r A e r z t e k a m m e r vor anderthalb Jahren sich für die Erlaubnis der Schwangerschaftsunterbrechung bei wirtschaftlicher Notlage ausgesprochen hat, bringt die Berliner Aerzte-Correspondenz, das Organ des Berliner ärztlichen Standesvereins, einen wütenden Artikel gegen die weibliche ,Sonderaktion‘. Der ,angeborene Schwachsinn des Weibes‘ wird zwar nicht wörtlich angeführt, aber zwischen den Zeilen ist er deutlich zitiert. Der Artikel an sich ist nicht ernst zu nehmen. Daß die Berliner Aerzteschaft aber sich einen solchen Artikel gefallen läßt und dem Schreiber obendrein noch ein sehr hohes Redakteurgehalt zahlt, ist schon eine ernstere Frage.

    Uns interessieren die Hilfstruppen, die zur G e g e n a k t i o n gegen die 356 Berliner Aerztinnen herangezogen werden. Provinzärztinnen , fast nur aus den katholischen Gegenden des Reiches, und einige wenige reaktionäre Berliner Aerztinnen – im ganzen etwa 100 Namen – haben einen G e g e n a n t r a g an den Strafrechtsausschuß gestellt. Sie setzen ,der Freigabe der sozialen Indikation entschiedenen Widerspruch entgegen.‘ Sie sehen ,die Lösung wirtschaftlicher und sozialer Konflikte nicht in Tötung, sondern nur in Behebung der wirtschaftlichen Not und durch geeignete Fürsorgemaßnahmen.‘

    Wir sehen: hinter schönen Phrasen wird die reaktionäre, volksfeindliche Gesinnung versteckt. Behebung der wirtschaftlichen Not? Bei einem Arbeitslosenheer von 4 Millionen, deren notdürftigste Unterstützung dauernd herabgesetzt oder ganz gestrichen wird? Auf solche schönen Redensarten sich zurückzuziehen, heißt Arbeitsfrauen und Arbeiterinnen in Scharen weiter dem Pfuscher in die Hände treiben. Die verantwortungs- und klassenbewußten proletarischen Frauen müssen in Stadt und Land die Stellung ihrer behandelnden Aerztinnen zur Abtreibungsfrage kontrollieren und die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Keine aufgeklärte Proletarierin in Behandlung bei einer Gegnerin der sozialen Indikation!

    Der Verein Sozialistischer Aerzte hat in seinen Ortsgruppen zur Unterstützung der Aktion der 356 Berliner Aerztinnen aufgerufen. Auch in der Provinz darf die ärztliche Reaktion nicht triumphieren.

M. Fl.“


Minna Flake: „Berliner Aerztinnen zu § 218“. In: Der Sozialistische Arzt, Band VI, Heft 3, Juli 1930, S. 116. --Auguste de Gouges (Diskussion) 22:26, 27. Feb. 2023 (CET)Beantworten