Diskussion:Mit der Faust in die Welt schlagen
"Neschwitz" und Neschwitz
[Quelltext bearbeiten]In dem Artikel Neschwitz über ein reales Dorf im Landkreis Bautzen in der Oberlausitz findet der Leser Informationen über dieses Dorf mit einem unterschwellig werbenden Charakter. Erkennbar ist das an dem langen Abschnitt Kultur und Sehenswürdigkeiten sowie an dem Link auf die Liste der Kulturdenkmale in Neschwitz. Die Fotos, die den Text illustrieren, erwecken den Eindruck, Neschwitz sei ein idyllisches, besuchenswertes Dorf. Ein Hinweis auf den Roman Mit der Faust in die Welt schlagen und die dort beschriebenen deprimierenden Verhältnisse fehlt in dem Artikel völlig.
Lukas Rietzschel hat Felix Bayer, Redakteur bei Spiegel Online, ins reale Neschwitz geführt. Dieser ist sofort beeindruckt von den schönen, sorgfältig restaurierten Bauwerken ([1]): „Das reale Neschwitz präsentiert sich idyllisch mit Park, Barockschloss, Haubenkirchturm.“ Von alldem kommt in Rietzschels Roman nichts vor. „Idylle, das ist nur was für die Gäste.“, wird diese Leerstelle (?) gerechtfertigt. Rietzschel betont zwar Bayer zufolge, „das Dorf im Buch stehe stellvertretend für viele Orte“, Bayer kommt aber offenbar mit dieser Aussage nicht zurecht. Er schreibt: „Wir sind inzwischen in Neschwitz angekommen, dem Ort, in dem die beiden Brüder im Roman wohnen.“
Da man auf einer Reise nur in einem realen Ort „ankommen“ kann, enthält der Satz die implizite Aussage, dass die Brüder Zscharnack in dem realen Neschwitz wohnen. Das kann aber nicht sein, da es im realen Neschwitz immer noch eine Grundschule gibt, hingegen die Mittelschule bereits 2005 geschlossen wurde, Tobias diese also gar nicht bis zu Ende besucht haben kann.
Fazit: Lukas Rietzschel hat einen schweren Fehler begangen, als er Felix Bayer das reale Neschwitz zeigte. Das „Neschwitz“ des Romans gibt es nur dort. --CorradoX (Diskussion) 12:20, 16. Feb. 2020 (CET)
- Auch das literarische Neschwitz hat ja durchaus Elemente des realen (die Schornsteine des Schamottewerks z.B., die Hauptstraße, die zur B96 führt, wo sich der Weg nach Hoyerswerda und der Schulbusweg nach Bautzen trennen etc.), anderes wiederum passt gar nicht (Steinbrüche, Kaolingruben, die Sache mit der Schule, der Schlepplift (!) am Rodelberg). Nach den restlichen geographischen Beschreibungen ist der Wohnort der Zschornacks eher in der näheren Umgebung von Kamenz anzusiedeln, wo ja Rietzschel auch selbst aufgewachsen ist. Auch andere genannte Orte stehen durchaus für ihre realen Entsprechungen: Kamenz mit dem Forstfest, Elstra mit der Mittelschule und der alten Bahnstrecke, Räckelwitz mit dem Krankenhaus (in dem Rietzschel geboren wurde), Burkau mit dem Freibad, Hoyerswerda mit Lausitzbad und Lausitzcenter. --j.budissin+/- 16:50, 22. Feb. 2020 (CET)
„Gefühltes Elend“
[Quelltext bearbeiten]Liest man den Artikeltext, dann bekommt man den Eindruck, dass in „Neschwitz“ das nackte Elend herrsche. Tatsächlich aber gehört niemand aus der Familie Zscharnack zu den „Wendeverlierern“. Die Eltern haben in den Jahren ab 1990 Arbeit; Philipp und Tobias werden nicht Opfer der Jugendarbeitslosigkeit. Die männlichen Jugendlichen in „Neschwitz“ sind schlichtweg im doppelten Wortsinn „zurückgeblieben“. Sie haben im Gegensatz zu den vielen gleichaltrigen Mädchen und Frauen, die früher in „Neschwitz“ wohnten, die weggezogen sind und die sie als „Strebermädchen“ abwerten, nicht die Energie und die Entschlossenheit, anderswo ihr Glück zu versuchen. Auch diese Apathie (bei Philipp deutlich beobachtbar) ist es, die für die Abweichung von der „normalen“ Geschlechterquote (nur ein leichter Männerüberschuss bei den unter 50 Jahre Alten) verantwortlich ist.
Was das eigene Haus als Symbol des „Aufstiegs“ anbelangt: Es gibt Staaten, in denen man sich außerhalb der Ballungsgebiete wundert, wenn jemand nicht Eigenheimbesitzer ist. Gerade in den abgehängten Regionen Ostdeutschlands sind Grundstücke billig, und dann, wenn Muskelkapital eingebracht wird, kann fast jedes Normalverdienerpaar sich dort ein Eigenheim leisten. Das hat mit Aufstieg durch überdurchschnittlichen Berufserfolg wenig zu tun. Zudem ist die Scheidung ein wesentlicher Grund für den Verlust des Statussymbols Eigenheim. Solche Entwicklungen machen aber die meisten Normalverdiener durch, die die Folgen einer Scheidung ausbaden müssen, nicht nur in Ostdeutschland.
Was will ich mit den obigen Anmerkungen aussagen? Man muss die Verhältnisse nicht so interpretieren, wie ich es gerade getan habe. Aber Ratlosigkeit entsteht beim Leser dadurch, dass es im Buch keine ernsthafte Auseinandersetzung der Protagonisten mit positiveren Sichtweisen der Verhältnisse gibt, wie es z.B. bei den „Strebermädchen“ der Fall ist, deren Sichtweise in dem Roman kaum (auch nicht in Gesprächen) näher vorgestellt wird.
--CorradoX (Diskussion) 08:50, 17. Feb. 2020 (CET)
- @ Corradox: Kann es sein, dass bei denen, die von „Ratlosigkeit“ sprechen (also auch bei dir), eine „Filterblase“ durch die Begegnung mit einer anderen „Filterblase“ geplatzt ist? Im Roman hat Tobias am Schluss der Klasse 4 die letzte persönliche Begegnung mit einem „Strebermädchen“. Woher soll er wissen, was diese als junge Frau über ihren Weggang aus Neschwitz zu sagen hätte?
- Indem Tobias nach Klasse 4 nicht aufs Gymnasium wechselt, bestätigt sich sein Status als „Bildungsferner“. Rietzschel selbst bewertet den Zustand, den er durch sein Studium überwunden habe, als „Bildungsferne“.
- Offenbar haben nicht nur westliche Journalisten Mühe, sich vorzustellen, was „Bildungsferne“ in einer abgehängten Region wie der Oberlausitz bedeutet. Einen Rest dieser „Bildungsferne“ erleben wir bei Lukas Rietzschel noch, indem er Felix Bayers Einwand, Neschwitz sei doch ein idyllischer Ort, nicht wirklich ernst nimmt (für ihn sind Orte wie das reale Neschwitz einfach nur trostlos).
- In dem Artikel Bernstein-Hypothese ist über den angeblich für „Bildungsferne“ typischen „restringierten Code“ zu lesen: „[M]an nimmt an, dass der Zuhörer das weiß, was man selbst auch weiß.“ → Lukas Rietzschel „weiß“ einfach, dass Neschwitz kein idyllischer Ort ist. --91.97.51.223 10:00, 17. Feb. 2020 (CET)
- In dem Video der Ullstein-Verlage benutzt Lukas Rietzschel das Wort „bildungsfern“ genau einmal. Es besteht der Verdacht, dass sein Verlag durch das Video das Narrativ vom „Arbeiterkind, das ein literarisches ‚Erweckungserlebnis‘ hatte und seitdem imponierende Texte schreiben kann,“ fördern will.
- Das „Neue Deutschland“ hingegen ([2]) weist darauf hin, dass Rietzschel schon in Klasse 5 Texte für die Schülerzeitung seiner Schule geschrieben habe, darunter einen, in dem er „erzählt […], er spiele seit vier Jahren Geige, überhaupt seien alle sehr musikalisch in seiner Familie, sein Onkel, selbst Geiger bei der Staatsoper in Dresden, sein großes Vorbild.“ „Bildungsferne“ sieht anders aus.
- Rietzschel spricht einmal davon, dass die Empathie, zu der er sich beim Schreiben seines Romans gezwungen habe, „weh tut“. Die für „Bildungsferne“ eher untypische Disziplin, als Erzähler seinen Figuren nicht zu widersprechen und sich generell kritische Kommentare im Romantext zu verkneifen, könnte Rietzschel beim Musizieren in jungen Jahren erworben haben. --CorradoX (Diskussion) 17:12, 18. Feb. 2020 (CET)
Hinweis zum Verfahren
[Quelltext bearbeiten]Zunächst einmal ein großes Lob an die Klasse 10b und an Corradox für die Fleißarbeit. Die 10b hat eine saubere immanente Analyse vorgelegt, die Corradox als Literaturwissenschaftler aufgepeppt hat
Jetzt aber ist es an der Zeit, auf reputable Quellen zu warten, d.h. auf Veröffentlichungen in wissenschaftlichen Werken, die sich mit dem Roman befassen. Denn eigentlich ist Original Research, bei WP unerwünscht. --80.187.115.153 10:57, 20. Feb. 2020 (CET)
- Auch ich halte es für ganz toll, welche Leistung die Klasse 10b, vermutlich mit Hilfe ihres Deutschlehrers, zustande gebracht hat.
- Was meine Aktivitäten in diesem Artikel und in dem über Lukas Rietzschel anbelangt, werde ich mich zurückhalten, bevor ich wieder so eine Reaktion zu lesen bekomme. Dass ich bisher „Monopolist“ bin, ([3]) liegt aber nicht nur an mir. --CorradoX (Diskussion) 08:41, 21. Feb. 2020 (CET)
Hexenbrennen
[Quelltext bearbeiten]Diesen Kunstgriff zur geographischen Verortung der Handlung habe ich mal wieder entfernt, da das Hexenbrennen 1. eigentlich überall in der Oberlausitz begangen wird und sich die Handlung 2. aus dem Text heraus ziemlich gut in das Städtedreieck Kamenz/Bautzen/Hoyerswerda einordnen lässt, einerseits durch die beschriebene Landschaft und andererseits vor allem durch die mehrfach erwähnte direkte Nachbarschaft zu den katholischen Sorben, die nun einmal nur dort wohnen. --j.budissin+/- 16:36, 22. Feb. 2020 (CET)