Diskussion:Morphem/Archiv/1
Gebundenes Morphem
Ist dieser Artikel nach einer bestimmten Wortbildungslehre verfaßt, die mir nicht bekannt ist? Meines Wissens sind auch Grundmorpheme wie "klag-" (aus "klagen"), "schreib-" (aus "schreiben") etc. gebundene lexikalische Morpheme. Dies stimmt aber (abgesehen davon, daß diese Klassifizierung nicht im Text enthalten ist) nicht mit dem Satz "ein gebundenes Morphem ist immer an ein freies gebunden" überein.
- Meines Wissens definieren nur Altmann/Kemmerling (WB fürs Examen) auch Stämme als gebunden. Die Regel ist, dass gesagt wird, dass Stämme auf Grund ihrer autonomen Semantik als frei betrachtet werden und sich mit den unfreien Affixen Wörter bilden.--Ottolavache 00:09, 16. Jul 2006 (CEST)
Auch werden durch diese Darstellung die Affixkomposita (wie "endotherm" oder "bibliophil") nicht abgedeckt, die nur aus gebundenen Morphemen bestehen. -- Mmmann 14:29, 14. Dez 2005 (CET)
- Ich wusste gar nicht, dass man diese Wortbildungen auch als 'Affixkomposita' bezeichnet. Eisenberg benutzt im Grundriss der Deutschen Sprache 1 für solche Bildungen aus gebundenen Wortbildungselementen den Begriff 'Konfixkomposita'. Beispiele wie oben fallen auch unter die Rubrik 'neoklassische Wortbildung'. Aber stimmt schon, der Artikel sieht nicht vor, dass manche gebundene Morpheme mit anderen gebundenen Morphemen zu einem Wort / Lexem kombiniert werden können... -- Mumpitz 13:03, 30. Jan 2006 (CET)
- Aber genau auf Grund dieser Fähigkeit grenzt man Konfixe von anderen Affixen ab: sie verhalten sich wie lexeme, können aber nur in wortbidlungen vorkommen, sind somit also an wbk gebunden, damit also nicht frei und somit auch keine lexeme. deshalb die klasse der konfixe.--Ottolavache 00:09, 16. Jul 2006 (CEST)
Nullallomorph
Jetzt wo der Abschnitt zu Nullallomorphen präzisiert wurde, bleiben bei mir die Fragen, die ich bei solchen morphembasierten Analysen zur deutschen Flexion immer hatte: wie entscheidet sich das Pluralmorphem, in welcher Form es sich realisiert? Bei Burg realisiert es sich (im Nominativ) als -en, bei Ritter als Nullallomorph, bei Kloster ebenfalls als Nullallomorph. Bei Kloster ändert sich aber auch der Stamm. Hat das Pluralmorphem also auch eine Auswirkung auf die Allomorphwahl des Stammmorphems? Oder sagt das Stammmorphem, welches Pluralmorphem es gerne hätte? In jedem Fall scheinen mir Annahmen nötig, die das einfache Modell von der Segmentierung einer Wortform in Morpheme ganz schön verkomplizieren und den Morphembegriff zumindest für diese Fälle in Frage stellen. -- Mumpitz 14:11, 30. Okt. 2006 (CET)
Dazu folgendes: Die Wahl der Allomorphe des dt. Plurals geschieht z.T. nach Stammauslaut (phonetisch determinierte Allomorphe), z.T. nach Lexem (morphologisch determinierte Allomorphe). Es gibt statistische Tendenzen, aber nur wenige feste Regeln. Gute Darstellung: Wegener. (s. Literaturverz. im Artikel "Allomorph") Für Spracherwerb heißt das: manches muss einfach gelernt werden, anderes geht nach Regeln.GrußDr. Karl-Heinz Best 21:19, 30. Okt. 2006 (CET)
Fugenmorphem
Ich würde gern einen Satz bzw. einen Beispielpunkt zum sog. Fugenmorphem einfügen, das z.B. in Hundehütte, Hundstage, hoffemtlich vorkommt. Offenbar sehen einige Autoren dieses nicht als eigenständiges Morphem, wenn ich den Text dort richtig verstehe, andere wohl. Oder sollte man's gerade deswegen nur unter "Siehe auch" listen? Vielleicht ist jemand kompetenter als ich und weiß, was man da schreiben muß? --Purodha Blissenbach 11:00, 4. Aug 2005 (CEST)
Kommentar zur Begrifflichkeit: Die Behauptung, Fugen(elemente) seien semantisch leer, ist in dieser Allgemeinheit falsch. (vgl. z.B. Bartke 1998) Es gibt eine Reihe von Wortpaaren, die sich nur durch die Art der Fuge (oder das Nichtvorhandensein der Fuge) unterscheiden und verschiedene Bedeutungen haben. Woran soll das wohl liegen? Beisp.: Landespolizei - Landpolizei; Sonntag - Sonnentag; Kindsfrau - Kinderfrau... Es gibt auch eine erkennbare Tendenz, Fugen zur Unterstützung der Wortbedeutung zu nutzen, etwa wenn wir von Kindergarten, aber Kindesmutter sprechen. Diese Bedeutungsleistung wird allerdings nicht immer genutzt, aufgrund des Alters der Wörter und anderer Einflüsse (Analogie...) gibt es oft Abweichungen, die zu den Verwirrungen beitragen. Außerdem sind wir geneigt, neue Komposita, die eine Fuge aufweisen, entsprechend dieser Fuge zu interpretieren. Wir müssen aber Fugen (für mich: Fugenmorpheme) von Lauteinschüben unterscheiden, die nie eine Bedeutung tragen, wie t in eigen-t-lich, -o- in Morph-o-logie (vgl. anthropomorph); bei diesen Einschüben kann man z.T. Regeln für ihr Vorkommen formulieren. Z.B. -o- entfällt im Auslaut. Fugenmorpheme werden benötigt, weil sich die Fugen anders als die Flexionsmorpheme nicht verändern, wenn das Wort flektiert wird. Ihre Bedeutungsleistung ist auch weniger sicher als die der Flexionsmorpheme; außerdem ist ihre Position im Wort eine andere. Ich halte den Ausdruck "Fugenlaut" also für unglücklich. Allenfalls die Lauteinschübe sollte man so bezeichnen. Dr. Karl-Heinz Best 08:44, 1. Nov. 2006 (CET) Dieser Kommentar stand schon in der Diskussion zum Artikel "Fugenlaut". Vielleicht hilft das etwas weiter? Dr. Karl-Heinz Best 09:15, 3. Nov. 2006 (CET)
- Wenn man Fugenelemente als Morpheme ansieht, muss man ihnen einen festen Bedeutungsbeitrag zuschreiben. Kann man den genauen Bedeutungs- oder Verwendungsunterschied bei Kindsfrau und Kinderfrau denn an dem Fugenelement festmachen, und zwar so, dass man auch halbwegs zuverlässige Vorhersagen für andere, z.B. neu gebildete Worte machen kann? Was wäre denn der semantische Beitrag eines "Fugenmorphems" -s? -- Mumpitz 15:05, 7. Nov. 2006 (CET)
Ich glaube, dass diese Anforderung ein bisschen zu streng ist. Gerade in der Wortbildung muss man mit "Lexikalisierung" rechnen; d.h. es gibt eine Tendenz komplexer Wörter, mit der Zeit ihre Durchschaubarkeit zu verringern. "herrlich", "Löwenzahn" und "Dompfaff" darf man ja auch nicht wortwörtlich interpretieren. Aber sind sie deshalb überhaupt nicht segmentierbar? Bei den Fugen scheint mir die Tendenz bei den Kollegen dahin zu gehen, dass man diejenigen, die formal mit Pluralallomorphen übereinstimmen, auch oft als Plurale interpretiert. Die Alternative wäre, dass man Wörter nicht vollständig in Bestandteile gleicher Art zerlegen kann, ein altes strukturalistisches Prinzip, wenn ich mich recht erinnere.
Zu "Kindsfrau": wir wissen, dass die Interpretation von Komposita sehr vielfältig sein kann (Heringer/ Olsen); vgl. das öfter zitierte "Fischfrau" mit seinen vielfältigen Bedeutungsmöglichkeiten.
Ich gebe aber zu, dass ich dazu tendiere, relativ weitgehend zu segmentieren, nicht so extrem wie Kandler/ Winter, aber wesentlich mehr als z.B. Augst. Diesen Standpunkt muss natürlich niemand teilen.
Gruß Dr. Karl-Heinz Best 09:35, 9. Nov. 2006 (CET)
- Zu den Lexikalisierungen: es gibt ja auch Fälle, wo Wörter im Laufe der Zeit so angepasst werden, das sie eine Interpretation erhalten, die nicht mit der Etymologie übereinstimmt. So z.B. bei Eichhörnchen, was sprachhistorisch gesehen nichts mit Eiche zu tun hatte.
- Zu den Fugen mit Interpretation gemäß ihrer Flexionssemantik: kann man da nicht zuhauf Gegenbeispiele finden? Kinderschuh, Schweinebraten, Frühstücksei... Wenn es so wäre, müsste man die Flexionsform dann nicht anpassen, wenn man weiß, worum es konkret geht? Wenn ich also z.B. weiß, dass in jenem Zimmer nur ein Kind wohnt, dann müsste es doch das Kindzimmer statt Kinderzimmer sein, oder??? Ist sonst ja auch so. Wenn ein Kind auf der Straße läuft, sage ich auch ein Kind und nicht ein Kinder.
- Insgesamt ist mir nicht klar, welche Aussage man genau macht, wenn man bei herrlich in herr und -lich trennt. Gut, es gibt ein Nomen Herr und es gibt ein Suffix -lich, was aus Nomen oder Adjektiven Adjektive bildet. Nimmt man dann auch an, dass wichtig aus Wicht und -ig gebildet ist? Ist Buche eine Ableitung aus Buch mittels -e, so wie bei Trank/Tränke? Was folgt aus der Annahme dieser Strukturen, die semantisch nicht transparent und vor allem nicht produktiv sind? Versucht man hier nicht einfach die (vermutete) Etymologie in der Wortstruktur wiederzugeben? -- Mumpitz 20:07, 9. Nov. 2006 (CET)
Ich stimme Dir weitgehend zu. Die Abweichungen, der Mangel an Transparenz/ semantischer Motivation ist klar. Komposita sind semantisch manchmal nicht transparent, manchmal führen sie geradezu in die Irre, wenn man ihnen eine wortwörtliche Interpretation verleiht. Ich weigere mich nur, daraus den Schluss zu ziehen, dass Fugen generell keine morphologischen Einheiten sind sondern nur "Fugenlaute". Das geht mir 1 Schritt zu weit. Ihre Bedeutungsleistung wird wohl am deutlichsten, wenn wir uns neu gebildete Komposita ansehen; die können ja noch keinen Lexikalisierungsprozess durchlaufen haben. Wenn ich mich recht entsinne, ist in Untersuchungen auch herausgekommen, dass es zumindest eine Affinität der Fugen, die der Form nach an Pluralflexive erinnern, mit der Interpretation "Plural" gibt. Dr. Karl-Heinz Best 17:54, 10. Nov. 2006 (CET)
- Wenn ich die Definition des Fugenmorphems richtig in Erinnerung habe, kommt in Landpolizist ein Nullmorphem als Fuge vor, in Landespolizei gibt es jedoch gar kein Fugenmorphem, da es sich um einen Genitiv, bzw. um eine Ableitung davon, handelt. Die Landespolizei läßt sich als Polizei des Landes auflösen, der Landpolizist nicht.
- --Purodha Blissenbach 23:08, 27. Jul. 2007 (CEST)
Ablaut
Vielleicht sollte thematisiert werden, wie man Ablaut behandeln will? Irgendwie möchte man ja schon gerne erfassen, dass schlafe, schläfst, schlief miteinander zusammenhängen. Ich weiß nicht, wie sich z.B. die Annahme von diskontinuierlichen Morph(em)en mit "kleinste" vertragen. Wenn man hingegen die verschiedenen Ablaut-Formen als Allomorphe desselben Morphems (vom Lexem SCHLAFEN) annimmt, braucht man dann auch Null-Allomorphe für die grammatischen Kategorien, etc. -- Mumpitz 12:09, 15. Aug 2005 (CEST)
Ablaut und Umlaut gehören zur "Inneren Flexion". Beim Ablaut handelt es sich um geregelten Vokalwechsel des Stammvokals, der noch aus dem Mittelhochdeutschen stammt. (Bsp.: schreib-schrieb). Der Umlaut ist ein kombinatorischer Lautwandel und markiert (meistens) Pluralbildung (Bsp.: Mutter-Mütter). Also ist {mütter} ein Allomorph zu {mutter} und {schrieb} Allomorph zu {schreib}.
- "Also"?
- Jedenfalls braucht man bei so einer Analyse von schrieb Null-Morphe für das Morphem {PRÄTERITUM}. Die Auswahl des richtigen Allomorphs für {schreib-} muss dann durch eine lexikalische Konditionierung erfolgen, d.h. {PRÄTERITUM} muss sich in Gegenwart von {schreib-} als Allomorph /Ø/ realisieren und {schreib-} in Gegenwart von {PRÄTERITUM} als /schrieb/. Man braucht also schon allerhand zusätzliche Annahmen. -- Mumpitz 15:50, 20. Jan 2006 (CET)
Allomorphie
Es müßte auch mal jemand Allomorphie erklären --Tombox2005 18:59, 2. Apr 2006 (CEST)
- Artikel Allomorph existiert bereits, könnte man anbinden --Art (-->Disko) 11:57, 19. Apr 2006 (CEST)
Zahl der Morpheme im Deutschen
Ich hab mal ne schlichte Frage: Wie hoch ist eigentlich schätzungsweise die Zahl der Morpheme im Deutschen? Und wo steht so was geschrieben? --Reiner Stoppok 12:10, 11. Okt. 2006 (CEST)
Ist hier niemand? --Reiner Stoppok 01:20, 7. Dez. 2006 (CET)
Damit Du Dich nicht ganz verlassen vorkommst: Obwohl ich mich mit Sprachstatistik befasse, kann ich Dir leider die Frage nicht beantworten. Wir haben im Deutschen im derzeit größten Lexikon (10bändiger Duden) etwa 220000 Stichwörter. Die meisten davon bestehen aus mehr als 1 Morphem; viele Morpheme kommen nicht nur in 1 Stichwort vor. Allerdings steht in keinem Lexikon der gesamte Wortschatz des Deutschen. Die Zahl der Morpheme müsste etwa der Anzahl der einsilbigen Wörter plus ein paar hundert grammatischer Morpheme betragen, denn alle komplexen Wörter sind daraus aufgebaut. Ich kann mich leider an keine Quelle erinnern, in der das beziffert wird. Tut mir leid. Gruß Dr. Karl-Heinz Best 15:16, 7. Dez. 2006 (CET)
Hallo, Rainer Stoppok! Jetzt hast Du mich erwischt. Dein Instistieren hat mich dazu gebracht, mal genauer über Deine Frage nachzudenken. Ich überlege, dazu einen Aufsatz zu schreiben. Ganz grob kann ich jetzt sagen: Wenn wir das dt. Lexikon des Gemeinwortschatzes, wie es in der 3. Aufl. von "Duden Das große deutsche Wörterbuch, 10 Bde." niedergelegt ist, mit "mehr als 200000 Wörtern" (so die Angabe im Vorwort) beziffern, kann man schätzen, dass die Zahl der Morpheme irgendwo zwischen 5000 und 8000 liegen dürfte. Die Zahl der Morpheme steigt mit der Größe eines Wörterbuchs immer geringer an. Dies als ganz vorläufige, grobe Schätzung. Man muss :dabei :wesentlich mehr Aspekte berücksichtigen, als ich hier andeute. Ich glaube aber, dass die Schätzungen dann auch nicht besser werden. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 11:35, 8. Dez. 2006 (CET)
Hallo, Rainer Stoppok! Jetzt kann ich etwas nachtragen zu Deiner Frage: Die Zahl der Morpheme oder auch Silben hängt davon ab, für wie umfangreich wir unseren Wortschatz halten. Nehmen wir an, das Dt. habe um 20000 Wörter; dann hätte es 2000-2500 Morpheme. Wenn wir es auf 200000 Wörter schätzen, dann ist mit 6500 +- 1000 zu rechnen. Es gibt ziemlich sicher ein mathematisches Gesetz für den Zusammenhang zwischen Umfang des Wortschatzes und Gesamtzahl der Morpheme. Ich denke, ich werde die Untersuchung dazu im nächsten Jahr veröffentlichen. Mskr. ist im Wesentlichen fertig. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 20:43, 15. Dez. 2006 (CET)
- Hallo Doc! Das klingt ja so, als hättest Du den Aufsatz schon wo untergebracht (wo denn?) Ich hab noch ne Frage: Weißt du wieviel Sternlein stehen an dem blauen Himmelszelt? Geben Wörterbücher die Wörter überhaupt angemessen wieder? Ist nicht eher das dahinterstehende Lautgebilde entscheidend? Und noch ne Frage: Wieviele Silben hat das Deutsche? Du "quietschst" vor Vergnügen? (Und war das gerade die längste Silbe im Deutschen?) --Reiner Stoppok 13:45, 22. Feb. 2007 (CET)
(mal dazwischenquetsch) Also die Frage nach der Anzahl der Silben sollte leicht zu beantworten sein: es sind abzählbar unendlich viele (vgl. Rekursion und Kompositionalitätsprinzip). Sterne kannst du am (Nacht-)Himmel ≈6000 sehen, am Blauen an sich keine... Ein Wörterbuch gibt Morphemkombinationen (Derivate, Komposita und flektierte Lexeme) wieder, d.H. es geht um semantische Einheiten, nicht um Phonologische... Was "quietschst" angeht, es wird (im Standarddeutschen) /kwiːtʃt/ ausgesprochen (wenn man /iː/ als langvokal und /tʃ/ als Affrikate betrachtet), es hat also 5 Phoneme. Da ist "springt" /ʃpʀɪŋkt/ länger...--Patrick 14:15, 22. Feb. 2007 (CET)
...und "springst" ist noch 1 Laut länger! Silben im Dt. haben vor dem Vokal bis zu 3, nach dem Vokal bis zu 4 oder 5 Konsonanten - je nach dem, wie man Affrikaten wertet: "Herbsts"; länger geht's im Dt. nicht, soviel ich weiß.
Nein, der Aufsatz ist noch nicht fertig; bin immer noch bei der Datenarbeit und sehe ein Problem, das ich wahrscheinlich nicht lösen kann: ich kann wahrscheinlich eine Gesetzmäßigkeit für die Zunahme von Morphen bei zunehmender Wortzahl angeben; das lässt dann für Morphe eine Hochrechnung zu. Mit den Morphen habe ich aber noch nicht die Morpheme. Auch die Zahl der Silben muss wohl abhängig von der Zahl der Wörter geschätzt werden. Es geht nicht um eine absolute Zahl; es geht darum, dass die Zahl der Morphe etc. zunimmt, wenn die Zahl der Wörter zunimmt. Für diesen Zusammenhang gibt es garantiert ein mathematisches Gesetz; ich hoffe, wenigstens eine erste Näherungslösung zu finden. Die Wachstumsgesetze kennen wir ja im Prinzip.
"abzählbar unendlich" ist theoretisch richtig; interessant ist doch aber auch die Frage, wie viele Morphe/ Morpheme/ Silben benötigt werden, um ein gängiges großes Wörterbuch (im Dt.: über 200000 Stichwörter) zu füllen. Dr. Karl-Heinz Best 18:04, 22. Feb. 2007 (CET)
- Also ich möchte hier einmal vorsichtig bezweifeln, dass die Menge der (deutschen) Silben "abzählbar unendlich" ist. Geht man a) von einer einzigen Definition von "Silbe", b) von einer endlichen Anzahl an Phonemen, und c) von einer phonotaktischen Formel aus, die die deutsche/einzelsprachliche Phonologie repräsentiert, ist die Menge aller möglichen Silben endlich. Die Menge aller real existierenden Silben kann dann davon nur eine Teilmenge sein, die ja dann auch endlich sein muss. --primordial 00:38, 23. Feb. 2007 (CET)
- Ja, so gesehen haste natürlich recht, je nachdem, wie man die Frage versteht... "Mögliche (einander unterschiedliche) Silben" sind endlich, aber "Anzahl der Silben in einem Satz" ist unendlich...--Patrick 14:41, 23. Feb. 2007 (CET)
Da habe ich auch ein bisschen voreilig zugestimmt. Woran ich im Moment nicht gedacht habe: Die Kombinatorik befasst sich schon lange mit der Frage, wie viele Wörter man bilden kann, wenn man eine bestimmte Menge Buchstaben hat und eine bestimmte max. Wortlänge annimmt. Man findet dazu bei Leibniz Überlegungen (http://www.uni-trier.de/uni/fb2/ldv/ldv_wiki/index.php/Gottfried_Wilhelm_Leibniz), die aber eine sehr lange Vorgeschichte haben und bis in die Antike zurückreichen. Silben sind in ihrer Länge wesentlich beschränkter als Wörter. Im Dt. scheint die Grenze bei 8 bzw. 9 Lauten zu liegen - je nach Wertung der Affrikaten: ("du be-strumpfst dich aber schön"; das Adj. "bestrumpft" gibt es, da ist der Weg zum Verb nicht allzu weit).
Nachtrag: das [k] in "springst" muss weg.Dr. Karl-Heinz Best 16:22, 23. Feb. 2007 (CET)
- Aber der Verschluss des velaren Nasals wird doch noch vor dem /t/ wieder geöffnet, und zwar am Velum selber, was letztlich einem /k/ entspräche... oder täusch ich mich da?--Patrick 20:46, 23. Feb. 2007 (CET)
- Wenn Du recht hättest, müssten die Wörter "singt" und "sinkt" phonetisch identisch sein. Ist es m.E. aber nicht. Was Du ansprichst, beschreibt Kohler, Einführung in die Phonetik des Dt., 1977, 167 als südostdeutschen und norddeutschen Regionalismus. Ich bin kein Phonetiker und folge ihm deshalb lieber. Dr. Karl-Heinz Best 21:44, 23. Feb. 2007 (CET)
- Hm, da hast du dir aber auch ein schwieriges Beispiel rausgesucht... im (Standard-)Deutschen gibt es ein Phänomen, welches "Auslaufverhärtung" heisst, das betrifft alle Silbenendgrenzen (also alles, was nach einem Nucleus -- Silbenkern -- kommt), ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, ob das hier zutrifft, falls ja, dann wäre die korrekte semantische Zuordnung in diesem Falle nur aus dem Kontext zu erschliessen sein, da beide Wörter phonologisch gleich realisiert würden...--Patrick 03:57, 24. Feb. 2007 (CET).
- Das Phänomen heißt "Auslautverhärtung" und betrifft den Velarnasal grundsätzlich nicht. In meiner (wienerischen) Varietät trifft es aber ebenfalls zu, dass "singt" und "sinkt" phonetisch identisch sind. Zu "bestrumpfst": in den meisten Definitionen würde dieses Wort zwei Silben enthalten. --primordial 05:35, 24. Feb. 2007 (CET)
Ich habe versucht, auf die Silbe "strumpfst" hinzuweisen durch Bindestrich und besondere Hervorhebung. Also auch bei mir 2-silbig. Dr. Karl-Heinz Best 11:06, 24. Feb. 2007 (CET)
- Ja, Nee, schon klar; der "lauf" war natürlich ein Tippfehler... Klar is auch, dass (allgemein) Nasale nicht auslautverhärtet werden (weil stimmlose Nasale allgemein in den Sprachen der Welt eher selten vorkommen), aber Plosive und Frikative (und Affrikate) -- kurzum alle Obstruenten. so wird "Jagd" /jaːkt/, "Rad" /ʀaːt/ und "singt" eben /sɪŋkt/ ausgesprochen (Zumindest im Standarddeutschen, aber wer spricht schon wirklich Dialektfrei?)--Patrick 13:23, 24. Feb. 2007 (CET)
- ja und? in "singt" ist kein [g], also gibts auch nix zum auslautverhärten. deine auffassungenvon standarddeutsch sind eh äusserst fragwürdig (trifft auch für deine behauptete tilgung des [s] in "quietschst" zu). --bærski dyskusja 13:25, 24. Feb. 2007 (CET)
- Ja, Nee, schon klar; der "lauf" war natürlich ein Tippfehler... Klar is auch, dass (allgemein) Nasale nicht auslautverhärtet werden (weil stimmlose Nasale allgemein in den Sprachen der Welt eher selten vorkommen), aber Plosive und Frikative (und Affrikate) -- kurzum alle Obstruenten. so wird "Jagd" /jaːkt/, "Rad" /ʀaːt/ und "singt" eben /sɪŋkt/ ausgesprochen (Zumindest im Standarddeutschen, aber wer spricht schon wirklich Dialektfrei?)--Patrick 13:23, 24. Feb. 2007 (CET)
Kl. Korrektur: /zɪŋt/. Pardon. Dr. Karl-Heinz Best 16:53, 24. Feb. 2007 (CET)
- OK, für mich ist feierabend, ich halt mich hier raus, wenn sogar schon Diskussionsbeiträge überschrieben werden (vgl. Versionen)... --Patrick 18:05, 24. Feb. 2007 (CET).
Hallo, Patrick! Ich hatte aus Versehen überschrieben: "OK, ich will mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, vielleicht habt ihr Recht... Ich werd demnächst nochmal die phonologische Abteilung der UB aufsuchen und mich absichern/belehren lassen. Grüße--Patrick 13:31, 24. Feb. 2007 (CET)". Tut mir leid; war wirklich keine Absicht. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 10:52, 25. Feb. 2007 (CET)
- Liebe Leute, jetzt streitet Euch bitte nicht, hier bei mir! Könnt ihr Euch nicht mit einem gepflegten Font ausdrücken, der hier bei mir auch ankommt (statt immer wieder nur "ʀʀʀʀʀʀʀʀʀ")? Gibt es eigentlich schon ein Morphem-"Wörterbuch" (bzw. wohl besser: -Inventar)? Und wenn ja, von wem? (Hat sich vielleicht irgendwo im Netz vielleicht auch schon jemand an einem Silben-Inventar für das Deutsche einen abgebrochen?) - Dr. Karl-Heinz Best: Woher hatte Jespersen vor ca. 100 Jahren eigentlich die Gewissheit für seine lockere Morphem-Schätzung für das Englische genommen? - Kannst Du uns schon mal ein paar intrauniversitäre Lesetips verraten, diesbezüglich? U.v.a.m. --Reiner Stoppok 03:18, 26. Feb. 2007 (CET)
Hallo, Reiner Stoppok! Geht's so: /zɪŋt/ bzw. /zɪŋst/? Ist der Wiki-IPA-Zeichensatz.
Ich habe keinerlei Interesse an Streit; Patrick hat gute Anregungen gegeben. Hoffe, er ist nicht eingeschnappt wg. meines Versehens.
Jespersen: Kannst Du mal die genaue Quelle nennen? Jespersen steht für die fernere Zukunft auf meiner Bearbeitungsliste.
Es gibt ein Morpheminventar des Dt.: Gerhard Augst, Lexikon zur Wortbildung 1975. Ich finde, dass er viel zu wenig Morph(em)e erkennt, also zu wenig segmentiert bzw. zu viel unsegmentiert lässt. Das andere Extrem: Kandler & Winter, Wortanalytisches Wörterbuch 1992ff. Die segmentieren noch mehr als ich (Best, Karl-Heinz (2001). Zur Länge von Morphen in deutschen Texten. In: Best, Karl-Heinz (Hrsg.), Häufigkeitsverteilungen in Texten (S. 1-14). Göttingen: Peust & Gutschmidt.) In dem Aufsätzchen werden Morph-Segmentierungsregeln behandelt.
Eine Morph- oder Morphemschätzung kann so wie eine Silbenschätzung nicht zu einer festen Zahl führen. Das relativiert m.E. jede Angabe zur Morphemzahl einer Sprache, wenn sie nicht bezogen auf einen geschätzten Wortschatz gegeben wird. Ich denke, ich kann wenigstens für Morphe demnächst einen Vorschlag daür machen, wie ihre Zahl bei wachsendem Wortschatz zunimmt. Es sieht nicht so aus, als ob jemals eine Grenze gefunden würde, bei der neue Wörter nur durch bereits vorhandene Morphe gebildet werden. Mit Morphemen und Silben wird das nicht anders sein. Aber ein bisschen Geduld musst Du schon noch haben.
Inneruniversitäre Geheimpapiere zu diesem Thema kann ich Dir leider nicht nennen. Ich vermute, es gibt keine. Die Linguistik ist seit Jahrzehnten nicht gerade statistikfreundlich. Schöne Grüße Dr. Karl-Heinz Best 08:23, 26. Feb. 2007 (CET)
Kleiner Nachtrag: Ich bin jetzt fast fertig. Ausgewertet ist eine Wörterbuchstichprobe. Wie ich vermutete, kann dafür, wie die Zahl der Morphe zunimmt, wenn man die Zahl der Stichwörter erhöht, ein mathematisches Modell angegeben werden, das ein gutes Testergebnis liefert: y = ax^b. Mit einem etwas komplexeren Modell kann man das Ergebnis noch ein bisschen verbessern. D.h.: wenn man annimmt, eine Sprache habe 200000 Wörter, dann hat sie eine bestimmte Zahl - von Sprache zu Sprache unterschiedlich - an Morphen. Nimmt man an, sie habe 300000 Wörter, dann hat sie mehr Morphe; der Zuwachs an Morphen ist aber rel. gering und wird immer geringer, je höher die Wortzahl wird. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 20:51, 7. Mär. 2007 (CET)
- Keine Angst, bin nicht "eingeschnappt", war nur ein willkommener Anlass, mich hier etwas zurückzuziehen, weil ich gemerkt hab, dass meine Ansichten nicht so optimal waren... Fakt ist, dass der Begriff "Standarddeutsch" mehr als schwammig ist, ich bin eher von dem ausgegangen, was ich in der Uni lernen musste, niemand sagt, dass das der einzig richtige Weg ist, soviel dazu...
- Was die Frage nach der Anzahl der Morpheme angeht, so sollte man imho erstmal klären, was alles dazu zählt; es gibt ne Menge Morpheme, die identisch realisiert werden, aber andere Merkmale kodieren, ebenso unterschiedliche Realisierungen gleich kodierender (ungebundener) Morpheme ("Allomorph", vgl. auch "Synkretismus (Linguistik)"), also, ob diese Übereinstimmungen jeweils als einzelne Morpheme betrachtet werden oder ob sie sich zusammenfassen lassen, was die Gesammtanzahl erheblich reduzieren würde... @Karl-Heinz Best, was ist x,y,a,b? --Patrick 06:25, 8. Mär. 2007 (CET).
- Als kleine Denkübung an alle Phonologen: wie wird eurer Meinung nach das wort "leben" im Standartdeutschen realisiert (Unter Annahme einer Nasalassimilation), v.a. im Bezug auf das öffnen des (bilabialen) Verschlussen nach /le:b/- am Velum?--Patrick 06:25, 8. Mär. 2007 (CET).
Hallo Patrick! Du hast recht! Deshalb bin ich davon abgekommen, mich über den Zuwachs von Morphemen auszulassen und auf Morphe übergegangen. Das Problem mit den Morphemen müsste mal gesondert angegangen werden. Mal sehen, ob ich dazu irgendwann die Nerven habe (oder sonst wer?).
Standardsprache: mal ganz pragmatisch: was in Lexika und Grammatiken der deutschen Standardsprache steht (Duden, Wahrig etc). Mit Begriffsdefinitonen kann man auch sein Leben verplempern.
Die Geschichte mit "leben" ist von W.U. Wurzel, Flexionsmorphologie und Natürlichkeit, Akademie, Berlin 1984, S. 33 behandelt. Duden, Aussprachewörterbuch führt als standardsprachlich nur die Version [lebn] ([n] mit Punkt darunter; ich finde das Zeichen im Moment nicht in den Zeichensätzen) an. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 08:14, 8. Mär. 2007 (CET)
Nachtrag, eben vergessen: Es handelt sich um eine ganz normale Gleichung mit x, y als Unbekannten und a, b als Parameter. Bei iterativer Anpassung des Modells an einen Datensatz mit einer geeigneten Software werden die Parameter bestimmt. Gruß Dr. Karl-Heinz Best 09:44, 8. Mär. 2007 (CET)
- Hm... dann hielte ich das Duden Aussprachewörterbuch nicht so für eine optimale Quelle... (das /n/ am Ende müsste ein /m/ sein, das meinte ich mit "Nasalassimilation" - kommt natürlich drauf an, ab diese Ausprachewörterbücher phonetisch oder phonologisch transkribieren) Übrigens; der Punkt sollte ein kleiner senkrechter Strich sein und bedeutet, dass das /n/ hier als Kern (Nucleus) einer Silbe fungiert, aber ich glaub, das muss ich dir nicht sagen ;)
- Und ja, als Ex-Informatiker weiß ich schon was mit Variablen und Formeln anzufangen, ich meinte, wie diese im Bezug auf die Anzahl der Morphe(me) im Deutschen belegt sind. Grüße--Patrick 13:29, 8. Mär. 2007 (CET).
Na, dann muss ich ja Formeln nicht erklären. Bin jetzt in der Uni, Daten sind zuhause. Schreib mir ne mail, dann schicke ich Dir einen Datensatz als Anhang. Möcht ich an dieser Stelle vor der Veröffentlichung nicht machen. (Findest mich über meine Benutzerseite oder Uni Göttingen.) Phonetik: Siebs kommt ja wohl auch nicht in Frage. Was ist denn phonetisch näher an der Standardsprache? Ich verlass mich gern auf Duden, weil die ja mit die meisten Erfahrungen haben. Das assimilierte, silbentragende [m] ist eine der Varianten von Wurzel. Für mich ist Schwa+n oder silbisches [n] standardsprachlich. Aber vielleicht vertue ich mich ja auch. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 15:00, 8. Mär. 2007 (CET)
- naja, diese nasalassimilation ist linksgerichtet, der nasal passt sich also im artikulationsort dem vorhergehenden obstruenten an wenn das schwa beim Schnellsprechen nicht mitgesprochen wird (leben -> /lebm̩/ bzw. , legen -> /legŋ̍/, beten -> /betn̩/) Wird der Schwa gesprochen, bleibt in allen Fällen das /n/. (ps. diakritika wird bei symbolen mit unterlauf über das symbol gesetzt, wie bei /ŋ̍/), vgl. das hier--Patrick 17:02, 8. Mär. 2007 (CET).
Hallo, Patrick! Ich stimme auf jeden Fall zu, dass es diese Formen gibt. Ich weiß nur nicht, ob die Nasalassimilation nur eine Möglichkeit oder eine feste Regel ist. Wurzel nimmt als eine Möglichkeit eben auch die Form ohne Schwa und dennoch mit silbenbildendem "n" an. An dieser Stelle bin ich überfragt. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 21:50, 8. Mär. 2007 (CET)
- Diese Realisierung ohne Schwa+n wäre in diesen fällen imho rein sprachphysisch gar nicht möglich, zumindest nicht, ohne die Silbengrenzen zu verschieben (ab-nahme geht mit silbengrenze nach ab aber ein b-n innerhalb einer Silbe direkt aufeinander lässt sich ziemlich schwer machen, ich meine, der Schwa kommt da automatisch - obwohl ich natürlich nicht ausschliesen will, dass es Sprachen gibt, in denen sowas geht, aber das Deutsche gehört mEn nicht dazu...) mal abgesehen davon, dass das grad irgendwie überhaupt nix mit Morphemen zu tun hat ;) --Patrick 23:27, 8. Mär. 2007 (CET).
- Nachtrag: wie schonmal angesprochen muss man wohl zwischen phonetischer und phonologischer Transkribtion unterscheiden, die Phonologische zeigt die Zugrundeliegende Form (das wäre die mit überall /n/), die Phonetische die wirkliche realisierung, auf die Prozesse wie Assimilation, Harmonie, Verhärtung etc. angewendet sind, an.--Patrick 00:55, 9. Mär. 2007 (CET).
Hallo, Patrick! Der Unterschied ist mir nach über 30 Jahren Unterricht nicht ganz fremd. Ob die Lautkombination aussprechbar ist, sieht Duden. Aussprachwörterbuch 3. Aufl., S. 33 etwas anders als Du: dort wird die Kombination [b] + silbischem [n] als möglich dargestellt, mit dem Hinweis, dass an seiner Stelle "häufiger"" die assimilierte Variante verwendet wird. Ich verstehe das so, dass die andere Variante als möglich dargestellt wird. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 11:38, 9. Mär. 2007 (CET)
- Sorry, ich wollte Euch oben nicht irreführen. Es war B. Trnka (und natürlich nicht Jespersen), dessen Ergebnisse aus der Arbeit Phonological Analysis of Present-Day Standard English. University, Ala.: University of Alabama Press (1968) von John DeFrancis in seinem Buch Visible Speech auf Seite 255 folgendermaßen zitiert werden: "The number of morphemes is well over 8,000 in Chinese. A limited analysis of English turns up almost 6,000 in a pocket dictionary (Trnka 1968)."
Aber ein deutsches Morpheminventar konnte ich im Netz immer noch nicht entdecken. Wer fängt damit mal an?
Gruss, --Reiner Stoppok 15:33, 24. Mai 2007 (CEST)
Hallo, Reiner! Danke für den Hinweis auf Trnka. Ich werde dem nachgehen. Leider wird's nichts aus der Zahl der Morpheme im Dt. Ich kann jetzt anhand einer Wörterbuchstichprobe den Zuwachs an Morphtypes, bezogen auf die Wortzahl, modellieren. Ist vor ein paar Tagen erschienen: K.-H. Best (2007). Quantitative Untersuchungen zum deutschen Wörterbuch. In: Glottometrics 14, 32-45. Mein Problem ist, dass ich (noch?) nicht weiß, ob man von der Zahl der Morphtypes auf die der Morpheme schließen kann, und wenn ja, wie. Immerhin, ein erster Versuch. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 20:30, 24. Mai 2007 (CEST)
- Hallo, Dr. Karl-Heinz Best! Alle Diskussion hier oben drüber vergebens?! Wer von Euch Fachleuten war denn so mutig wie Trnka und hat Schätzungen zu den handelsüblichen Sprachen abgegeben? Kannst Du da mal eine Liste machen?
- Sprache / Zahl der Morpheme / Autor ua..
- Chinesisch 8000 (DeFrancis)
- Englisch 6,000 (Taschenwörterbuch) (Trnka)
--Reiner Stoppok 23:38, 27. Mai 2007 (CEST)
Hallo, Reiner Stoppok! Die Diskussion war nur vergebens, wenn man ausschließlich auf das Ergebnis schaut. Sie öffnet den Blick für die Schwierigkeiten, die sich bei diesen Überlegungen einstellen.
So 'ne Liste, wie Du sie anforderst, hätte ich auch gerne. Um noch ein bisschen Wasser in den Wein zu gießen: Die Zahlen von DeFrancis und Trnka sagen nichts aus, solange man nicht weiß, aufgrund welcher Datenbasis sie entstanden sind. (Ich konnte beide noch nicht einsehen.) Ein "Taschenwörterbuch" kann 10000, kann aber auch 100000 Wörter enthalten. Abenteuerliche Angaben zu Chinesisch (Wortschatz, Silbenzahl...) liest man gelegentlich, ohne überzeugt zu sein. Die Dinge liegen komplizierter, und wenige machen sich die Mühe, sie mit brauchbaren Methoden anzugehen und die nötigen Daten mitzuliefern. Grüße Dr. Karl-Heinz Best 11:37, 28. Mai 2007 (CEST)
Wörterbücher also mit hunderttausenden von Einträgen hat die Wissenschaft schon zustande bekommen, eine einfache Morphemliste im vierstelligen Bereich aber nicht? - Ich bin auch langsam dafür, die Geisteswissenschaften an den Unis abzuschaffen. --Reiner Stoppok 20:53, 29. Mai 2007 (CEST)
...und das, wo wir doch gerade dabei sind, handfeste Arbeit zu leisten? Aber natürlich nicht alles auf einmal schaffen. Gruß Dr. Karl-Heinz Best 11:06, 30. Mai 2007 (CEST)
Noch n Nachtrag! Endlich bin ich mal wieder auf ne Zahl gestoßen - kannte ich längst, hatte sie nur vergessen: W. König, dtv-Atlas Deutsche Sprache, 15. Aufl. 2005, S. 115 gibt an: "Das Deutsche verfügt über ca. 4000 Grundmorpheme. Aus diesen Elementen bildet sich der Wortschatz." Leider nennt er keine Quelle dafür. Ich selber halte an der Zahl nur die Dimension: ein paar tausend für richtig. So, wie bei den Morphen steigt ganz sicher auch die Zahl der Morpheme mit der Größe des ausgewerteten Korpus nach einem Sprachgesetz. Dr. Karl-Heinz Best 10:50, 10. Aug. 2007 (CEST)
Jetzt bin ich wohl der Quelle für die Zahl von "Sinnsilben" im Dt. näher gekommen: Karl Bühler: Sprachtheorie. Die Darstellungsfunktion der Sprache. Ullstein, Frankfurt/ Berlin/ Wien 1978 (Erstdruck 1934). ISBN 3-548-03392-X; S. 284. Es ist von bis zu 4000 die Rede. Auch hier wird auf "silbenstatistische Untersuchungen" andernorts verwiesen, ohne Angabe dazu. Dr. Karl-Heinz Best 10:16, 1. Okt. 2007 (CEST)
- Haben Deine Recherchen im vergangenen Jahr (noch) etwas genaueres/zeitnaheres ergeben? --Reiner Stoppok 17:59, 16. Okt. 2008 (CEST) PS: Klingt mir sehr schwamming. Hat die Wissenschaft da nichts präziseres parat?
Bühler hat entweder selbst oder andere für ihn Texte ausgezählt (Goethe, wenn ich mich recht erinnere) und kommt hochgerechnet auf diese Zahl. Schwammig finde ich das nicht. Eher zeitgemäß.
Ich selbst habe eine Untersuchung gemacht, in der u.a. dargestellt wird, wie die Zahl der Morphtypes sich entwickelt, wenn man immer mehr Wörter aus dem Lexikon berücksichtigt; dieser Zuwachs scheint einem Gesetz zu folgen. (K.-H. Best. 2007. Quantitative Untersuchungen zum deutschen Wörterbuch. Glottometrics 14, 32-45.) Es ist denkbar, dass die Dynamik sich bei anderen Wörterbüchern oder bei Textanalysen anders darstellt. Bei wachsender Wortzahl verlangsamt sich allmählich der Zuwachs der Morphtypes. Fragt sich, wann der Zuwachs aufhört. Ich nehme an, dass dasselbe auch für Silben oder Morphtoken gilt. Im Augenblick halte ich nicht viel davon, absolute Zahlen anzugeben, mehr davon, die Dynamik des Zuwachses zu nennen. So viel zum derzeitigen Stand. Grüß Dich! Dr. Karl-Heinz Best 21:00, 16. Okt. 2008 (CEST)
Kleiner Nachtrag: vgl. auf der Diskussionsseite von Silbe den Abschnitt "Zahl der Silben". Dr. Karl-Heinz Best 20:51, 30. Jul. 2009 (CEST)
Nullallomorph - Nullmorphem - Nullmorph
Meine Sicht zu Nullelementen:
- Zu "Nullallomorph" s. entsprechenden Artikel; das Konzept ist für die Beschreibung der Morphologie des Dt. notwendig.
- "Nullmorphem": Sehr problematisch. Es wäre ein Morphem, das nie eine lautliche oder orthographische Realisierung hätte. Dann könnte man es aber auch nicht wahrnehmen. Was man nicht wahrnehmen kann, kann auch nicht in der Kommunikation verwendet werden. Das Konstrukt Nullmorphem wäre allenfalls in der Flexion vertretbar, um etwa darzustellen, dass bei Substantiven, die nicht substantivierte Adjektive sind, der Nominativ Singular nie ein eigenes Morphem aufweist, wohl aber die anderen Kasus (Genitiv Singular...)
- "Nullmorph" ist für mich indiskutabel. "Morphe" sind sprachliche Größen, die durch Zerlegung von Wörtern in ihre kleinsten bedeutungstragenden Bestandteile gewonnen werden. Was im Wort nicht wahrgenommen werden kann, lässt sich auch nicht durch Wortzerlegung herstellen. Zu Nullelementen kommt man erst dann, wenn man versucht, die Segmente Morphemen zuzuordnen. Dann stellt man manchmal fest, dass eine bestimmte grammatische Kategorie (z.B. Dativ Singular bei deutschen Substantiven: -e dem Mann oder eben -O dem Manne) mal physikalisch dargestellt wird, mal nicht. Um das auszudrücken, benötigt man die Nullelemente. Entsprechend habe ich den Artikel "Morphem" verändert und hoffe, er ist für Euch so akzeptabel. Wenn wir Nullmorphe zuließen, dann könnte man behaupten, in einem Wort wie Manne steckten die Bedeutungen des Lexems und des Dativ Singular, aber noch 35 andere Bedeutungen; man müsste sich nur noch ein paar mehr einfallen lassen.
Das Problem ist, dass natürlich Generationen von Linguisten über Morphologie nachgedacht haben und aus versch. Gründen manchmal zu unterschiedlichen Lösungen gekommen sind. Die kann man nicht gut alle in einen Artikel packen. Es bestünde die Gefahr, dass man ein Kuddelmuddel an theoretischen Konzepten zusammenrührt. Dr. Karl-Heinz Best 09:45, 3. Nov. 2006 (CET)
- Den Abschnitt zum "Nullmorph" verstehe ich nicht. Wieso sollen "Nullmorphe" indiskutabel sein, wenn "Nullallomorphe" für die Beschreibung der deutschen Morphologie notwendig sind? Jedes Allomorph ist doch per definitionem ein Morph. Oder etwa nicht? -- Mumpitz 16:53, 4. Nov. 2006 (CET)
- Im Prinzip ja. Aber: Es ist eine Frage der Analyseschritte: Morphe gewinnt man, indem man Wörter oder Sätze zerlegt; etwas, was materiell in den Sätzen, Wörtern nicht da ist, kann man auch beim Zerlegen nicht gewinnen. So zerlegt man Mann nicht, wohl aber Mann-e, da ja Mann auch ohne -e vorkommen kann. (parole)
- Nun kommt der nächste Schritt (Erarbeitung der langue): Man vergleicht die vielen gewonnenen Segmente, Morphe und fragt sich, zu welchen Morphemen sie gehören. Dabei trifft man auf Fälle wie Mann/Mann-e, womöglich in ein und demselben Satz oder wenigstens Text. Dann stellt man erst jetzt fest, dass das Wort Mann im Dativ Singular mal mit, mal ohne -e verwendet wird. Für diese Feststellung gab es beim bloßen Zerlegen der Wörter noch keinen Grund. Um diesem Befund gerecht zu werden, setzt man ein Nullallomorph an, obwohl es dazu naturgemäß kein Morph geben kann, wohl aber für das -e-Allomorph natürlich. Ok? Gruß Dr. Karl-Heinz Best 20:36, 6. Nov. 2006 (CET)
- Konkret heißt das: wenn meine Datenbasis ein Textkorpus ist, dann schaue ich mir im ersten Schritt also alle möglichen Zerlegungen eines Texttokens in nichtleere Segmente an. Alle Segmente einer solchen Segmentierung, die als eigenständiges Texttoken attestiert sind, werden als Morphe (mögliche Morphe?) akzeptiert. Das heißt, im ersten Schritt wird nicht interpretiert, sondern nur die Distribution von Formen erfasst. Im zweiten Schritt wird dann das Sprachsystem so modelliert, dass es die Distribution erklärt. Richtig?
- Das ist jedenfalls die "reine Lehre"; fraglich nur, wie rein sie umzusetzen ist. Dr. Karl-Heinz Best 21:34, 7. Nov. 2006 (CET)
- Beispiel: ich kann Mann unter anderem in M, an und n zerlegen. Alle drei Segmente kann ich meiner Datenbasis (>200 Mio Token taz) auch als einzelne Token finden (ausgeschlossen sind dabei sogar Schreib- und Segmentierungsfehler, es gibt also Treffer mit Zeichencharakter). an ist unstrittig. Aber auch für M und n gibt es Treffer: ein neues Schlingerlokal mit dem gelben " M ", Noch n Kandidat. Sind das jetzt alles Morphe, aber eben keine Allomorphe, weil sich mit dieser Segmentierung kein System erkennen lässt? Verstehen Sie Morphe also als Formen, nicht als linguistische Zeichen? Grüße! -- Mumpitz 14:50, 7. Nov. 2006 (CET)
- Wenn man's ganz explizit machen will, muss man tatsächlich jedes denkbare Segment herstellen und dann nach Rekurrenzen suchen. Bei Harris heißt sowas "morph substitution class" (MSC). Man muss dann untersuchen, welche MSCs in gleicher Umgebung vorkommen. Man wird dann feststellen, dass Mann in fast der gleichen Umgebung vorkommt wie Mensch, Herr etc. In dieser Umgebung kommt aber M oder an nicht vor. So kann man Klassen von austauschbaren Segmenten bilden. Bei der Interpretation dieser Segmente darf dann ein native speaker helfen. (Das ist, wenn ich mich recht erinnere, schon mehr, als Harris zulassen würde.) Tatsächlich erlauben wir uns short cuts, also wir verlassen uns schon ein bisschen auf unsere Sprachkenntnis. Ich denke aber, es ist dennoch sinnvoll, die Analyseebenen Segmentieren und Klassifizieren zu unterscheiden. Morphe sind nur segmentiert; erst die Klassifikation zeigt uns, welche Rolle im Sprachsystem sie spielen. Morphe sind Segmente, von denen wir annehmen, dass sie tatsächlich Zeichen sind; ob sie das wirklich sind, muss erst die Klassifikation ergeben. Ich kann mir z.B. vorstellen, dass man im Dt. -t- in eigen-t-lich als Morph gewinnt und erst beim Klassifizieren feststellt, dass diesem Element nie eine eigene Bedeutung zukommt. Um beim Beispiel Mann zu bleiben: irgendwann ist die Frage zu beantworten, ob die vermuteten Segmente an oder M eine Bedeutung haben, die etwas zur Bedeutung des ganzen Mann beitragen.
Das Problem ist, ob es wirklich möglich ist, völlig bedeutungsfrei beim Segmentieren vorzugehen, wie es der Distributionalismus versucht. Machen wir beim Segmentieren nicht schon kleinere Vorwegnahmen dessen, was erst beim Klassifizieren eine Rolle spielen sollte? Grüße Dr. Karl-Heinz Best 21:34, 7. Nov. 2006 (CET)
Nochmal: Zahl der Morpheme/ Zahl der Silben
Ergänzung zu "Zahl der Morpheme im Deutschen". Nachdem es mir gelungen ist,
Bohumil Trnka (1966), A phonological analysis of present-day standard English. Rev. new edition . Ed. by Tetsuya Kanekiyo & Tamotsu Kotzumi. Tokio: Hokuou Publ. Co.
einzusehen, kann ich Trnkas Angaben mitteilen: Er fand 5424 monomorphemische Wörter mit einer oder zwei Silben, 3203 einsilbige, 2221 zweisilbige. (Basis: 100000 Wörter laufender amerikanisch-engl. Text) Nichts über 3- und mehrsilbige monomorphemische Wörter. Die Zahl wird weiter problematisch, da sein Kriterium für Wort die phonologische Gleichheit ist, ohne Rücksicht auf die Bedeutung. So erscheinen "see - sea" als 1 Wort, trotz der versch. Bedeutung; phonolog. verschiedene Aussprachen desselben Wortes (Beisp.: nevju - nefju:] als versch. Wörter. Die von DeFrancis (s.o.) genannten Zahlen sind also problematisch. Dr. Karl-Heinz Best 16:53, 27. Jun. 2007 (CEST)
Ich bin nochmal auf Zahlen gestoßen: Nach Bünting (siehe: http://de.wiktionary.org/wiki/Morpheminventar) wurden bei einer Computerauszählung des Wörterbuchs von Wahrig "fast 5000 deutschstämmige" unter fast 10000 Morphemen insgesamt festgestellt. Leider wird nicht angegeben, welche Wörterbuchausgabe ausgewertet wurde. Und: kein Wörterbuch ist vollständig. Aber einen Hinweis auf die Dimension gibt es vermutlich schon. Dr. Karl-Heinz Best 20:15, 2. Jun. 2010 (CEST)
- 1981: Ist das noch neuste Forschung? --Reiner Stoppok 06:50, 10. Jun. 2010 (CEST)
Dazu folgendes: Es gibt nichts, was einem aktuellen, umfassenden Handbuch der dt. Sprachstatistik auch nur annähernd entspräche. Der Mainstream der Linguistik geht seit 40 Jahren ganz andere Wege, bis hin zur Diffamierung statistischer Erhebungen. So ist man darauf angewiesen, mehr oder weniger zufällig auf solche Infos zu stoßen, die nirgends zusammengestellt sind. Ich kann mir vorstellen, dass es auch neuere Erhebungen gibt, habe sie aber noch nicht entdeckt. Einstweilen halte ich eine Angabe von 1981 für besser als gar keine. Dr. Karl-Heinz Best 09:30, 10. Jun. 2010 (CEST)
- Vielleicht stand es ja schon in der 1. Aufl. (1971)? ;) --Reiner Stoppok 18:23, 11. Jun. 2010 (CEST)
Schon möglich; die habe ich aber nicht. Dr. Karl-Heinz Best 18:44, 11. Jun. 2010 (CEST)
Unverständlich
Die Einleitung dieses Artikels ist nahezu völlig unverständlich. Es handelt sich um eine Aneinanderreihung unerklärter Fremd- bzw. Fachwörter. Die bis zu 5-fache Wiederholung nicht allgemeinverständlicher Worte macht das Desaster noch erheblich schlimmer.
Eine Einleitung muß - in einfachem Deutsch - wenn irgend möglich - für Nichtfachleute und unterdurchschnittlich Gebildete verständlich einordnen, in welchem Kontext ein Begriff benutzt wird, welchem/n Fachgebiete(n) er angehört, und was er grob bedeutet. Diese Anforderung wird 100% nicht erfüllt.
--Purodha Blissenbach 22:43, 27. Jul. 2007 (CEST)
- Ich werd mich die Tage mal ransetzen und ihn etwas entrümpeln. sind auch 'n paar inhaltliche Fehler drinne.--Patrick 01:22, 28. Jul. 2007 (CEST).
- ich schließe mich dem an, ohne gleich von "Desaster" zu sprechen, aber als jemand der dieser Tage eine einfache Begriffserklärung suchte, stehe ich nach dieser "Erklärung" noch mehr im Regen als vorher. Fachchinesisch, das mit noch mehr Fachchinesisch zu erklären versucht wird, hilft dem ahnungslosen Begriffesucher nicht wirklich. Wer in dieser Welt firm ist, braucht dann auch keine derartigen Wikipedia-Artikel - als Antwort auf das Oma-Prinzip: Begriffe schlägt man ja dann nach, wenn man deren Bedeutung/deren Kontext gerade nicht kennt. Ein wenig mehr Verständlichkeit (oder die Verwendung allgemein verständlicher/Weglassung unnötiger Begriffe) wäre hilfreich. Es spricht ja dann nichts - für die Vertiefung - für einen fachlichen Teil. In der Hoffnung auf etwas mehr Verständnis... --141.51.77.101 16:14, 24. Apr. 2010 (CEST)
Wie wär's mit einer Reaktion auf meine direkt hierunter stehenden Anmerkungen von 2007? Oder eine Präzisierung dazu, wo genau es hakt? Dann käme man evt. weiter. Dr. Karl-Heinz Best 11:11, 25. Apr. 2010 (CEST)
Ich halte die Kritik am 1. Abschnitt des Artikels für völlig überzogen. Es ist von der Wortwahl wie von der Bedeutung her fast dasselbe, was man in der neuesten Auflage von Duden. Deutsches Universalwörterbuch findet. Wenn man dann den Links nachgeht, sollte hinreichend klar werden, was im Einzelnen gemeint ist. Oder darf man das nicht erwarten? Vielleicht sollte aber gar keine Fachterminologie behandelt werden? Ich möchte auch einmal das berühmte "Oma-Prinzip" infrage stellen: Was für eine Oma meint Ihr? Eine mit Hauptschulabschluss? Die wird einen solchen Artikel kaum lesen. Oder wen meint Ihr damit? Ich bin wirklich gespannt, wie man völlig voraussetzungsfrei fachliche Belange vorstellen soll, ohne dass sie fachlich falsch werden. Dr. Karl-Heinz Best 10:41, 28. Jul. 2007 (CEST)
- Ich kann nach den Beiträgen hier beide Positionen sehr gut nachvollziehen. Mir ist dieser Begriff heute im Zusammenhang mit computergestützten Ansagen in öffentlichen Verkehrsmitteln (außerhalb der Wikipedia und vermutlich auch falsch benutzt) aufgefallen und wollte ihn dann hier nachlesen. OK, mein erster Gedanke war auch "häää?" und ich hatte zunächst keine zufriedenstellende Antwort. Mit meinem völlig unbedarften Laienwissen im Bereich der Sprachwissenschaft konnte ich mir zumindest aber doch relativ schnell herleiten, daß es sich um einen Begriff aus der Sprachwissenschaft handelt, ein Morphem daher nichts mit Morphing oder Morphium zu tun hat und daß von einer kleinsten Einheit die Rede ist, im Prinzip Silben oder Laute, aus denen Worte gebildet werden - die Fachleute hier mögen mir meinen unbedarften Vergleich verzeihen. Die Aussage „kleinste Einheit von...“ genügt mir dann als Laie auch, da ich viel mehr ohnehin nicht verstehe und wahrscheinlich auch gar nicht wissen will. Wie mein Vorredner schon schreibt wird es schwer, einen Fachbegriff so zu erklären, daß die Definition dabei fachlich korrekt bleibt und nicht völlig sinnentstellt wird. Ich selbst habe früher viele technische Dokumentationen verfaßt und war bemüht, immer Vergleichs- oder Einfachstbeispiele heranzuziehen .oO(ok, in meinem Fall konnte man sich noch mit bunten Bildern oder einer Telefonhotline behelfen....). Hier wüßte ich auch mit meinem "Laienversteher-Deutsch" nicht weiter, wie man diesen ganzen Artikel Oma-tauglich erklären kann, aber darum geht es doch auch nicht, oder? Ich habe mir mal die Mühe gemacht, andere komplexe Sachgebiete auf Oma-Tauglichkeit zu testen und bin bei meiner geliebten Integralrechnung hängen geblieben - ohne lange suchen zu müssen. Auch dort wird - zu meinem Amüsemeng - über besagte Oma und die Unverständlichkeit der Integralrechnung diskutiert. Die Unverständlichkeit ergibt sich aus der Thematik und nicht aus der Definition.
- Ein Morphem ist die kleinste bedeutungstragende Einheit der Sprache auf der Inhalts- und Formebene im Sprachsystem (langue). halte ich für eindeutig: kleinste bedeutungstragende Einheit der Sprache - das ist auch hundertprozent Oma-tauglich. Vielleicht stiftet das Wort bedeutungstragend oder die Inhalts- und Formebene Verwirrung, aber grob weiß ich, wo es lang geht und für die Fachleute folgt dann der ganze Rest. Wer sich darin einlesen will, kann das dann eben nicht ohne Vorkenntnisse. -- Paettchen 11:38, 30. Apr. 2010 (CEST)
Nur ein Nullmorphem?
Morpheme sind Sprach-Zeichen. Diese sind definiert als Einheit aus einer Ausdrucksseite und einer Bedeutungsseite. Es gibt daher so viele Nullmorpheme - wenn man den Begriff überhaupt akzeptiert -, wie es unterschiedliche Bedeutungen oder grammatische Funktionen gibt. Dr. Karl-Heinz Best 12:15, 28. Jul. 2007 (CEST)
Nein. Ein Nullmorphem zeichnet sich dadurch aus, dass sein einziges Allomorph ein Nullallomorph ist. Daher gibt es für jede unterschiedliche Bedeutung oder grammatische Funktion nur dann ein Nullmorphem, wenn es kein Allomorph außer dem Nullallomorph dafür gibt. Nachdem es aber bei vielen Bedeutungen und grammatischen Funktionen durchaus viele verschiedene Morphe oder zumindest eines gibt, gibt es auch für viele kein Nullmorphem. Daher kann es auch nicht so viele Nullmorpheme wie Bedeutungen und Funktionen geben. --Tronjjer 11:28, 4. Nov. 2008 (CET)
Hast Recht. Im letzten Satz fehlt die nötige Einschränkung. Ist mir durch die Lappen gegangen. Dr. Karl-Heinz Best 17:19, 4. Nov. 2008 (CET)
Anmerkungen zur letzten Bearbeitung
1. Die wichtigste Notationsweise fehlt: die mit geschweiften Klammern, also z.B. {geh}-{t}. Ich bin mir auch nicht sicher, ob man hier jede Marotte eines Linguistik-Kollegen vorstellen muss.
- wird ergänzt. Was Marotte ist, kann ich nicht beurteilen. --Hans-Jürgen Streicher 20:48, 17. Dez. 2007 (CET)
- Eine Marotte liegt m.E. dann vor, wenn man ohne Not von eingeführten Begriffen, Notationsweisen oder dgl. abweicht; die geschweiften Klammern sind eine alten eingeführte Notationsweise. Ich sehe keinen Vorteil darin, sie durch andere zu ersetzen. Manche Kollegen erfreuen sich daran, etwas längst Bekanntes neu zu fassen und glauben anscheinend, damit der Forschung einen großen Dienste erwiesen zu haben. Es führt aber nur zu einem endlosen Anwachsen von Idiosynkrasien. Dr. Karl-Heinz Best 10:26, 18. Dez. 2007 (CET)
2. Wenn Literatur angegeben wird, sollten die Angaben bitte auch bibliographisch vollständig sein: mit Verlag, Ort und möglichst ISBN.
- m.E. nicht nötig, da nur Quellen. --Hans-Jürgen Streicher 20:48, 17. Dez. 2007 (CET)
- Wozu Quellenangaben, wenn man es den Bebutzern erschwert oder gar unmöglich macht, die Quellen selbst nachzusehen? Dr. Karl-Heinz Best 10:26, 18. Dez. 2007 (CET)
3. Die Rede von den "Sprachsilben" (als Äquivalent zu "Morphem") ist mehr als verwirrend: Silben sind phonetische Einheiten (enthalten mindestens 1 Vokal) und haben mit Morphemen als Sprachzeichen (Einheit von Ausdruck und Bedeutung) prinzipiell nichts zu tun. Es gibt auch viele Morpheme bzw. Allomorphe, die nur aus Konsonanten bestehen, also nun wirklich keine Silben sind. "Sprachsilbe" als Entsprechung zu "Morphem" sollte wirklich gelöscht werden. Ich wüsste auch nicht, wo sonst als in der Sprache es Silben geben sollte.
- ok, fand ich bei Gadler, aber wohl in der Tat irreführend. --Hans-Jürgen Streicher 20:48, 17. Dez. 2007 (CET)
4. Nullmorphem und Nullallomorph sind zwei sehr verschiedene Dinge; das wird hier z.T. nicht deutlich: vgl. "Einen Sonderfall stellt das Nullmorphem (Ø-Allomorph) dar." M.E. geht das so nicht.
- Meiner Erinnerung nach wohl nicht von mir, sondern vorgefunden. Bitte einfach direkt korrigieren --Hans-Jürgen Streicher 20:48, 17. Dez. 2007 (CET)
5. Es gibt kein Morphem [-en] - mal abgesehen davon, dass hier eine phonbetische Klammer für ein Morphem verwendet wird -, sondern nur mehrere Allomorphe {-en}, die zu einer Reihe verschiedener Morpheme gehören, z.B. Infinitiv, Plural bei Substantiven, mehrere Kategorien in der Flexion von Adjektiven, Ableitung von Adjektiven.
- Das war meine Frage. Ich erlaube mir, zu versuchen, das so einzubauen. Wenn nicht gelungen, bitte direkt korrigieren, ´bin dankbar. --Hans-Jürgen Streicher 20:48, 17. Dez. 2007 (CET)
- ´scheitere hier, weil alle mir vorliegenden Bücher schlicht "-en" als Morphem anführen, auch z.B. Meibauer, Einführung in die germanistische Linguistik (2007), S. 32, obwohl dies wie angefragt in der Tat kein Morphem sein dürfte.
Vielleicht kann man die Anmerkung zu Ziffer 5. schlicht als nachfolgende Präzisierung anbringen ? Gruß --Hans-Jürgen Streicher 21:01, 17. Dez. 2007 (CET) 6. Eine Darstellung, in der die divergierenden Auffassungen mehrerer Einführungswerke zusammengebracht werden, mag zu Ergänzungen führen; die Einzelheiten passen aber nicht immer zusammen.
- Bitte konkreter werden. ´sehe im Übrigen die Aufgabe von wikipedia nicht in Präskription, sondern Deskription der vorhandenen Meinungen. --Hans-Jürgen Streicher 21:01, 17. Dez. 2007 (CET)
Es gibt Unverträglichkeiten. Der Morphembegriff der franz. Linguisten ist in der Nachfolge von Martinet ein anderer als der der amerikan. Strukturalisten. Man kann natürlich beides darstellen, sollte dann aber vielleicht zuerst die m.E. dominierende Begrifflichkeit vorstellen - das scheint mir die amerikanische zu sein - und von mir aus danach ein Kapitel mit Abweichungen. Auch die Skandinavier haben mit "Plerem" etc. andere Terminologien. Dr. Karl-Heinz Best 10:26, 18. Dez. 2007 (CET)
Kurz: der Artikel ist zwar ausführlicher als vorher; ich bin mir aber nicht sicher, dass er insgesamt auch besser geworden ist. Ich persönlich würde fast vorziehen, ihn zu revertieren. Dr. Karl-Heinz Best 11:51, 16. Dez. 2007 (CET)
Ich möchte noch den Vorschlag machen: bei den Ausarbeitungen auch mal in die einschlägigen Fachwörterbücher schauen (Bußmann, Glück, Lewandowski); das bewahrt vor den Idiosynkrasien unserer sprachschöpferischen Kollegen und führt etwas mehr Richtung opinio communis. Die gibt es in weiten Teilen auch noch.
- ´habe ich mir für die nächsten Beiträge auch vorgenommen, habe die o.g. Standardwerke aber nicht immer zur Hand. Gruß --Hans-Jürgen Streicher 08:50, 20. Dez. 2007 (CET)
Ich habe etliche Deiner/ Ihrer Beiträge gelesen und finde sie meistens ok. "Beste" Grüße Dr. Karl-Heinz Best 10:26, 18. Dez. 2007 (CET)
- Hm, ich weiß nicht, ob man Verbstämme so ohne weiteres "gebunden" nennen kann; Imperative im Dt. z.B. werden meist nur durch den bloßen Stamm ohne Affixe gebildet, wie "spiel (mit das Lied vom Tod)!" oder "zeig (mir mal das Buch)!"...--ˈpɛt.ʀɪk red mit mir! 12:30, 18. Dez. 2007 (CET).
Ich habe eine ziemlich verbreitete Auffassung wiedergegeben, die auch meine ist. Wenn man den Imperativ (2. Ps. Sg.) beschreiben will, muss man sagen: es gibt ein Morphem, das mit 2 Allomorphen verwendet wird: {-e} und {-0}. So ist das Sprachsystem. Bei einigen Verben wird die Form mit {-e} vermutlich immer noch häufiger benutzt als die ohne, z.B. bei "bitten": "Bitte schön darum, dann bekommst Du es!". Oder in Wendungen: "Singe, wem Gesang gegeben!" "Komme, was da wolle!" Die Tendenz, das auslautende {-e} wegzulassen, macht sich im Sprachgebrauch immer stärker bemerkbar; das heißt aber ja nun nicht, dass der Imp. mit {-e} falsch ist. Erst, wenn das soweit gekommen ist, müssen wir den Fall neu erörtern. Aber selbst dann haben wir das Problem, dass wir bei den Autoren der dann Vergangenheit die veraltete Form immer noch finden. Wir können ja auch nicht einfach "buk", "molk", "focht" u. dgl. einfach aus der Sprachbeschreibung ausklammern. Dr. Karl-Heinz Best 16:03, 18. Dez. 2007 (CET)
- Ja, guter Punkt. Wenn man es allerdings ganz genau nimmt, müsste man annehmen, dass alle deutschen Stämme (zumindestens die der Kategorien N,V,A) gebundene Morpheme seien...--ˈpɛt.ʀɪk red mit mir! 16:09, 18. Dez. 2007 (CET).
Bei einigen nicht: "Tisch", "schön", also originäre Substantive und Adjektive, aber auch viele Adverbien, kann man schon als "frei lexikalisch" auffassen; sie kommen ja auch ohne Flexionsendung vor, wenn man nicht generell Flexionsendungen (zur Not als Nullmorphem) ansetzt. Davon abgeleitete Verben oder andere Wörter sind dann ja sekundär. Aber im Grunde hast Du recht: die Sache ist diffiziler, als sie auf den 1. Blick aussieht. Dr. Karl-Heinz Best 18:38, 18. Dez. 2007 (CET)
Aristoteles
"Aristoteles nahm als Morpheme nur Namen und Zeitwörter an"
Ist das nicht irreführend?
- Aristoteles kannte den Begriff "Morphem" nicht, verwendete ihn also nicht und erst recht nicht im heutigen Sinne. Sinnvoller sollte eine Aussage sein wie "irgendjemand" legt Aristoteles so aus, daß nur Namen und Zeitwörter Morpheme seien.
- Sind es bei Aristoteles nicht Namen und Wörter, oder Namen-/Nennwörter und Zeit-/Tätigkeitswörter (lat. ebenfalls mehrdeutig: nomina et verba)?
-84.161.46.186 15:37, 22. Sep. 2015 (CEST)
- Danke für den Hinweis, ich hab es mal gleich rausgenommen. Die angegebene Quelle Tugendhat/Wolf ist sowieso kein linguistischer Text. Online kann man die zwar nicht nachschauen, jedoch die spanische Übersetzung ist teilweise online. Dort wird nur gesagt (s. 23): Nombres y verbos son por tanto para Aristoteles las partes mas pequenas del lenguaje portadoras de significado. Oder so ähnlich. Die nächste Seite fehlt in der Vorschau. Aber schon auf dieser Grundlage halte ich es eher für einen Scherz, dem Aristoteles eine Meinung zum Morphembegriff zuzuschreiben. (Der Morphembegriff ist auch nicht auf inhaltliche Bedeutung eingeschränkt, sondern verlangt nur eine konstante Funktion, das kann auch ein rein grammatisches Merkmal sein, das einem Aristoteles wohl freilich nicht gereicht hätte). -- Wer die Quelle vollständig nachlesen kann, kann ja meinetwegen wieder etwas zu dem Punkt einfügen, aber im mindesten Fall muss man es als eine gelehrte Überlegung bezeichnen, die Tugendhat/Wolf den Äußerungen des Aristoteles hinzufügen, da stimm ich meinem Vorredner zu. --Alazon (Diskussion) 17:08, 22. Sep. 2015 (CEST)