Diskussion:Prinzipalmarkt

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Letzter Kommentar: vor 16 Jahren von Robert Schediwy in Abschnitt Details zur Rekonstruktion nach 1945
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Rekonstruktion

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Der Prinzipalmarkt in Münster fällt, ebenso wie das Knochenhaueramtshaus in Hildesheim, die Dresdner Frauenkirche oder die Warschauer Altstadt unter die Kategorie Rekonstruktion. Hoffe, es hat niemand was dagegen, wenn ich ihn da mit einordne. Robert Schediwy 84.112.54.160 11:51, 9. Dez. 2007 (CET)Beantworten

Details zur Rekonstruktion nach 1945

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Es wäre interessant,mehr über die - in Deutschland ja sonst eher ungebräuchliche -Rekonstruktionsfreudigkeit in Münster nach 1945 zu erfahren (Namen von Protagonisten, Positionen der politischen Parteien, der Denkmalschutzbehörden, der Architekten etc). Leider liegt mir das Buch von Roswitha Rosinski nicht vor, aber gerade angesichts der heute vielerorts sehr virulenten Rekonstruktionsdebatte wäre es relevant, hier mehr ins Detail zu gehen.Robert Schediwy 06:43, 6. Jun. 2008 (CEST)Beantworten

P.S. Ich entnehme Gunnar Picks Vortrag aus 2000 (siehe Weblink)folgende Aspekte:

Münster wurde 1939 zur „Neugestaltungsstadt“ erklärt, um als Gauhauptstadt nach den Vorstellungen der NSDAP umgestaltet zu werden. Zwischen Altstadt und dem neuen Bahnhof war das Gauforum vorgesehen, aber auch dieses "der in Münster typischen Bauweise des 17. und 18. Jahrhunderts angepasst, also roter Ziegelstein in Verbindung mit Werkstein für Gesimse, Pilaster und Fensterumrahmungen" (so der mit der Planung des Gauforums beauftragte Architekt Hermann Bartels.) Die Altstadt blieb von den Umgestaltungsplänen unberührt. Der statistische Sonderbericht zur Auswirkung der Luftangriffe vermerkt dann 1952: “Als bei dem Angriff am 28. Oktober 1944, der den Prinzipalmarkt verwüstete, im Laufe des Nachmittags der über 600 Jahre alte Giebel des historischen Rathauses im Brande niederstürzte, da erschien dies vielen Münsteranern, die sich ihrer Tränen nicht schämten, als ein Symbol des Unterganges ihrer alten Stadt.“

Die Wiederaufbauplanung begann schon 1943. Edmund Scharf, in der Bauverwaltung für Planungsaufgaben in der Altstadt zuständig, plante den Wiederaufbau auf historischem Grundriss. Nach Kriegsende wurde Heinrich Bartmann Stadtbaurat. Unter seiner Leitung durfte Edmund Scharf weiter planen. Ein Referat Bartmanns am 5. November 1945 äußerte sich zur Stadtplanung wie folgt: „Er (der Stadtplaner) und seine Mitarbeiter müssen die Mittel der Stadtbaukunst beherrschen und darüberhinaus den Odem der Landschaft spüren. Denn mit der Erforschung und der Berücksichtigung der Forderungen des Alltags ist es nicht getan. Es soll ja nicht "eine Stadt" entstehen, sondern ein neues Münster, die Stadt von besonderem Klang und von besonderer Farbe.“ Dem für den Wiederaufbau der Altstadt zuständige Baupflegeamt stellte Bartmann folgende Vorgaben:„Heute soll eine alte Stadt ganz neu erstehen. Nicht, daß wir sie nach dem alten Münster kopieren sollten. Nein, neue Formen sollen aus dem unsterblichen Geist der Landschaft geprägt werden. Mit Ehrfurcht und gesundem Gefühl ist der alte Stadtgrundriß entsprechend unserer heutigen Lebensweise abzuwandeln. Das, was an Erhabenem und kräftig Bürgerlichem noch steht, muß mit Liebe ergänzt, gepflegt und umhegt werden....Die alten Bauten können, wenn sie rettungslos dahingegangen sind, nicht auferstehen, es sei denn als Mumien. Wir wollen die aussichtslosen Versuche der Wiedererweckung aus den Jahrzehnten um die Jahrhundertwende nicht wiederholen. Aber Pate stehen sollen die alten Männer und Matronen, wenn innerhalb der Promenaden neue Bauten, neue Straßen und Plätze aus der Taufe gehoben werden. Historisierende Architektur soll also vermieden und die noch erhaltenen Baudenkmäler gerettet werden." Edmund Scharf, der Leiter des Baupflegamtes entwirft aber einen Altstadtplan von 1946, der viel konservativer anmutet. Er zeigt nach Pick "eine mittelalterlich anmutende, kleinstädtische Idylle aus zweigeschossigen, traufständigen Häusern, nur an den repräsentativen Straßen und Plätzen durch dreigeschossige Giebelhäuser ergänzt. Alte Gebäude kommen in diesem Plan nicht vor. Der Architekt Hans Ostermann meinte damals:„Wenn so die Stadt in einem einheitlichen Geist in Anlehnung an die übernommenen Werte der Vergangenheit in bescheidenen und harmonischen Formen wiedererrichtet wird, so dürfte die neue Stadt später den schönsten Eindruck einer bürgerlichen Stadt im besten Sinne machen. Aus dieser Stadt wäre jeder prahlerische Großstadtgeist verbannt. Die altehrwürdigen Kirchen würden wieder die städtebaulichen Zentralpunkte der Gestaltung werden. Die enggebauten Innenhöfe, welche keine Sonne mehr hereinlassen, würden verschwunden sein und schönen Gärten und Anlagen Platz machen. Einheitliches Material und das Verbot von jeglichem Scheinmaterial würden dem Aufbau einen handwerksechten Charakter und einen harmonischen Zusammenklang geben.“ Da ungeheure Werte in der Anlage der Straßen, Kanalisationen, Kabel-, Wasser- und Gasleitungen festgelegt seien und viele Fundamente, Keller und Einzelbauwerke noch erhalten seien solle man "im wesentlichen auf der städtebaulichen Anlage der mittelalterlichen Stadt wieder aufbauen und versuchen müssen, in der Altstadt dem Neuaufbau den allgemeinen Charakter des Alten wiederzugeben.“ Gegenüber verkehrsbedingten und durch die Sorge um mehr Grünrum motvierten eingriffen machte aber Ratsherr Mönig die Priorität des Privateigentums geltend: „Hierbei ist zu bedenken, dass durch die Anlage von Grünflächen, Verlegung von Straßen bzw. Verbreiterung derselben usw. ein Eingriff in den Besitz und das Vermögen der von der neuen Planung betroffenen Grundstückseigentümer getan wird, der bei den augenblicklichen wirtschaftlichen Verhältnissen sehr einschneidend ist. Der Krieg ist in Deutschland hundertprozentig verloren, die Planung darf nicht auf den gewissenlos versprochenen hundertprozentigen Sieg eingestellt sein, was nach meinem Empfinden teilweise der Fall ist. Eine Enteignung ohne Gegenleistung dürfte nicht in Frage kommen, der Ausgleich auf finanzieller Grundlage ist für die Stadt nicht tragbar.“ Das Festhalten am überkommenen Stadtgrundriss war lat Pick demnach hauptsächlich in der weiteren Nutzung der vorhandenen technischen Infrastruktur und der Unantastbarkeit der Eigentumsgrenzen begründet.

Ich finde hier allerdings vorwiegend technokratische Argumente und einen gewissen Konservativismus der Baubehörden, aber nicht die für den rekonstruierenden Wiederaufbau Münsters nach 1945 häufig in Anspruch genommene Beteiligung der Bevölkerung. Robert Schediwy 07:36, 6. Jun. 2008 (CEST)Beantworten