Diskussion:Siegfried Marck
Heidegger-Gutachten
[Quelltext bearbeiten]Während der Redaktion der Seite Martin Heidegger und der Nationalsozialismus haben wir einen Abschnitt zu den Gutachten erstellt, die Heidegger zu Marck angefertigt hat. Es könnte dort aber vielleicht den Rahmen etwas sprengen und besser hierher passen. Somit der Vorschlag, den Abschnitt hier unterzubringen:
Heideggers Gutachten
Marck sollte 1929 als Nachfolger von Richard Hönigswald an die Schlesische Friedrich-Wilhelms-Universität in Breslau berufen werden. Er betrachtete die Existenzphilosophie, insbesondere die von Heidegger, gegnerisch, und bezeichnete sie, so N. Kapferer, als „Modephilosophie des europäischen Faschismus“. In Marcks Worten seien darin die Gefühlsmomente „zum Kult erhoben, in romantischen Nebel eingehüllt und gegen Fortschritt, Vernunft und Wissenschaft abgeriegelt.“ Für die Berufung nach Breslau wurden aber zwei Gutachten eben von dem von Marck zuvor in dieser Weise angegriffenen Heidegger angefordert. Am 7. November 1929 schrieb dieser im ersten Gutachten:
„Herrn Marck habe ich kurz vor dem Kriege hier in Rickerts Seminar gesehen. Sein 'gewichtiges' Auftreten beförderte in mir keineswegs den Wunsch, ihn kennenzulernen. So kann ich darüber nicht weiter urteilen.“ Heidegger teilt in dem Gutachten mit, dass er von Marck überhaupt nur die Publikation Die Dialektik in der Philosophie der Gegenwart kenne, die der Verfasser ihm selbst zugeschickt habe, weil dieser darin Heideggers Gedanke kritisierte. Der Gutachter bewertet daraufhin die Kritik an seinen eigenen Darlegungen als zu jenen Unternehmungen gehörig, die „keine ernsthaften wissenschaftlichen Notwendigkeiten und Aufgaben“ darstellen.
Dem Buch fehle, „ebenso wie dem gleichgearteten des Frankfurter Privatdozenten Fritz Heinemann jede Substanz und alles Schwergewicht.“ Das erste Gutachten schließt: „Es erübrigt sich, daß ich weiter auf das Buch hier eingehe, weil es überhaupt nicht in die Klasse der Veröffentlichungen gehört, die als Qualifikationsbeweis für eine Professur in Frage kommen. Ich wundere mich überhaupt, daß Herr M. in dieser Besetzungsfrage zur Debatte steht.“
Im zweiten Gutachten, auf den 1. Februar 1930 datiert, zu dem Heidegger inzwischen weitere Publikationen von Marck herangezogen hatte, heißt es: “M. wird immer geschickt über das gerade moderne zu reden wissen, aber er wird nie das Schwergewicht aufbringen, mit wirklichen Fragen in die Aufgaben der Philosophie einzugreifen. Diese Art von Philosophiedozenten ist unser Ruin.“ Stattdessen empfahl Heidegger nun die Psychologen Kurt Lewin, aufgrund der „wissenschaftlichen Qualität“, und Adhemar Gelb, der einen „sicheren philosophischen Instinkt“ habe und „auch menschlich ein ganz ausgezeichneter Kerl“ sei.
In der Kommentierung der Erstveröffentlichung der Gutachten 1989 urteilt N. Kapferer, dass Marck „von seinem ganzen Ansatz her ein Philosoph war, den Heidegger nicht akzeptieren konnte und fährt fort: „Hinzu kommt sicherlich noch, dass Marck es gewagt hatte, ihn zu kritisieren. Wird man hier einen antisemitischen Beweggrund unterstellen dürfen? Die von Heidegger empfohlenen Personen Kurt Lewin und Adhemar Geld kamen beide selbst aus einem jüdischen Elternhaus.“ Trotz der ablehnenden Gutachten von Heidegger wurde Siegfried Marck im März 1930 als Hönigswalds Nachfolger an die Universität von Breslau berufen.