Diskussion:Turnverein Bozen 1862
VKS
[Quelltext bearbeiten]Hallo Vollmond, ich würde den Hinweis auf die Rekrutierung vieler Mitglieder des VKS aus dem ehem. Turnverein schon lassen, aber man könnte die apodiktische NS-Qualifikation gewiss abmildern. Eigentlich genügt der Hinweis auf den Übergang sic et simpliciter, etwa:
Zahlreiche Mitglieder des Turnvereins traten später in den Völkischen Kampfring Südtirols ein.
Was meinst du? Die deutschnationale Grundgesinnung des TV müsste aber, so finde ich, etwas besser herausgearbeitet werden. Der Verein war eindeutig großdeutsch orientiert (das beweisen schon die deutschen Farben auf den gezeigten Drucksorten, was geradezu eine antihabsburgische Note verrät, aber auch der Heil-Gruß, die strikt antiitaliensiche Haltung, die Kontakte zur Südmark etc.). Den TV nur als nationalliberal durchgehen zu lasen, greift eindeutig zu kurz. Auch das mit dem "judenfreundlich" (übrigens gerne von den Nazis als Denunziationsbegriff verwendet, wennschon müsste man hier "philosemitisch" sagen) überzeugt mich keineswegs. Ein Dolomitenartikel als Referenz ist da doch wohl zu wenig. Im besten Fall war der Bozner TV nicht deklariert antisemitisch, dass der berüchtigte Arierparagraph nicht eingeführt wurde, reicht als Argument kaum hin. Ein Ruhmesblatt daraus zu machen, hielte ich für verfehlt. Beste Grüße --Bartleby08 (Diskussion) 19:37, 30. Dez. 2013 (CET)
- Hallo Bartleby08, ich würde den Hinweis auf den Völkischen Kampfring Südtirols überhaupt weglassen, weil meiner Meinung kein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Der VKS war eine politische Organisation, der Turnverein nicht. Der VKS wurde erst 1933 gegründet, der Turnverein bereits 1926 aufgelöst. Der VKS war eine Jugendorganisation (laut WP-Artikel war das Durchschnittsalter 1933/34 unter 28 Jahren), der Turnverein war ein Honoratiorenclub mit vielfach älteren Semestern, die oft gar nicht aktiv turnten. Dem VKS gehörten "Angestellte, Bauern, Gewerbetreibende, Handwerker und Arbeiter an", der Turnverein hatte hingegen eine durchwegs bürgerliche Klientel (im Gegensatz zum TV Jahn, bei dem sich eher die "kleinen Leute" sammelten). Der Turnverein war ein kultureller Ausdruck der altösterreichischen Gesellschaft vor dem Anschluss an Italien, der VKS und der Deutsche Verband hingegen politische Reaktionen auf die neue Situation. Für die von Dir vorgeschlagene Formulierung "Zahlreiche Mitglieder", fehlt mir aus den genannten Gründen der Glaube und Du hast auch keinen Nachweis genannt.
- Zu "nationalliberal": der Turnverein Bozen war ein klassischer Ausdruck nationalliberalen Gedankenguts dieser Zeit ähnlich wie Burschenschaften, Sängerschaften et cetera. National natürlich im großdeutschen Sinn, dafür steht das Schwarz-Rot-Gold unübersehbar. Vermutlich waren demnach viele Bozner Turner auch Mitglieder der zum Ende des 19. Jahrhunderts entstandenen Deutschfreiheitlichen Partei, zumal auch der hochangesehene Bozner Bürgermeister und Turner Julius Perathoner dort eine herausragende politische Persönlichkeit darstellte. Wesentlich wahrscheinlicher als die von Dir vorgeschlagene Formulierung wäre deshalb: "Zahlreiche Mitglieder des Turnvereins traten später in den Deutschen Verband ein", da die deutschfreiheitliche Partei in diesem aufging. Aber dafür habe ich keinen Nachweis, sondern ich vermute das nur.
- Zu "judenfreundlich": der Abschnitt stammt nicht von mir, aber ich kenne den Artikel. Der Turnverein Bozen war wohl nicht philosemitisch, aber seine (vor allem älteren) Mitglieder lehnten mehrheitlich einen radikalen Antisemitismus ab. Das ist kein "Ruhmesblatt", aber so belegt. Das "judenfreundlich" unter Anführungszeichen trifft's deshalb ganz gut. Das hat wiederum mit der sozialen Zusammensetzung zu tun: das liberale Bozner Bürgertum der alten Handelsstadt war für radikale Positionen offensichtlich wenig empfänglich.
- Summa summarum sehe ich keinen großen Änderungsbedarf: der großdeutsche und deutschnationale Gedanke ist sowohl bildlich, als auch im Text klar herausgearbeitet ("Das von Jahn begründete deutsche Turnwesen war von Anfang mit der deutschen Nationalbewegung verknüpft. In Österreich galt es nach der bürgerlichen Revolution von 1848/49 als staatsgefährlich.") Oder mit welcher Formulierung möchtest Du das verbessern? Die Verbindung zum VKS halte ich aus den genannten Gründen jedenfalls für nicht sehr wahrscheinlich und keinesfalls betonenswert.--Vollmond11 (Diskussion) 21:38, 30. Dez. 2013 (CET)
- Danke für die Rückmeldung! Du hast recht, die personellen Kontinuitäten mit DV und VKS müsste man wennschon klar herausarbeiten, ohne Beleg geht das nicht (ich glaubte mich an einen Abschnitt bei Wedekind zu erinnern, aber das müsste ich noch verifizieren; zur Altersstruktur als Ausschließungsgrund würde ich bemerken, dass ideologische Kontinuitäten wohl auch anderweitige Anknüpfungspunkte finden konnten). Doch lassen wir's mal so stehen, wenngleich man die Antisemitismus-Problematik wohl nochmals anschauen wird müssen, das deutest du ja auch selber irgendwie an. Ob das "liberale" Bozner Bürgertum für radikale Positionen nicht empfänglich war, wage ich allerdings zu bezweifeln. Gerade das Perathoner-Beispiel würde ja eher für das Gegenteil sprechen. Auf alle Fälle würde ich dafür plädieren, den Eröffnungsabschnitt mit der Qualifizierung des TV als "nationalliberal" um die Komponente "und deutschnational" zu ergänzen. --Bartleby08 (Diskussion) 22:03, 30. Dez. 2013 (CET)
- Erledigt.--Vollmond11 (Diskussion) 22:14, 30. Dez. 2013 (CET)
- Super und danke. --Bartleby08 (Diskussion) 22:30, 30. Dez. 2013 (CET)
- Hallo Bartleby08! Warum fügst du nach unser ausführlichen Diskussion jetzt plötzlich den Satz "Zahlreiche Mitglieder des Turnvereins wurden zu Aktivisten des 1933 gegründeten Völkischen Kampfring Südtirols, der illegalen nationalsozialistischen Organisation in Südtirol." ein? Vollmond11 (Diskussion) 17:45, 18. Aug. 2021 (CEST)
- Hallo Vollmond11! Weil wir inzwischen einfach mehr wissen (die Diskussion, auf die du dich beziehst, ist auch schon ACHT Jahre alt: Ferdinand Lauggas ist dir gewiss ein Begriff, zuerst Turner, dann VKSler. Glaubst du immer noch an die Mär des apolitischen, angeblich "judenfreundlichen" und immer nur verfolgten, aber niemals verfolgenden Turnvereins? Ein etwas windiger Dolomiten-Artikel dürfte keine reputable Referenz für solche Behauptungen sein - freilich, dass er in der unkritischen Tagespresse erscheinen konnte, überrascht dagegen kaum. --Bartleby08 (Diskussion) 17:52, 18. Aug. 2021 (CEST)
- Ich glaube gar nichts, sondern habe mich intensiv mit den Quellen beschäftigt, bevor ich diesen Artikel hier angelegt habe. Der Turnverein hatte Hunderte von Mitgliedern in Bozen. Ferdinand Lauggas ist eine Einzelperson und war zum Zeitpunkt der Auflösung des Turnvereins meinen Informationen zufolge nicht einmal volljährig. Mir ist sonst nichts bekannt - wie kommst du nur auf "zahlreiche"? Das ist doch völlig aus der Luft gegriffen. Warum "immer nur verfolgten" Turnverein? Der Turnverein wurde nie verfolgt und wurde 1926 so wie alle anderen Vereine aufgelöst. Warum bezeichnest du den Artikel über die Turnerfehde als "windig"? Ich habe diesen gelesen und halte ihn für wissenschaftlich seriös erarbeitet. Die Tatsache seiner Veröffentlichung in der Tageszeitung "Dolomiten" schmälert nicht seine Aussagekraft. Vollmond11 (Diskussion) 18:06, 18. Aug. 2021 (CEST)
- Na ja, über all dies kann man wahrlich geteilter Meinung sein, aber lassen wir's mal so stehen. --Bartleby08 (Diskussion) 20:11, 18. Aug. 2021 (CEST)