Diskussion:Villa Kollmann
In einem Buch des französischen Historikers Francois Fejtö (*1909) habe ich einen Hinweis auf die Villa Kollmann gefunden. Fejtö schreibt dort über seinen Urgroßvater Jakob Markbreiter und dessen Schwiegersohn, seinen Großvater. Wörtlich heißt es bei Fejtö:
"Dieser Mann, mein Urgroßvater, war ein sehr unternehmender Mensch, einer aus der Spezies der so genannten Gründer. Erst Eigentümer einer Mühle in Eszék (Osijek) an der Donau, dann einer Druckerei in K., ließ er sich, nach dem Verkauf der letzteren, in Graz nieder, wo er die erste Pferdestraßenbahnlinie schuf. In der berühmten Schachtel [des Onkels, mit Andenken an den Vater des Autors, Anm. von mir] fand ich einen Fahrschein der Bahn, ausgestellt auf meinen Vater. Die Villa, die Vater Markbreiter sich mit dem Geld aus der Pferdestraßenbahngesellschaft bauen ließ, heißt Sechsel-Burg - ohne Zweifel eine Anspielung auf den ursprünglichen Fahrpreis von sechs Heller."
Weiß jemand, ob der Name "Sechsel-Burg" noch in Gebrauch ist? Vielleicht lautete er auch Sechserburg oder Sechserlburg; in der Wiedergabe deutscher Wörter ist Fejtö nicht immer ganz präzise.
Francois Fejtö: Voyage sentimental. Traduction de Georges Kassai, Gilles Bellamy et Marie-Louise Tardres-Kassai. Revue et complétée par l'auteur. Paris: Èditions des Syrtes 2001 (1. Aufl. 1935). Seite 82.
Villa Kollmann
[Quelltext bearbeiten]Ich kann die Darstellung von Francois Fejtö nicht ganz teilen. Folgende Tatsachen habe ich bei der Erstellung der Hauschronik für die Villa Kollmann zusammengetragen:
1. Der Gründer und Eigentümer der Grazer Pferdetramway hieß Bernhard Kollmann und nicht Jakob Markbreiter. Bernhard Kollmann schloß am 25.2.1878 einen Vertrag mit der Stadtgemeinde Graz über die Errichtung und den Betrieb einer Pferde-Tramway, welche er bis zu seinem Tode am 26.1.1885 betrieb. Jakob Markbreiter war der Direktor der Pferdetramway und gleichzeitig Schwager des Bernhard Kollman, weil er mit dessen Halbschwester Katharina verheiratet war. Der Name Jakob Markbreiter scheint im Vertrag mit der Grazer Stadtgemeinde nicht auf.
2. Jakob Markbreiter hatte direkt kein Geld aus der Pferdetramway, außer seinem Gehalt als Direktor. Hätte Jakob Marbreiter viel Geld gehabt, insbesondere aus einem Verkauf seiner Druckerei, so hätte sich das Ehepaar Markbreiter schon eher eine angemessene Unterkunft zugelegt. Im „Grazer Geschäfts- & Adressbuch“ für das Gemeinjahr 1882 ist Jakob Markbreiter in einer Wohnung in der Annenstraße 56 gemeldet. Die Villa wurde erst nach dem Tode des Bernhard Kollmann erbaut. Das Geld dafür kam ausschließlich von Katharina Markbreiter (geb.Kollmann), welche zusammen mit ihrer Stiefmutter die Grazer Tramway und Barvermögen von ihrem kinderlosen und unverheirateten Halbbruder, Bernhard Kollmann, erbte. Die beiden Erbinnen verkauften am 27.9.1886 um 400.000,-- Gulden die Pferdetramway an das Frankfurter Bankenkonsortium „Gebrüder Sulzbach“ und „Baß & Herz“.
3. Der Kaufvertrag für das Villengrundstück ist ausschließlich nur von Katharina Markbreiter (geb.Kollmann) unterzeichnet. Auch hier taucht der Name Jakob Markbreiter nicht auf.
4. Der Name „Villa Kollmann“ begründet sich aus der testamentarischen Verfügung der Katharina Markbreiter(geb.Kollmann) und ist durch die Amtsbestätigung zum Grundbucheintrag (siehe Bild) sowie durch den Grundbucheintrag (siehe Bild) selbst belegt. Katharina Markbreiter (geb.Kollmann) war zum Zeitpunkt ihres Todes dreifache Witwe (1.Markbreiter; 2.Obersohn; 3.Aronsohn)
5. Bei Francois Fejtö ist ja von einem Schwiegersohn des Jakob Markbreiter die Rede. Ich konnte keine Hinweise darauf finden, dass Jakob Markbreiter mit seiner Gattin Katharina Kinder, insbesondere eine Tochter hatte. Außerdem vererbte Katharina Markbreiter die Villa an ein Familienmitglied der Familie Kollmann und nicht Markbreiter oder gar an die Familien ihres zweiten oder dritten Gatten. Francois Fejtö kann vielleicht der Enkel einer Tochter von Jakob Markbreiter aus einer Ehe vor Katharina Markbreiter (geb. Kollmann) sein.
Abschließend kann nur vermutet werden, dass es sich vielleicht doch um den gleichen Jakob Markbreiter handelt, da bei Francois Fejtö die Mühle in Eszék (Osijek) erwähnt wird und Katharina Markbreiter (geb.Kollmann) in Temesvar geboren wurde. Ob der Nähe dieser Orte besteht die Möglichkeit, dass die beiden schon zusammen nach Graz gekommen sind um für Bernhard Kollmann als Direktor der Tramway zu fungieren.
Ich kann in meinen bisherigen Unterlagen keinen Hinweis auf eine „Sechser(l)burg“ o.ä. finden. Möglicherweise handelt es sich um einen Kosenamen. Die Anspielung auf den Fahrpreis erscheint mir auch etwas dubios, da zu der Zeit der Grazer Pferdetramway, zumindest bis zum Verkauf 1886, der Gulden und Kreuzer als Währung galt und nicht die Krone und Heller. Weiters wurde kein namentlich ausgestellter Fahrschein verkauft und als Direktor und Schwager des Eigentümers der Tramway wird Jakob Markbreiter , dessen vermeintliche Tochter, Schwiegersohn u. Enkelsohn, sicherlich gratis gefahren sein. --Hygieia 13:29, 9. Okt. 2007 (CEST)
Quellen
[Quelltext bearbeiten]Dieser Artikel entstand weiters unter Verwendung von Akten des Steiermärkischen Landesarchivs, des Stadtarchivs Graz, des zentralen Melderegisters, des Tramway Museum Graz, des Bezirksgerichts Graz, des Archivs der Grazer Stadtwerke AG, der israelitischen Kultusgemeinde Graz, des Archivs des Bundesamtes für Eich- u. Vermessungswesen, des Archivs der Kleinen Zeitung, des Archivs der Immobilienfirma Wiener & Co. und des Familienarchivs des Autors.
(Ausgelagert aus dem Artikel von --20:47, 8. Jan. 2009 (CET))