Diskussion:Wie schön leuchtet der Morgenstern, BWV 1

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Letzter Kommentar: vor 9 Jahren von INM in Abschnitt Literatur
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Das Folgende ist nur als Anregung zu verstehen:

1) Man könnte vielleicht erwähnen, dass diese Kantate dem Choralkantatenjahrgang von 1724/25 entstammt und die letzte neukomponierte des Jahrgangs ist, die aufgeführt wurde, bevor er plötzlich abbricht - vermutlich weil der Textdichter verstarb. (Näheres hierzu bei Ton Koopman und Christoph Wolff: Die Welt der Bach-Kantaten.) Danach erklingt erstmalig die Johannespassion in zweiter Fassung, ausgestattet mit vokalen Choralbearbeitungen (z. B. neuer Eingangschor: "O Mensch bewein dein Sünde groß", später gelangte er in die Matthäuspassion etc.). Die Passion erhielt also aufgrund des ihr vorangehenden Choralkantatenjahrgangs ein neues Gesicht, um an ihn anzuknüpfen.

2) Im Eingangschor von BWV 1 "stützen" die Hörner "die Orchester- und Liedmelodie" nicht nur (welche Orchester"melodie" ist eigentlich gemeint?). Die Hörner haben darüberhinaus zahlreiche solistische Passagen (vgl. T. 4-7, T. 12-14, sogar mit dem Eingangsthema im ersten Horn: T. 38 etc.). Dies müsste, wenn die Funktion der Hörner im Artikel angesprochen wird, auch erwähnt werden.

3) Weiterhin wäre es gut sagen, dass BWV 1 am Ende einer langen Kette von Werken steht, in denen Bach in den entsprechenden Eingangschören u. a. die Verschmelzung der divergierenden Prinzipien von Concerto und Choralbearbeitung versuchte. Dies ist sein schöpferisches Eigentum und taucht in dieser kombinierten Form weder vor noch nach ihm auf: "Bachs eigene Leistung läßt sich (...) gegenüber der Tradition mit drei Kriterien definieren. Mit dem motettischen Vokalpart verband er einen motivischen Instrumentalsatz, der die Technik des italienischen Concertos nutzte. (...) Und in der Kombination dieser Möglichkeiten mit tradierten Verfahren erreichte er ein letzte Aktualisierung der Choralbearbeitung." (Friedhelm Krummacher: Bachs Zyklus der Choralkantaten, S. 35f.) Man kann also sagen, dass die vokale Choralbearbeitung eine Art Kontrapunkt zum Instrumentalsatz darstellt, denn das eine wird auf das andere bezogen und miteinander kombiniert (vgl. auch Terminus "Vokaleinbau"). Für Bach bedeutet Kontrapunkt also weitaus mehr als man sich weitläufig vorstellt: Ganze Satzprinzipien werden kontrapunktisch aufeinander bezogen, miteinander kombiniert und verschmolzen. Nachdem er - angefangen mit BWV 20 - eine Vielzahl von Lösungen erarbeitet hatte, steht gegen Ende des Choralkantatenjahrgangs ein Werk wie BWV 127, Satz 1, in dem mehrere Choräle miteinander kombiniert werden: "Herr Jesu Christ", "Herzlich tut mich verlangen","Christe, du Lamm Gottes". Die Kombinatorik aller Choräle - sei es nun die Diminution der ersten Zeile von "Herr Jesu Christ" auf Achtel im Instrumentalsatz mit den gleichzeitigen Vierteln desselben Chorals im Sopran, mit den Halbenoten von "Christe, du Lamm Gottes" in den Instrumenten und "Herzlich tut mich verlangen" im Bass - läßt Orchestersatz und Vokalpart aufs Engste miteinander verschmelzen. Hier ist offensichtlich alles möglich und nichts unmöglich. Näheres zu diesem unglaublichen Satz bei Krummacher: S. 132-145. In der darauffolgenden Woche steht als Nachglanz ein souveräner Satz wie der Eingangschor von BWV 1: "So wie in BWV 125 wird der cantus firmus im 12/8-Takt gedehnt, und wie dort geht der Ritornellkopf vom Quintincipit der Liedweise aus. Im Unterschied dazu erhält aber der Instrumentalsatz mit je zwei Hörnern, Oboi da caccia und Soloviolinen samt Streichertutti überaus konzertanten Charakter. Auch wenn das Kopfmotiv im Vokalsatz der weiteren Zeilen modifiziert wird, bleibt der rhythmische Duktus in gleichem Maß wie die polyphone Struktur erhalten. Davon hebt sich der Ritornellsatz trotz des gleichen Kopfmotivs ab, wenn seine konzertanten Motivgruppen die Vokalstimmen umrahmen. Selbst wo auch Instrumentalstimme den Vokalpart verdoppeln, bleibt Raum genug für weitere Spielfiguren, die eine eigene Schicht im Satz bestreiten..."etc. Diese gute Beschreibung bei Krummacher: Bachs Zyklus der Choralkantaten, S. 87.

Insgesamt gesehen ist die Komposition von BWV 1 nur denkbar aufgrund der reichhaltigen Erfahrungen, die Bach zuvor bei der Komposition des Zyklus sammeln konnte. Vielleicht ist es sinnvoll, an anderer Stelle eine Beschreibung der erhaltenen Kantatenzyklen in chronologischer Reihenfolge zu liefern, um die verschiedenen kompositorischen Probleme und die Lösungen, die Bach erarbeitete, darzustellen und zu erläutern.

Ich hoffe, dass die eine oder andere Information hilfreich war und eingearbeitet wird. Für Bachs Choralkantaten empfehle ich, nicht nur Alfred Dürrs Buch zu lesen, sondern vor allem das Buch Friedhelm Krummachers. Es wäre gut, wenn die Kantaten nicht nur nach dem BWV-Verzeichnis behandelt werden, sondern vor allem in der chronologischen Folge ihrer Entstehung - soweit man dies überblicken kann. Eine solche Vorgehensweise würde die kompositorischen Entwicklungen Bachs stärker hervortreten lassen. Zudem wäre ein Überblick über den Choralkantatenzyklus von 1724/25 sinnvoll, damit man weiß, wo die einzelnen Werke und speziell BWV 1 stehen. Eine derartige Übersicht hat Friedhelm Krummacher im bereits genannen Buch erarbeitet (S. 156-157).

Alain Gehring ‎ 89.52.172.166 18:40, 17. Jul. 2006

Literatur

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Ich finde den Abschnitt 'Literatur' bei allen Bachkantaten, immer mit dem gleichen Inhalt: Der Aufzählung jener Bücher, die mehr oder weniger sämtliche Bachkantaten besprechen. Aber eigentlich gehört das gar nicht in alle Einzelartikel, sondern in den Artikel 'Bachkantaten' selbst. --INM (Diskussion) 10:45, 24. Jun. 2015 (CEST)Beantworten