Durham Bridge

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Die Überführung im Jahr 2015

Die Durham Bridge (offizielle Bezeichnung: Norfolk Southern–Gregson Street Overpass) ist eine Eisenbahnüberführung in der Stadt Durham in North Carolina in den Vereinigten Staaten.

Die ungewöhnlich geringe Durchfahrthöhe der Brücke von ursprünglich 11′8″ (3,56 m), seit 2019 12′4″ (3,76 m), führt trotz eindeutiger Warnzeichen häufig zu Unfällen von hohen Fahrzeugen. Videoclips von Unfallszenen haben die Brücke zu einem Internet-Phänomen und damit international bekannt gemacht.

Technische Daten

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Die Überführung überbrückt die South Gregson Street (NC-1327), eine in der Innenstadt von Durham in Nord-Süd-Richtung verlaufende zweispurige Einbahnstraße. Vor der Brücke befindet sich eine Kreuzung mit Ampelanlage; hier quert die entlang des Bahndamms verlaufende West Peabody Street die Gregson Street. Auf der Überführung wird eine einspurige Eisenbahntrasse geführt; 300 Meter südöstlich der Brücke liegt der Bahnhof Durham Train Station. Die Trasse wird von den Bahngesellschaften Amtrak und Norfolk Southern Railway für den Personen- und Güterzugverkehr genutzt. Eigentümer der Brücke ist die staatliche North Carolina Railroad Company NCRC.

Die Stahlträgerbrücke ruht auf zwei Betonpfeilern; der Überbau besteht aus einer von vier U-Stahlträgern getragenen Grundplatte, auf der das Gleis liegt. Die Gesamtlänge der Brücke beträgt rund 28 Meter. Bis Oktober 2019 betrug die freigegebene Durchfahrtshöhe 3,56 Meter oder 11 Fuß, 8 Zoll im angloamerikanischen Maßsystem, seitdem 3,76 Meter (12 Fuß, 4 Zoll). Damit liegt die Höhe noch immer 51 Zentimeter unter der seit 1973 festgelegten US-Standardnorm von 4,27 Metern (14 Fuß).

Nach einer Untersuchung aus dem Jahr 2003 passieren täglich etwa 11.000 Fahrzeuge die Unterführung, davon 6 Prozent Transportfahrzeuge. Zu hohe Fahrzeuge müssen an der Kreuzung direkt vor der Brücke auf die West Peabody Street abbiegen.

„Crash Beam“ mit der Warnanlage von 2014, davor das namensgebende Verkehrs­zeichen mit der Durchfahrtshöhe 11 Fuß 8 Zoll.

„Crash Beam“

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Zum Schutz der Brücke errichtete die North Carolina Railroad Company rund drei Meter vor der Brücke ein Kollisionsportal: Quer über die Fahrbahn verläuft auf Höhe der Durchfahrt abzüglich Toleranz ein in Warnfarbe lackierter Doppel-T-Träger, in dieser Funktion auch als Crash beam (deutsch „Kollisionsbalken“) bezeichnet. So ereignet sich ein unvermeidlicher Zusammenstoß schon vor der eigentlichen Brücke; entweder wird dabei das Fahrzeug gestoppt oder zu hohe Fahrzeugteile oder Aufbauten werden abgerissen, sodass der Rest des Fahrzeugs die Brücke ohne Schäden an der Brückenkonstruktion und deren Baustatik passieren kann. Der „Crash beam“ sowie seine Verankerung sind auf die Wucht der zu erwartenden Kollisionen ausgelegt.

Die Brücke basiert auf einem Entwurf aus den 1920er Jahren, wurde 1940 fertiggestellt und mit einer Nutzungsfreigabe für 11 Fuß, 8 Zoll (3,56 Meter) eröffnet. Mit der Höhenzunahme von Kofferaufbauten und Sattelaufliegern von Transportfahrzeugen kam es im Laufe der Jahre zunehmend zu Unfällen. In der Durhamer Tageszeitung The Herald-Sun erschienen bereits in den 1950er und 1960er Jahren Fotos von verunglückten Fahrzeugen.[1] Bei den Unfällen wurden regelmäßig die Dächer der Fahrzeuge beschädigt, es kam aber nicht zu Personenschäden. Das NCDOT bezifferte die von 2008 bis 2016 durch Unfälle entstandenen Schäden auf etwa ein halbe Million US-Dollar.[2] 2014 wurden zusätzlich blinkende Warnlampen montiert.

Warnanlage 2016

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2016 installierte das North Carolina Department of Transportation NCDOT 2016 eine durch Höhensensoren auslösende optische Warnanlage, die auch die vor der Brücke befindliche Ampelanlage bei Erkennung eines zu hohen Fahrzeuges für zusätzliche 30 Sekunden auf Rot schaltet, um so die Fahrer zu hoher Fahrzeuge mittels Warnlampen und einer LED-Anzeigenleuchttafel mit dem Hinweistext „OVERHEIGHT MUST TURN“ (deutsch „Überhöhe muss abbiegen“) auf die Gefahr aufmerksam zu machen. Dennoch blieb die Unfallrate unverändert bei durchschnittlich einem Unfall pro Monat.[3]

Da die Unfälle teilweise auch nachfahrende Fahrzeuge und Fußgänger am benachbarten Gehsteig gefährdeten, wurde die Brücke am 29. Oktober 2019 von der NCRC um die baulich maximal möglichen 20 Zentimeter (8 Zoll) angehoben, indem zwischen Betonpfeilern und Brückenträger zusätzliche Stahlplatten gelegt wurden. Die Gleise wurden angepasst, die Brücke wurde saniert und bekam einen neuen Anstrich.[4][5] Die zulässige Durchfahrtshöhe beträgt seitdem 12 Fuß 4 Zoll (3,76 Meter). Der Crash beam verbleibt, entsprechend erhöht, weiterhin zum Schutz der Brückenkonstruktion vor der Unterführung.

Drei Wochen nach der Maßnahme kam es zur nächsten Kollision; bis August 2024 ereigneten sich insgesamt noch 35. Damit hat die Unfallrate sich in etwa halbiert, eine Gefahrenstelle bildet die Brücke nach wie vor.[6]

Ein weiteres Anheben der Brücke wäre nur bei erheblichen Gleisanpassungen möglich[2], denn davon wären auch weitere Überführungen sowie Bahndämme betroffen. Eine Absenkung der Straße andererseits ist wegen eines unter der Straße verlaufenden Abwasserkanals nicht möglich.[7]

Die Brücke war nur regional als Gefahrstelle bekannt, bis der Informatiker Jürgen Henn, der in einem Büro nahe der Brücke arbeitet, 2008 und 2009 zwei Videokameras installierte, die den durchfahrenden Verkehr aus zwei verschiedenen Blickwinkeln aufnehmen, und daraus generierte Videoclips der Kollisionen auf der eigens eingerichteten Website 11foot8.com zu veröffentlichen begann. Ab „Crash“ Nummer 40 im Sommer 2011[8] wurden die Ereignisse durchnummeriert; im August 2024 ereignete sich Crash Nr. 185.

Die teils spektakulären und süffisant kommentierten Clips verbreiteten sich in den sozialen Medien und verschafften der Brücke internationale Bekanntheit.[9][10] Mittlerweile gilt sie als bekannteste Brücke im Internet.[11] Ein im Mai 2013 vom YouTuber Peter Hemmings aus Unfällen an dieser Brücke zusammengestelltes Video wurde Millionen Male aufgerufen.

Bis zu der Erhöhung der Durchfahrt im November 2019 war die Brücke in den Vereinigten Staaten als 11foot8 Bridge bekannt; nach der Anhebung auf 12′4″ wurde der bekannte Name nicht geändert, sondern auf 11foot8+8 Bridge erweitert. Weitere Spitznamen der Brücke sind can opener (deutsch Dosenöffner)[12], Gregson Street Guillotine[13] oder Truck-Scalping Bridge (deutsch LKW-skalpierende Brücke)[9].

Auch Henn selbst wurde durch seine Filme im Internet bekannt.[14][15]

“The can opener just kind of sits there waiting with very low clearance, much lower than many truck drivers seem to expect. And when they don't pay attention, the can opener sits there to pounce on them.”

„Der Dosenöffner sitzt sozusagen nur da und wartet, mit sehr niedriger Durchfahrt, deutlich niedriger, als viele Lkw-Fahrer zu erwarten scheinen. Und wenn sie nicht darauf achten, sitzt der Dosenöffner da, um sich auf sie zu stürzen.“

Jürgen Henn: CBC[13]

Am 6. Januar 2016 titelte das Wall Street Journal zur Brücke auf der Titelseite: „The Joys of Watching a Bridge Shave the Tops Off Trucks“, „Die Freude, eine Brücke zu beobachten, die die Dächer von Lastwagen abrasiert“.[16] In dem Artikel wurde die Häufigkeit angesprochen, mit der unerfahrene Fahrer von Mietwagen in Unfälle verwickelt sind.[17] Die Huffington Post nannte sie im Oktober 2019 „ein berüchtigtes Wahrzeichen von North Carolina“, das „die Dächer von Lastwagen abschält“ und „den Ruf einer Lastwagen-Guillotine erlangt hat“.[18][19]

Die Lifestyle-Website Mel Magazine spottete mit Bezug auf die Brückenanhebung im November 2019, dass sie ein Schlag für das kollektive Erstellen von Internet-Memes sei. Das auf dem Hervorrufen von „Schadenfreude“ basierende Binge Watching sei nun nicht mehr möglich.[20][21] Es sei ein Abschied von dieser legendären, Lkw-zerstörenden Überführung, die eine Nation (virtuell) eroberte. Die Brücke habe das Unmögliche geschafft – sie sei länger als ein Jahrzehnt viral geblieben.[22][23]

Commons: Durham Bridge – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. History. 11foot8.com (englisch)
  2. a b Spektakulärer Crash in Brugg – doch schauen Sie mal, wie viele Lastwagen diese Brücke schon aufgeschlitzt hat. Badener Tagblatt, 29. April 2016.
  3. Tamara Schögl: Dieser Brücke fielen bereits 107 Lkw zum Opfer. (Memento des Originals vom 8. Dezember 2019 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/autorevue.at Autorevue, 1. Juni 2016.
  4. Tim Siniard: Inman street bridge solution coming. Cleveland Daily Banner, 19. November 2019. (englisch)
  5. 11foot8.com: Raising 11foot8, abgerufen am 6. Oktober 2024
  6. Durham's famed 'Can Opener Bridge' is still catching its prey. spectrumlocalnews.com, 9. Juni 2021, abgerufen am 25. Mai 2024.
  7. John Hinson: The can opener bridge. Lulu.com, 2016, S. 66/67, Online bei Google Books. ISBN 978-1-365-36553-9. (englisch)
  8. Crash 40 ist noch undatiert, Crash 41 geschah am 3. August 2011.
  9. a b Steve Daniels: Work underway on Durham's famous 11-foot-8 'can opener' bridge. WTVD, 30. Oktober 2019. (englisch)
  10. Georgia Department of Transportation: Warning systems evaluation for overhead clearance detection. research project 15-21, Department of Civil Engineering and Construction Management der Georgia Southern University, Februar 2017, S. 6–9. (englisch)
  11. Ernst Corinth: Release the Kraken! Telepolis, 2. Februar 2018.
  12. „Dosenöffner-Brücke“ als Unfall-Magnet. unsertirol24.com, 25. April 2017.
  13. a b Jonathan Ore: North Carolina 'can opener' bridge to be raised after years of shearing tops off trucks. CBC, 25. Oktober 2019. (englisch)
  14. Jurgen Henn: An interview with the man who films truck crashes. strangecarolinas.com, 3/2016. (englisch)
  15. The Duke employee behind the “can-opener-bridge” cam. Duke Today, 30. Oktober 2019. (englisch)
  16. Ben Cohen: The epic story of a bridge too low draws internet fans. A North Carolina span shaves the tops of tall trucks; ‘crash art’ for sale. Wall Street Journal, 6. Januar 2016. (englisch)
  17. Danny Hooley: A little off the top: Durham’s “Canopener Bridge” makes the front page of The Wall Street Journal. indyweek.com, 6. Januar 2016. (englisch)
  18. im Original: „A notorious North Carolina landmark, … peeling off the tops of trucks, … has acquired a reputation as a truck guillotine.“
  19. Mark Lebetkin: North Carolina’s Infamous ‘Can Opener’ Bridge May Decapitate Trucks No Longer. Huffington Post, 20. Oktober 2019. (englisch)
  20. im Original: „As Mel Magazine laments, the raising of the overpass marks a blow to collective internet meme-making and schadenfreude-based binge-watching.“
  21. Jonathan Hilburg: Internet-infamous, truck-decapitating bridge will finally be raised. The Architect’s Newspaper, 1. November 2019. (englisch)
  22. im Original: „Farewell to the legendary truck-destroying bridge that captivated a nation. The notorious 11-foot-8 overpass did the impossible in staying viral for more than a decade“
  23. Miles Klee: Farewell to the legendary truck-destroying bridge that captivated a nation. MEL magazine/digg.com (englisch)

Koordinaten: 35° 59′ 56,7″ N, 78° 54′ 36,8″ W