Dykes on Bikes
Dykes on Bikes (englisch: Lesben auf Motorrädern, abgekürzt DoB) ist eine Vereinigung lesbischer Motorradfahrerinnen. Die Vereinigung wurde 1976 in San Francisco informell gegründet, Ende der 1980er Jahre formell organisiert und im Jahr 2006 als Trademark registriert. Im Jahr 2018 gab es in den USA, Australien und Europa 16 als Chapter bezeichnete Ortsgruppen der Dykes on Bikes.[1] Die Bikerinnen fahren traditionell an der Spitze von Pride-Paraden und begleiten auch andere LBGT-Veranstaltungen. Neben der politischen Arbeit stehen die Begeisterung für das Motorrad, Freizeitgestaltung und Kontaktpflege im Fokus der Motorradclubs. In Deutschland gibt es seit 2010 einen Club in Hamburg[2] und seit 2021 das in Deutschland erste und bisher einzige offiziell von dem Mutterchapter San Francisco Dykes on Bikes® Women's Motorcycle Contingent gelistete Chapter Dykes on Bikes® Rhein-Weser, Germany WMC.[3]
Wortbedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die englische Bezeichnung Dyke entstand als homophobe und frauenfeindliche Verunglimpfung eines burschikosen oder androgynen Frauentyps. Während der abwertende Gebrauch des Wortes immer noch existiert, wurde der Begriff im Rahmen der Pride-Bewegung als positiver Ausdruck, der Durchsetzungsvermögen und Härte impliziert oder einfach als neutrales Synonym für Lesbe wieder angeeignet.[4]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1976 begleitete eine Gruppe von Motorradfahrerinnen erstmals die San Francisco Pride Parade, die seit dem Jahr 1970 stattfindet. Einzelne Bikerinnen hatten schon frühere Paraden begleitet, nun erfolgte aber erstmals eine Teilnahme als Gruppe. Die Fahrerinnen wurde aus logistischen Gründen an der Spitze der Parade platziert, damit die Motorräder nicht innerhalb der langsameren Fußgruppen fahren mussten.[5][6] Die Äußerung einer Fahrerin, es handele sich um „Dykes on Bikes“, wurde von der wichtigsten Zeitung der Stadt, dem San Francisco Chronicle, aufgegriffen.[6] Daraus entwickelte sich die bis heute gängige Bezeichnung der Gruppe.
Eine wichtige Rolle bei der Etablierung der Dykes on Bikes wird der Queer-Aktivistin Soni Wolf, einer Motorradenthusiastin und Veteranin der US Air Force (* September 1948; † 25. April 2018) zugeschrieben, die selbst ab dem Jahr 1978 als Fahrerin teilnahm.[7][8] Die Idee, durch eine beeindruckende Motorradgruppe „loud and proud“ den Stolz auf die eigene sexuelle Orientierung zu demonstrieren begründete eine Tradition mit wachsendem Erfolg. Die Dykes on Bikes wurden schließlich zu einem der bekanntesten Symbole der LGBT-Bewegung. In manchen Paraden fahren bis zu 400 Dykes on Bikes mit.[9]
Mitte bis Ende der 1980er Jahre wurde aus der informellen Gruppe das formal organisierte Women’s Motorcycle Contingent. Diese Bezeichnung sollte neben Lesben auch andere queere Frauen einbeziehen. Umgangssprachlich blieb die Bezeichnung Dykes on Bikes jedoch erhalten.[1]
Markenrecht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2003 erfuhr Soni Wolf vom Versuch einer Bekleidungsfirma, die Marke Dykes on Bikes für deren Geschäft schützen zu lassen. Dies hätte im Erfolgsfall die öffentliche Nutzung der Bezeichnung durch die Motorradgruppen verhindern können.[10] Ein erster Versuch, die Bezeichnung selbst als US-amerikanische Trademark registrieren zu lassen, scheiterte 2004 beim United States Patent and Trademark Office wegen der ursprünglich abwertend konnotierten Bezeichnung Dyke.[11] Erst im Jahr 2006 gelang die Registrierung, nach dem die Gruppe aufwändig den Nachweis über den szenespezifischen Bedeutungswandel des Begriffs erbracht hatte.[10]
Weltweite Bedeutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Seit der Gründung im Jahr 1976 haben Dykes on Bikes weltweit an zahlreichen Demonstrationszügen, Pride-Paraden, Gay Games und anderen LBGT-Veranstaltungen teilgenommen. So waren sie beispielsweise bei Paraden in Melbourne, Paris, London, Tokio, Toronto, Vancouver, Sydney,[12] Zürich,[13] Tel Aviv, Wien,[14] Köln oder Griechenland[15] zu sehen.
In Deutschland besteht seit dem 2. August 2010 eine Gruppe in Hamburg. Anders als die mit dem Mutter-Chapter in San Francisco assoziierten Gruppen nutzt der deutsche Club nicht das übliche Rückenpatch-Logo der DOB, das aus einem roten Dreieck mit einem stilisierten Stollenreifen besteht. Nach eigenen Angaben bevorzugt die Gruppe wegen der unbeabsichtigten Ähnlichkeit zur Kennzeichnung der Häftlinge in den Konzentrationslagern des Nationalsozialismus und der ebenfalls unbeabsichtigten Ähnlichkeit des Stollenreifens mit dem Symbol der Deutschen Arbeitsfront das Symbol eines V-Motors, der von zwei gefiederten Schwingen in Regenbogenfarben umschlossen ist.[16] 2018 wurden die Hamburgerinnen für ihr Engagement mit dem Hamburg Pride Award ausgezeichnet.[17]
Seit 2019 existieren die Dykes on Bikes® Rhein-Weser, Germany WMC. Diese sind seit 2021 ein eingetragener Verein. Seit Mai 2021 sind die Dykes on Bikes® Rhein-Weser, Germany WMC das in Deutschland erste und bisher einzige offiziell von dem Mutterchapter San Francisco Dykes on Bikes® Women's Motorcycle Contingent gelistete Chapter. Dykes on Bikes® Rhein-Weser, Germany WMC trägt das offizielle Rückenpatch in Form eines roten Dreiecks (Zeichen der Weiblichkeit) und einem Motorradreifens. Alle anderen kursierenden Rückenpatches sind nicht vom Mutterchapter anerkannt und somit keine offiziellen Chapter.
Auch in Österreich gibt es eine lokale Gruppierung, die in Wien bei der Gay-Parade mitfährt.[14]
Popkultur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mitglieder des San Francisco-Chapters wirkten 2014 in einer Folge der US-Serie Sense8 in einem Dyke-March mit.[18][19]
Eine andere Gruppe hatte einen Auftritt in dem 2018 veröffentlichten Film The Mule. Dort wurde eine Begegnung der Dykes on Bikes mit dem von Clint Eastwood gespielten Protagonisten dargestellt.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- San Francisco-Chapter der Dykes on Bikes
- Dykes on Bikes Hamburgerinnen
- Dykes on Bikes Rhein-Weser e.V.
- Szene mit Clint Eastwood in The Mule
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b The Woman Behind Dykes On Bikes Has Died. Abgerufen am 15. Februar 2020.
- ↑ Dykes on Bikes: Über uns. Abgerufen am 15. Februar 2020 (deutsch).
- ↑ Dykes on Bikes Rhein-Weser | You can´t buy Sisterhood. Abgerufen am 22. Dezember 2020.
- ↑ Susan E. Krantz: Reconsidering the Etymology of Bulldike. In: American Speech. Band 70, Nr. 2, 1995, S. 217–221, doi:10.2307/455819.
- ↑ In Memory: Soni Wolf, 'Dykes on Bikes' Founding Member. 5. Mai 2018, abgerufen am 16. Februar 2020 (englisch).
- ↑ a b Sam Whiting: Soni Wolf, who founded Dykes on Bikes and fought to protect its name, dies. 5. Mai 2018, abgerufen am 16. Februar 2020.
- ↑ Sarah Karlan: Meet The Dykes On Bikes Of San Francisco. Abgerufen am 16. Februar 2020 (englisch).
- ↑ Dykes on Bikes Co-founder Soni Wolf Dies. Abgerufen am 15. Februar 2020 (amerikanisches Englisch).
- ↑ Sam Whiting: Soni Wolf, who founded Dykes on Bikes and fought to protect its name, dies. 5. Mai 2018, abgerufen am 16. Februar 2020.
- ↑ a b National Sexuality Resource Center (NSRC) -- Article. 1. Juli 2007, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 1. Juli 2007; abgerufen am 16. Februar 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ IJMS / K. Alex Ilyasova: Dykes on Bikes and the Regulation of Vulgarity. 24. April 2018, archiviert vom am 24. April 2018; abgerufen am 16. Februar 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Lesbian bike brigade demands trademark for club name. Pakistan Daily Times, 28. Juli 2005, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 3. Februar 2008; abgerufen am 21. August 2007.
- ↑ Warmer Mai Gay Festival. What's On When, 2007, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 10. Dezember 2008; abgerufen am 21. August 2007.
- ↑ a b GAY IN VIENNA: Dykes on Bikes Austria. 7. April 2015, abgerufen am 16. Februar 2020.
- ↑ Sapphite Links, Groups & Communities. Sapphites in Greece, 30. Juli 2006, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 29. Oktober 2007; abgerufen am 21. August 2007.
- ↑ DOB Hamburg: Über uns. Abgerufen am 16. Februar 2020 (deutsch).
- ↑ Hamburg Pride - CSD Hamburg 2020 - Pride Award. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 28. März 2019; abgerufen am 12. Juli 2020. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ "The Wachowskis shoot scenes for Sense8 at Dyke March in San Francisco". In: Corbis. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 3. März 2016; abgerufen am 22. Mai 2018.
- ↑ Steve Rhodes: The Wachowskis shoot scenes for Sense8 at Dyke March in San Francisco. In: Demotix. Archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 6. Juli 2015; abgerufen am 22. Mai 2018.