Edikt des Gaius Avidius Heliodorus
Das Edikt des Gaius Avidius Heliodorus ist eine auf Papyrus festgehaltene Rechtsquelle des Gaius Avidius Heliodorus aus dem Jahr 137. Avidius Heliodorus schuf das Edikt während der Regentschaft Hadrians, als er selbst in der römischen Provinz Ägypten als Eparch (praefectus Aegypti) verpflichtet war. Das Dokument wird in sehr gutem Erhaltungszustand – als P.Oxy. XLI Nr. 2954 – in der Sackler Library in Oxford verwaltet.[1]
Der Rechtsgehalt des Edikts ist von erheblichem rechtsgeschichtlichen Interesse. Die ediktalen Anordnungen befassten sich mit Fragen rund um den Verkauf von privatem Grundeigentum. Gemeinschaftseigentümer an Grund und Boden wurden administrativ dazu verpflichtet, Miteigentümer und Nachbarn rechtzeitig über die geplante Veräußerung zu informieren, wobei unterschiedliche Fristen galten. Nach heutiger Lesart legt das nahe, dass den Betroffenen mit der Verwaltungsentscheidung die Möglichkeit zur Ausübung eines Vorkaufsrechts eingeräumt werden sollte.[2] Die Mitteilungspflicht war gänzlich neu, vormals nie dokumentiert. Zuwiderhandlungen wurden fortan nicht nur bestraft, auch wurde der erlangte Erlös aus dem Verkauf eingezogen.
Das römische Recht kannte zwar gleichermaßen Gesamthands- wie Bruchteilseigentum (communio pro diviso und communio pro indiviso),[3] wohl aber wird das Edikt Bezug auf das Gesamthandseigentum genommen haben.[4] Gesamthandseigentümer sind in der Verfügungsmacht über das Eigentum nach heutigem Recht (beispielsweise in Deutschland) beschränkt („gesamthänderisch gebunden“). Die Mitberechtigten der graeco-ägyptischen solidarischen Eigentumsgemeinschaft waren hingegen nach griechischem Recht miteinander verbunden. Dieser Form der Gemeinschaft nach volksrechtlichen Regelungen war eigen, dass jeder Miteigentümer allein und ausschließend zu handeln befugt war, sofern Vorbehalte und Widersprüche nicht (vorab) entgegenstanden. Da Kenntnis ohne Mitteilung selten vorhanden sein dürfte, schuf die kraft Reichsrechts eingeführte Maßnahme in dem Punkt Transparenz.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- José Luis Alonso, Ulrike Babusiaux: Papyrologische und epigraphische Quellen. In: Ulrike Babusiaux, Christian Baldus, Wolfgang Ernst, Franz-Stefan Meissel, Johannes Platschek, Thomas Rüfner (Hrsg.): Handbuch des Römischen Privatrechts. Mohr Siebeck, Tübingen 2023, ISBN 978-3-16-152359-5. Band I, S. 222–317, hier S. 240 (Rn. 39).
- Hans-Albert Rupprecht in: Symposion 1979: Vorträge zur griechischen und hellenistischen Rechtsgeschichte (Ägina, 3.–7. September 1979). Band 4 von Akten der Gesellschaft für Griechische und Hellenistische Rechtsgeschichte, hrsg. von Panayotis Dimakis, Böhlau, 1983. ISBN 978-341204-882-2. S. 289–301.
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Oxford, Sackler Library, Papyrologie Räume 26 3B 51/G(2-3)c Vo / in Kopie (wohl im 3. Jahrhundert gefertigt: Band 41, Oxyrhynchua Papyri, Nr. 2954.
- ↑ Johannes Herrmann: Zum Edikt des Präfekten Gaius Avidius Heliodorus. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 92, Heft 1, 1975. S. 260–266 (260).
- ↑ Egon Weiß: Communio pro diviso und pro indiviso in den Papyri, in: Archiv für Papyrusforschung und verwandte Gebiete, Band 4, Heft 1-4, 1908. S. 330–486.
- ↑ Johannes Herrmann: Zum Edikt des Präfekten Gaius Avidius Heliodorus. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte (Romanistische Abteilung), Band 92, Heft 1, 1975. S. 260–266 (261 f.).