Eisenacher Bund

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Der Eisenacher Bund war eine 1905 gegründete Organisation, die zwischen den evangelischen Landeskirchen in Deutschland, der wissenschaftlichen Theologie und der Gemeinschaftsbewegung vermitteln wollte.

Der Eisenacher Bund geht auf die Initiative des evangelischen Missionstheologen Johannes Lepsius zurück, der sich selbst als Anhänger der Gemeinschaftsbewegung sah, aber wegen seiner Kritik an der Wiedergeburtslehre und seinem Eintreten für die historisch-kritische Methode angefeindet wurde. So lud er gemeinsam mit Samuel Keller und Theodor Jellinghaus zu einer Konferenz ein, um „eine Verständigung zwischen der Gemeinschaftsbewegung und den ihr nahestehenden Kreisen der kirchlichen Orthodoxie“ herbeizuführen[1]. Zahlreiche Persönlichkeiten wie Friedrich von Bodelschwingh der Ältere, aber auch Vertreter der Universitätstheologie wie Adolf Schlatter, Hermann Cremer, Martin Kähler, Karl Heim und Wilhelm Lütgert, unterstützten den Aufruf und nahmen an der Konferenz vom 26. bis 28. Mai 1902 teil. In den beiden folgenden Jahren fanden ebenfalls in Eisenach Fortsetzungskonferenzen statt, und 1904 wurde der Eisenacher Verband für kirchliche Evangelisation und für Pflege kirchlicher Gemeinschaft und evangelischen Lebens gegründet.

Ab 1905 nannte der Verband sich Eisenacher Bund und etablierte sich als eine Arbeitsgemeinschaft, die sich gegen „die Bestrebungen der modernen Theologie, gegen den Sektengeist der Evangelischen Allianz und gegen radikale Strömungen in der Gemeinschaftsbewegung“ wandte[2]. Der Bund hielt (unterbrochen 1917–1920) bis 1945 jährliche Tagungen ab, konnte aber an den anfänglichen Erfolg mit 398 Teilnehmern auf der ersten Konferenz 1902 nicht mehr anknüpfen. Die der Blankenburger Allianzkonferenz nahestehenden Kreise und zunehmend auch der Gnadauer Verband hielten sich von ihm zunehmend fern, so dass er nicht in engerem Sinn zur Gemeinschaftsbewegung gerechnet werden kann. Ob er deshalb einen wesentlichen Einfluss auf die Gemeinschaftsbewegung hatte, ist kaum anzunehmen.[3]

  • Eduard Ferderer: Der Eisenacher Bund und seine Rolle im Spannungsfeld zwischen der Gnadauer Gemeinschaftsbewegung, angloamerikanischen Frömmigkeitsbewegungen und der Landeskirche um 1900, Universität Osnabrück, 2020.[4]
  • Walter Fleischmann-BistenEisenacher Bund. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG). 4. Auflage. Band 2, Mohr-Siebeck, Tübingen 1999, Sp. 1178–1179.
  • Dieter Lange: Eine Bewegung bricht sich Bahn. Die deutschen Gemeinschaften im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und ihre Stellung zu Kirche, Theologie und Pfingstbewegung. Brunnen, Gießen u. a. 1979, S. 141–151.
  • Werner Neuer: Adolf Schlatter, 1996, S. 429–433.
  • Urs Schmid: Amerikanische Heiligungsbewegung und Gemeinschaftsbewegung in Deutschland, Dissertation, Theologische Fakultät Universität Basel, Basel 2002; Fromm Verlag, 2018, ISBN 978-620-2-44298-5, S. 228–232.

Einzelnachweise

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  1. Zitiert nach Peter Müller: Alle Gotteserkenntnis entsteht aus Vernunft und Offenbarung: Wilhelm Lütgerts Beitrag zur theologischen Erkenntnistheorie. Lit, Münster 2012, S. 86.
  2. Dieter Lange: Eine Bewegung bricht sich Bahn. Die deutschen Gemeinschaften im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert und ihre Stellung zu Kirche, Theologie und Pfingstbewegung. Brunnen, Gießen u. a. 1979, S. 150f.
  3. Walter Fleischmann-Bisten: Eisenacher Bund, in: Religion in Geschichte und Gegenwart Online, Website referenceworks.brill.com (abgerufen am 3. Februar 2025)
  4. Dissertation 2317, Evangelische Theologie, Erziehungs- und Kulturwissenschaften, Universität Osnabrück (abgerufen am 3. Februar 2025)