Erdenburg

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Die Erdenburg in Moitzfeld;
Blick vom östlichen Rand der Anlage nach Norden
3D-Geländemodell der Wallanlage
3D-Ansicht des digitalen Geländemodells

Die Erdenburg ist eine eisenzeitliche Befestigung als Wallburg im Stadtteil Moitzfeld von Bergisch Gladbach auf einem Bergrücken östlich von Bensberg im Naturschutzgebiet Hardt.

Aufgrund von Ausgrabungen durch Werner Buttler und Hans Schleif organisiert und finanziert durch die Waffen-SS[1] im Jahr 1935, hatte man angenommen, dass die Erdenburg in der Spät-Latènezeit, etwa im 1. Jahrhundert v. Chr., entstanden sei. Im Sinne der NS-Ideologie[2] folgerte man daraus, dass die Erdenburg von einem germanischen Stamm angelegt worden sei und in den Auseinandersetzungen mit den Römern im nahen Colonia Claudia Ara Agrippinensium (Köln) eine Rolle gespielt habe.[3][4] Dabei wurde im Sinne der Nationalsozialistischen Germanenverehrung fälschlicherweise eine Wehranlage der Germanen gegen die Römer konstruiert[5] und den Sugambrern zugerechnet. Diese Annahme war von Anfang an abwegig[6], als dass das Gebiet der Sugambrer zwischen Lippe und Ruhr lag[7] und die Ubier, in deren Gebiet die Anlage liegt, mit den Römern verbunden waren.

Sicher darf aufgrund der Bauweise angenommen werden, dass es eine von (keltisierten) Germanen, oder Kelten vor deren Abwanderung nach Westen, errichtete Anlage war. Die Germanen siedelten mit Ausnahme der „Germani cisrhenani“ rechts des Rheins. Nach Cäsar lag das Gebiet der Ubier „am Rhein“ bis herauf an die Lahnmündung. Die Sugamber schlossen sodann an das Gebiet der Ubier „nah des Rheins“ an. Caesar setzte mit seinen Legionen bei der zweiten Flussüberquerung über den Rhein an „das ubische Ufer“ über und griff die Sugambrer an, wobei er „zunächst das Gebiet der Ubier durchquerte“. Auch ließ er über der zweiten Rheinüberquerung etwa zwischen Köln und Andernach seinen Brückenkopf am Ufer der Ubier („quae ripas Ubiorum contingebat“) zurück.[8] Zudem verfügten die Ubier über befestigte Plätze („Ubiis imperat, ut pecora deducant suaque omnia ex agris in oppida conferant“)[9] im Gegensatz zu allen anderen Germanenstämmen. Damit lag die Anlage entgegen der ideologisch geprägten[2] – und im Schrifttum teils übernommenen Behauptung – im Gebiet der Ubier.[6]

Im Jahre 1968 untersuchte Hermann Schwabedissen, Ordinarius für Ur- und Frühgeschichte an der Universität Köln, an seinem Institut mit der zu dieser Zeit neu entwickelten Radiokarbonmethode eine Brandschicht von der Sohle des Walles. Die Messung des radioaktiven Kohlenstoffs der Holzkohle ergab ein Alter von 310 ± 80 v. Chr.[3] Allerdings gibt es offenbar auch noch andere Angaben über das Alter, denn auf einer Tagung des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege im Rheinland vom 14. bis 16. Mai 2012 im Forum Vogelsang in Schleiden wurde schriftlich festgehalten, dass Hermann Schwabedissen sich selbst mündlich widerrufen haben soll und angeblich das Alter mit 90 v. Chr. ± 50 beschrieb.[10]

Die Wallburgen waren demzufolge zur Zeit der Römer längst vorhanden und wurden nicht erst wegen der Auseinandersetzungen mit ihnen erbaut.

Nach Umfang und Konstruktion wird die Ansicht vertreten, die von zentral organisierter Gemeinschaftsarbeit zeugende Anlage sei für die Bewohner des umgebenden Raumes als Zufluchtsstätte genutzt worden.[3] Dafür (und gegen eine dauerhafte Besiedelung) spricht, dass man bislang keine Fundamente fester Bauten im Inneren der Wallanlage gefunden hat. Aufgrund der Lage der wenigen Grabungsschnitte sind Steinfundamente oder sonstige Fundamente vorhandener Gebäude dennoch nicht auszuschließen, denn die Grabungsschnitte können schlicht „daneben“ gelegen haben. Insbesondere bei Holzbauten, die anhand von Pfostenlöchern lokalisiert werden müssen, können einzelne Grabungsschnitte leicht „daneben“ liegen, Die aufwendige Umwallung inkl. einer aufwendigen Toranlage spricht eher gegen eine nur punktuelle Nutzung als Zufluchtsort. Auch die überragende Rundumsicht von der Bergkuppe bis hinter das Kölner Stadtgebiet – somit weit ins linksrheinische Gebiet – spricht eher auch für eine Fortifikation die jedenfalls auch Wachfunktionen wahrgenommen haben könnte.

Die Anlage ist heute nicht mehr in ihrem originalen, verfallenen Zustand vorhanden, denn im Bereich der östlichen Zuwegung lag die Grube „Jungfrau“, bei deren Abtrag die Ringwälle in dem Bereich zerstört wurden.[1] Die Wälle dort wurden im Rahmen des Abschlusses von Grabungen 1935 durch NS-Zwangsarbeiter und lokale Firmen künstlich wiederhergestellt.[1]

Die Ringwälle sind zur nordöstlichen Seite hin abgeflacht bis gar nicht (mehr) vorhanden. Es ist durchaus denkbar, dass die Erbauer unterhalb des Berges vorhandene Gewässer künstlich gestaut und so Annäherungshindernisse geschaffen hatten und daher zur Nord-Ost-Seite hin keinen Angriff fürchteten. Andererseits ist in der Grabung Skizze von 1935. Der mittlere Ring war auch eine der dortigen Stelle als durchgängig eingezeichnet.[11] Möglich ist, dass über die Jahrtausende Regen, Wasser und Wind die Wälle nach Nord-Ost stetig weiter abgetragen und abgeflacht haben. Dafür könnte die häufige Süd-West-Windlage im Rheinland sprechen.

Blick auf die Erdenburg aus Richtung Sportplatz

Das Bodendenkmal Ringwall Erdenburg ist unter Nr. 5 in die Liste der Bodendenkmäler in Bergisch Gladbach eingetragen.

Zeichnungen von 1936

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Bemerkungen zu den Abbildungen

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  • Auf dem Foto (oben rechts) verläuft von vorne links hin zur Bildmitte ein flacher Graben, links davon, etwas höher gelegen, ein weiterer. Drei konzentrische Gräben lassen sich nachweisen, die ein Oval der Größe von ca. 230 m × 165 m umgeben.
  • Westlich befand sich das Eingangstor zur Burg (siehe Zeichnung Grundriss der Erdenburg am linken Bildrand). Im Nordosten sind die Wälle nicht (mehr) geschlossen, der Grund dafür ist unbekannt. Die Markierung rechts auf dem Grundriss gibt den Standort der Schautafel an, die auf den beiden Fotos zu sehen ist.
  • Die Gräben hatten eine Tiefe von etwa zwei Meter, die Wälle waren holzbewehrt. Der innere Wall war wahrscheinlich in Kastenbauweise erstellt und bestand aus rechteckigen Holzparzellen (siehe Zeichnung Eingangstor), die mit Erde verfüllt wurden (siehe Zeichnung Querschnitt durch den Wall) – (Murus Gallicus).

Einzelnachweise

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  1. a b c J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann: Die Erdenburg bei Bensberg - erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus. In: J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann (Hrsg.): Archäologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920-1945. LVR - Amt für Boden-Denkmalpflege im Rheinland., 2013, S. 125–133.
  2. a b J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann: Die Erdenburg bei Bensberg - erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus. In: J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann (Hrsg.): Archäologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920-1945. LVR - Amt für Boden-Denkmalpflege im Rheinland., 2013, S. 125–133.
  3. a b c Erdenburg – im Labor untersucht, Wissenschaftler entdeckten: Älter als 2000 Jahre, in: Rheinisch-Bergischer Kalender, 1970, S. 170
  4. J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann: Die Erdenburg bei Bensberg - erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus. In: J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann (Hrsg.): Archäologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920-1945. LVR - Amt für Boden-Denkmalpflege im Rheinland., 2013, S. 125–133.
  5. J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann: Die Erdenburg bei Bensberg - erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus. In: J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann (Hrsg.): Archäologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920-1945. LVR - Amt für Boden-Denkmalpflege im Rheinland., 2013, S. 125–133.
  6. a b R. v. Uslar: Bergische Ringwälle in: Rheinisch-Bergischer Kalender 1963, S. 137 ff.
  7. Marc Pieper: Untersuchungen zum Import von römischen Waren im mittleren Hellwegraum zur römischen Kaiserzeit. In: Walter Melzer (Hrsg.): Soester Beiträge zur Archeologie. Imperium Romanum produxit - Römische Sachgüter in Soest und im mittleren Hellweraum, Nr. 11, 2010, S. 116.
  8. Cäsar, Gaius Julius: De Bello Gallico. Hrsg.: Cäsar. S. 6.29.1.
  9. Cäsar, Gaius Julius: De Bello Gallico. Hrsg.: Cäsar. S. 6.10.1.
  10. Die Erdenburg bei Bensberg – erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus, S. 127 abgerufen am 29. Juli 2015
  11. J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann: Die Erdenburg bei Bensberg - erste Ausgrabung der Schutzstaffel zwischen Archäologie und Nationalsozialismus. In: J. Kunow/Th. Otten/J. Bemmann (Hrsg.): Archäologie und Bodendenkmalpflege in der Rheinprovinz 1920-1945. LVR - Amt für Boden-Denkmalpflege im Rheinland., 2013, S. 125–133.

Koordinaten: 50° 58′ 14,1″ N, 7° 10′ 26,6″ O