Ekloge des Theodulus

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Theodulus, Ecloga; gedruckt von Konrad Kachelofen in Leipzig 1492. Die Verse sind in diesem Druck durchgehend kommentiert.

Die Ekloge des Theodulus (Latein: Ecloga Theoduli, im Frühdruck auch Egloga) ist ein vermutlich im 9. oder 10. Jahrhundert[1] in lateinischer Sprache und in Versform abgefasster Dialog, der im Mittelalter und wohl noch bis in die Renaissance als Schultext weit verbreitet war.

Inhalt und Verfasser

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Gegenstand ist ein Streitgespräch zwischen Alathia (altgriechisch ἀλήθεια alḗtheia „Wahrheit“)[2] und Pseustis („Falschheit, Lüge“), in dem Phronesis (Vernunft) als Schiedsrichter auftritt.[3] Das Streitgedicht kommt in bukolischer Verkleidung daher: der mit athenischer Weisheit getränkte Hirt Pseustis und die christliche Hirtenjungfrau Alathia streiten beide für ihre Religion. Jeder heidnischen Sage setzt Alathia eine biblische Geschichte entgegen.[4]

Der Verfassername wird als Pseudonym angesehen. Das Werk wird von manchen Autoren Gottschalk von Orbais (805–869) zugeschrieben.[3] Der lateinische theodolus entspricht in der deutschen Übersetzung dem Namen Gottschalk (Godescalc: Diener oder Sklave Gottes). Dieser Auffassung, so Ernst Robert Curtius 1948, habe bereits Karl Strecker widersprochen und sie „als irrig dargetan“: Strecker habe das Werk vielmehr ins 10. Jahrhundert eingeordnet.[5]

  • Konrad Goehl, Jorit Wintjes: Die ecloga des Theodulus. Übersetzt  von Konrad Goehl, mit einer Einführung und Erläuterungen von Jorit Wintjes. Baden-Baden: Deutscher Wissenschafts-Verlag,  2012, ISBN 978-3-86888-052-6
  • Johann Osternacher: Theoduli ecloga. in: Jahres-Bericht des Gymn. am Kollegium Petrinum, Linz-Urfahr, 1902.
  • Francesco Mosetti Casaretto: Teodulo, Ecloga. Il canto della verità e della menzogna. Florenz 1997.
  • George Rigg: The Eclogue of Theodulus. A Translation. Übersetzung mit Kommentar (engl.). Universität Toronto, 2005 (online)
  • Nikolaus Henkel: Die Ecloga Theodoli und ihre literarischen Gegenkonzeption. In: Walter Berschin (Hrsg.): Lateinische Kultur im X. Jahrhundert. Akten des 1. Internationalen Mittellateinerkongresses, Heidelberg, 1988. Stuttgart: Hiersemann, 1991, S. 151–162 (online)
  • Ruth Affolter-Nydegger: In bukolisches Gewand gekleidete Heilsgeschichte. Bernhard von Utrecht, Kommentar zur »Ecloga Theoduli«. In: Regula Forster / Paul Michel (Hrsg.): Significatio. Studien zur Geschichte von Exegese und Hermeneutik II, Pano-Verlag, Zürich 2007, ISBN 978-3-907576-38-0, S. 271–324, mit Texten, dt. Übersetzungen und Kommentaren.
  • Klaus Lennartz: Theoduls Ekloge als literarisches Kunstwerk. In: Mittellateinisches Jahrbuch, 49,2 (2014) S. 167–200.
  • Harry C. Schnur: Die Hirtenflöte. Bukolische Dichtungen von Vergil bis Geßner. Reclams Universal-Bibliothek No. 690, Leipzig 1978. (S. 64–71: dt. Übersetzung der ersten 344 Verse)

Exemplare Konrad Kachelofen 1489 (Ausgabe 1489 im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW-Nummer M45870)):

Exemplar Konrad Kachelofen 1492 (Ausgabe 1492 im Gesamtkatalog der Wiegendrucke (GW-Nummer M45871)): Herzog August Bibliothek, Digitalisat;

Commons: Eclogue of Theodulus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Ronald E. Pepin, An English Translation of the Auctores Octo: A Medieval Reader, Mediaeval Studies 12 (The Edwin Mellen Press, 1999), pp. 25–40.
  2. Tradiert wird die Namensform mit dem griechischen Eta als Alithia (Aussprache seit dem Mittelgriechischen), Kachelofen druckte Alathia.
  3. a b The Cambridge Medieval History
  4. Nach Hermann Reich (Hrsg.): Deutsche Dichter des lateinischen Mittelalters in deutschen Versen. München: Beck 1913, S. 485
  5. Ernst Robert Curtius: Europäische Literatur und lateinisches Mittelalter. Bern 1948, siebente Auflage 1969, S. 266, Anm. 1