Engerthhof

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Engerthhof

Der Engerthhof ist eine Wohnhausanlage im 20. Wiener Gemeindebezirk Brigittenau. Er ist der am frühesten entstandene Wohnblock mit Genossenschaftswohnungen in der Stadt und wurde 1904/05 nach Entwürfen von Leopold Simony erbaut. Er gilt als einer der Vorläufer des sozialen Wohnbaus.

Lage, Geschichte und Bedeutung

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Der Engerthhof befindet sich in der Engerthstraße 43–55 (ident Stromstraße 51) und ist wie die Straße selbst nach Wilhelm Engerth benannt.

Die Anlage war das erste Bauprojekt der „Ersten gemeinnützigen Baugesellschaft für Kleinwohnungen“, der ersten Wohnbaugenossenschaft Wiens (heute: „Erste Gemeinnützige Wohnungsgesellschaft – Heimstätte GmbH“), und einer der ersten größeren zusammenhängenden Wohnblöcke der Stadt.[1]

Bei seiner Errichtung befand sich der Engerthhof im »jämmerlichsten aller Wiener Stadtteile«, dem Ende der 1880er Jahre aus dem Boden gestampften Rasterviertel im ehemaligen Überschwemmungsgebiet der damaligen Oberen Donaustadt, einem Konglomerat aus »rauchenden Schloten, unordentlichen Verkaufsladen, Brannweinschenken, Gestank, Schmutz, schlampigen Weibern, verwahrlosten Kindern, Prostituierten«,[2] einem »fabrikdurchsetzten Arbeiterwohnquartier mit besonders tristen Wohnverhältnissen und einem durch die Nähe der großen Bahnhöfe bedingten besonders hohen Prozentsatz von Untermietern«.[3]

Das »spektakuläre« Gebäude wurde im Jahr 1904 im Auftrag des »Komitees zur Begründung gemeinnütziger Baugesellschaften für Arbeiterwohnhäuser« von Leopold Simony[4] mit 19 Stiegenhäusern und 360 Wohnungen,[5] einem internen Zugangssystem (d. h. der Zugang zu den einzelnen Stiegen erfolgt über die Höfe) und öffentlichen Grünflächen entworfen,[6] ein Vorzeigeprojekt im aufgehöhten neuen Donaustadtteil zwischen den bisher bebauten Bezirken am Donaukanal und der regulierten Donau.[7]

Die Anlage hat eine langgezogene Fassade mit fünf Höfen, wobei der mittlere zur Straße hin angelegt ist.

Die Fassaden waren mit Sgraffiti geschmückt, die das 1872 von Wilhelm Engerth errichtete Sperrschiff von Nussdorf sowie die Semmeringbahn zeigten.[8] Sie wurden nach einer Sanierung entfernt und sind seit 2005 als Reproduktionen auf Plexiglas am Gebäude angebracht.

  1. Roland Peter Herold: Wien-Brigittenau. Sutton, 2006, S. 8.
  2. Wolfgang Maderthaner, Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt. Das andere Wien um 1900. Campus, 1999, S. 86.
  3. Hans Bobek, Elisabeth Lichtenberger: Wien. Bauliche Gestalt und Entwicklung seit der Mitte des 19. Jahrhunderts. Böhlau, 1966, S. 117.
  4. Anmerkung: in der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben über die Adressspanne der von Simony geplanten Arbeiterhäuser (im Eintrag über Simoy. In: Architektenlexikon Wien 1770–1945. Herausgegeben vom Architekturzentrum Wien. Wien 2007. ist etwa von Engerthstraße 41–45 die Rede), sein tatsächlicher Anteil am Gesamtprojekt ist daher nicht ganz klar.
  5. Presse- und Informationsdienst der Stadt Wien: EGW Heimstätte: 100 Jahre innovativer sozialer Wohnbau APA-OTS, 8. Mai 2007.
  6. Eve Blau, Monika Platzer: Shaping the Great City. Modern Architecture in Central Europe, 1890–1937. Prestel, 1999, S. 65; Friedrich Achleitner: L’idée de la grande ville. L’architecture moderne d’Europe centrale, 1890–1937
  7. Reinhard Baumeister: Stadt-Erweiterungen in technischer, baupolizeilicher und wirthschaftlicher Beziehung. Ernst & Korn, 1876, S. 165ff.
  8. Engerthhof im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien

Koordinaten: 48° 14′ 34,5″ N, 16° 22′ 55,7″ O