Ernst von Simson

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Ernst von Simson (zweiter von links) im Verwaltungsrat der I.G. Farben, 1926
Stolperstein in Berlin-Dahlem

Ernst von Simson (* 7. April 1876 in Berlin; † 7. November[1] 1941 in Oxford), bis 1888 Ernst Simson, war Ministerialdirektor und Leiter der Rechtsabteilung, später Staatssekretär und Diplomat im Auswärtigen Amt. Im Ruhestand war er Aufsichtsrat bei Agfa und I.G. Farben. Er war Mitglied im Präsidium des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. In der Zeit des Nationalsozialismus wurden er und seine Familie zur Emigration gezwungen.

Ernst von Simson war ein Sohn des Juristen August von Simson (1837–1927) und der Beate, geb. Jonas, sowie ein Enkel Eduard von Simsons. Als sein Großvater 1888 Aufnahme in den preußischen Adelsstand erhielt, wurden damit auch sein Vater und er nobilitiert, der zuvor Ernst Simson hieß. 1901 heiratete er Martha Oppenheim (1882–1971), eine Tochter Franz Oppenheims und Urenkelin Martin Wilhelm Oppenheims.

Der Jurist Ernst von Simson durchlief zunächst eine Karriere im Justizdienst bis zum Landrichter und wechselte 1908 ins Reichsjustizamt, wo er bis zum Vortragenden Rat aufstieg. 1911 wurde er zum ersten Generalsekretär der im selben Jahr gegründeten Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften bestellt. Ab 1918 war er im neu gegründeten Reichswirtschaftsministerium, ab 1919 im Auswärtigen Amt tätig, zunächst als Ministerialdirektor und Leiter der Rechtsabteilung. In dieser Funktion unterschrieb Ernst von Simson am 10. Januar 1920 das Protokoll der Ratifikation des Versailler Vertrages. 1921/1922 war er Staatssekretär im Auswärtigen Amt. Er nahm an der Londoner Konferenz 1921, an der Konferenz von Genua 1922 und an den Verhandlungen teil, die zum Vertrag von Rapallo führten.

1922 ließ sich Ernst von Simson in den vorläufigen Ruhestand versetzen und wechselte in den Aufsichtsrat bei Agfa und I.G. Farben. Zu den Mandaten, die er in diesem Zusammenhang wahrnahm, zählte unter anderem die Mitgliedschaft im Präsidium des Reichsverbandes der Deutschen Industrie. Im November 1929 leitete Ernst von Simson die deutsche Delegation, die mit der französischen Regierung – letztlich ergebnislos – über eine vorzeitige Rückgliederung des Saargebietes an Deutschland verhandelte.[2] Im selben Jahr trat er der Gesellschaft der Freunde bei. Von 1928 bis 1933 war er Mitglied des Senats der Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft.

1937 wurde Ernst von Simson zur Niederlegung seiner Ämter gezwungen. Im folgenden Jahr emigrierte er nach Großbritannien, wo er seine unvollendet gebliebenen Lebenserinnerungen verfasste. Von Simson besaß eine Bibliothek von ca. 4000 Bänden, die er in Deutschland zurücklassen musste. Ein Band aus dieser Bibliothek tauchte später in der Privatbibliothek von Martin Bormann auf.[3]

Das Paar von Simson hatte sechs Kinder:

  • Anna (Annie) (1902–1975), heiratete 1929 den Fabrikdirektor Hans Reifenberg (1900–1988), 1938 wegen nationalsozialistischer Verfolgung Emigration des Paares mit seinen drei Töchtern nach England
  • Else (1907–2007),[4] von 1931 bis 1940 mit Friedrich Achim von Arnim-Blankensee verheiratet; Scheidung wg. ihrer jüdischen Herkunft[5]
  • Martin Eduard (1909–1928)
  • Dorothea (1910–1998), heiratete den Juristen Erckhinger von Schwerin, nach 1945 Landrat des Landkreises Starnberg
  • Otto von Simson (1912–1993), Kunsthistoriker
  • Vita Petersen (1915–2011), Malerin
Gedenkstein für Ernst von Simson auf dem Friedhof Dahlem in Berlin, links vom Grabdenkmal des Sohnes Martin Eduard

Ernst von Simson verstarb im November 1941 im Alter von 65 Jahren in Oxford. Ein Gedenkstein in Form einer Grabstele erinnert an ihn auf dem Friedhof Dahlem in Berlin. Als Inschrift wurden Verse von Achim von Arnim aus dessen unvollendetem Werk Die Kronenwächter gewählt:

Gib Flügel dann und einen Hügel Sand,
Den Hügel Sand im lieben Vaterland,
Die Flügel schenk dem abschiedschweren Geist,
Dass er sich leicht der schönen Welt entreisst.

Der Gedenkstein steht links vom Grabdenkmal für den früh verstorbenen Sohn Martin Eduard. Das von Theodor Georgii geschaffene Kalksteinrelief an der Vorderseite zeigt ein Elternpaar, das Abschied von seinem Sohn nimmt.[6]

Am 5. Mai 2024 wurden vor seinem ehemaligen Wohnort, Berlin-Dahlem, Messelstraße 9, Stolpersteine für ihn und seine Ehefrau verlegt.

  • Georg Simson, Siguna von Simson (Hrsg.): Ernst von Simson (1876–1941). Erinnerungen. Jonas'sche Familienstiftung, Berlin 2009.
  • Dieter Neitzert: Das Amt zwischen Versailles und Rapallo. Rückschau des Staatssekretärs Ernst von Simson. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 60, de Gruyter Oldenbourg, München 2012, S. 443–490. ISSN 0042-5702
  • Norbert Gross: Ernst von Simson. Im Dienste Deutschlands. Von Versailles nach Rapallo (1918–1922). in: Schriftenreihe des Rechtshistorischen Museums Karlsruhe; 28, Verlag der Gesellschaft für Kulturhistorische Dokumentation, Karlsruhe 2013, ISBN 978-3-922596-93-6.
  • Ingeborg Becker, Ingo Herklotz (Hrsg.): Otto von Simson 1912–1993. Zwischen Kunstwissenschaft und Kulturpolitik. in: Studien zur Kunst, Böhlau, Köln 2019, ISBN 978-3-412-51597-3. PDF
Commons: Ernst von Simson – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Grabstein in Berlin-Dahlem.
  2. Doris Pfleiderer: Deutschland und der Youngplan. Die Rolle der Reichsregierung, Reichsbank und Wirtschaft bei der Entstehung des Youngplans. Diss., Universität Stuttgart 2002. S. 260.
  3. Charlet Flauaus: Der NS-Funktionär und seine private Bibliothek. Die Bücher des Reichsleiters Martin Bormann in der Universitätsbibliothek Mainz. In: Bibliotheksdienst, Jg. 52, 2018, Heft 6, S. 455–480, hier: S. 473–474. ISSN 0006-1972
  4. Gottfried Graf Finck von Finckenstein, Christoph Franke: Genealogisches Handbuch der Adeligen Häuser A (Uradel), Band XXXVI, Band 158 der Gesamtreihe GHdA, Hrsg. Deutsches Adelsarchiv, C. A. Starke, Limburg (Lahn) 2015, S. 72. ISSN 0435-2408
  5. Jochen von Arnim, Martin von Arnim, Gerd H. Zuchold: Das Geschlecht von Arnim: Chronik der Familie im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert. Hrsg. Vorstand des von Arnim`schen Familienverbandes, Degener & Co., Neustadt an der Aisch 2002, S. 328. ISSN 0012-1266
  6. Hans-Jürgen Mende, Debora Paffen: Friedhof Dahlem und St.-Annen-Kirchhof. Ein Friedhofsführer. Edition Luisenstadt, Berlin 2007, S. 46–47. ISBN 978-3-936242-11-9.