Nachwahl

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Eine Nachwahl bezeichnet eine Wahl in einem Teilgebiet (typischerweise einem Wahlkreis) zu einem späteren Zeitpunkt oder mit anderem Zeitplan als die Hauptwahl.

Eine Nachwahl kann aus verschiedenen Gründen notwendig werden. Der international häufigste Fall besteht darin, dass während der Legislaturperiode ein Abgeordneter stirbt, zurücktritt oder aus anderen Gründen sein Mandat nicht mehr wahrnehmen kann. Diese Wahl heißt im deutschen Bundestagswahlrecht seit 1953 nicht mehr Nachwahl, sondern Ersatzwahl, und findet nur dann statt, wenn der Abgeordnete nicht für eine Partei gewählt wurde, die auch mit einer Liste an der Wahl teilgenommen hatte (§ 48(2) Bundeswahlgesetz); seit 1953 gab es allerdings keinen einzigen solchen unabhängig gewählten Abgeordneten und damit noch nie eine Ersatzwahl. Andernfalls wird der Sitz mit einem Nachrücker der Parteiliste besetzt; ist diese erschöpft, wird der Sitz nicht neu besetzt (§ 48(1) Bundeswahlgesetz).

Andere Regelungen sind auch möglich, in Tasmanien etwa werden die Stimmen der letzten Wahl neu ausgezählt, wobei die auf den ausgeschiedenen Abgeordneten entfallenen Stimmen nicht berücksichtigt werden.

In den meisten Ländern mit Mehrheitswahlrecht werden freigewordene Sitze jedoch durch Nachwahl wieder besetzt. Solche Wahlen gelten oft als unwichtig, da sie meist keine Verschiebung der Mehrheitsverhältnisse bringen. Überörtliche Bedeutung wird ihnen von denen beigemessen, die sie als Testwahl zwischen den normalen Wahlen sehen. Bei knappen Mehrheitsverhältnissen oder wenn mehrere freie Sitze gleichzeitig neu zu besetzen sind, kann aber auch eine Nachwahl entscheidend sein. So fanden 1978 in Kanada 15 Nachwahlen an einem einzigen Tag statt, eine Miniwahl, die ein großes Medienecho fand.

Nachwahlen werden nur dann abgehalten, wenn die nächste allgemeine Wahl nicht allzu bald zu erwarten ist. Diese Frist beträgt in vielen Staaten, so auch in Deutschland, sechs Monate. Ist die nächste allgemeine Wahl früher angesetzt, so bleibt der Sitz solange frei.

Sitze, die per Nachwahl besetzt wurden, haben meist eine verkürzte Legislaturperiode, damit die nächste Wahl wieder mit den allgemeinen Wahlen zusammenfällt. Das gilt nicht für nachgewählte Bürgermeister oder Landräte in Bayern: Sie werden für die volle Amtszeit gewählt, wodurch in den betroffenen Gemeinden alle folgenden Wahlen später als die allgemeinen Kommunalwahlen stattfinden.

Beispiele nach Staat

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Deutscher Bundestag

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Nach § 43 Bundeswahlgesetz findet in zwei Fällen eine Nachwahl statt:

  1. Wenn in einem Wahlkreis oder Wahlbezirk die Wahl nicht durchgeführt worden ist,
  2. Wenn ein Wahlkreisbewerber, also ein Direktkandidat, nach der Zulassung des Wahlvorschlags, aber vor Durchführung der Wahl stirbt.

Im ersten Fall hat die Wahl spätestens drei Wochen, im zweiten Fall spätestens sechs Wochen nach der Hauptwahl stattzufinden. Damit unterscheidet sich die Regelung für Bundestagswahlen beispielsweise von der in Bayern, dort bleibt auch ein toter Direktkandidat wählbar; wird er gewählt, rückt der nächste auf der Liste für ihn nach.

Eine solche Nachwahl kann sogar am gleichen Tag stattfinden wie die normale Wahl, wenn nämlich zwischen dem Tod des Kandidaten und dem Wahltag genügend Zeit für den ordnungsgemäßen Ablauf bleibt.

Bei bisher fünf Bundestagswahlen kam es zu solchen Nachwahlen:

Hauptwahl Nachwahl Wahlkreis Grund siegreiche Partei
17.09.1961 01.10.1961 151 Cochem Tod des Kandidaten Fritz Klein (SPD) CDU
19.09.1965 03.10.1965 135 Obertaunuskreis Tod des Kandidaten Erich Henz (AUD) CDU
19.09.1965 03.10.1965 236 Schweinfurt Tod des Kandidaten Ernst Meier (DFU) CSU
25.01.1987 01.02.1987 141 Groß-Gerau Zerstörung der Wahlurne am Wahltag um 17:45 Uhr durch acht schwarz gekleidete Unbekannte mit Hilfe eines Molotowcocktails CDU
22.09.2002 22.09.2002 295 Sigmaringen Tod des Kandidaten Dietmar Schlee (CDU) CDU
22.09.2002 22.09.2002 230 Passau Tod des Kandidaten Maic-Roland Muth (PDS) CSU
18.09.2005 02.10.2005 160 Dresden I Tod der Kandidatin Kerstin Lorenz (NPD) CDU

Erster Deutscher Bundestag

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Im ersten Deutschen Bundestag gab es nach § 15 a.F. des Wahlgesetzes zum ersten Bundestag vierzehn Nachwahlen für während der Legislaturperiode ausgeschiedene Abgeordnete. Das Wahlgesetz wurde im Januar 1953 geändert und durch die nun übliche Nachrückregelung ersetzt.

Nachwahl Wahlkreis bisher gewählter MdB Grund der Nachwahl neu gewählter MdB
14.05.1950 29 Kulmbach Friedrich Schönauer (SPD) Tod des MdB am 2. April 1950 Johannes Semler (CSU)
19.11.1950 63 Arnsberg – Soest Heinrich Lübke (CDU) Landesminister, am 29. September 1950 ausgeschieden Ernst Majonica (CDU)
11.03.1951 2 Kassel Georg-August Zinn (SPD) Ministerpräsident, am 21. Januar 1951 ausgeschieden Ludwig Preller (SPD)
15.04.1951 1 Hofgeismar – Waldeck – Wolfhagen Karl Rüdiger (FDP) Tod des MdB am 20. Februar 1951 Hans Merten (SPD)
06.05.1951 18 Hannover-Nord Bruno Leddin (SPD) Tod des MdB am 25. März 1951 Egon Franke (SPD)
27.05.1951 44 Donauwörth Martin Loibl (CSU) Tod des MdB am 16. April 1951 Wilhelm Niklas (CSU)
23.09.1951 12 Neustadt an der Weinstraße Ernst Roth (SPD) Tod des MdB am 14. Mai 1951 Willy Odenthal (SPD)
02.12.1951 33 Nürnberg – Fürth Wilhelm Fischer (SPD) Tod des MdB am 21. Oktober 1951 Johann Segitz (SPD)
16.03.1952 31 Harz Hermann Stopperich (SPD) Tod des MdB am 6. Januar 1952 Hans-Joachim Fricke (DP)
30.03.1952 4 Heilbronn Georg Kohl (FDP) Tod des MdB am 31. Januar 1952 Adolf Mauk (FDP)
04.05.1952 11 Friedberg – Büdingen Wilhelm Knothe (SPD) Tod des MdB am 20. Februar 1952 Kurt Moosdorf (SPD)
04.05.1952 10 Segeberg – Neumünster Carl Schröter (CDU) Tod des MdB am 25. Februar 1952 Walter Bartram (CDU)
18.05.1952 3 Bremerhaven – Bremen-Nord Bernhard Lohmüller (SPD) Tod des MdB am 2. März 1952 Philipp Wehr (SPD)
09.11.1952 19 Hannover-Süd Kurt Schumacher (SPD) Tod des MdB am 20. August 1952 Ernst Winter (SPD)

In Namibia finden Nachwahlen (englisch by-elections) für das Amt des Staatspräsidenten (bisher in der Geschichte nicht vorgekommen) sowie regionaler und kommunaler Ebene statt. Sie müssen binnen drei Monaten nach Vakanz eines Sitzes abgehalten werden.[1]

Vereinigtes Königreich

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Zwischen 1708 und 1926 war im Vereinigten Königreich eine „ministeriale Nachwahl“ (englisch ministerial by-election) üblich, wann immer ein Parlamentsmitglied ein Amt in der Exekutive (typischerweise ein Ministeramt) annahm. In diesem Fall musste der frisch ernannte Parlamentarier das Amt niederlegen und es, falls eine fortgesetzte Teilnahme am Unterhaus gewünscht war, erneut in der Nachwahl gewinnen. Als zum Beispiel Winston Churchill im Jahr 1917 zum Minister of Munitions ernannt wurde, musste er im Wahlkreis Dundee gegen Edwin Scrymgeour am 30. Juli 1917 zur Nachwahl antreten, die er mit 78,2 % der Stimmen gewann. Üblicherweise war die ministeriale Nachwahl ein Selbstläufer und der Ex-Parlamentarier konnte seinen Posten wieder beziehen, jedoch gab es auch Ausnahmen: Winston Churchill musste am 24. April 1908 nach seiner Ernennung zum Präsidenten des Board of Trade eine ministeriale Nachwahl im Wahlkreis Manchester–Nordwest austragen, die er mit 46,7 % der Stimmen gegen seinen konservativen Herausforderer William Joynson-Hicks (50,7 %) verlor. Dadurch schied Churchill kurzzeitig aus dem Parlament aus, bis seine Liberale Partei ihn in der eigenen Hochburg Dundee aufstellte, um ihm den Wiedereinzug ins Unterhaus zu ermöglichen.

Das britische System fand in einigen Staaten des British Commonwealth Anwendung, so etwa in Australien und Kanada. In der Südafrikanischen Union, Neuseeland und Südrhodesien wurde das Konzept der ministerialen Nachwahl nicht übernommen.

Einzelnachweise

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  1. Electoral Act 5 of 2014. Republic of Namibia, Paragraph 63 und Verweise. Abgerufen am 3. März 2020.