Atlantischer Nordkaper
Atlantischer Nordkaper | ||||||||||||
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Atlantischer Nordkaper mit Kalb | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Eubalaena glacialis | ||||||||||||
(Müller, 1776) |
Der Atlantische Nordkaper (Eubalaena glacialis) ist eine bis 18 m große Art der Glattwale, die im Nordatlantik verbreitet ist. Die Art ist vom Aussterben bedroht, es gibt weltweit geschätzt nur noch 200–250 Tiere.
Merkmale
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Atlantische Nordkaper sind normalerweise 13 bis 16 m groß; die wissenschaftlich gesicherte Höchstlänge liegt bei 18 m, angeblich sollen auch 21 m erreicht werden können. Das Gewicht des Wals liegt bei 100 Tonnen. Wie bei allen Glattwalen fehlt eine Rückenflosse. Die Farbe ist einheitlich schwarz. Auffällig ist ein extremer Parasitenbefall durch Seepocken, Walläuse und andere Krebstiere, die von weitem wie ausgedehnte weiße Flecken aussehen. Besonders dicht ist dieser Bewuchs auf der Stirn, wo die Parasiten eine regelrechte weiße „Mütze“ bilden.
Es gibt auf jeder Seite des Mauls 300 Barten. Zwei Blaslöcher ergeben einen V-förmigen Blas. Der Blubber (Speck, aus dem der Tran ausgekocht werden kann) macht 40 % des Körpergewichts aus; kein anderer Wal hat einen so hohen Blubberanteil.
Verbreitung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Atlantische Nordkaper leben im Sommer in subpolaren Regionen und im Winter in gemäßigten Breiten. Im östlichen Teil des Atlantik ist der Nordkaper vollständig ausgerottet. Vorher fand man diesen Wal im Sommer in der Nähe von Island und im Winter im Golf von Biscaya. Hierher rührt auch die deutsche Bezeichnung „Biskayawal“, die hin und wieder verwendet wird. Die westatlantischen Populationen halten sich im Sommer vor der Küste Neuenglands und im Winter im Golf von Mexiko und östlich von Florida auf.
In der Antike lebte der Atlantische Nordkaper auch in der Straße von Gibraltar und im westlichen Mittelmeer.[1]
Lebensweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Atlantische Nordkaper sind sehr langsam schwimmende Wale, die sich mit etwa 8 km/h fortbewegen. Wie alle Bartenwale sieben sie die Nahrung mit ihren Barten; hauptsächlich bleiben Ruderfußkrebse darin hängen, aber auch kleine Fische. Nordkaper haben sich früher zu den Wanderungen zu großen Verbänden von hundert Einzeltieren und mehr versammelt; wegen der extremen Seltenheit dieser Art ist das heute nicht mehr möglich.
Walfang und Schutz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Weil Atlantische Nordkaper nahe der Küste leben, gehörten sie zu den ersten von Walfängern erbeuteten Walen. Schon im 16. Jahrhundert wurden mehrere zehntausend Nordkaper getötet. Danach waren sie im Ostatlantik so selten geworden, dass europäische Walfänger auf den Grönlandwal auswichen. In den Kolonien Neuenglands dagegen entdeckte man bald, dass sich Tausende Nordkaper im Sommer vor den Küsten aufhielten. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden diese Bestände nahezu ausgerottet. Erst danach entdeckte man den Pazifischen Nordkaper, und zwischen 1805 und 1914 wurde auch er fast ausgerottet. Die Bestände des Atlantischen Nordkaper waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts so stark reduziert, dass schon in den dreißiger Jahren erste Gesetze zu seinem Schutz verabschiedet wurden. Er gehört damit zu den ersten Walarten, denen solch ein Schutz zuteilwurde.[2]
Die ursprüngliche Bestandsgröße des Nordkapers wird auf 100.000 Tiere geschätzt, 2010 lebten noch etwa 500 Tiere, nachdem es in den 1990er Jahren sogar nur noch wenig mehr als 300 Tiere gegeben hatte. Im Gegensatz zu anderen Walen konnte sich diese Art selbst nach dem Ende des Walfangs nicht wirklich erholen. Zwischen 1990 und 2010 wuchs die Population um etwa 2,8 % pro Jahr.[3] Die geringfügige Erholung ist wohl darauf zurückzuführen, dass sich Calanus finmarchicus, eine Ruderfußkrebsart, in die Sommergebiete verlagerte. Von ihnen ernähren sich vor allem die weiblichen Tiere. 2015 wurden größere Gruppen von Nordkapern, etwa 40 bis 45 Tiere, erstmals bei Prince Edward Island gesichtet, insgesamt waren es in jenem Sommer 100 Wale dieser Art, die auch rund um Neufundland und vor der neuschottländischen Küste gesichtet wurden. Mit dieser Nordbewegung geraten sie in eine der Hauptschiffsverkehrsadern Nordamerikas, aber auch in Gebiete mit deutlich mehr Fischernetzen, in denen sie sich verfangen und ersticken können.[4] Als Folge ist zwischen April 2017 und Januar 2018 erstmals wieder eine große Anzahl Nordkaper (18 Tiere / vier Prozent der gesamten Population) ums Leben gekommen, während gleichzeitig weniger Nachwuchs gefunden wurde.[5]
Im Juli 2020 stufte die IUCN den Atlantischen Nordkaper als „vom Aussterben bedroht“ (critically endangered) ein.[6] Die ostatlantischen Bestände, die früher zwischen Island und Frankreich gewandert sind, sind verschwunden; gelegentlich auftauchende Nordkaper sind wohl nur verirrte Einzeltiere aus dem Westatlantik.
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts wurde vor der Küste Maines die Hummerindustrie immer stärker ausgebaut. Da sich der Nordkaper häufig in Küstennähe aufhält, verfingen sich immer wieder Exemplare in den Seilen der Hummerfallen. Die Proteste der Tierschützer sorgten dafür, dass inzwischen die Whole-Foods-Kette Hummer aus ihrem Sortiment verbannt hat. Auch das MSC-Siegel wurde den in Maine gefangenen Hummern entzogen. Dabei wurde auch auf die Probleme für die Nordkaper-Population verwiesen. Laut Angaben des Guardian versucht die amerikanische Regierung, Lösungen zu finden, die den Bestand des Nordkapers schützen, ohne die mächtige Hummer-Industrie gegen sich aufzubringen.[7]
Taxonomie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Atlantische Nordkaper wird manchmal mit dem Grönlandwal, dem Pazifischen Nordkaper und dem Südkaper gemeinsam in der Gattung Balaena oder Eubalaena geführt. Früher wurden Südkaper, Atlantischer und Pazifischer Nordkaper als eine Art betrachtet, DNA-Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass es sich um drei unterschiedliche Arten handelt, wobei der Südkaper und der Pazifische Nordkaper eine monophyletische Gruppe bilden.[8]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mark Carwardine: Wale und Delphine. Delius Klasing u. a., Bielefeld u. a. 1996, ISBN 3-7688-0949-8 (hochwertiger Führer).
- Ralf Kiefner: Wale und Delfine weltweit. Pazifischer Ozean, Indischer Ozean, Rotes Meer, Atlantischer Ozean, Karibik, Arktis, Antarktis. Jahr-Top-Special-Verlag, Hamburg 2002, ISBN 3-86132-620-5 (Führer der Zeitschrift tauchen, sehr detailliert).
- Jochen Niethammer, Franz Krapp (Hrsg.): Handbuch der Säugetiere Europas. Band 6: Meeressäuger. Teil 1: Daniel Robineau, Raymond Duguy, Milan Klima (Hrsg.): Wale und Delphine. Teil 1 A: Einführung, Monodontidae, Phocoenidae, Delphinidae. AULA-Verlag, Wiebelsheim 1994, ISBN 3-89104-559-X (sehr detailliertes Fachbuch).
- Randall R. Reeves, Brent S. Stewart, Phillip J. Clapham, James A. Powell: Sea Mammals of the World. A Complete Guide to Whales, Dolphins, Seals, Sea Lions and Sea Cows. Black, London 2002, ISBN 0-7136-6334-0 (Führer mit zahlreichen Bildern).
- Maurizio Würtz, Nadia Repetto: Dolphins and Whales. White Star Guides u. a., Vercelli u. a. 2003, ISBN 88-8095-943-3 (Bestimmungsbuch).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Eubalaena glacialis in der Roten Liste gefährdeter Arten der IUCN 2013.2. Eingestellt von: Reilly, S.B., Bannister, J.L., Best, P.B., Brown, M., Brownell Jr., R.L., Butterworth, D.S., Clapham, P.J., Cooke, J., Donovan, G., Urbán, J. & Zerbini, A.N., 2008. Abgerufen am 29. Dezember 2013.
- Karin Schlott: Bedrohte Arten: Wale im Atlantik sind geschrumpft. Spektrum.de, 7. Juli 2021.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Ana S. L. Rodrigues, Anne Charpentier, Dario Bernal-Casasola u. Armelle Gardeisen: Forgotten Mediterranean calving grounds of grey and North Atlantic right whales: evidence from Roman archaeological records. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 285(1882):20180961 · Juli 2018, DOI: 10.1098/rspb.2018.0961
- ↑ Edward Helmore: Save whales or eat lobster? The battle reaches the White House. in: Guardian, 11. Dezember 2022
- ↑ NORTH ATLANTIC RIGHT WHALE (Eubalaena glacialis): Western Atlantic Stock ( vom 24. Juli 2016 im Internet Archive)
- ↑ Eric Stokstad: Endangered right whales are dying in record numbers off Canada, raising alarm, in: Science, 24. August. 2017.
- ↑ Kerstin Viering: Nordkaper in Not. Hintergrundbericht bei Spektrum.de vom 13. August 2018.
- ↑ Almost a third of lemurs and North Atlantic Right Whale now Critically Endangered - IUCN Red List, Pressemitteilung der IUCN vom 9. Juli 2020, abgerufen am 11. Juli 2020.
- ↑ Edward Helmore: Save whales or eat lobster? The battle reaches the White House. in: Guardian, 11. Dezember 2022
- ↑ Rosenbaum, H. C.; Brownell Jr., R. L.; Brown, M. W.; Schaeff, C.; Portway, V.; White, B. N.; Malik, S.; Pastene, L. A.; Patenaude, N. J.; Baker, C. S.; Goto, M.; Best, P.; Clapham, P. J.; Hamilton, P.; Moore, M.; Payne, R.; Rowntree, V.; Tynan, C. T.; Bannister, J. L. & Desalle, R. (2000). World-wide genetic differentiation of Eubalaena: Questioning the number of right whale species. Molecular Ecology. 9 (11): 1793–802. doi:10.1046/j.1365-294x.2000.01066.x