Eugen Schmidt (Politiker)

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Eugen Schmidt (2017)

Eugen Schmidt (* 23. Oktober 1975 in Ust-Kamenogorsk, Kasachische SSR, Sowjetunion[1]) ist ein deutscher Politiker (AfD). Er ist seit 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages. Er ist „Beauftragter für Russlanddeutsche“ der AfD-Bundestagsfraktion. Im Zusammenhang mit dem russischen Überfall auf die Ukraine erregte Schmidt wiederholt Aufsehen durch die Wiedergabe russischer Staatspropaganda. Schmidt beschäftigte außerdem laut The Insider und Der Spiegel mit Wladimir Sergijenko eine Person in seinem Abgeordnetenbüro, die sich mit dem russischen Geheimdienst FSB austauschte. Der Mitarbeiter wurde inzwischen ausgebürgert.

Herkunft, Ausbildung und Beruf

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Schmidts Eltern lernten sich Anfang der 1970er Jahre in Ust-Kamenogorsk kennen. Schmidts russlanddeutsche Vorfahren stammen aus der Wolga-Region und wurden in den 1940er Jahren in die Altai-Region deportiert, von dort zogen ihre Kinder nach Ust-Kamenogorsk. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zog Schmidts Familie zunächst nach Nowosibirsk, wo sie die russische Staatsbürgerschaft erhielt.[2]

1997 machte Schmidt seinen Abschluss als Diplom-Informatiker an der Ostkasachischen Universität in Öskemen. Schmidt kam 1999 als Spätaussiedler nach Deutschland. Von 2000 bis 2003 arbeitete der Softwareentwickler bei einem Softwarekonzern. Von 2003 bis 2021 war er als Softwareentwickler bei einem Versicherungskonzern im Bereich aktuarielle Mathematik tätig.[1]

Politische Tätigkeiten

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Schmidt ist seit Mai 2016 Mitglied der Partei Alternative für Deutschland (AfD).[3] Er ist stellvertretender Sprecher des Bezirksverbandes Köln, stellvertretender Sprecher des Kreisverbandes Rhein-Erft, Kreistagsmitglied und der Landesbeauftragte für das Netzwerk Russlanddeutsche für die AfD in Nordrhein-Westfalen.[4] Er ist „Beauftragter für Russlanddeutsche“ der AfD-Bundestagsfraktion.[5]

Bei der Bundestagswahl 2021 erhielt er im Bundestagswahlkreis Rhein-Erft-Kreis I 7,0 % der Erststimmen und verpasste damit das Direktmandat.[6][7] Er zog über Platz 10 der Landesliste der AfD Nordrhein-Westfalen in den 20. Deutschen Bundestag ein.

Propaganda für Russland

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In zahlreichen Äußerungen verbreitet Schmidt das Narrativ, Deutschland sei ein Unrechtsstaat. Nach Auffassung des Politologen Stefan Meister stellt er sich auf diese Weise in den Dienst der russischen Staatspropaganda. So warnte Schmidt wenige Tage vor dem russischen Überfall auf die Ukraine davor, Russland Angriffspläne zu unterstellen. In der ARD-Sendung Kontraste wurde er daraufhin als „Putins Propagandist im Bundestag“ bezeichnet.[8] Zwei Tage nach Beginn des Krieges behauptete Schmidt dann im Radiosender Komsomolskaja Prawda:

„Es gibt keine Demokratie in Deutschland. Das heißt, es wird eine einheitliche Meinung aufgedrängt, und zwar von der regierenden Elite, und alle anderen politischen Meinungen werden mit allen möglichen Mitteln unterdrückt: im Internet, in den Medien, unter anderem auch durch körperliche Übergriffe auf Andersdenkende.“[9]

Schmidts Fraktionskollege Rüdiger Lucassen warf ihm daraufhin vor, mit solchen Äußerungen Fakten zu verdrehen und der Partei zu schaden. Mit solchen Äußerungen gegenüber einem russischen Sender sei „die Schwelle zum Landesverrat hauchdünn.“[10]

Schmidt reiste 2009 mit einem russischen Pass als Evgeny Shmidt nach Kasachstan ein.[11] Zur Frage, ob er neben der deutschen weiterhin auch die russische Staatsangehörigkeit besitzt, äußerte er sich nicht.[12] Laut Correctiv hatte er bis 2021 einen russischen Pass.[13]

Im Februar 2023 trat Schmidt gemeinsam mit der AfD-Landtagsabgeordneten Olga Petersen in der vom russischen Staatssender Rossija 1 ausgestrahlten propagandistischen Talkshow 60 Minuten auf und meinte dort, dass Russland keine Bedrohung für den Weltfrieden darstelle. Der „Konflikt in der Ukraine“ habe noch vor der Annexion der Krim im Jahr 2014 begonnen. Er fügte hinzu, dass die NATO die „berechtigten Sorgen“ Russlands um seine Sicherheit nicht berücksichtigt hätte und die NATO-Osterweiterung gegen die im Zusammenhang der Wiedervereinigung Deutschlands getroffenen Vereinbarungen gewesen sei. Der Auftritt sorgte in Deutschland für Kritik in verschiedenen Medien.[14][15]

Schmidt beschäftigte in seinem Bundestagsbüro den Mitarbeiter Wladimir Sergijenko, dem inzwischen wegen „arglistiger Täuschung“ der Behörden die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt wurde. Diese Entscheidung der Berliner Senatsinnenverwaltung wurde inzwischen durch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg für rechtens erklärt. Sergijenko kann gegen seine Ausbürgerung keine Klage mehr erheben.[16]

Der Ausgebürgerte wird von mehreren Geheimdiensten aus der westlichen Welt verdächtigt, im Dienst der russischen Regierung zu arbeiten.[17] Sergijenko besitzt neben der russischen und ukrainischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft; letztere hatte er sich durch das Verschweigen der russischen erschlichen. Er steht auf der Sanktionsliste der ukrainischen Regierung und fiel dem deutschen Zoll zweimal auf, da er größere Geldbeträge mit sich führte. Darin, dass er einen Hausausweis des deutschen Bundestages besaß, lag ein Sicherheitsrisiko.[18] Sergijenko soll nach einer Vorabmeldung des Spiegel in Moskau um Geld gebeten haben, um „mit Abgeordneten der AfD-Bundestagsfraktion“ gegen die deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine vor Gericht klagen zu können, eine Darstellung, die von der AfD-Bundestagsfraktion zurückgewiesen wird. Zwar habe man Klage vor dem Verfassungsgericht in Karlsruhe erhoben, dies jedoch auf eigene Kosten und in Unkenntnis etwaiger Bemühungen Sergijenkos.[19] Im Februar 2024 berichtete The Insider und Der Spiegel, dass Sergijenko längere Zeit Kontakte zum russischen Geheimdienst FSB gehabt habe.[20][21] Schmidt bezeichnete diese Berichte als „Medienkampagne“ und „Oppositionsbekämpfung“ und erklärte, dass Sergijenko auf eigenen Wunsch hin nicht mehr für ihn als Büromitarbeiter tätig sein werde, weil die Berichte dessen Arbeit für ihn unmöglich machen würden.[22]

Mitgliedschaften

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2019 war Schmidt an der Gründung eines Vereins namens Zentralrat der Russlanddeutschen e. V. beteiligt.[9]

Schmidt ist verheiratet und Vater von vier Kindern.

Einzelnachweise

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  1. a b Deutscher Bundestag – Eugen Schmidt. In: bundestag.de. 26. September 2021, abgerufen am 11. März 2022.
  2. «В Казахстане я сформировался как личность»Профиль 9. Oktober 2021, abgerufen am 13. April 2023
  3. dv: Bundestagswahl in Rhein-Erft: AfD-Kandidat Eugen Schmidt im Video-Portrait. In: ksta.de. 31. August 2021, abgerufen am 11. März 2022.
  4. https://russlanddeutsche-afd.nrw/ueber-uns/
  5. AfD-Abgeordneter verteidigt Russland. In: t-online. 8. Februar 2023, abgerufen am 31. Juli 2023.
  6. Rp Online: Bundestagswahl 2021 Ergebnisse: CDU wird im Wahlkreis Rhein-Erft-Kreis I stärkste Kraft – Dr. Georg Kippels holt das Direktmandat. In: rp-online.de. 28. September 2021, abgerufen am 11. März 2022.
  7. Ergebnisse Rhein-Erft-Kreis I – Der Bundeswahlleiter. Abgerufen am 27. Oktober 2021.
  8. Sascha Adamek, Andrea Becker, Silvio Duwe: Putins Propagandist im Bundestag. In: rbb-online.de. 2. März 2012, abgerufen am 11. März 2022.
  9. a b Putins Propagandist im Bundestag: „Keine Demokratie in Deutschland“. Tagesschau (ARD), 10. März 2022, abgerufen am 11. März 2022.
  10. Gareth Joswig: Wie hältst du’s mir Russland? In: taz vom 29. Februar 2022, S. 5 (online).
  11. Der russische Angriffskrieg spaltet die AfD vor NRW-Landtagswahl. In: correctiv.org. 10. Mai 2022, abgerufen am 18. März 2023 (deutsch).
  12. Ulrich Stoll, Marcus Bensmann: Das Russland-Dilemma der Rechten: Putins Krieg spaltet die AfD. In: zdf.de. 10. Mai 2022, abgerufen am 13. Juni 2022.
  13. Martin Böhmer: Eugen Schmidt: Bundestagsbgeordneter ist AfDlern zu Kreml-nah. In: Correctiv. 22. November 2024, abgerufen am 27. November 2024 (deutsch).
  14. Eugen Schmidt und Olga Petersen: AfD-Politiker treten erneut in russischer Talkshow auf. In: Der Spiegel. 8. Februar 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 11. Februar 2023]).
  15. AfD-Politiker stellt sich im Propaganda-TV hinter Russland, t-online.de. Januar 2023
  16. t-online.de: Gericht bestätigt: Ex-Mitarbeiter von AfD-Abgeordneten wird ausgebürgert (22. Juli 2024); abgerufen am 24. Juli 2024.
  17. Maik Baumgärtner, Alexander Chernyshev, Roman Lehberger, Ann-Katrin Müller, Roman Höfner, Wolf Wiedmann-Schmidt: (S+) Aufregung um prorussischen AfD-Mitarbeiter: Moskaus Mann im Bundestag. In: Der Spiegel. 13. Juli 2023, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 13. Juli 2023]).
  18. Markus Wehner, Berlin: Russische Spione: Die neue Strategie erinnert an den Kalten Krieg. In: FAZ.NET. 31. Juli 2023, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 31. Juli 2023]).
  19. Marianne Max: Mit Moskaus Hilfe AfD-Mann wollte wohl gegen deutsche Waffenlieferungen klagen. In: MSN. Abgerufen am 28. August 2023.
  20. Christo Grozev, Roman Dobrokhotov, Roman Lehberger, Fidelius Schmid, Wolf Wiedmann-Schmidt: (S+) Kremlnaher Aktivist Wladimir Sergijenko: Mitarbeiter eines AfD-Abgeordneten soll Verbindung zu russischem FSB-Agenten haben. In: Der Spiegel. 1. Februar 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 3. Februar 2024]).
  21. The far-right Bundestag aide and his rapping FSB case officer. In: The Insider (Magazin). 1. Februar 2024, abgerufen am 3. Februar 2024 (russisch).
  22. Wladimir Sergijenko: Kremlnaher Aktivist beendet Arbeit für AfD-Abgeordneten. In: Der Spiegel. 3. Februar 2024, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 3. Februar 2024] Primärquelle: Pressemitteilung von Eugen Schmidt vom 2. Februar 2024 auf Facebook (https://www.facebook.com/eugen.schmidt.afd/)).