Eumel
Ein Eumel ist umgangssprachlich der Begriff für etwas Sonderbares, eine Person oder eine Sache.[1] Oft wird darunter ein unsympathischer Mensch, ein Idiot oder ein unförmiger Gegenstand verstanden. Der Duden beschreibt den Begriff als veraltete Jugendsprache,[2] wobei auch die Bedeutung als umgänglicher, sympathischer Mensch genannt wird. Es gibt auch das Verb eumeln für Tätigkeiten, die einen Eumel üblicherweise auszeichnen sollen oder als Begriff für feiern, sich amüsieren oder Zärtlichkeiten austauschen bzw. intim sein.[3] Der Begriff kann, muss aber nicht negativ konnotiert sein, die genaue Bedeutung ist vom Kontext der Situation bzw. der Formulierung abhängig, eventuell auch vom Tonfall (z. B. vorwurfsvoll oder liebevoll) bei direkter Rede.
Etymologie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Herkunft des Wortes ist unbekannt. Ob z. B. altgriechisch Εὐμενίδες Eumenides („die Wohlgesinnten, die Wohlwollenden“, Eumenide als verhüllende Bezeichnung für Erinye, d. h. Furien)[4] oder lateinisch Mulus (Maultier)[5] damit in Zusammenhang stehen, ist somit unklar.
Der Ursprung der heutigen Verwendung ist ebenfalls unklar. Zweifel dürfte es daran geben, ob die Jugendsprache den Begriff tatsächlich „erfunden“ hat. Ein Beleg aus dem Jahr 1629 findet sich für Tirol und Vorarlberg und nennt „Knechte und Jungen im Eumel-Stalle“. Der Herausgeber erklärt Eumel 1835 in Klammern als „Maulthier“ und mutmaßt in der Fußnote den Ursprung im lateinischen und italienischen Wort muli.[6] In der Bedeutung alberner Mensch bzw. Tölpel ist Eumel 1843 und 1860 für das Fürstentum Waldeck belegbar, offenbar als etablierter Begriff aus der Volksüberlieferung.[7][8]
Begriffsverwendung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Obwohl die Jugendsprache erst in neuerer Zeit untersucht wird (beispielsweise angeregt durch Ulrich Plenzdorfs 1972 uraufgeführtes Bühnenstück Die neuen Leiden des jungen W.), wird der Eumel schon in Fjodor Sologubs Roman Der kleine Dämon (in der Übersetzung des russischen Worts nedotykomka von Reinhold von Walter aus dem Jahr 1919) als teuflische, den Protagonisten verfolgende Gestalt beschrieben. In der Folge bekam der Begriff zahlreiche weitere unterschiedliche Bedeutungen.
In den 70er Jahren waren Eumel als „Gardinenschädlinge“ Zeichentrickwerbefiguren in Werbefilmen von Hoffmann’s Stärkefabriken[9] und fanden so nach Ansicht der Welt Eingang in die Jugendsprache der DDR.[10] Die Titulierung als Eumel wird aber auch zur Verstärkung der Kritik an einer Person verwendet, so wurde z. B. 2009 der mit der Goldenen Himbeere als schlechtester Regisseur ausgezeichnete Uwe Boll als „teutonischer Eumel des Weltkinos“ verhöhnt.[11]
Da der Eumel ein Begriff der Umgangssprache ist, ist die Beschreibung in renommierten bzw. redaktionell betreuten Medien spärlich. Weitere Quellen beschreiben den Begriff unterschiedlich, teilweise auch widersprüchlich. Im Projekt einer Gymnasialklasse wird Eumel (oder „Eumelchen“[12]) als Kosewort aufgefasst.[13] Für die Sprachnudel ist ein Eumel ein „undefinierbarer Behälter“ oder ein Mensch, „der etwas langsam und chaotisch aber liebenswert“ sei.[14] Babylon beschreibt ihn als humorvollen, despektierlichen Ausdruck für einen Menschen, aber auch für ein Haustier oder eine Sache, z. B. einen schweren Stein[9] oder eine auffällige Stelle eines ungewöhnlich geformten Gegenstandes.[15] In einem Nonstop-Nonsens-Sketch zur Fußball-Weltmeisterschaft 1978 bezeichnete Dieter Hallervorden den FIFA-WM-Pokal als „seltsamen Eumel“.[16] Mit „Eumel“ werden Tabubegriffe ersetzt, z. B. „Penis“ im Film Der diskrete Charme der Bourgeoisie (1972).[17] Im Ruhrgebiet wird Eumel als dumme, aber dennoch recht liebenswürdige Person und harmloser als Dussel aufgefasst.[18] Übersetzt wird das Wort im Englischen mit twerp (Kerl)[19] oder ninny (Dummkopf, Einfaltspinsel).[20]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- yourweb.de: Eintrag Eumel (Quellen- und Linksammlung zu Texten mit verschiedenen Deutungen und Beschreibungen)
- Digitales Wörterbuch der Deutschen Sprache: Ergebnisse zum Suchbegriff „Eumel“
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ enzyklo.de: Eumel (vgl. verschiedene Bedeutungen)
- ↑ Eumel – Definition im Duden-Onlinewörterbuch
- ↑ eumeln (Verb) – Definition im Duden-Onlinewörterbuch
- ↑ Wahrig – Die deutsche Rechtschreibung, Ausg. 2003, ISBN 3-577-10100-8
- ↑ Muli – Eintrag im Duden
- ↑ Hofstaat, Hofsitte und Hoffestlichkeiten unter Erzherzog Leopold dem Frommen zu Innsbruck. In: Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum (Hrsg.): Neue Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Band 2, Wagner, Innsbruck 1835, S. 32 (Original: Bayerische Staatsbibliothek, Digitalisat vom 30. September 2008, zobodat.at [PDF] oder Google Books); dort wörtlich: „Das Wort Eumel scheint von dem lateinischen und italienischen Worte muli abgeleitet zu sein.“
- ↑ Johann Mathias Firmenich (Hrsg.): Germaniens Völkerstimmen: Sammlung d. Dt. Mundart in Dichtungen, Sagen, Märchen, Volksliedern u.s.w., Band 1, Berlin 1843, S. 327. Online bei Google Books
- ↑ Louis Friedrich Christian Curtze: Volksüberlieferungen aus dem Fürstenthum Waldeck: Märchen, Sagen, Volksreime, Rätsel, Sprichwörter, Aberglauben, Sitten u. Gebräuche, nebst e. Idiotikon. Speyer, 1860. Online (Original: Bayerische Staatsbibliothek, Digitalisat vom 30. Sept. 2008) bei Google Books, Idiotikon S. 462
- ↑ a b Online-Übersetzer Babylon.com: Eumel Übersetzung ( vom 22. Februar 2015 im Internet Archive)
- ↑ Rolf Schneider: Voll krass, der Keim – Vom Eumel zum Gesichtseimer: Die Jugendsprache in der DDR. Die Welt, 3. April 2010
- ↑ „Goldene Himbeere“ – Deutscher ist schlechtester Regisseur der Welt. Welt online, 22. Februar 2009
- ↑ assoziations-blaster.de: Assoziationen der Blaster-User zum Stichwort »Eumel«
- ↑ Gymnasium Wasserburg: Jugendsprache 2012 – Ein Glossar zusammengestellt im Schuljahr 2011/2012 von der Klasse 9e ( des vom 14. Juli 2014 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Sprachnudel.de: Eintrag Eumel
- ↑ redensarten-index.de: Eintrag zu Eumel
- ↑ Nonstop Nonsens, Folge 12, Didi als Gigolo, Erstausstrahlung 16. Mai 1978 (bei 14:03)
- ↑ „Ich will ihr nur noch schnell meinen Eumel zeigen“ – zitiert in Wolf Donner: Dynamit in Seidenpapier. Abrechnung mit dem Großbürgertum. Zeit Online, 4. Mai 1973 (abgerufen am 27. August 2016)
- ↑ ruhrgebietssprache.de: Eumel
- ↑ dict.leo.org: Eumel, vgl. Rückübersetzung auf babylon.com: twerp ( vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)
- ↑ de.bab.la: ninny, vgl. Rückübersetzung auf babylon.com: ninny ( vom 14. Juli 2014 im Internet Archive)