Melperon

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Eunerpan)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
Strukturformel von Melperon
Allgemeines
Freiname Melperon[1]
Andere Namen
  • 1-(4-Fluorphenyl)-4-(4-methylpiperidin-1-yl)butan-1-on (IUPAC)
  • 4′-Fluor-4-(4-methyl­piperidino)butyro­phenon[1]
Summenformel C16H22FNO
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
ECHA-InfoCard 100.107.027
PubChem 15387
ChemSpider 14646
DrugBank DB09224
Wikidata Q415972
Arzneistoffangaben
ATC-Code

N05AD03

Wirkstoffklasse
Wirkmechanismus

Blockade postsynaptischer D2-Rezeptoren im mesolimbischen bzw. mesokortikalen System

Eigenschaften
Molare Masse 263,35 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

209–211 °C (Melperonhydrochlorid) [2]

Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[3]

Achtung

H- und P-Sätze H: 302​‐​312​‐​332​‐​319
P: 201​‐​261​‐​271​‐​280[3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Melperon ist ein Neuroleptikum mit einem Butyrophenon-Grundgerüst. Die antipsychotische Potenz (Referenz ist Chlorpromazin) ist der sedativen Komponente unterlegen. Es wird vor allem bei Erregungs- und Spannungszuständen sowie Schlafstörungen eingesetzt. Melperon hat eine sehr niedrige Inzidenz der sog. EPS (extrapyramidale Störungen), es hat im Vergleich mit anderen mittel- und niederpotenten Neuroleptika einen geringen Einfluss auf das Herz-Kreislauf-System und eine sehr geringe delir-induzierende Wirkung, so dass es häufig bei gerontopsychiatrischen Patienten Einsatz findet.

Melperon findet vor allem bei Erregungs-, Spannungszuständen und Schlafstörungen Einsatz (Dosen von 10–100 mg/Tag oder zur Nacht), es wird jedoch auch bei Verwirrtheitszuständen und alkoholischem Delir (Dosen von 50–200 mg/Tag) eingesetzt. Eine weitere Indikation ist eine zusätzliche Medikation bei ängstlich-depressiven Patienten mit eventueller Schlafstörung (Dosen 25–75 mg/Tag bzw. zur Nacht). Eine antipsychotische (gegen Positivsymptomatik wirkende) Wirkung wird erst bei hohen Dosen erzielt (ca. 200–400 mg/Tag), Melperon wird allerdings in dieser Indikation kaum eingesetzt.

Pharmakodynamik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Melperon wirkt relativ schwach antidopaminerg durch die Blockade von postsynaptischen D2-Rezeptoren in den mesolimbischen bzw. mesokortikalen Bereichen; Affinität mittelhoch bis hoch und Bindung nur kurzfristig (sog. „Hit-and-Run-Effect“); im nigrostriatalen Bereich ist der D2-Antagonismus noch niedriger, daher geringe Inzidenz der EPS. Auch eine Serotonin-Blockade trägt zu der Wirkung bei.

Melperon wirkt außerdem deutlich antinoradrenerg (α1-Blockade), was vermutlich zu der sedierenden Wirkung beiträgt, diese ist jedoch kurzfristig und die eventuelle hypotensive Wirkung nur schwach.

Pharmakokinetik

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Melperon wird nach peroraler Verabreichung rasch und nahezu vollständig resorbiert und unterliegt einem hohen first-pass Effekt. cmax wird binnen 1–3 Stunden erreicht; Distributionsvolumen Vd = ca. 7–10 l·kg−1, Plasmaeiweißbindung ca. 50 %, Halbwertszeit Tβ (1/2) = ca. 6–8 Stunden (steady-state). Melperon wird rasch und nahezu vollständig in der Leber metabolisiert[4]. Die Elimination geschieht vor allem renal (durch die Nieren), großteils als Metaboliten (intensive Metabolisierung).

Unerwünschte Wirkungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu den Nebenwirkungen von Melperon gehören unter anderem wie bei anderen Neuroleptika anticholinerge Effekte.[5]

Die Synthese erfolgt aus 4-Methylpiperidin und 4-Chlor-4′-fluorbutyrophenon durch eine nukleophile Substitution.[6]

Monopräparate
Buronil (A), Melneurin (D), Eunerpan (D), zahlreiche Generika (D), Bunil (P)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b INN Recommended List 16. In: who.int. 9. Oktober 1976, abgerufen am 31. August 2024 (englisch).
  2. The Merck Index: An Encyclopedia of Chemicals, Drugs, and Biologicals, 14. Auflage (Merck & Co., Inc.), Whitehouse Station, NJ, USA, 2006; S. 1006, ISBN 978-0-911910-00-1.
  3. a b Registrierungsdossier zu 1-(4-fluorophenyl)-4-(4-methylpiperidin-1-yl)butan-1-one (Abschnitt GHS) bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 7. Juli 2020.
  4. Fachinfo für Melperon. Abgerufen am 8. Januar 2018.
  5. Torsten Kratz, Albert Diefenbacher: Psychopharmakotherapie im Alter. Vermeidung von Arzneimittelinteraktionen und Polypharmazie. In: Deutsches Ärzteblatt. Band 116, Heft 29 f. (22. Juli) 2019, S. 508–517, S. 511.
  6. Axel Kleemann, Jürgen Engel, Bernd Kutscher und Dietmar Reichert: Pharmaceutical Substances, 4. Auflage (2000), 2 Bände erschienen im Thieme-Verlag Stuttgart, ISBN 978-1-58890-031-9; seit 2003 online mit halbjährlichen Ergänzungen und Aktualisierungen.