Flügelmuscheln

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Flügelmuscheln

Vogelmuschel (Pteria hirundo)

Systematik
Unterstamm: Schalenweichtiere (Conchifera)
Klasse: Muscheln (Bivalvia)
Unterklasse: Pteriomorphia
Ordnung: Ostreida
Überfamilie: Pterioidea
Familie: Flügelmuscheln
Wissenschaftlicher Name
Pteriidae
Gray, 1847

Die Flügelmuscheln (Pteriidae), auch Vogelmuscheln genannt, sind eine Familie der Muscheln und gehören zur Ordnung Ostreida. Die ältesten Vertreter der Flügelmuscheln wurden in Ablagerungen des Perm gefunden und sind somit rund 250 bis 300 Millionen Jahre alt.

Die annähernd gleichklappigen bis stark ungleichklappigen Gehäuse der Flügelmuscheln sind meist mehr oder weniger schief-rundlich oder schief-eiförmig. Die linke Klappe ist meist stärker gewölbt als die rechte Klappe. Die Wirbel sitzen nahe dem vorderen Ende. Der Dorsalrand ist gerade und hinten und vorne meist zu langen, flügelähnlichen Fortsätzen (Ohren) ausgezogen. Meist ist das hintere Ohr wesentlich länger als das vordere Ohr. Unterhalb des vorderen Ohrs der rechten Klappe ist ein Byssusschlitz. Das Kardinalfeld (Schloss) besitzt eine flache dreieckige Ligamentgrube, die leicht schief nach hinten gerichtet ist. Das Schloss selber ist zahnlos, oder weist nur wenige, kurze, zahnartige Erhebungen auf.

Die Schale kann sehr dünn bis ausgesprochen dick sein; die Gehäuse sind entsprechend leicht bis ziemlich schwer. Die Schale besteht aus einer inneren, aragonitischen Perlmutt-Schicht und einer äußeren kalzitischen Schicht, bestehend aus Prismen. Die Oberfläche der Gehäuse ist mehrheitlich eher glatt mit schwachen Anwachsstreifen oder radialen Linien. Es kommen jedoch auch stark ornamentierte Formen mit schuppigen konzentrischen Lamellen, starken konzentrischen und radialen Rippen vor, die sogar bedornt sein können. Die Innenseite ist mit Perlmutt überzogen (vgl. Nutzung).

Juvenile Tiere besitzen noch zwei Schließmuskeln, von denen der vordere Schließmuskel bei den adulten Tiere stark reduziert wird oder sogar ganz verschwunden ist; die meisten Arten sind erwachsen monomyar, d. h., sie haben nur noch einen Schließmuskel.

Geographische Verbreitung und Lebensraum

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Familie der Flügelmuscheln lebt mit vielen Arten und Gattungen in warmen und tropischen Meeren. Mit ihren Byssusfäden heften sie sich an Steinen oder Korallen fest.

Dieses Taxon der Familiengruppe wurde von John Edward Gray als Familie Pteriadae vorgeschlagen.[1] Der Name fand allgemeine Anerkennung. Übersehen wurde dabei, dass Georg August Goldfuss mit dem Tribus Aviculidae bereits ein Taxon der Familiengruppe vorgeschlagen hatte, das auf einem jüngeren Synonym von Pteria, nämlich Avicula Bruguière, 1792 begründet ist.[2] Der Name wurde von Bouchet & Rocroi (2007) als nomen oblitum (vergessener Name) behandelt. Carter et al. (2007) unterteilen die Familien noch in zwei Unterfamilien, Pteriinae und Dattinae. Das World Register of Marine Species weist der Familie Pteriidae sechs Gattungen mit rezenten Arten zu,[3] dazu kommen noch eine ganze Reihe ausschließlich fossiler Gattungen:[4] MolluscaBase stellte die Familie nun zur Ordnung Ostreida.[3]

MolluscaBase führt folgende Synonyme auf: Aviculidae Goldfuss, 1820, Pedalionidae Stephenson, 1923 und Reniellidae Iredale, 1939.[3]

Nach der molekularbiologischen Analyse von Tëmkin (2010) ist die Gattung Isognomon das Schwestertaxon eines kleinen Monophylums bestehend aus den Gattungen Vulsella, Electroma, Crenatula und Pinctada innerhalb der Klade Pteriidae. Letzteres Monophylum plus Isognomon ist wiederum das Schwestertaxon der Gattung Pteria. Die Gattung Crenatula kommt zwischen einige Arten der Gattung Electroma zu liegen, sodass entweder die Gattung Crenatula synonymisiert werden muss, oder die Gattung Electroma in zwei Gattungen zerteilt werden müsste.[6]

Einige Arten der Gattung Pinctada werden zur Perlenzucht verwendet, oder auch das Perlmutt wird genutzt.

  • Philippe Bouchet & Jean-Pierre Rocroi Rüdiger Bieler Joseph G. Carter Eugene V. Coan: Nomenclator of Bivalve Families with a Classification of Bivalve Families. Malacologia, 52(2): 1–184, 2010 doi:10.4002/040.052.0201
  • Joseph G. Carter, Cristian R. Altaba, Laurie C. Anderson, Rafael Araujo, Alexander S. Biakov, Arthur E. Bogan, David C. Campbell, Matthew Campbell, Chen Jin-hua, John C. W. Cope, Graciela Delvene, Henk H. Dijkstra, Fang Zong-jie, Ronald N. Gardner, Vera A. Gavrilova, Irina A. Goncharova, Peter J. Harries, Joseph H. Hartman, Michael Hautmann, Walter R. Hoeh, Jorgen Hylleberg, Jiang Bao-yu, Paul Johnston, Lisa Kirkendale, Karl Kleemann, Jens Koppka, Jiří Kříž, Deusana Machado, Nikolaus Malchus, Ana Márquez-Aliaga, Jean-Pierre Masse, Christopher A. McRoberts, Peter U. Middelfart, Simon Mitchell, Lidiya A. Nevesskaja, Sacit Özer, John Pojeta, Jr., Inga V. Polubotko, Jose Maria Pons, Sergey Popov, Teresa Sánchez, André F. Sartori, Robert W. Scott, Irina I. Sey, Javier H. Signorelli, Vladimir V. Silantiev, Peter W. Skelton, Thomas Steuber, J. Bruce Waterhouse, G. Lynn Wingard, Thomas Yancey: A Synoptical Classification of the Bivalvia (Mollusca). Kansas University Paleontological Contributions, 4: 1–47, Lawrence, Kansas, USA 2011, ISSN 1946-0279 PDF
  • S. Peter Dance, Rudo von Cosel (Bearb. der deutschen Ausgabe): Das große Buch der Meeresmuscheln. 304 S., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1977, ISBN 3-8001-7000-0 (S. 230)
  • Rudolf Kilias: Lexikon Marine Muscheln und Schnecken. 2. Aufl., 340 S., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 1997, ISBN 3-8001-7332-8 (S. 262)
  • Raymond Cecil Moore (Hrsg.): Treatise on invertebrate paleontology. Mollusca, 6, Bivalvia 1. XXXVIII, 489 S., New York, 1969 (S.N302).
  • Fritz Nordsieck: Die europäischen Meeresmuscheln (Bivalvia). Vom Eismeer bis Kapverden, Mittelmeer und Schwarzes Meer. 256 S., Gustav Fischer Verlag, Stuttgart 1969 (S. 41)

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. John Edward Gray: A list of genera of Recent Mollusca, their synonyma and types. Proceedings of the Zoological Society of London, 15: 129-219, London 1847 Online bei www.biodiversitylibrary.org (S. 199)
  2. Georg August Goldfuss: Handbuch der Zoologie. 1. Abtheilung. In: G. H. Schubert (Hrsg.): Handbuch der Naturgeschichte zum Gebrauch bei Vorlesungen. Theil 3, Abtheilung 1. S.I-XLVI, 1-696, Schrag, Nürnberg 1820 Online bei Google Books (S. 607).
  3. a b c MolluscaBase: Pteriidae Gray, 1847
  4. Paleobiology Database: Pteriidae Gray 1847
  5. Sonia Ros-Franch, Ana Márquez-Aliaga, and Susana E. Damborenea: Comprehensive database on Induan (Lower Triassic) to Sinemurian (Lower Jurassic) marine bivalve genera and their paleobiogeographic record. Paleontological Contributions Kansas University, 8: 1-219, 2014 PDF
  6. Ilya Tëmkin: Molecular phylogeny of pearl oysters and their relatives (Mollusca, Bivalvia, Pterioidea). BMC Evolutionary Biology, 10(342): 1-28, 2010 PDF
Commons: Pteriidae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien