François Armand Gervaise

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François Armand Gervaise (* 1660 in Paris; † 1751 in Talus-Saint-Prix, Frankreich) war anfangs Karmelit und später, als Zisterzienser, Abt des Klosters La Trappe.

Sein Bruder Nicolas Gervaise war Bibelwissenschaftler und Bischof. Während einer Missionsreise in die Karibik wurde er ermordet.[1]

Nachdem François Armand seine geisteswissenschaftlichen Studien abgeschlossen hatte, trat er den Karmeliten bei. Er wurde zum Prior eines Klosters ernannt. Eine Begegnung mit dem Theologen Jacques-Bénigne Bossuet stärkte in Geraise die Berufung zum Schriftsteller und Redner. Er trat 1695 in La Trappe ein, wo er der bevorzugte Schüler des Abbé de Rancé wurde und 1696 seine Profess ablegte. Dom Gervaise wurde Rancés zweiter Nachfolger.

Gervaise wurde am 20. Oktober 1696 ins Abtamt eingeführt, regierte jedoch nur bis 1698. Bald bereute er den Rücktritt und versuchte, ihn zurückzuziehen, jedoch ohne Erfolg. Er verließ La Trappe und begann ein Wanderleben von Kloster zu Kloster, wobei er sein schriftstellerisches Talent zu nutzen wusste. Seine Schriften wurden als eloquent, jedoch polemisch eingestuft.[2]

Er verfasste hagiographische Schriften über mehrere Kirchenväter. 1720 veröffentlichte er eine Biographie und Briefedition von Petrus Abelard und Heloisa[3]; das berühmte Liebespaar wird von Gervaise polemisch geschildert; er stellt den Konflikt zwischen dem heidnischen Eros und der christlichen Agape in den Vordergrund und versuchte, die Geschichte innerhalb einer religiösen Tradition der monastischen Geschichtsschreibung neu zu verorten, um somit die erotische Dimension in den Hintergrund zu stellen.[4]

Weitere Bücher aus seiner Feder waren ein Leben des Joachim von Fiore[5], die Biographie von Suger von Saint-Denis, eine Kritik an Marsoliers Leben des Abbé de Rancé und schließlich die Geschichte der Strengen Observanz (1749).[6] Dieses Werk hat ihn schließlich in den Augen seiner Zeitgenossen disqualifiziert. Er wurde gezwungen, die Veröffentlichung zu unterbrechen, und wurde auf Befehl des Königs in das Zisterzienserkloster Le Reclus in der Diözese Troyes verbannt, wo er starb.[7]

Allerdings wurde sein am meisten gelesenes Buch nicht zu Lebzeiten veröffentlicht. Louis Dubois verwendete Gervaises ungedrucktes Manuskript als Grundlage für die später weitverbreitete Biographie des Abbé du Rancé[8], der im 19. Jahrhundert zur Identifikationsgestalt der Trappisten wurde. Erst hundert Jahre später wurde bekannt, dass der Polemiker Gervaise der eigentliche Autor war.[9]

Einzelnachweise

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  1. Gervaise, Nicolas. In: McClintock and Strong Biblical Cyclopedia. Abgerufen am 8. November 2024 (englisch).
  2. Edmond Obrecht: Dom F.A. Gervaise. In: Catholic Encyclopedia. Catholic Library, abgerufen am 8. November 2024.
  3. Francois Armand Gervaise: La vie de Pierre Abeillard, abbé de S. Gildas de Ruis, Ordre de S. Benoist, et celle d’Heloïse, son épouse, première abbesse du Paraclet. 1720, abgerufen am 15. November 2024 (französisch).
  4. Sarah Collins: The Aesthetic Life of Cyril Scott. DS Brewer, 2013, ISBN 978-1-84384-342-9, S. 156 (google.com [abgerufen am 15. November 2024]): „Gervaise’s ‘Vie de Pierre Abeillard’ sought to resituate Abelard’s career within the roader framework of ecclesiastic historiography. By focusing not on Abelard the lover, but on the man of faith… Because of its polemic nature, it effectively foregrounded the central conflict between pagan eros and Christian agape… Gervaise’s translation softened the allusions to carnal love.. and sought to reinscribe the story within a religious traditions of monastic historiography.“
  5. François Armand Gervaise: Histoire de l’Abbé Joachim, Surnommé Le Prophête, Religieux de l’Ordre de Citeaux, Fondateur de la Congregation de Flore en Italie... Giffart, 1745 (stabikat.de [abgerufen am 8. November 2024]).
  6. François Armand Gervaise: Histoire générale de la réforme de l’ordre de Cîteaux en France. Avignon 1749 (bnf.fr [abgerufen am 8. November 2024]).
  7. Louis Lekai: New Catholic Encyclopedia. 2. Auflage. Band 6. Thompson/Gale; Catholic University of America, Detroit, New York, San Diego, Washington, D.C. 2003, ISBN 978-0-7876-4004-0, Gervaise, Francois Armand, S. 192.
  8. Louis Dubois und Jules Simonnet: L’Abbé de Rancé et sa réforme. J.-E. Rabutot, Dijon 1867.
  9. Louis Lekai: The Problem of the Authorship of Rancé’s ‘Standard’ Biography. In: Collectanea Cisterciensia. Band 21, 1959.