Frank Speck

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Frank Speck (Mitte) mit Indigenen (1924)

Frank Gouldsmith Speck (* 8. November 1881; † 6. Februar 1950) war ein amerikanischer Anthropologe und Professor an der University of Pennsylvania. Sein Spezialgebiet waren die Algonquian- und Iroquoian-Völker der Eastern Woodland-Indianer der Vereinigten Staaten und der First Nations des östlichen borealen Kanada.

Jugend und Ausbildung

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Frank Gouldsmith Speck war der Sohn von Frank G. und von Hattie Speck und wuchs in städtischem Umfeld in Brooklyn, New York und Hackensack, New Jersey auf. Im Sommer unternahm die Familie oft Ausflüge ins ländliche Connecticut. Seine Geschwister waren Gladys H. (* 1889) und Reinhard S. (* 1890). Die Speck-Familie war wohlhabend und hatte auch Bedienstete, die mit im Haus wohnten; unter anderem eine deutsche Frau, Anna Muller, sowie eine Native American/African American, Gussie Giles aus South Carolina. Um 1910 heiratete Frank Speck Florence Insley aus Rockland, New York. Mit ihr hatte er drei Kinder: Frank S., Alberta R. und Virginia C. Speck. Die Familie lebte in Swarthmore, Pennsylvania, und hatte ein Sommerhaus bei Gloucester, Massachusetts.[1]

Als junger Mann entwickelte Speck eine Affinität für Wälder, Sümpfe und Wilde Landschaften, sowie für die Native People, die in diesen Gegenden leben. Aufgrund dieser Interessen begann er mit anthropologischen Studien. Er wurde 1899 an der Columbia University angenommen und arbeitete zunächst eng mit dem Linguisten John Dyneley Prince, der seine Interessen an den Native American Indian-Sprachen und Kulturen förderte und ihn dem Anthropologen Franz Boas vorstellte.

Bei einer Campingtour um 1900 in Fort Shantok, Connecticut, traf er überraschend auf eine Gruppe junger Mohegan-Indianer, die in etwa gleichaltrig waren. Burrill Fielding, Jerome Roscoe Skeesucks und Edwin Fowler machten ihn mit etwa 80 weiteren Mitgliedern ihres Stammes bekannt, die in Uncasville, in der Nähe von Fort Shantok, in Mohegan, Connecticut, lebten.[2] Speck entwickelte besonderes Interesse für Fidelia Fielding, eine ältere Witwe, die, anders als die meisten ihrer Nachbarn, noch immer fließend die Mohegan Pequot-Sprache beherrschte.[3] Specks „Interesse an Literatur, Naturgeschichte und Linguistik der Indianer“ („interests in literature, natural history and Native American linguistics“) stammt in jedem Fall von seinen frühen Begegnungen mit den Mohegan.[4]

An der Columbia University fand Speck seine Lebensaufgabe im Studium als anthropological Ethnographer. Er erwarb seinen BA 1904 und setzte seine Studien mit Feldarbeit unter den Yuchi-Indianern fort und erhielt seinen M.A. 1905.[5] Von 1905 bis 1908 setzte er seine Arbeit zu Daten über die Yuchi fort und erwarb seinen Ph.D. an der University of Pennsylvania 1908. Seine Dissertation wurde von Boas betreut.[6][7]

1907 verlieh die University of Pennsylvania Speck das einjährige George Lieb Harrison Fellowship als Research Fellow am University Museum (dem heutigen University of Pennsylvania Museum of Archaeology and Anthropology). Der Assistant Curator of Archaeology and Ethnology George Byron Gordon arrangierte für Speck einen doppelten Dienstauftrag, sowohl als Assistant in Ethnology am Museum, als auch als Instructor of Anthropology an der Universität. Speck erhielt die Aufgabe den Einführungskurs in Anthropologie zu unterrichten. Der Harrison Fellowship ging danach 1908 an einen anderen Studenten von Boas, Edward Sapir, einen Spezialisten für linguistic Anthropology.

Speck wurde in seiner Stelle mehrmals verlängert bis 1912, als er als Vollzeitmitglied der Fakultät im neu eingerichteten Department of Anthropology angestellt wurde. Nach einem umstrittenen Zerwürfnis mit Museumsdirektor Gordon 1913 wurde Speck als Vorsitzender des Departments berufen.[8] Er stand dem Department vier Jahrzehnte lang vor und trat erst zurück, als seine Gesundheit 1949 versagte.

Speck war einzig unter vielen Anthropologen seiner Generation, indem er sich auf American Indians in der Nähe spezialisierte, anstatt auf Völker in entfernten Ländern. Der Druck von Umsiedelungen (relocation), Internatsschulen (boarding schools), kultureller Assimilation und wirtschaftlicher Marginalisierung hatte damals jedoch schon dazu geführt, dass viele Native Americans ihre traditionellen Länder, Materialien und ihre traditionelle Kultur verloren hatten. Speck selbst bezeichnete seine Arbeit als Rettungsoperation, welche bemüht war, ethnologisches Material in einer Zeit zu sammeln, die von großer Belastung für die Indianer gekennzeichnet war. Er begann seine Bemühungen unter den Native Americans in Neuengland und erweiterte bald darauf sein Gebiet bis hin nach Labrador und Ontario in Kanada.[9]

Unter seinen Studenten an der University of Pennsylvania bildete Speck eine Generation prominenter Anthropologen aus, unter anderen A. Irving Hallowell, Anthony F. C. Wallace und Loren Eiseley. Speck förderte auch einige Native American-Studenten an der Universität: seine Forschungsassistentin Gladys Tantaquidgeon und kurzzeitig Molly Spotted Elk.[10] 1924 arrangierte Speck die Aufnahme von Tantaquidgeon in die Penn’s College Courses for Teachers. Im Laufe der Zeit entwickelte sich ihre Beziehung von einer Lehrer-/Schüler-Beziehung zu einer Beziehung zwischen intellektuellen Kollegen und er ermutigte sie, Verantwortung für eigene Forschungsprojekte an Delaware, Wampanoag und Mohegan zu übernehmen.[11]

Speck liebte speziell Feldarbeit und gewöhnlich campte er und reiste mit den Menschen, die er studierte. In einer Ära der extremen sozialen Schichtung und eines weißen Elitedenkens (white elitism) scheute sich Speck nicht, seine indianischen Informanten einzuladen an seiner Feldarbeit teilzunehmen, oder Vorlesungen in seinem Hörsaal zu geben und bei ihm zu Hause zu übernachten.[12] Kollegen und Studenten wie Ernest Dodge, Carl Weslager, Loren Eisely und Edmund Carpenter erinnerten sich später, dass Speck außerordentlich aufgeschlossen war und am glücklichsten erschien, wenn er in Kontakt mit Indianern und anderen People of Color war.[13] William Fenton erinnert sich, dass Speck sich oft von akademischen Aufgaben entschuldigte, wenn indianische Informanten zu ihm nach Philadelphia zu Besuch kamen.[14]

Im Verlauf seiner Feldarbeit mit den Iroquois freundete sich Speck mit Mitgliedern der Seneca-Nation an, die diese Verbindung mit der Verleihung des Namens Gahehdagowa („Großes Stachelschwein“) honorierten. Er wurde damit in den Turtle Clan der Seneca aufgenommen. Solche Adoptionen waren ein Instrument, um eine Art familiärer Beziehung zu Stammesfremden zu etablieren, die als willkommene Gäste gelten; dadurch wurde jedoch keine Stammesmitgliedschaft begründet. Speck war besonders daran interessiert, wie Familie und Verwandtschaftssystem die Stammesorganisation und die Beziehungen mit den Heimatgebieten und den natürlichen Ressourcen prägen. In Kanada zeichnete er Karten der Jagdgebiete von einzelnen Familienverbänden, mit denen er die Landrechte der Algonquin-Indianer dokumentierte. Diese erhielten später entscheidende Bedeutung bei den Landbesitzansprüchen der Indianer.[15]

Seit den 1920ern bis in die 1940er studierte Speck auch die Cherokee in den südöstlichen Vereinigten Staaten und in Oklahoma. Im Verlauf der Jahre arbeitete er sehr viel mit dem Stammesältesten Will West Long von Big Cove im Westen von North Carolina. Speck nahm Long sogar als Co-Autor ins Impressum seines Buches Cherokee Dance and Drama (1951) auf, zusammen mit seinem Kollegen Leonard Bloom.[16]

Speck wurde in zahlreiche Professional Associations aufgenommen, wo er in Komitees oft eine aktive Rolle spielte, wie die American Association for the Advancement of Science, die American Anthropological Association, die American Ethnological Society, die Geographical Society of Philadelphia und die Archaeological Society of North Carolina (ehrenhalber). Er führte Arbeiten für das American Museum of Natural History in New York durch und für die Smithsonian Institution in Washington, D.C.[17]

Frank G. Speck sammelte tausende Objekte der Indianer, zusammen mit vielen Rollen Tonaufnahmen, Transkriptions-Schriften und Fotografien, die sich auf zahlreiche Museen verteilen, hauptsächlich das Museum of the American Indian (National Museum of the American Indian), das Canadian Museum of Civilization (History) und das Peabody Essex Museum.[18]

Specks Schriftverkehr wurde gesammelt und archiviert von der American Philosophical Society, deren Mitglied er war.[19] Es gibt auch Sammlungen seiner Schriften im Canadian Museum of History in Gatineau, Quebec und in der Phillips Library des Peabody Essex Museum in Salem, Massachusetts.[20]

  • Ethnology Of The Yuchi Indians. The University Museum, Philadelphia 1909.
  • Hunting Charms of the Montagnais and the Mistassini. New York: Museum of the American Indian / Heye Foundation 1921.
  • The Study of the Delaware Indian Big House Ceremony. Harrisburg: Pennsylvania Historical Commission 1931.[21]
  • Naskapi: The Savage Hunters of the Labrador Peninsula. 1935, reprint 1977. ISBN 0-8061-1418-5
  • Contacts between Iroquois Herbalism and Colonial Medicine. 1941. ISBN 0-8466-4032-5
  • The Tutelo Spirit Adoption Ceremony. Harrisburg: Commonwealth of Pennsylvania, Dept. of Public Instruction, Pennsylvania Historical Commission 1942.
  • Songs from the Iroquois Longhouse. Program notes for an album of American Indian music from the eastern woodlands, Washington, DC: Library of Congress 1942.
  • The Roll Call of the Iroquois Chiefs. 1950. ISBN 0-404-15536-7
  • Symposium on Local Diversity in Iroquois Culture. Washington, DC: US Government Printing Office 1951.
  • The Iroquois Eagle Dance: an Offshoot of the Calumet Dance. 1953. ISBN 0-8156-2533-2
  • The False Faces of the Iroquois. 1987. ISBN 0-8061-2039-8
  • The Great Law and the Longhouse: a political history of the Iroquois. 1998. ISBN 0-585-19883-7
  • The Little Water Medicine Society of the Senecas. 2002. ISBN 0-8061-3447-X
  • Roy Blankenship: The Life and Times of Frank G. Speck, 1881-1950. Philadelphia: University of Pennsylvania 1991. Mit Kapiteln von John Witthoft, William N. Fenton, Ernest S. Dodge, C.A. Weslager, Edmund S. Carpenter, Anthony F.C. Wallace und Claudia Medoff.
  • Margaret M. Bruchac: Indian Stories: Gladys Tantaquidgeon and Frank Speck. In: Savage Kin: Indigenous Informants and American Anthropologists. Tucson: University of Arizona Press: 2018: S. 140–175.
  • Regna Darnell: Keeping the Faith: A Legacy of Native American Ethnography, Ethnohistory, and Psychology. In: New Perspectives on Native North America: Cultures, Histories, and Representations, ed. Sergei A. Kan & Pauline Turner Strong, Lincoln: University of Nebraska Press 2006: S. 3–16.
  • William N. Fenton: He-Lost-a-Bet (Howanʼneyao) of the Seneca Hawk Clan. In: Strangers to Relatives: The Adoption and Naming of Anthropologists in Native North America. ed. Sergei Kan. Lincoln: University of Nebraska Press 2001: S. 81–98.
  • Anthony F.C. Wallace: The Value of the Speck Papers for Ethnohistory. In: The American Indian: A conference in the American Philosophical Society. American Philosophical Society Library Publication, No. 2, 1986: S. 20–26.
  • Siomonn Pulla: From Advocacy to Ethnology: Frank Speck and the Development of Early Anthropological Projects in Canada, 1911-1920. Masters Thesis, Carleton University, Department of Anthropology 2000.
  • Siomonn Pulla: Frank Speck and the Moisie River incident: anthropological advocacy and the question of Aboriginal fishing rights in Québec. In: Anthropologica 2003: 129-145.
  • Siomonn Pulla: Frank Speck and the Mapping of Aboriginal Territoriality in Eastern Canada, 1900--1950. Department of Sociology and Anthropology Thesis (Ph.D.), Carleton University 2006.
  • Siomonn Pulla: Would you believe that, Dr. Speck? Frank Speck and The Redman’s Appeal for Justice. In: Ethnohistory, 2008, 55(2): S. 183-201.
  • Siomonn Pulla: A Redirection in Neo-Evolutionism?: A Retrospective Examination of the Algonquian Family Hunting Territories Debates. Histories of Anthropology Annual, 2011, 7(1): S. 170-190.
  • Siomonn Pulla: Critical Reflections on (Post) colonial Geographies: Applied Anthropology and the Interdisciplinary Mapping of Indigenous Traditional Claims in Canada during the Early 20th Century. In: Human Organization. 2016, 75(4): S. 289.
Commons: Frank Speck – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Daten der Speck Family entstammen den United States Census Records für: Brooklyn, New York (1880); Hackensack, New Jersey Ward 4, Bergen, New Jersey (1900); Philadelphia, Pennsylvania (1910); and Swarthmore, Delaware, Pennsylvania (1930 und 1940).
  2. Gladys Tantaquidgeon: Frank Speck. unpublished reminiscence in the Gladys Tantaquidgeon Papers, Tantaquidgeon Indian Museum. Edited and reprinted: An Affectionate Portrait of Frank Speck. In: Dawnland Voices: An Anthology of Indigenous Writing from New England. Siobhan Senier, ed. Lincoln: University of Nebraska Press.
  3. Melissa Tantaquidgeon Zobel: Forward. In: Savage Kin: Indigenous Informants and American Anthropologists. Margaret M. Bruchac. Tucson: University of Arizona Press 2018: S. ix-xiii.
  4. Margaret M. Bruchac: „Indian Stories: Gladys Tantaquidgeon and Frank Speck.“ In: Savage Kin: Indigenous Informants and American Anthropologists. Tucson: University of Arizona Press 2018: S. 140-175.
  5. Frank Gouldsmith Speck Papers: Biographical Note. University of Pennsylvania Archives, archives.upenn.edu.
  6. Jason Baird Jackson: Introduction. In: Ethnology of the Yuchi Indians, Bison Books Edition. Lincoln: University of Nebraska Press 2004: S. v-xvi.
  7. Frank G. Speck: Ethnology of the Yuchi Indians. Philadelphia: The University Museum, University of Pennsylvania 1909.
  8. University of Pennsylvania to Frank G. Speck 1911-1932, Speck Papers, Subcollection I, Series II, Biographical Material, box 20, American Philosophical Society. Notices of Speck’s appointments can also be found in the University of Pennsylvania Museum Board of Managers Minutes, June 1905-June 1910, and in the Director’s Letterbooks for 1907-1913, Penn Museum Archives.
  9. Frank G. Speck Papers, 1903-1950. American Philosophical Society Website, amphilsoc.org.
  10. Bunny McBride: Molly Spotted Elk: Penobscot in Paris. Norman: University of Oklahoma Press 1995: S. 57-63.
  11. Melissa Jayne Fawcett: Medicine Trail: The Life and Lessons of Gladys Tantaquidgeon. University of Arizona Press 2000.
  12. Kenneth Heuer: Loren C. Eiseley. The Lost Notebooks of Loren Eiseley. Edited and with a reminiscence by Kenneth Heuer. Boston, MA: Little, Brown 1987.
  13. Carl A. Weslager: The Unforgettable Frank Speck. In: Roy Blankenship (hg.): The Life and Times of Frank G. Speck, 1881-1950. Philadelphia PA: University of Pennsylvania Department of Anthropology 1991: S. 52-76.
  14. William N. Fenton: Frank G. Speck’s Anthropology. In: Roy Blankenship (hg.): The Life and Times of Frank G. Speck, 1881-1950. Philadelphia PA: University of Pennsylvania Department of Anthropology 1991: S. 9-37.
  15. Frank Speck: The Family Hunting Band as the Basis of Algonquian Social Organization. In: Cultural Ecology, ed. by Bruce Cox (1973); Naskapi 1935, reprint 1977.
  16. Cherokee References in Frank G. Speck Papers 1903-1950, Mss. Ms. Collection 126, American Philosophical Society, Philadelphia, PA.
  17. Frank G. Speck Papers 1903-1950, Mss. Ms. Collection 126, American Philosophical Society, Philadelphia, PA.
  18. Margaret M. Bruchac. The Speck Connection: Recovering Histories of Indigenous Objects. Beyond the Gallery Walls, Penn Museum Blog. 20. Mai 2015.
  19. Frank G. Speck Papers 1903-1950, Mss. Ms. Collection 126, American Philosophical Society, amphilsoc.org. Philadelphia, PA.
  20. Frank G. Speck’s Contributions to the Understanding of Mi’kmaq Land Use, Leadership, and Land Management. In: Ethnohistory 46:3 (summer 1999): 485.
  21. evergreen.palibrary.org In native text dictated by Witapanóxwe. Englisch, Delaware