Französische Strafexpedition nach Korea

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Die französische Strafexpedition nach Korea war eine Reaktion auf die Hinrichtung mehrerer französischer Missionare im Königreich Korea im Frühjahr 1866. Im selben Jahr wurde eine Expedition ausgerüstet, welche auf Ganghwado landete, sich dann aber nach mehrwöchigen Kampfhandlungen zurückziehen musste. Die Folge in Korea selbst war eine Verstärkung der als erfolgreich gesehenen Isolationspolitik.

In Frankreich werden diese Ereignisse als „Expédition française en Corée“ bezeichnet, der koreanische Name lautet „병인양요“ (Byeong-in yangyo, chinesisch 丙寅洋擾, Pinyin bǐng yín yáng rǎo – „ausländische Störung des Jahres Byeong-in“[1])

Konteradmiral Roze befehligte die Strafexpedition, Bild von ca. 1870
Prinzregent Heungseon Daewongun von Korea entschied sich 1866 zur Verfolgung von Katholiken

In Korea kam es im Frühjahr 1866 zu erneuten Verfolgungen gegen Katholiken. Die dortigen ausländischer Priester waren Angehörige der Pariser Mission; von diesen zwölf Priestern entkamen nur drei den Verfolgungen. Dazu gehörte auch Félix-Claire Ridel: seine Gläubigen ermöglichten ihm die Flucht in einem Boot nach China, wo die Flüchtlinge im Juli 1866 in Yantai ankamen und europäischen Stellen Bericht erstatteten.

Vorbereitungen zur Strafexpedition

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Rozes Flaggschiff Guerrière 1865 im Hafen von Nagasaki.

In Tianjin wurde so Konteradmiral Pierre-Gustave Roze informiert, welcher als Kommandeur der französischen Fernöstlichen Marinedivision gerade in China weilte. Kommandeur Roze und der geschäftsführende Konsul Henri de Bellonet in Peking machten sich sofort für eine Strafexpedition gegen Korea stark, um die geschmälerte Ehre Frankreichs wiederherzustellen und das Massaker zu rächen. Damit sollte auch eine Abschreckungswirkung gegenüber den Verfolgern von Christen in China verfolgt werden. Bellonet traf die ersten Vorbereitungen dazu bereits, ohne die Antwort des französischen Außenministeriums abzuwarten: Er drohte dem Zongli Yamen mit der französischen Besetzung Koreas und erteilte Roze den Marschbefehl, welchen dieser mit dem Versprechen quittierte, die neun Franzosen mit dem Leben von 9000 Koreanern zu rächen.[2] Roze reiste dennoch zuerst nach Saigon in Französisch-Indochina, wo er sich mit seinem Vorgesetzten, Admiral Pierre-Paul de La Grandière über den bevorstehenden Einsatz abstimmte.

Eine rasche Expedition wurde den Franzosen unter anderem dadurch erschwert, dass es über das Land so gut wie keine Informationen gab: Es fehlten sowohl Kartenmaterial zur sicheren Navigation in Küstengewässern, wie auch Informationen über die militärische Stärke der Koreaner. Auch Sprach- und andere Landeskenntnisse fehlten, abgesehen von wenigen Leuten wie Ridel, die sich im Land auskannten: Ridel wurde als Berater in die restliche Operation miteinbezogen. Roze fragte auch den walisischen Priester Robert Jermain Thomas an, der bloß Monate vor den Verfolgungen aus Korea ausgewiesen worden war. Thomas war begierig auf eine rasche Rückkehr nach Korea, doch als sich die französischen Vorbereitungen in die Länge zogen, entschied er sich stattdessen für die Fahrt auf der General Sherman.[3]

Karte der französischen Operationen 1866 im Han-Mündungsgebiet (Ganghwa oben links; Seoul im Osten)

Roze sandte zuerst bloß eine Erkundungsmission in die koreanischen Gewässer, welche von Ende September bis Anfang Oktober dauerte. Sie erbrachten rudimentäre Karten für die Navigation, insbesondere für das Mündungsgebiet des Han-Flusses und der Umgebung der Hauptstadt Hanyang (Seoul). Die zwei Erkundungsschiffe (Déroulède und Tardif, s. u.) stießen am 25. September auch flussaufwärts auf dem Han-Fluss bis kurz vor Seoul selbst vor; da sie aber nicht feindselig agierten, wurden sie auch nicht behelligt.[4] Bereits jetzt wurde klar, dass eine Landung direkt bei Seoul oder gar eine Belagerung und Einnahme der stark befestigten Hauptstadt aussichtslos sein würde; gerade auch weil nur eine schmale Fahrrinne bei der Han-Mündung für die größeren französische Schiffe entsprechende Manövrierhindernisse bedeutete, und der Han-Fluss selbst nur für leichte Boote schiffbar war. Roze plante stattdessen, die strategische Lage der großen Insel Ganghwa zu nutzen, die direkt gegenüber der Flussmündung westlich von Seoul lag und von der aus auch aller Schiffsverkehr beherrscht werden konnte. Rozes Überlegung war, dass eine Blockade des Hafens von Seoul die Koreaner zum Einlenken und zur Zahlung von Reparationen bewegen würde.

Zugleich stellte Konsul Bellonet von Peking aus unerfüllbare Bedingungen an den koreanischen Hof, bis hin zu der Forderung, dass der minderjährige König (statt seiner regierte Prinz Heungseon Daewongun) abdanken solle und die Souveränität Koreas in französische Hände gelegt werden müsse.[4] Bellonet agierte hier allerdings ohne Stellungnahme und Anweisung durch das Außenministerium in Paris oder Napoleon III., wofür er von Roze kritisiert wurde. Der mit ganz anderen politischen Problemen befasste Yixin (der chinesische Prinzregent Gong) weigerte sich zudem, den französischen Depeschen nach Korea auch mit dem kaiserlichen Siegel Nachdruck zu verleihen.

Beginn der Expedition

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Am 11. Oktober brach Roze von Yantai aus nach Korea auf, mit der Fregatte Guerrière als Flaggschiff, begleitet von zwei Avisos (Kien–Chan und Déroulède), zwei Kanonenbooten (Le Brethon und Tardif) sowie zwei Korvetten (Laplace und Primauguet). Mit an Bord waren 300 Marinesoldaten der Fusiliers marins, die Roze aus Yokohama abgezogen hatte. Die Gesamtstärke seiner Streitmacht wird im Nachhinein auf etwa 800 Mann geschätzt.[5]

Französische Landungsboote vor Ganghwa

Am 16. Oktober landeten die ersten 170 Marinesoldaten auf der Insel Ganghwa und übernahmen mehrere Festungsbauten, von denen aus das Han-Mündungsgebiet übersehen werden konnte. Auch die befestigte Kleinstadt Ganghwa-eup wurde eingenommen. Dabei konnten die Franzosen direkt Flaggen, Kanonen und 8000 Musketen erbeuten, aber auch Wertgegenstände wie Kisten mit Silber- und Goldbarren, Lackkunst, Jade, und Manuskripte der königlichen Bibliothek auf der Insel.[4] Auf Ganghaw befand sich auch das befestigte Kloster Jeondeungsa mit dem ältesten buddhistischen Tempel der koreanischen Halbinsel – dieses lag aber zu abgelegen, als dass es zu diesem Zeitpunkt für die Operation Rozes von Interesse war.

Auf dem Festland hatte sich mittlerweile die Streitmacht des Generals Yi Yong-Hui mobilisiert, der die wiederholten Botschaften von Admiral Roze bezüglich Reparationszahlungen ignorierte, allerdings erwiderte, dass die Missionare nach geltendem Recht behandelt worden seien.

Am 26. Oktober kam es daher nun zu einem Landungsversuch der Marinesoldaten auf dem Festland, um das befestigte Kloster Munsusanseong (auch Fort Munsu, heute in Yangchon, Stadtteil von Gimpo) einzunehmen, welches auf halbem Weg nach Seoul lag. Die Franzosen trafen aber auf eine gut organisierte Gegenwehr der Koreaner. Bei der befestigten Stellung Gwangsung zeichnete sich auf koreanischer Seite der Kommandeur Eo Jae-yeon aus.

Am 7. November befahl Roze einen zweiten Landeversuch, um Munsusanseong einzunehmen. In dem Gefecht zwischen 160 Marinesoldaten und 543 koreanischen Verteidigern wurden drei Franzosen getötet und 36 verwundet, bevor der Rückzug angeordnet wurde.[4] Nach diesem zweiten Anlauf beschränkten sich die Ambitionen Rozes auf die Insel Ganghwa, die er bereits genauer erkundet und befestigt hatte. Dabei stießen seine Männer auch erstmals auf nennenswerte Gegenwehr auf der Insel: Ein Kommando koreanischer „Tigerjäger“ hatte die Han-Mündung überquert und in dem Kloster Jeondeungsa Stellung bezogen. Weder gelang den Koreanern, die Stadt und Festungen von Gangwha zurückzuerobern, noch gelang den Franzosen die Einnahme des Klosters; sie mussten sich mit dutzenden von Verletzten zurückziehen.

Neben Reparationen war Roze auch an dem Schicksal von den letzten zwei in Korea verbliebenen französischen Missionaren interessiert. Die koreanische Seite zeigte sich zu keinen Verhandlungen oder Unterredungen bereit und setzte vielmehr ihre Mobilisierung fort, doch Roze konnte in Erfahrung bringen, dass die gesuchten Priester auf dem Landweg nach China geflohen seien. Mit niemandem, der noch zu retten wäre, entschied sich Roze am 9. November für einen strategischen Rückzug. Die numerische Überlegenheit der Koreaner mit zehntausenden von Soldaten und Freiwilligen sowie das einsetzende Winterwetter bestärkten Roze in diesem Beschluss.

Vor seinem Abzug am 12. November ordnete Roze noch die Beschlagnahmung von allem Wertmaterial in den Lagerhäusern und Verwaltungsgebäuden von Ganghwa und ließ diese Gebäude dann von den Schiffen aus bombardieren.

Roze zog dann nach Yokohama ab, wo er am 13. Januar 1867 die erste französische Militärmission in Japan in Empfang nehmen konnte; diese sollte das japanische Militär nach westlichen Standards modernisieren.

Das eher dürftige Ergebnis der Expedition vor ihrem Rückzug wurde in Korea als Sieg des Joseon-Regimes über westliche Invasoren gelesen und auch in Frankreich als Scheitern verstanden.[6]

Der Verbleib der General Sherman, die im August desselben Jahres in Pjöngjang aufgebracht worden war, hatte mittlerweile auch die Amerikaner in China alarmiert, und im Dezember sowie im Frühjahr 1867 wurde kurz eine gemeinsame französisch-amerikanische Expedition im Frühjahr erwogen. Diese Pläne wurden aber fallengelassen; die Amerikaner wollten erst genauere Berichte abwarten[3] und die Franzosen wollten nach der gescheiterten Intervention in Mexiko auch ihre Präsenz in Ostasien einschränken; Korea war kein Hauptanliegen der französischen Außenpolitik. So kam die Amerikanische Expedition nach Korea 1871 erst fünf Jahre später ohne Teilnahme einer europäischen Macht zustande. Auch die Strategie der Amerikaner sollte auf der Einnahme von Ganghwa beruhen; auch sie mussten sich angesichts einer unbeugsamen politischen Haltung des Königreichs schließlich wieder zurückziehen.

Konteradmiral Roze wurde 1868 nach Frankreich zurückbeordert; er stieg 1869 zum Vizeadmiral auf. In seinem abschließenden Bericht zu seinem Einsatz in Korea gab Roze am 15. November zu Protokoll, dass seine Expedition die Grundlagen für eine nachfolgende Operation gelegt habe. Auch wenn eine solche nicht erfolgen würde, so habe er dennoch den Mord an den Missionaren gerächt und den Glauben der Koreaner an ihre Unantastbarkeit und ihr Vertrauen in die Isolationspolitik erschüttert.[7]

Korea hatte nach der Verfolgung der Katholiken im Frühjahr, der Abwehr des amerikanischen Dampfschiffs General Sherman im August/September und der Abwehr der französischen Expedition im Oktober/November mehrere Erfolge seiner Isolationspolitik gegenüber ausländischen Einflüssen zu verzeichnen gehabt. Die Überzeugung von Regent Daewongun, dass Christen „ausländische Rekruten“ und somit Landesverräter seien, festigte sich angesichts der westlichen Nichtbeachtung der koreanischen Isolationspolitik immer weiter. Hatte er sich bislang noch vor allem auf die christlichen Rädelsführer konzentriert, ließ er nun eine großangelegte Verfolgung von Katholiken anordnen und tausende von Gläubigen enthaupten. In Seoul wurde der Küstenfelsen Jeoldu-san (koreanisch 절두산 bzw. 切頭山, Enthauptungs-Felsen) zu einer Hinrichtungsstätte für geschätzte zweitausend Katholiken.

Daewongun wurde 1873/74 von seinem Sohn Gojong aus rein innenpolitischen Gründen zum Rücktritt gezwungen. 1876 wurde Korea dann für die Außenwelt geöffnet, allerdings durch die Streitmächte Japans unter der Führung von Kuroda Kiyotaka. Er zwang dem Land einen ungleichen Vertrag auf. Die westlichen Mächte konnten daraufhin ebenfalls Verträge abschließen; Japan hatte aber von nun an die Vorrangstellung unter den ausländischen Mächten in Korea und konnte das Land 1905 zu einem Protektorat Japans machen.

Die Franzosen hatten in Ganghwa auch insgesamt 297 Uigwe aus dem 14. bis 19. Jahrhundert geraubt, also Protokolle und andere Unterlagen des Joseon-Königshofs, die auf der Insel Ganghwa gesichert aufbewahrt werden sollten. Diese Dokumente bildeten den Grundstock der Koreasammlung in der Bibliothèque nationale de France. Im Frühjahr 2011 vereinbarten Lee Myung-bak und Nicolas Sarkozy, die Präsidenten von Südkorea und Frankreich, die Rückführung der Bücher nach Korea, die daher seit Juni 2011 wieder als Leihgabe im Koreanischen Nationalmuseum aufbewahrt werden.[8]

Commons: Französische Strafexpedition nach Korea – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Die Jahresangabe „Byeong-in“ oder chinesisch „Bǐng Yín“ folgt dem 60-Jahre-Zyklus des chinesischen Kalendersystems
  2. La présence française en Corée de la fin du XVIIIème siècle à nos jours. Harmattan, 2005. ISBN 978-2-7475-8640-5. Digitalisat. Seite 20f.
  3. a b Donald G. Southerton: Intrepid Americans: Bold Koreans-Early Korean Trade, Concessions, and Entrepreneurship: Early Korean Trade, Concessions, and Entrepreneurship. iUniverse 2005. ISBN 978-0-595-81470-1. Digitalisat. S. 26.
  4. a b c d Jean-Marie Thiébaud: La présence française en Corée de la fin du XVIIIème siècle à nos jours, Harmattan 2005. ISBN 978-274-75864-05 Digitalisat
  5. Expédition de Corée: Extrait du Cahier de Jeanne Frey. In: Cheolgu U: 19 segi yeolgang gwa hanbando (Die Großmächte und die koreanische Halbinsel im 19. Jh.). Seoul, Beobmunsa, 1999. Seite 216
  6. Meron Medzini: French Policy in Japan during the closing years of the Tokugawa Regime; Harvard University Asia Center 1971. ISBN 978-0-674-32230-1. Seite 144. Digitalisat.
  7. Léon C. Rochotte: La campagne de l'amiral Pierre-Gustave Roze (Memento vom 10. Juni 2007 im Internet Archive); aufgerufen am 24. November 2024.
  8. Korea Times: Return of looted artifacts needs careful diplomacy; veröffentlicht am 29. November 2010; aufgerufen am 24. November 2024.