Franz-Mehring-Haus (Leipzig)
Das Franz-Mehring-Haus (auch einfach Mehring-Haus) ist ein Geschäftshaus in der Innenstadt von Leipzig. Der Name geht auf die Buchhandlung Franz Mehring zurück, die über 60 Jahre hier beheimatet war. Das Gebäude steht unter Denkmalschutz.[1]
Lage und Architektur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Franz-Mehring-Haus hat die Adresse Goethestraße 3–5. Es steht zwischen dem Krochhochhaus und dem von 1963 bis 1965 errichteten Neubau eines Studentenwohnheims. Es ist Teil der Bebauung der westlichen Seite des Augustusplatzes.
Das dem Reformstil zuzurechnende viergeschossige Gebäude steht auf einer Grundfläche von etwa 50 × 20 Meter, die auf der Rückseite um ein halbes Achteck von 10 Meter Kantenlänge erweitert ist.[2] Die elfachsige Fassade der Stahlbetonskelettkonstruktion ist reich gegliedert und mit Natursteinen verkleidet.
Über dem rustifizierten Erdgeschoss mit hohen Bogenfenstern treten im ersten und zweiten Obergeschoss vollplastische ionische Säulen hervor. Über den jeweils vier äußeren stehen über einem verkröpften Gesims zwischen den Fenstern des dritten Obergeschosses Puttenfiguren. In den mittleren drei Achsen mit einem flachen Giebel und barockisierendem Schmuck im dritten Obergeschoss treten die Fenster erkerförmig hervor.
Das Satteldach trägt straßenseitig je zwei Vierergruppen von Giebel- und Fledermausgauben und mittig einen kupferverkleideten und von Putten bevölkerten Dachreiter mit Laterne. Der rückwärtige Anbau hat ein Flachdach mit einer Glaskuppel und ein als Mansarde ausgebautes viertes Obergeschoss. Der hintere Bauteil ermöglichte die Errichtung eines Kuppelsaals im Erdgeschoss.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Bereich des Franz-Mehring-Hauses gehörte ehemals zum Großen Kolleg der Universität Leipzig, das an die Stadtmauer grenzte. Als diese gefallen war und im 19. Jahrhundert die Goethestraße entstand, wurden die Einzelgrundstücke auch von dieser Seite zugänglich und die Universität vermietete dort Häuser zu Wohn- und Gewerbezwecken. Auf den Grundstücken der Häuser Goethestraße 3 (Melone), 4 (Schwarzes Brett) und 5, die abgerissen wurden, wurde von 1910 bis 1911 nach Plänen des Architekten Martin Dülfer (1859–1942) ein Geschäftshaus errichtet, für das im Leipziger Adressbuch die Universität als Eigentümer eingetragen war.[3] Neben dem Hauptmieter, der Dresdner Bank, gab es Rechtsanwaltsbüros und Geschäftsstellen von Betrieben der Kohleindustrie. Die Dresdner Bank blieb bis 1937 Nutzerin, dann zog die Sächsische Bank ein.
1944 erhielt der Bau einen Bombentreffer, der besonders den Dachbereich beschädigte. Nach dem Wiederaufbau erhielt das Gebäude den Namen Franz-Mehring-Haus.[4] und wurde vorrangig von der Universität genutzt, in deren Besitz es 1954 überging. Im August 1945 öffnete im Erdgeschoss die Buchhandlung Franz-Mehring-Haus, zunächst bis 1952 als Abteilung des „Vertriebs Wissenschaft und Literatur“ (zum KPD-Verlag Neuer Weg gehörend). Sie war mit 2.000 m² die größte in der DDR. Ihr war auch ein Antiquariat angeschlossen. 2003 musste die Buchhandlung den Weg in die Insolvenz antreten, aus der sie im selben Jahr von der Buch & Kunst-Gruppe, später Teil der Thalia-Gruppe, übernommen wurde. Nachdem die Dresdner Bank das Gebäude 1993 erworben hatte, zog die Buchhandlung in ein Nachbargebäude. Sie existierte bis zum 17. Januar 2009, als sie aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen werden musste.[5] Weitere Nutzer des Gebäudes waren die Universität Leipzig und die Sächsische Akademie der Wissenschaften.
1993 erwarb die Dresdner Bank das Gebäude vom Freistaat Sachsen, die dort angesiedelten Universitätseinrichtungen mussten ausziehen, und zog nach einer Sanierung in den Jahren 1994 bis 1996 dort ein. Ab 2009 wurde die Filiale von der Commerzbank weiterbetrieben. Nachdem diese ihre Filiale geschlossen hatte, wird es seit Anfang 2022 von der Universität Leipzig genutzt.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wolfgang Hocquél: Leipzig – Architektur von der Romanik bis zur Gegenwart. Passage-Verlag, Leipzig 2001, ISBN 3-932900-54-5, S. 111–112.
- Ernst Müller: Die Häusernamen von Alt-Leipzig. (= Schriften des Vereins für die Geschichte Leipzigs, Band 15). Leipzig 1931, Reprint Ferdinand Hirt 1990, ISBN 3-7470-0001-0, S. 25
- Die Kuppelhalle. Geschichte eines Leipziger Bankhauses, hrsg. von der Dresdner Bank. Thom, Leipzig 1996, ISBN 978-3-930383-21-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Mirko Seidel: Commerzbank Leipzig (ehem. Dresdner Bank, Mehringhaus). In: architektur-blicklicht.
- Franz-Mehring-Haus; Dresdner Bank (ehem.). In: Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen – Denkmaldokument.
- Franz-Mehring-Haus / ehem. Dresdner Bank. In: Leipzig Days.
- Dresdner Bank Leipzig. In: Industriekultur in Sachsen.
- Katarina Werneburg: Unigeschichte(n): Ein Haus Voller Geschichte. In: Das Leipziger Universitätsmagazin. 10. Januar 2022 .
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Eintrag in der Denkmaldatenbank des Landes Sachsen zur Denkmal-ID 09259471 (PDF, inklusive Kartenausschnitt). Abgerufen am 8. November 2023.
- ↑ Gemessen mit GoogleMaps
- ↑ Leipziger Adressbuch 1912. Abgerufen am 8. November 2023.
- ↑ Denkmaltext
- ↑ Olaf Schmidt: Abseits – und aus: Zum 17. Januar schließt in Leipzig die legendäre Buchhandlung im Franz-Mehring-Haus, in: Buchmarkt vom 6. Januar 2009; Leipzig schließt. Ende einer Legende, in: Börsenblatt vom 24. Dezember 2008; Gerhard Märker: Sinnbildlich: Für Leipzigs Neue unterwegs, in: Leipzigs Neue. Linke Monatszeitung für Politik, Kultur und Geschichte, 17. Jahrgang, Ausgabe 1 vom 23. Januar 2009, S. 20; Digitalisat.
Koordinaten: 51° 20′ 24,7″ N, 12° 22′ 48″ O