Franz Chassot von Florencourt
Franz Chassot von Florencourt (* 4. Juli 1803 in Braunschweig; † 9. September 1886 in Paderborn) war ein deutscher Schriftsteller und Journalist.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Besuch des Martino-Katharineums Braunschweig studierte Florencourt ab 1824 Jura in Marburg und Gießen, wo er sich politisch interessierten Burschenschaften anschloss.[1] So wurde er 1824 Mitglied der Alten Marburger Burschenschaft/Allgemeinheit, 1826 Mitglied des Corps Vandalia I.[2] und der Alten Burschenschaft Alemannia Marburg.
Des Weiteren gründete er in Braunschweig 1822 den später verbotenen Jünglingsbund. Von 1834 an wurde er wegen „Demagogie“ sowie „schriftstellerischen Umtrieben“ über Jahrzehnte hinweg angeklagt.[3] Er ist im Schwarzen Buch der Frankfurter Bundeszentralbehörde (Eintrag Nr. 437) festgehalten.[4]
Mit dem späteren Kanonisten Friedrich Bernhard Christian Maassen gründete er 1849 die Zeitung Norddeutscher Correspondent. Diese Zeitung nahm eine betont kritische Haltung zur Verfassung von 1849 ein und erschien damals laufend mit einem Trauerrand. 1851 konvertierte er (gemeinsam mit Maassen u. a.) zum Katholizismus. In Köln gab er dann die Politische Wochenschrift heraus.
Als er 1873 den Krieg Preußens gegen Österreich (1866) „als ‚Sünde‘ gegen Demokratie und Recht verurteilt(e)“[5], führte diese Zeitungsnotiz zu verschiedenen Gerichtsprozessen gegen ihn. Jobst Paul beurteilt diesen Fall von „Gegendiskurs“ als ein „authentisches Beispiel“, wie die Geschichtsschreibung des 1871/72 entstandenen Regimes „selbst gerichtlich durchgesetzt wurde“.[5]
Zuletzt schrieb er gemeinsam mit Karl Vogelsang, den er schon in Rostock beim Norddeutschen Korrespondenten kennengelernt hatte, im Vaterland, einer seit 1873 sozialreformatorisch engagierten Zeitung in Wien,[6] wo er mit Maassen, der dort als Theologe lehrte, wieder zusammentraf.
Er ist Verfasser der ersten geschichtlichen Darstellung der Burschenschaftsbewegung.[1]
Kuriosa
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Franz Chassot von Florencourt war Schwager von Jenny Marx, geb. von Westphalen.[7]
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Politische, kirchliche und literarische Zustände in Deutschland. Ein journalistischer Beitrag zu den Jahren 1838 und 1839. In Commission Bernh. Tauchnitz, Leipzig 1840 (Digitalisat)
- Zur preußischen Verfassungsfrage. Hoffmann und Campe, Hamburg 1847 (Digitalisat)
- Fliegende Blätter über Fragen der Gegenwart. Naumburg, Leipzig 1845
- Der Polenprozess und die Polenfrage im August 1847. Verlags-Comptoirs, Grimma 1847
- Zur preußischen Verfassungsfrage. Hoffmann und Campe, Hamburg 1847 (Digitalisat)
- Frankfurt und Preußen. Verlags-Comptoirs, Grimma 1849 (Digitalisat)
- Meine Bekehrung zur christlichen Lehre und christlichen Kirche. Heft 1. Ferdinand Schönigh’s Buch- und Kunsthandlung, Paderborn 1852 (Digitalisat)
- Katholische Briefe. Erstes Heft. Friedrich Beck’s Verlagsbuchhandlung, Wien 1871 (Digitalisat)
- Die Sünde von 1866 und der Staatsanwalt in Paderborn. Eine gerichtliche Verhandlung. Verlag der Germania, Berlin 1873
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Johann Saß: Florencourt, Franz von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 48, Duncker & Humblot, Leipzig 1904, S. 594–600.
- Georg Heer: Franz von Florencourt. Ein Burschenschafter der Demagogenzeit. In: Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung. Bd. 14, Heidelberg 1934, S. 145–170.
- Wilhelm Kosch: Biographisches Staatshandbuch. Lexikon der Politik, Presse und Publizistik. Fortgeführt von Eugen Kuri, Bd. 1. Franke, Bern 1963, S. 332–333.
- Georg Eckert: Jenny Marx und die Familie von Florencourt. Zufallsfunde aus Braunschweiger Archiven. In: Zur Persönlichkeit von Marx’ Schwiegervater Johann Ludwig von Westphalen. Trier 1973, S. 91–131, hier S. 115–121 (Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Heft 9).
- Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 2: F–H. Winter, Heidelberg 1999, ISBN 3-8253-0809-X, S. 45–46.
- Jobst Paul: Das „Konvergenz“-Projekt – Humanitätsreligion und Judentum im 19. Jahrhundert. In: Margarete Jäger, Jürgen Link (Hrsg.): Macht – Religion – Politik. Zur Renaissance religiöser Praktiken und Mentalitäten. Unrast, Münster 2006, ISBN 3-89771-740-9, S. 31–59 (Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung. Edition DISS, 11).
- Grete Grewolls: Wer war wer in Mecklenburg und Vorpommern. Das Personenlexikon. Hinstorff Verlag, Rostock 2011, ISBN 978-3-356-01301-6, S. 2805.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Werke von und über Franz Chassot von Florencourt in der Deutschen Digitalen Bibliothek
- Literatur über Franz Chassot von Florencourt in der Landesbibliographie MV
- Florencourt, Franz Chassot v. In: Pierer’s Universal-Lexikon. Band 6. Altenburg 1858, S. 361 (Digitalisat bei Zeno.org)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Kurt Selle: Oppositionelle Burschenschafter im Lande Braunschweig, Wolfenbüttel, 1999, S. 22f. (online: PDF).
- ↑ Paul Wentzcke: Burschenschafterlisten. Zweiter Band: Hans Schneider, Georg Lehnert: Gießen – Die Gießener Burschenschaft 1814 bis 1936. Görlitz 1942, G. Vandalia. Nr. 4.
- ↑ Akte im Landesarchiv zu Schleswig. Signatur: Abt. 50a, Nr. 68.
- ↑ Das Schwarze Buch digitalisiert im Bundesarchiv.
- ↑ a b Jobst Paul: Das „Konvergenz“-Projekt, 2006.
- ↑ Erwin Bader: Karl v. Vogelsang: die geistige Grundlegung der christlichen Sozialreform. Herder, Wien 1990, S. 45.
- ↑ Georg Eckert: Jenny Marx und die Familie Florencourt. Zufallsfunde aus Braunschweiger Archiven, in: Zur Persönlichkeit von Marx‘ Schwiegervater Johann Ludwig von Westphalen, Schriften aus dem Marl-Marx-Haus Trier, 1973, S. 81.
Personendaten | |
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NAME | Florencourt, Franz Chassot von |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Schriftsteller |
GEBURTSDATUM | 4. Juli 1803 |
GEBURTSORT | Braunschweig |
STERBEDATUM | 9. September 1886 |
STERBEORT | Paderborn |