Franz Xaver Niemetschek
Franz Xaver Niemetschek (tschechisch: František Xaver Němeček; polnisch: Niemeczek) (* 24. Juli 1766 in Sadská; † 19. März 1849 in Wien) war ein tschechischer Philosoph, Lehrer und Musikkritiker. Er schrieb die erste vollständige Biografie über Wolfgang Amadeus Mozart, die bis heute als wichtige Quelle für Informationen über den Komponisten gilt.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Niemetschek wurde im böhmischen Sadská geboren und stammte aus einer großen, musikalischen Familie. Er besuchte in Prag das Gymnasium und studierte Philosophie an der Universität. Er unterrichtete Poesie und Latein an den Gymnasien in Pilsen und gründete einen Musikverlag. Im Jahr 1800 wurde er promoviert und 1802 wurde er Professor an der Prager Universität und hielt Vorlesungen über Logik, Ethik und Pädagogik. Der Komponist Jan Václav Voříšek war einer seiner Schüler. Für seine zahlreichen Verdienste um die Kunst, z. B. als Leiter des Taubstummeninstituts, wurde er zum Ehrenbürger von Pilsen und Prag ernannt. Er schrieb Bücher über Musikgeschichte. Er wohnte in der Nähe der Residenz von Josepha Duschek im Palais Liechtenstein in der Prager Kleinseite und war ein häufiger Besucher der musikalischen Versammlungen in der Villa Bertram. Nach dem Tode Mozarts 1791 gab seine Frau ihren damals siebenjährigen Sohn Carl in die Obhut Niemetscheks, der die Erziehung des Knaben übernahm und ihm Klavierunterricht erteilte.[1]
Im Jahr 1820 zog Niemetschek sich nach Unstimmigkeiten mit den Universitätsbehörden nach Wien zurück. Er starb im Alter von 82 Jahren in Wien. Er ist auf dem St. Marxer Friedhof begraben.
Die Mozart-Biographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mozarts Witwe Constanze stellte ihm viele Dokumente für seine Forschungen zur Verfügung. Sein Buch Leben des k.k. Kapellmeisters Wolfgang Gottlieb Mozart wurde 1798 veröffentlicht. Später, 1808, wurde es in veränderter Form unter dem Titel Lebensbeschreibung des k.k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart veröffentlicht. Niemetschek behauptete, eine lange Beziehung zu Mozart gehabt zu haben, aber das Fehlen direkter Zitate oder von Zitaten aus persönlichen Gesprächen lässt einige Gelehrte an seinen Behauptungen zweifeln. Allerdings nahm er Mozarts zwei überlebende Söhne, Karl und Wolfgang jr., in seinem Haus in der Kleinseite auf und wurde für sie zu einer väterlichen Bezugsperson.
Wie aus der Biografie hervorgeht, war Niemetschek sehr stolz auf seine tschechische Staatsangehörigkeit, und er betont nachdrücklich die herzliche Aufnahme, die Mozart bei seinen Besuchen in Prag erfuhr. Auf der Grundlage von Forschungen des österreichischen Wissenschaftlers Walther Brauneis[2] wurden kürzlich starke Zweifel an der Richtigkeit von Niemetscheks Behauptung geäußert, er habe Mozart tatsächlich persönlich kennengelernt
Anmerkungen
Wates, Roye E. (2010). Mozart: Eine Einführung in die Musik, den Menschen und die Mythen. Amadeus Press. p. 15. ISBN 978-1-57467-189-6. Niemetschek... deutet an, dass er Mozart kannte... [Seine] zukünftige Frau ... fertigte Hüte für Constanze Mozart an... [Er] selbst hat den Komponisten nie gesehen... zog erst 1793 nach Prag.
Nachlass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sein Nachlass gilt als verschollen. Vereinzelt finden sich Briefe im Archiv des Mozarteum Salzburg.[3] Allerdings tauchen Konvolute von Briefen u. a. Dokumenten Niemetscheks und seiner Familie gelegentlich im Antiquariatshandel auf.[4]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrenbürger der Stadt Prag
Schriften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Leben des K. K. Kapellmeisters Wolfgang Gottlieb Mozart, nach Originalquellen beschrieben 1798. Erstdruck: Prag 1798. 2. vermehrte Auflage unter dem Titel Lebensbeschreibung des k.k. Kapellmeisters Wolfgang Amadeus Mozart. Prag 1808.
- Mehrere Neuauflagen im 19. und 20. Jh.
- Vollständige Neuausgabe. Herausgegeben von Karl-Maria Guth. Hofenberg, Berlin 2015. ISBN 978-3-8430-7437-7
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Grove Dictionary of Music and Musicians, herausgegeben von Stanley Sadie; 1980; ISBN 1-56159-174-2
- Harold Salfellner: Mozart und Prag. Vitalis 2003. ISBN 8-072-53069-0.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Werke von Franz Xaver Niemetschek beim Projekt Gutenberg
Werke von oder über Franz Xaver Niemetschek im Internet Archive
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Carl Thomas und Franz Xaver (Wolfgang Amadeus, Sohn) Mozart In: Mozart. Bilder und Klänge. Ausstellungskatalog Salzburg Katalog der Salzburger Landesausstellung im Schloss Kleßheim in Salzburg vom 23. März bis 3. November 1991.
- ↑ Walther Brauneis: Franz Xaver Niemetschek: Sein Umgang mit Mozart - Eine Legende?. Internationaler Musikwissenschaftlicher Kongress zum Mozartjahr 1991, Baden-Wien, Hrsg. Ingrid Fuchs. Schneider, Tutzing, 1993. S. 491–503.
- ↑ Niemetschek Mozarteum Salzburg, Archiv.
- ↑ Teilnachlaß der Familie Niemetschek-Neuling-Richter. Sadska, Prag, Wien u. a. O., 1784-1868. Inlibris, abgerufen am 17. Juni 2023 (mit irrigen Angaben zur Genealogie der Familien Neuling und Richter)
Personendaten | |
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NAME | Niemetschek, Franz Xaver |
KURZBESCHREIBUNG | tschechischer Philosoph, Lehrer und Musikkritiker |
GEBURTSDATUM | 24. Juli 1766 |
GEBURTSORT | Sadská |
STERBEDATUM | 19. März 1849 |
STERBEORT | Wien |