Freilichtspiele Neuenstadt
Die Freilichtspiele Neuenstadt sind eine Abteilung des Vereins Liederkranz 1835 e. V. Das Vereinsgelände mit der Freilichtbühne liegt in Neuenstadt am Kocher im Schlossgraben des Neuenstadter Renaissanceschlosses. Die Bühne wird jeden Sommer für Amateurtheateraufführungen genutzt.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Anfänge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nachdem Neuenstadt im Zweiten Weltkrieg zu 80 % zerstört worden war, wollte man beim Wiederaufbau den Burggraben des Schlosses mit Bauschutt anfüllen. Doch dank der beiden Neuenstädter Willi Carl und Emil Ermold kam es nicht dazu. Sie planten mit dem Vermessungs-Ingenieur Eugen Kreß eine Feierstätte neben der historischen Lindenanlage. Mit Hilfe von Sängern des Liederkranzes entstand in tausenden von Arbeitsstunden das Bühnenrund mit den ansteigenden Sitzreihen, das einem Amphitheater ähnelt und anlässlich eines Sängerfestes, das der Liederkranz Neuenstadt im Jahr 1951 ausrichtete, eingeweiht wurde.
Der Liederkranz 1835 e. V. hatte aber nicht nur Sänger, sondern auch ambitionierte Schauspieler in seinen Reihen. Jedes Jahr für die Weihnachtsfeier des Vereines führte man im Saal des Gasthofes Stern ein Theaterstück auf. 230 Sitzplätze reichten bald nicht aus, immer mehr Zuschauer wollten die Aufführungen sehen.
Die Gründungsmitglieder der Freilichtspiele Neuenstadt, Karl Hübner, Fritz Walter und Ernst Tenscher, hatten deshalb die Idee, auch im Sommer Theaterstücke zu spielen und diese im Schlossgraben aufzuführen.
Im Sommer 1958 war es dann soweit: Das erste Stück Es zogen drei Burschen wurde drei Mal gespielt. Alles – von der Beleuchtung über die Kostüme bis zum Bühnenaufbau – war spartanisch. Auch als die Ausstattung mit den Jahren aufwändiger wurde, musste sämtliches Material alljährlich per Karren vom damaligen Lagerraum im Gasthof Stern schier endlose 1000 Meter zur Bühne geschafft werden. Auch die Proben fanden in einem Nebenraum des Gasthofes statt. Durch Aufzeichnungen des Süddeutschen Rundfunks erlangten die Freilichtspiele Neuenstadt in den 1960er-Jahren einen größeren Bekanntheitsgrad. So entstand auch der Kontakt zum Autor Paul Wanner, der neue Impulse gab und einige Jahre in Neuenstadt als Regisseur wirkte. Eigens für Neuenstadt schrieb er das Stück Das Neuenstadter Herzogsspiel, das 1963 aufgeführt wurde.
Sicherung des Standorts
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Fast schon unternehmerische Weitsicht und Risikofreude bewiesen die Vereinsverantwortlichen, als sie das Gebäude, welches unmittelbar neben der Freilichtbühne zum Verkauf stand, 1966 für 72.000 Mark als Vereinsheim erwarben: Eine ehemalige Arztvilla mit drei Etagen, erbaut um die Jahrhundertwende. Somit konnte der Standort des Vereins unmittelbar an der Bühne im Schlossgraben langfristig gesichert werden. Land, Stadt, Liederkranz und Vereinsmitglieder standen für den dazu erforderlichen Kredit gerade. Am 19. November 1966 wurde das Haus mit einer Tagung der Süddeutschen Freilichtbühnen in Betrieb genommen. Diese Zusammenkunft diente der Vorbereitung zur Gründung des Verbandes Deutscher Freilichtbühnen (VDF), Region Süd. 1967 wurde das Haus in der Lindenstraße 4 nach der Instandsetzung als neues Vereinsheim bezogen. Heute befinden sich in dem Gebäude Kostümschneiderei und Fundus (im Dachgeschoss), Theaterbüro, Schmink- und Umkleideräume, eine Küche, die Wohnung der Hausmeisterfamilie und das Kleine Lindentheater.
Ausbau der Freilichtbühne
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1972 wurden erstmals die beiden Mittelblöcke B und C durch eine Überdachung vor Wind und Wetter geschützt. 400 Sitzplätze waren nun auch bei Regen trocken. Der langjährige Bühnenbauer Eugen Kreß war der Konstrukteur dieser auch heute noch in der Freilichttheaterszene einmaligen, freitragenden Zeltüberdachung. 1977 wurde erstmals durchgehend jeden Freitag, Samstag und Sonntag gespielt. Zum Jubiläum der 25. Spielzeit gab es 1982 einen Tag der offenen Tür, außerdem besuchte der damals 87-jährige Autor Paul Wanner die Premiere des von ihm verfassten Stückes Die Altweibermühle. 1986 wurde dann die Zeltdachkonstruktion auf den Block D erweitert, so dass nun über 600 Plätze überdacht sind. Der Block A durfte aus Denkmalschutzgründen bis zum heutigen Tag nicht bedacht werden.
Das Zeltdach wird in jedem Frühjahr auf- und im Spätjahr wieder abgebaut.
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Gedenkschild an der Zeltdachkonstruktion
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Die Planen werden in die Konstruktion eingezogen
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Der Fächer wird geöffnet
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Die verbindende Mittelplane wird eingezogen
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Das zweite Dach über Block D wird geöffnet
Erweiterungen und Neuzeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1997 fanden die Internationalen Amateurtheatertage in Neuenstadt statt, ein Konzert mit der Gruppe Des Geyers schwarzer Haufen wurde organisiert, und der Jazzfrühschoppen, der seither regelmäßig im September stattfindet, wurde erstmals veranstaltet. Um den Verein breiter aufzustellen, wurde im Jahr 2000 das Kleine Lindentheater gegründet. Auf der kleinen Zimmerbühne im Vereinsheim werden seither auch im Winter Stücke vor 44 bis 50 Zuschauern aufgeführt.
Im Jahr 2007 feierten die Freilichtspiele ihre 50. Spielsaison mit dem Musical Anatevka, dem von der Jugendgruppe aufgeführten Stück In der Klemme sowie zahlreichen weiteren Events. Seit Beginn der Aufführungen im Jahr 1958 hatten bis zum Abschluss der Jubiläumssaison mehr als 640.000 Besucher die Sommertheaterstücke im Neuenstädter Schlossgraben besucht. Im Jahr 2010 wurde letztlich mit der Jungen Kammerbühne die dritte Spielstätte im Mehrzweckgebäude des Vereins eingeführt, die Platz für 51 Zuschauer bietet. Hier zeigt hauptsächlich der Nachwuchs aus der Kinder- und Jugendgruppe seine Projekte. Aber auch experimentelle Stücke kommen hier zur Aufführung.
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Bühne im Schlossgraben
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Das Kleine Lindentheater
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Die Junge Kammerbühne
Chronik der Aufführungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten](nur Bühne im Schlossgraben)
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Statistik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Freilichtspiele Neuenstadt zählen zu den erfolgreichsten Amateurbühnen der Region und werden jedes Jahr von etwa 18.000 Zuschauern im Sommerstück besucht.
Die erfolgreichste Saison wurde im Spieljahr 2016 mit der Komödie Kohlhiesl's Töchter verzeichnet, die von 21.586 Zuschauern in 25 Vorstellungen gesehen wurde. Danach folgt die musikalische Komödie Die drei von der Tankstelle aus dem Jahr 2015 mit 21.222 Zuschauern in ebenfalls 25 Vorstellungen.
Am häufigsten aufgeführt wurde das Volksstück Die sieben Schwaben im Jahr 1988 mit 26 Vorstellungen.[1] Die meisten Besucher pro Vorstellung hatte bis 2016 Das Haus von Montevideo aus dem Jahr 1989 mit 855,57 Zuschauern. Dieser Rekord wurde jedoch mit der Inszenierung von Kohlhiesl's Töchter übertroffen: Hier kam man auf 863,44 Besucher pro Vorstellung bei einer Auslastung von 102,67 Prozent.
Am häufigsten wurden Stücke von Paul Wanner inszeniert. Insgesamt 13 Theaterstücke dieses Autors brachten die Neuenstädter Laienspieler im Laufe der Zeit auf die Bühne.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- spielend 50. Fünfzig Jahre Freilichtspiele Neuenstadt. Liederkranz 1835 e. V. Neuenstadt, Abt. Freilichtspiele, Neuenstadt am Kocher 2007
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Freilichtspiele Neuenstadt, Rückblick. freilichtspiele-neuenstadt.de, 10. Juni 1988, abgerufen am 8. August 2013.
Koordinaten: 49° 14′ 15″ N, 9° 19′ 50,5″ O