Frieda Paul

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Frieda Paul (geb. Hannusch, in erster Ehe verheiratete Arnold[1]; * 1. Juli 1902; † 14. Dezember 1989) war eine deutsche Widerstandskämpferin gegen den Nationalsozialismus und Funktionärin des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes.

Paul war gelernte Säuglingspflegerin.[2] Sie trat 1928 dem Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK) in Bremen bei. Während der Zeit des Nationalsozialismus umfasste die Bremer ISK-Zelle etwa zehn bis zwanzig Personen und verbreitete Propaganda über Maueranschläge und Flugblätter, welche Paul in ihrem Strumpfband versteckte.[3][4] Paul betätigte sich zu dieser Zeit mit Hilfe von Paul-Henri Spaak, welcher ihr 1936 in Brüssel einen Reisepass ausstellte, als Geheimbotin, um Kontakt zwischen den ISK-Zellen in Deutschland und Exilanten wie Willi Eichler in Paris zu halten.[5][4] Auch die Sozialistische Arbeiterpartei um Adolf und Ella Ehlers bezog über Paul Materialien aus dem Ausland.[4] Die Gestapo wusste von Pauls Auslandstätigkeiten tagesgenau im Vorfeld, ging aber davon aus, sie würde diese nutzen, um Gelder für die Frente Popular in Spanien zu sammeln.[6] Erst 1938 wurde sie gemeinsam mit einem Großteil des inneren ISK-Kreises verhaftet und zu fünf Jahren Zuchthaus-Strafe verurteilt. Josef Kappius beschrieb die bei Entlassung 1943 an Osteomalazie erkrankte Paul als körperlich „so herunter, wie ein Mensch nur sein kann.“[7] Paul trat danach jedoch erneut in Kontakt mit Widerstandsgruppen.[2]

Nach Kriegsende betätigte sich Paul als einzige Frau im zehnköpfigen Vorstand der Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus (KgF), einer durch die Besatzungsmächte geförderten Organisation der frühen Bremer Nachkriegsverwaltung.[8] Der Aufbruch, das Organ der KgF, bezeichnete Pauls Wohnung zu dieser Zeit als „Treff- und Sammelpunkt aller aktiven Antifaschisten“ und führte den Aufbau der städtischen Kleidersammlung auf sie zurück.[9][10] Sie leitete die Nähstuben des Bremer Arbeiterhilfswerks und organisierte mit den „Nachbarschaftshäusern“ Orte der Selbsthilfe und der sozialen Begegnung.[11] Für das Arbeiterhilfswerk fungierte Paul ab 1947 auch als Herausgeberin und Schriftleiterin der Zeitschrift Neues Beginnen, der Vorgängerzeitschrift der heutigen Theorie und Praxis der sozialen Arbeit.[9][10] Sie trug zudem die Initiative in der Schaffung des Weser-Kuriers, für den ihr Mann, der Schriftsetzer Fritz Paul, die technische Leitung übernahm.[9][10] 1948 folgte die Wahl als Frauenvertreterin in den Vorstand der SPD.[5]

1952 folgte sie ihrem Mann nach Frankfurt am Main, der dort die Europäische Verlagsanstalt mitgründete. 1970 erfolgte die Ehrung durch die Arbeiterwohlfahrt (AWO) mit der Marie-Juchacz-Plakette „für ihre außerordentlichen Leistungen für die AWO Bremen und Frankfurt.“[9][12]

1979 zog sie nach Bad Essen, wo sie sich in ihrem letzten Lebensjahrzehnt in der ortsansässigen SPD engagierte.[5][13]

Literatur (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Christians, Hamburg 1976, ISBN 978-3-767-20400-3.
  • Michaela Kuhnhenne: Frauenleitbilder und Bildung in der westdeutschen Nachkriegszeit. Analyse am Beispiel der Region Bremen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2005, ISBN 978-3-322-80742-7.
  • Martin Rüther, Uwe Schütz und Otto Dann: Deutschland im ersten Nachkriegsjahr. Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem besetzten Deutschland 1945/46. De Gruyter Saur, Berlin 1998, ISBN 978-3-598-11349-9.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Staatsarchiv Bremen 4.54 E 264 (Wiedergutmachungsakte)
  2. a b Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau - Ausprägung - Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 312.
  3. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau - Ausprägung - Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 40f.
  4. a b c Inge Marßolek, René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, ISBN 978-3-7961-1765-7, S. 228–229.
  5. a b c Edith Laudowicz: Biografie von Frieda Arnold, verh. Paul Bremer Frauengeschichte. Abgerufen am 21. Dezember 2020.
  6. Inge Marßolek, René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 485.
  7. Martin Rüther, Uwe Schütz und Otto Dann: Deutschland im ersten Nachkriegsjahr. Berichte von Mitgliedern des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) aus dem besetzten Deutschland 1945/46. Berlin 1998, S. 61.
  8. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau - Ausprägung - Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 108.
  9. a b c d Blandow, Jürgen: Von Friedrich Ebert bis Ella Ehlers. Die Vorgeschichte und die Geschichte der bremischen Arbeiterwohlfahrt. Hrsg.: AWO Bremen. Temmen, Bremen 1995, S. 64.
  10. a b c Kuhnhenne, Michaela: Frauenleitbilder und Bildung in der westdeutschen Nachkriegszeit. Analyse am Beispiel der Region Bremen. Springer VS, Wiesbaden 2005, ISBN 978-3-531-14633-1, S. 250–251.
  11. Kerstin Burlage, Lisa-Maria Röhling: Wie diese Frau Bremens Nachbarschaftshäuser erfand. In: Bremen Zwei. 27. April 2024, abgerufen am 30. April 2024.
  12. ae: Seit 50 Jahren Helfer in der Not. In: Weser-Kurier. Nr. 80. Bremen 6. April 1970, S. 12.
  13. rw: SPD für „offensiven Wahlkampf“. In: Wittlager Kreisblatt. Bad Essen 9. Februar 1979.