Gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum ist in der Stochastik und insbesondere im Malliavin-Kalkül ein Wahrscheinlichkeitsraum zusammen mit einem Hilbert-Raum zentrierter, reeller gaußscher Zufallsvariablen, welcher gaußscher Hilbert-Raum (oder gaußscher Raum) genannt wird. Wichtige Beispiele gaußscher Wahrscheinlichkeitsräume sind die abstrakten Wiener-Räume.

Die Terminologie ist in der Literatur nicht immer einheitlich, generell versteht man unter dem Begriff gaußscher Raum einen abgeschlossenen Unterraum des L2-Raumes, dessen Elemente zentrierte Gauß-Variablen sind. Manche Autoren bezeichnen aber auch allgemein Räume mit einem gaußschen Maß als gaußsche Räume. Wir folgen der Monographie ([1]) von Paul Malliavin.

Gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum besteht aus

  • einem (vollständigen) Wahrscheinlichkeitsraum ,
  • einem abgeschlossenen Unterraum , so dass alle zentrierte Gauß-Variablen sind, d. h. es gilt . Die σ-Algebra der Elemente in notieren wir mit .
  • einer σ-Algebra der transversalen Zufallvariablen, welche durch die Beziehung
definiert wird.[2]

Irreduzibilität

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum heißt irreduzibel, wenn gilt. Irreduzible gaußsche Wahrscheinlichkeitsräume werden mit notiert. Der Begriff der nicht-irreduziblen gaußschen Wahrscheinlichkeitsräume wird aus zwei Gründen definiert:

  1. Um auf Unterräumen arbeiten zu können.
  2. Um den Wahrscheinlichkeitsraum erweitern zu können.

Ansonsten wählt man in der Regel einen irreduziblen gaußschen Wahrscheinlichkeitsraum.[2]

Ein Unterraum eines gaußschen Wahrscheinlichkeitsraumes besteht aus

  • einem abgeschlossenen Unterraum von ,
  • einer Teil-σ-Algebra der transversalen Zufallvariablen, so dass und unabhängig sind und eine neue Produkt-σ-Algebra bilden. Des Weiteren soll gelten .[2]

Beispiel:

Sei gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum mit abgeschlossenem . Sei nun das orthogonale Komplement von in . Orthogonalität impliziert Unabhängigkeit zwischen und , also ist unabhängig von . Definiere nun durch .

Bemerke, für gilt .

Fundamentalalgebra

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Zu einem gaußschen Wahrscheinlichkeitsraum definieren wir die Algebra der zylindrischen Zufallsvariablen der Form

wobei ein Polynom in Variablen ist und nennen die Fundamentalalgebra. Es gilt für .

Für einen irreduziblen gaußschen Wahrscheinlichkeitsraum gilt, dass eine dichte Menge in für alle ist.[3]

Numerisches Modell und Segal-Modell

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ein irreduzibler gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum mit einer gewählten Basis für nennt man numerisches Modell. Zwei numerische Modelle sind isomorph, wenn ihre gaußschen Räume die gleiche Dimension haben.[4]

Gegeben ist ein separabler Hilbert-Raum , dann existiert immer ein kanonischer irreduzibler gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum namens Segal-Modell mit als gaußscher Raum. In diesem Fall notiert man die zu assoziierte gaußsche Zufallsvariable als und schreibt entsprechend den gaußschen Raum als , das heißt . Diese Notation ist analog zu dem isonormalen Gauß-Prozess.[5]

  • Sei der klassische Wiener-Raum, die σ-Algebra der Koordinaten-Abbildungen (oder äquivalent die borelsche σ-Algebra von ) und das Wiener-Maß. Weiter sei und die Familie der Wiener-Integrale definiert durch
Dann ist ein irreduzibler gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum.[6]
  • Sei ein abstrakter Wiener-Raum, d. h. ist ein separabler Banach-Raum und separabler Hilbert-Raum, der stetig und dicht in eingebettet ist, ein zentriertes gaußsches Maß und . Dann ist ein irreduzibler gaußscher Wahrscheinlichkeitsraum.[6]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Paul Malliavin: Stochastic analysis. Hrsg.: Springer. Berlin, Heidelberg 1997, ISBN 3-540-57024-1, doi:10.1007/978-3-642-15074-6.
  2. a b c Paul Malliavin: Stochastic analysis. Hrsg.: Springer Berlin, Heidelberg. 1997, ISBN 3-540-57024-1, S. 4–5, doi:10.1007/978-3-642-15074-6.
  3. Paul Malliavin: Stochastic analysis. Hrsg.: Springer Berlin, Heidelberg. 1997, ISBN 3-540-57024-1, S. 13–14, doi:10.1007/978-3-642-15074-6.
  4. Paul Malliavin: Stochastic analysis. Hrsg.: Springer Berlin, Heidelberg. 1997, ISBN 3-540-57024-1, S. 14, doi:10.1007/978-3-642-15074-6.
  5. Paul Malliavin: Stochastic analysis. Hrsg.: Springer Berlin, Heidelberg. 1997, ISBN 3-540-57024-1, S. 16, doi:10.1007/978-3-642-15074-6.
  6. a b Zhi-yuan Huang und Jia-an Yan: Introduction to Infinite Dimensional Stochastic Analysis. Hrsg.: Springer Netherlands. Niederlande 2000, S. 60.