Gauwirtschaftskammer
Die Gauwirtschaftskammern waren Wirtschaftsorganisationen zur Zeit des Nationalsozialismus. Ab 1942 wurden sie per Erlass des Reichswirtschaftsministeriums als Nachfolger der (damals 111) Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern und Wirtschaftskammern errichtet. Unter dem Druck des Krieges sollten so die Kräfte der Wirtschaft regional gebündelt werden. Die ohnehin seit der „Machtergreifung“ drastisch eingeschränkte Selbstverwaltung dieser Wirtschaftsbereiche wurde damit beseitigt. Die Organisation folgte räumlich den Parteigauen der NSDAP, die von 1939 bis 1945 bestanden.
Rechtsgrundlage war die Gauwirtschaftskammeraufbauverordnung (GWKAV) vom 30. Mai 1942.[1][2][3][4]
Das Handwerk fristete als „Handwerksabteilung“ ein Schattendasein, da die Industrie zunehmend kriegswichtiger wurde. Der Handwerksabteilung stand der Gauhandwerksmeister vor, der gleichzeitig Vizepräsident (oder wie z. B. Gustav Bernhardt in der Gauwirtschaftskammer Kassel Präsident) der Kammer war. Diese Ämter wurden nicht durch freie Wahl, sondern nach dem Führerprinzip durch die nationalsozialistischen Machthaber besetzt. Damit handelte es sich nicht mehr um Organisationen wirtschaftlicher Selbstverwaltung.
Die Gauwirtschaftskammern waren Mitglied der Reichswirtschaftskammer.
Mitglied waren alle juristischen und natürlichen Personen, die im Bezirk der Kammer einen wirtschaftlichen Betrieb unterhielten.
In der Regel lösten die alliierten Militärregierungen bereits ab Sommer 1945 die Gauwirtschaftskammern auf. Im Lande Groß-Hessen kam es durch die Amerikaner bereits zur Neuerrichtung gesonderter Handwerkskammern, die teilweise erst ab Gründung der Bundesrepublik mit der Handwerksordnung ihre rechtmäßige demokratische Grundlage erhielten.
In Frankfurt am Main verblieb die neue Handwerkskammer bis 1957 räumlich unter dem Dach des Börsen- und IHK-Gebäudes, in das sie durch die Errichtung der Gauwirtschaftskammer 1943 hineingezwungen worden war.
In der sowjetischen Besatzungszone wurden auf Länderebene neue IHK errichtet, aber später wieder abgeschafft. Siehe hierzu Industrie- und Handelskammer der DDR.
Einzelne Gauwirtschaftskammern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Martin Will: Selbstverwaltung der Wirtschaft: Recht und Geschichte der Selbstverwaltung in den Industrie- und Handelskammern, Handwerksinnungen, Kreishandwerkerschaften, Handwerkskammern und Landwirtschaftskammern. Mohr Siebeck, Tübingen 2010, ISBN 3-16-150705-3, S. 349 ff., books.google.de
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Dritte Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft (Gauwirtschaftskammeraufbauverordnung, GWKAV), zitiert nach: Arno Buschmann: Nationalsozialistische Weltanschauung und Gesetzgebung: 1933–1945, Band 2. ISBN 3-211-83407-9, S. 487–489, books.google.de
- ↑ Erste Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft (Gauwirtschaftskammerverordnung) vom 20. April 1942, RGBl. I, S. 189
- ↑ Zweite Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft vom 20. April 1942, RGBl. I, S. 190
- ↑ Dritte Verordnung zur Durchführung der Verordnung über die Vereinfachung und Vereinheitlichung der Organisation der gewerblichen Wirtschaft (Gauwirtschaftskammeraufbauverordnung, GWKAV) vom 30. Mai 1942, RGBl. I, S. 371–374