Gemeinwesen
Als Gemeinwesen werden in der allgemeinen Begriffsverwendung alle Organisationsformen des menschlichen Zusammenlebens bezeichnet, die über den Familienverband hinausgehen.[1]
Begriff
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Begriff geht auf Marcus Tullius Cicero zurück, der das politische Gemeinwesen in De re publica als res publica definierte.[2] Nach Ferdinand Tönnies (1887) ist Gemeinwesen die „Bezeichnung für jenen Typus der (Volks-) Gemeinschaft, in dem sich auf der Grundlage einer Vielzahl von gegeneinander abgrenzbaren Bedürfnissen, Fähigkeiten, Kenntnissen, Arbeitsbereichen usw. ein soziales Gefüge herausgebildet hat, in dem aufgrund überkommener Sitte und gesetzten Rechts die Angehörigen der Volksgemeinschaft jeweils bestimmten Ämtern und Ständen mit vorgegebenen Rechten, Pflichten und Funktionen zugeordnet sind.“[3]
Gemeinwesenarbeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Verbreitet taucht der Begriff im Zusammenhang von Gemeinwesenarbeit auf, bezeichnet dort aber nur allgemein eine „Gemeinde oder einen Teil davon“.[3]
Recht
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im kodifizierten deutschen Recht wird Gemeinwesen als Rechtsbegriff vom Gesetzgeber verwendet, aber nicht legal definiert. Es gibt vier Fundstellen: § 3 Abs. 1 AO, § 75 Abs. 2 S. 1 BPersVG, § 22a Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII und Anlage 2 der Einbürgerungstestverordnung.[4]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Christian Blum: Das Gemeinwesen, eine definitorische Annäherung, in: Zeitschrift für Praktische Philosophie, Band 11, Heft 2, 2024, S. 3–26
- Susanne Elsen: Gemeinwesen, Gemeingüter und ökosoziale Wende, in: Susanne Elsen, Günther Reifer, Andreas Wild, Evelyn Oberleiter (Hrsg.): Die Kunst des Wandels. Ansätze für die ökosoziale Transformation, oekom verlag, München 2015, S. 175–190, ISBN 978-3-86581-658-0
- Michael May: Begriffsgeschichtliche Überlegungen zu Gemeinwesen und Sozialraum, in: Monika Alisch, Michael May (Hrsg.): Kompetenzen im Sozialraum, Budrich, Opladen 2008, S. 19–38, ISBN 978-3-86649-913-3
- Herfried Münkler: Zivilgesellschaft und Bürgertugend. Bedürfen demokratisch verfaßte Gemeinwesen einer sozio-moralischen Fundierung?, Antrittsvorlesung 10. Mai 1993
- Michael Städler (Hrsg.): Kants »Ethisches Gemeinwesen«. Die Religionsschrift zwischen Vernunftkritik und praktischer Philosophie, Akademie, Berlin 2005, ISBN 3-05-004150-1
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Homepage Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Glossar (aufgerufen am 25. August 2014)
- ↑ Marcus Llanque: Politische Ideengeschichte – ein Gewebe politischer Diskurse. Oldenbourg, München/Wien 2008, S. 70.
- ↑ a b Werner Fuchs-Heinritz u. a. (Hrsg.): Lexikon zur Soziologie, 5. Auflage, Springer, Wiesbaden 2011, S. 231.
- ↑ Anlage 2 EinbTestV