Genius und Hydra
Die Skulptur Genius und Hydra ist ein Denkmal des Düsseldorfer Künstlers Zoltan Székessy, welches am 20. September 1959 in Herne-Mitte von Oberbürgermeister Robert Brauner eingeweiht wurde.[1][2] Das Denkmal befindet sich auf der Grünanlage vor dem Gebäude der Bundesagentur für Arbeit an der Bebelstraße.
Die 5,60 m hohe und 1,3 Tonnen schwere Bronzeskulptur zum Gedenken an die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung stellt den Genius des Guten mit Blitz, Schwert und Flügeln anstelle von Armen dar, der über die vielköpfige, züngelnde Hydra als Symbol des Bösen siegt.[1][2]
Deutung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Székessy „suchte ein Thema, das entgegen dem Aktuellen, dem Kurzlebigen, einige Dauer hat. […] So wählte [er] also das sich durch die ganze Kunst der Menschengeschichte hinziehende Symbol des Überwinders des Bösen. […] Für den Ausdruck und die Gestaltung des Guten wählte [er] etwas wie die Form eines Blitzes, der die Bösen strafend, zugleich die Guten schützend, oben zu schweben scheint über eine Art von Unwesen, bestehend aus etwas wie einer sich windenden, aus vielen Köpfen züngelnden Hydra. […] Die Tiergestalt oder die Tierandeutung der Hydra ist auch nichts mehr als ein gewiß allgemein verständliches Symbol des Bösen. […] Um auch vom gewählten Material her, der Bronze, größtmögliche Wirkung zu sichern, suchte [er] eine bewegte, von allen Seiten klare sprechende Silhouette. Das Mahnmal soll so aufgestellt werden, daß es für den Besucher zugänglich ist. Eine gärtnerische Ausgestaltung der Umgebung ist vorgesehen.“[3]
Das Gedenken an die getöteten Menschen nationalsozialistischer Verfolgung soll durch „Genius und Hydra“ erfolgen und ein Weckruf an zukünftige Generationen sein, dass sich diese Umstände nie mehr wieder wiederholen sollen. „Das zu verhindern, rufen wir alle auf, die das Leben als ein köstliches Geschenk des großen Schöpfers ansehen. Der Genius der Freiheit soll für alle Zeiten über Gewalt und Bosheit triumphieren auf der Grundlage echter Humanität, echter geistiger und politischer Auseinandersetzung“, führte OB Brauner im Jahr 1959 bei der Einweihung des Mahnmals aus.[4]
Einweihung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Oberbürgermeister Robert Brauner weihte am 20. September 1959 das Mahnmal ein, bestehend aus der Skulptur des Genius und der Hydra und einer Gedenktafel mit folgendem Wortlaut:
ZUR EHRE UND ZUM GEDENKEN / DER OPFER IM WIDERSTAND / GEGEN DIE NATIOALSOZIALISTISCHE / GEWALTHERRSCHAFT / 1933–1945
„Uns und unserem Menschsein sind wir es schuldig, uns immer wieder jener grausigen Taten zu erinnern. Wir müssen uns daran erinnern, wie Recht und Sitte gebrochen, die Freiheit der Person und des Geistes in Fesseln geschlagen und blutiger Kult um den sogenannten Führer getrieben wurden. […] Jedem einzelnen unter uns muß klar werden, wohin es führt, wenn ein Volk blindlings vertraut“, appellierte Brauner, der als Sozialdemokrat selber von der Verfolgung durch die Nationalsozialisten betroffen war.[2][4] „Gleichwie der dargestellte Genius über der Hydra, so solle das Gute über das Böse triumphieren. Das Schwert aber verachte der nicht, der die Freiheit verteidigen will.“[5]
Begleitet wurde die Veranstaltung vom Herner Männerchor und einer Ricarda-Huch-Rezitation einer Folkwangschülerin.[4] Teilnehmer an der Einweihungsfeier waren neben dem Oberbürgermeister auch Vertreter des Stadtrates und der Verwaltung, der Gewerkschaften, der VVN-Kreisvereinigung, der politischen Parteien, der evangelischen und katholischen Kirche und der jüdischen Gemeinde.[4][5]
Erweiterung des Denkmals
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach einem Anstoß der Herner Friedensinitiative wurde unter Oberbürgermeister Wolfgang Becker das bestehende Denkmal am 3. Mai 2002 um eine zusätzliche Gedenktafel erweitert.[6][7] Die Tafel soll an die Zwangsarbeiter im Zweiten Weltkrieg erinnern und trägt den Text:
ZUM GEDENKEN / AN DIE VIELEN TAUSEND MENSCHEN / AUS DEN VERSCHIEDENSTEN STAATEN EUROPAS, / DIE IN HERNE UND WANNE–EICKEL / WÄHREND DES ZWEITEN WELTKRIEGS / UNTER UNMENSCHLICHEN BEDINGUNGEN / ZWANGSARBEIT LEISTEN MUSSTEN.
Restaurierung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wegen Sturmschäden musste „Genius und Hydra“ im Februar 2002 restauriert werden. Eine Halterung im Inneren war gebrochen und das Denkmal umgestürzt. Eine Duisburger Werkstatt um den Restaurator Martin Kaufmann übernahm die Instandsetzung. Die Skulptur wurde in diesem Zusammenhang mit einem Edelstahlbolzen mit dem Sockel verbunden. Neben der Reparatur nahm die Werkstatt auch eine Reinigung vor und konservierte die Figur mit Wachs. Die Maßnahmen kosteten die Stadt Herne rund 20.000 €. Am 2. Mai 2002 wurde das Mahnmal wieder an seinem vorherigen Platz aufgestellt.[8]
Veranstaltungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jedes Jahr am 27. Januar – dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz – wird am Mahnmal der Opfer des Nationalsozialismus vor dem Denkmal gedacht.
Weitere zu erwähnende Veranstaltungen in der Vergangenheit waren die Gedenkstunde anlässlich des 25. Jahrestages des Zusammenbruchs des Hitler-Regimes im Jahr 1970[9], das Gedenken im Jahr 1979[10], in dem sich der Ausbruch des Zweiten Weltkrieges zum 40. Mal jährte, der 35. Jahrestag zum Ende der Nazi-Herrschaft im Jahr 1980[11] sowie der 60. Jahrestag des Denkmals „Genius und Hydras“ im Jahr 2019.[12]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b Genius und Hydra. In: Herne von damals bis heute. Abgerufen am 12. Mai 2024 (deutsch).
- ↑ a b c Stadtarchiv Herne: Denkmäler, Ehrenmäler, Mahnmale, Bd. II
- ↑ Mahnmal vor dem Arbeitsamt. Professor Szekessy wurde mit der Ausführung beauftragt, WAZ Herne vom 20. Januar 1959
- ↑ a b c d Toten zur Ehre – Lebenden zur Mahnung. Oberbürgermeister enthüllt Ehrenmal – Gefahr der Legendenbildung, WAZ Herne vom 21. September 1959
- ↑ a b Oberbürgermeister Brauner enthüllte gestern das Mahnmal. Den Märtyrern zur Ehre, den Lebenden zur Mahnung, Ruhrnachrichten vom 21. September 1959
- ↑ Gedenktafel regt zum Innehalten an. Zwangsarbeiter-Mahnmal eingeweiht, WAZ Herne vom 4. Mai 2002
- ↑ Genius und Hydra - den Lebenden zur Mahnung. In: Herne von damals bis heute. Abgerufen am 12. Mai 2024 (deutsch).
- ↑ Restaurator kümmert sich um gestürzten Engel. Reparatur dauert etwa 10 Wochen – Kosten von 20.000 €, WAZ Herne vom 14. Februar 2002
- ↑ Stadt Herne gedachte gestern der NS-Opfer. Würdige Feierstunde vor dem Mahnmal am Arbeitsamt, Ruhrnachrichten vom 21. September 1970
- ↑ Aus: Ruhrnachrichten vom 4. September 1979
- ↑ Aus: WAZ Herne vom 9. Mai 1980
- ↑ Mahnmal wird 60: Wachsam gegen die „Hydra des Bösen“. Am 20. September 1959 weihte OB Brauner die Skulptur ein. Erinnerung an die Nazi-Opfer, Mahnung an die Lebenden, WAZ Herne vom 20. September 2019
Koordinaten: 51° 32′ 22,1″ N, 7° 13′ 13,9″ O