Georg der Bärtige
Georg der Bärtige (lateinisch: Georgius Barbatus[1]; * 27. August 1471 in Meißen; † 17. April 1539 in Dresden) war Herzog des albertinischen Sachsens sowie Herzog von Sagan.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Georg der Bärtige wurde als ältester Sohn von Albrecht dem Beherzten und Sidonie von Böhmen geboren. Er erhielt eine gute Bildung, war des Lateinischen kundig und nahm persönlichen Anteil an den theologischen Auseinandersetzungen seiner Epoche.
Georg hatte sich ursprünglich auf eine geistliche Laufbahn vorbereitet und war 1484 zum Domherrn in Mainz ernannt worden. Er studierte vielleicht an der Universität Leipzig; es finden sich aber keine Nachweise in der dortigen Matrikel.[2]
Während der Abwesenheit seines Vaters auf Kriegszügen in Flandern und Friesland nahm Georg bereits ab 1488 in Vertretung verschiedene Amtsgeschäfte wahr, unter anderem die Bergwerksangelegenheiten. In der Inschrift des in der Regierungszeit Albrechts in den Münzstätten Zwickau und Schneeberg geprägten Bartgroschens von 1492 und 1493 erscheint Herzog Georg als Vertreter seines Vaters auf dem gemeinschaftlich geprägten Groschen der Wettiner. Er gilt als Gründer der Stadt Annaberg und erließ 1509 eine Bergordnung.[3] Ab 1500 übernahm er die Regierungsgeschäfte im albertinischen Sachsen vollständig.
Sein jüngerer Bruder Heinrich hatte vom gemeinsamen Vater Albrecht Friesland geerbt. Doch weil sich die Friesen seiner Herrschaft widersetzten und er zur Regierung unfähig war, verzichtete er am 30. Mai 1505 in einem Vertrag mit seinem Bruder Georg auf Friesland und begnügte sich mit den Ämtern Freiberg und Wolkenstein. In Friesland kam es von 1514 bis 1517 zur Sächsischen Fehde, einer Auseinandersetzung gegen Edzard I. von Ostfriesland um die Stadt Groningen.
Georg war ein entschiedener Gegner der Lehren von Jan Hus und Martin Luther. Im Jahr 1523 ließ er in seinem Land sämtliche Exemplare des Septembertestaments, der ersten Übersetzung des Neuen Testaments durch Martin Luther, konfiszieren. Stattdessen beauftragte er Hieronymus Emser damit, eine rechtgläubige Übersetzung des Neuen Testaments zu erstellen, um damit Luthers Version vom Buchmarkt zu verdrängen. Emsers Neues Testament wurde 1527 unter dem Titel Das naw testament nach lawt der Christlichē kirchen in Dresden gedruckt. Im Juli 1525 schloss Georg sich mit verschiedenen norddeutschen katholischen Fürsten im Dessauer Bund zusammen, um der Weiterverbreitung der lutherischen Lehren zu begegnen. Trotz aller dieser Bemühungen konnte er nicht verhindern, dass die Reformation auch in sein Land eindrang.
Vereint mit Landgraf Philipp von Hessen und Herzog Heinrich von Braunschweig vernichtete Georg im Bauernkrieg im Mai 1525 das Heer der aufständischen Bauern bei Frankenhausen.
Im Mai 1500 beschloss Kurfürst Kurfürst Friedrich III. der Weise gemeinsam mit seinem Bruder Herzog Johann dem Beständigen im Einvernehmen mit Herzog Georg dem Bärtigen als Stellvertreter seines Vaters Albrecht des Beherzten, der als Statthalter in Westfriesland weilte, die sogenannte Leipziger Münzordnung. Damit begann in Sachsen der erste Abschnitt der sächsischen Talerwährung.[4]
Infolge von Meinungsverschiedenheiten kam es 1530 bis Ende 1533 zur sächsischen Münztrennung zwischen dem ernestinischen Kurfürsten Johann dem Beständigen und Georg dem Bärtigen. Darin vertrat der Herzog die Auffassung, dass es die Rechtlichkeit verlange, den von der Bevölkerung vorausgesetzten Wert der silbernen Gulden beizubehalten. Er ließ daher besonders gekennzeichnete Münzen im eigenen Namen in den Münzstätten Freiberg, Leipzig und Annaberg prägen.
Georg war 38 Jahre mit Barbara (1478–1534), der Tochter des Königs Kasimir IV. von Polen, verheiratet. Nach ihrem Tod ließ er sich als Zeichen seiner Trauer den Bart wachsen, was ihm den Beinamen der Bärtige einbrachte. Georg der Bärtige verstarb 1539 in Dresden und wurde an der Seite seiner Frau in einer Grabkapelle im Meißner Dom beigesetzt.
Georgs Sohn Johann war kränklich und starb kinderlos am 11. Januar 1537. Sein zweiter Sohn Friedrich war geistig behindert und starb noch vor dem Vater am 26. Februar 1539. Das albertinische Herzogtum Sachsen fiel an Georgs lutherisch gesinnten Bruder Heinrich, was Georg zu Lebzeiten vergeblich zu vereiteln versuchte. Seine Tochter Christine heiratete 1523 Landgraf Philipp von Hessen, der 1526 in seinem Herrschaftsgebiet die Reformation einführte. Georgs Schwiegertochter Elisabeth von Rochlitz, die Frau und Witwe Johanns, als geborene Landgräfin von Hessen die Schwester Philipps des Großmütigen, führte in ihrem Wittumssitz Rochlitz die Reformation ein.
Georg war Träger der Ordenskette vom Goldenen Vlies.
Kunstpolitik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Georg war sehr an den zeitgenössischen Künsten interessiert und nutzte sie für seine Selbstdarstellung und die seiner Familie. Ein früher Auftrag von ihm und seiner Ehefrau Barbara von Polen an den Meister HW war 1512 die sogenannte Schöne Tür für das neu gegründete Franziskanerkloster in der von ihm gegründeten Bergstadt Annaberg.[5]
1518 war Georg auf dem Reichstag von Augsburg gewesen und hatte die an norditalienischen Vorbildern orientierte Kunst der Fugger kennengelernt. Im Anschluss daran gab er in der Werkstatt der Daucher einen neuen Hochaltar im neuen Stil für die Annenkirche in der neugegründeten Bergstadt Annaberg in Auftrag. Dieser Hochaltar wurde 1521 nach Sachsen geliefert.[6]
Ab 1521 ließ Georg die Albrechtsburg in Meißen durch Jacob Haylmann fertigstellen, einen Schüler des königlich-böhmischen Hofarchitekten Benedikt Ried. Als Bildhauer stellte er Christoph Walther I in seine Dienste, der das Schloss mit einer Serie von Darstellungen verschiedener Tugendenallegorien versah.[7]
Ab etwa 1521 ließ er für sich und seine Ehefrau eine Grabkapelle im Meißener Dom errichten (heute: Georgskapelle), deren antikisierendes Portal ebenfalls von der Architektur der Fuggerkapelle und anderen Werken in Augsburg beeinflusst war. Es erhielt ein Relief des bedeutenden Augsburger Bildhauers Hans Daucher. Ausgeführt wurde die neuartige Architektur aber bis 1524 in einheimischem Stein von lokalen Künstlern wie Christoph Walther I.[8]
1530–1535 ließ Georg einen Anbau am Dresdener Schloss errichten, das Georgentor. Der Torbau wurde mit umfangreicher Bauplastik von Christoph Walther I geschmückt, darunter der Fries des Totentanzes.
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Die Schöne Tür, heute in der Annenkirche in Annaberg-Buchholz, 1512 Meister HW
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Portal der Georgskapelle im Dom zu Meißen, 1524
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Reiterstandbild am Georgentor
Ehe und Nachkommen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Georg der Bärtige heiratete am 21. November 1496 in Leipzig Barbara (1478–1534), eine Tochter des polnischen Königs Kasimir IV. Aus dieser Ehe entstammten:
- Christoph (* 8. September 1497 in Dresden; † 5. Dezember 1497 in Leipzig), Erbprinz von Sachsen
- Johann (1498–1537), Erbprinz von Sachsen ⚭ Elisabeth von Hessen
- Wolfgang (* 1499; † 12. Januar 1500 in Dresden)
- Anna (* 21. Januar 1500; † 23. Januar 1500)
- Christoph (*/† 27. Mai 1501)
- Agnes (* 7. Januar 1503; † 16. April 1503)
- Friedrich (1504–1539), Erbprinz von Sachsen ⚭ Elisabeth von Mansfeld-Vorderort
- Christina (1505–1549) ⚭ Philipp I. von Hessen
- Magdalene (1507–1534) ⚭ Joachim II. von Brandenburg
- Margaretha (* 7. September 1508 in Dresden; † zwischen 7. September und 19. Dezember 1510)
Vorfahren
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ahnentafel Georg der Bärtige | ||||||||
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Ururgroßeltern |
Markgraf |
Herzog |
Herzog |
? |
? | |||
Urgroßeltern |
Kurfürst Friedrich I. von Sachsen (1370–1428) |
Herzog Ernst der Eiserne (1377–1424) |
Viktorin von Podiebrad (1403–1427) |
Smil von Sternberg (–1431) | ||||
Großeltern |
Kurfürst Friedrich II. (1412–1464) |
König Georg von Podiebrad (1420–1471) | ||||||
Eltern |
Herzog Albrecht der Beherzte (1443–1500) | |||||||
Georg der Bärtige |
Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Akten und Briefe zur Kirchenpolitik Herzogs Georg von Sachsen
- Band 1: 1517–1524. Teubner, Leipzig 1905 (Neudruck Böhlau, Köln 1985). Hrsg.: Felician Geß
- Band 2: 1525–1527. Teubner, Leipzig 1917 (Neudruck Böhlau, Köln 1985). Hrsg.: Felician Geß
- Band 3: 1528–1534. Böhlau, Wien-Köln-Weimar 2010. Hrsg.: Heiko Jadatz, Christian Winter
- Band 4: 1535–1539. Böhlau, Wien-Köln-Weimar 2012. Hrsg.: Heiko Jadatz, Christian Winter
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Heinrich Theodor Flathe: Georg, Herzog von Sachsen. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 8, Duncker & Humblot, Leipzig 1878, S. 684–687.
- Heinrich Freiherr von Welck: Georg der Bärtige, Herzog von Sachsen. Sein Leben und Wirken. Verlag Richard Sattler, Braunschweig 1900 (Digitalisat)
- Elisabeth Werl: Georg der Bärtige. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 6, Duncker & Humblot, Berlin 1964, ISBN 3-428-00187-7, S. 224–227 (Digitalisat).
- Friedrich Wilhelm Bautz: Georg der Bärtige. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 209–210 .
- Christoph Volkmar: Reform statt Reformation. Die Kirchenpolitik Herzog Georgs von Sachsen 1488–1525. Mohr Siebeck, Tübingen 2008, ISBN 978-3-16-149409-3.
- Christoph Volkmar: Catholic Reform in the Age of Luther: Duke George of Saxony and the Church, 1488–1525 (= Studies in Medieval and Reformation Traditions), Vol. 209, ed. by Andrew Colin Gow. Translated by Brian Mc Neil and Bill Ray, Brill, Leiden-Boston 2017. ISBN 978-90-04-26188-4
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Vgl. Johann Gottfried Kneschke: De rationibus, quibus permotus Georgius Barbatus animum induit Luthero infensissimum. Zittaviae, 1806
- ↑ von Welck 1900, S. 2.
- ↑ Reinhart Unger: Herzog Georgs Bergordnung von 1509. Frohnau 2009.
- ↑ Walther Haupt: Sächsische Münzkunde (1974), S. 96
- ↑ Simona Schellenberger: Bildwerke des Meisters HW. Entwicklungen der spätgotischen Skulptur zwischen Raumkonstruktion und Graphik. Diss. HU Berlin 2005, hier S. 20–55.
- ↑ Arndt Kiesewetter: Hauptaltar der St. Annenkirche Annaberg-Buchholz. In: Claudia Kunde und André Thieme (Hrsg.): Ein Schatz nicht von Gold – Benno von Meißen, Sachsens erster Heiliger. Katalog zur Sonderausstellung, Petersberg 2017, S. 380–382.
- ↑ Katalog Nr. 4.30 in: Claudia Kunde und André Thieme (Hrsg.): Ein Schatz nicht von Gold – Benno von Meißen, Sachsens erster Heiliger. Katalog zur Sonderausstellung, Petersberg 2017.
- ↑ Katalog Nr. 4.28 in: Claudia Kunde und André Thieme (Hrsg.): Ein Schatz nicht von Gold – Benno von Meißen, Sachsens erster Heiliger. Katalog zur Sonderausstellung, Petersberg 2017.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Digitalisate:
- Hertzog Georgens zu Sachssen Bergkordenung. Dreßden 1536, Online-Ausgabe der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
- Gemeine Stymmen von der Muentze. Leipzig 1548, Online-Ausgabe der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Albrecht | Herzog von Sachsen 1500–1539 | Heinrich |
Personendaten | |
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NAME | Georg der Bärtige |
KURZBESCHREIBUNG | Herzog von Sachsen |
GEBURTSDATUM | 27. August 1471 |
GEBURTSORT | Meißen |
STERBEDATUM | 17. April 1539 |
STERBEORT | Dresden |