Gepatschspeicher

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Gepatschspeicher
Gepatschspeicher von der Gletscherstraße gesehen (Blick Richtung Norden)
Gepatschspeicher von der Gletscherstraße gesehen (Blick Richtung Norden)
Gepatschspeicher von der Gletscherstraße gesehen (Blick Richtung Norden)
Zuflüsse Faggenbach (auch Gepatschbach genannt) vom Gepatschferner, Bliggbach, Kaiserbergbach, diverse Überleitungsstollen
Abfluss Faggenbach
Gepatschspeicher (Tirol)
Gepatschspeicher (Tirol)
Koordinaten 46° 55′ 52″ N, 10° 44′ 29″ OKoordinaten: 46° 55′ 52″ N, 10° 44′ 29″ O
Daten zum Bauwerk

Bauzeit 1961–1964
Höhe des Absperrbauwerks 153 m
Höhe der Bauwerkskrone 1772 m ü. A.
Bauwerksvolumen 7 100 000 m³
Kronenlänge 600 m
Kraftwerksleistung 395 MW
Betreiber TIWAG
Daten zum Stausee
Höhenlage (bei Stauziel) 1767 m ü. A.
Wasseroberfläche 2,6 km²
Stauseelänge 6 km
Speicherraum 138 000 000 m³
Einzugsgebiet 279 km²
Kraftwerk Prutz
Lage
Kraftwerk Prutz (Tirol)
Kraftwerk Prutz (Tirol)
Koordinaten 47° 4′ 2″ N, 10° 39′ 54″ O
Ort Prutz
f1
Kraftwerk

Betreiber TIWAG
Technik

Engpassleistung 325–392 Megawatt
Durchschnittliche
Fallhöhe
793–895 m
Ausbaudurchfluss 52 m³/s
Regelarbeitsvermögen 661 Millionen kWh/Jahr
Sonstiges
Lageplan Speicherkraftwerk Kaunertal

Der Gepatschspeicher liegt im österreichischen Bundesland Tirol im hinteren Kaunertal.

Er speist das Kaunertalkraftwerk der landeseigenen TIWAG in Prutz über ein Gefälle von 793 bis 895 m. Der Stausee, der maximal 138.000.000 m³ Stauvolumen und bei Vollstau 2,6 km² Fläche aufweist, wird von den Bächen des Kaunertals gespeist, die teilweise über Stollensysteme taleinwärts in den Stausee geführt werden. Zusätzlich wird über Stollen Wasser aus dem benachbarten Pitztal (Pitze, Taschachbach) und Radurschltal (Radurschlbach, Nauderer Tscheybach) zugeleitet. Insgesamt beträgt das Einzugsgebiet 279 Quadratkilometer.[1][2]

Das Kraftwerk Prutz (auch Kaunertalkraftwerk) kann in einem durchschnittlichen Jahr 661 Gigawattstunden Strom erzeugen. Im Krafthaus Prutz befinden sich fünf Doppelpeltonturbinen bei einer Gesamtleistung von 395 MW. Das Kraftwerk ist über die Freiluftschaltanlage Prutz und eine 220-kV-Leitung an das Umspannwerk Westtirol angeschlossen. Das Kraftwerk kann mittels Schwarzstart nach einem Blackout eigenständig hochgefahren werden.[1]

Der Gepatschspeicher und das Kraftwerk Prutz wurden in den Jahren 1961–1964 erbaut. Der Schüttdamm war bei der Fertigstellung mit 600 m Länge und einer Höhe von 153 m der zehnthöchste der Welt. Nach etwa 50 Jahren Betrieb wurden in den Jahren 2012–2016 das Wasserschloss saniert und ein neuer Druckschacht mit einem Durchmesser von 4,30 Metern gebaut.[1][3]

Verkehrserschließung

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Am Gepatschspeicher vorbei führt die mautpflichtige Kaunertaler Gletscherstraße.

Derzeit (Stand Jänner 2023[4]) engagiert sich die TIWAG, der Betreiber des Kraftwerkes, für die Errichtung eines Pumpspeicherkraftwerkes im Kaunertal als Teil der Kraftwerkskette Ötztal-Pitztal-Kaunertal. Im Juli 2010 wurde das Projekt zur Umweltverträglichkeitsprüfung bei der Tiroler Landesregierung eingereicht.[5] Auf 2412 m ü. A. soll der Speicher „Platzertal“ mit einem Nutzinhalt von 42 Mio. Kubikmetern errichtet werden. Zur Wassergewinnung sollen die Venter Ache, die Gurgler Ache sowie der Ferwall- und der Königsbach bei Obergurgl gestaut und dorthin abgeleitet werden. Zusammen ergeben diese ein Einzugsgebiet von 280 Quadratkilometern. Zwischen dem Speicher Platzertal und dem bestehenden Speicher Gepatsch soll das unterirdische Pumpspeicherkraftwerk „Versetz“ mit einer Leistung von 400 MW errichtet werden (Oberstufe). Im Pumpbetrieb ist ein Wasserdurchfluss von 56 m³/s, im Turbinenbetrieb von 77 m³/s vorgesehen. Das bestehende Kraftwerk Prutz würde um „Prutz 2“ mit einer Leistung von 500 MW ergänzt werden und das Wasser aus dem Speicher Gepatsch abarbeiten (Unterstufe). Das Regelarbeitsvermögen bis zum Kraftwerk Imst erhöht sich durch den Ausbau von derzeit 661 um 787 auf 1448 GWh/Jahr.[6][7][8]

Das Projekt ist allerdings ökonomisch und ökologisch umstritten da große landschaftliche Eingriffe in zum Teil NATURA 2000 geschützten Gebieten nötig wären. In den ersten Entwürfen lag der neue Speicher im „Fernergries“, unterhalb des Gepatschferners und größtenteils innerhalb des Natura-2000-Gebietes. Die seit 2009 bestehenden geheimen Planungen der TIWAG, als neuen Standort des Speichersees das nahezu unberührte Platzertal oberhalb von Tösens als am leichtesten realisierbar weiterzuverfolgen,[9] kamen im Mai 2010 an die Öffentlichkeit.[10][11] Zuvor war ein Sponsoring der TIWAG zu Gunsten des Kaunertaler Bürgermeisters in Höhe von 40.000 Euro bekanntgeworden.[12] Der WWF bewertete das Vorhaben anhand des Kriterienkatalogs des Bundesumweltministeriums als „ökologisch verheerend“[13] und mehrere Umweltorganisationen wiesen darauf hin, dass der von der TIWAG eingereichte wasserwirtschaftliche Rahmenplan laut Gesetz nur auf den Schutz und die Sanierung von Flüssen abzielen dürfe, nicht aber auf deren energiewirtschaftliche Nutzung.[14] Der Ausbau sei darüber hinaus wegen des Ausbaus der Stromgewinnung von erneuerbaren Energien wirtschaftlich nicht sinnvoll, TIWAG-Vorstand Wallnöfer bezeichnete das Kraftwerk dagegen als „unverzichtbar“.[15]

Befürworter des Projektes weisen darauf hin, dass Pumpspeicherkraftwerke eine entscheidende Rolle für die Netzstabilität spielen, da sie als flexible Energiespeicher fungieren.[16] Sie ermöglichen es, fluktuierende Energiequellen wie Wind- und Sonnenenergie zu integrieren, indem sie überschüssige Energie speichern, wenn sie verfügbar ist, und sie dann freisetzen, wenn die Nachfrage steigt oder die erneuerbaren Energiequellen nicht ausreichen. Diese Fähigkeit zur schnellen Anpassung der Energieerzeugung trägt dazu bei, Netzschwankungen auszugleichen und Spannungsschwankungen zu reduzieren, wodurch die Gesamtstabilität des Stromnetzes gewährleistet wird.[17] Pumpspeicherkraftwerke können daher eine wichtige Rolle beim Wechsel zu erneuerbaren Energiequellen darstellen.[18]

Am 25. Juni 2023 demonstrierten 600 Menschen in Innsbruck gegen den Ausbauplan der TIWAG: Naturschutzorganisationen, Bürgerinitiativen und Gemeinderäte aus 20 betroffenen Orten aus dem Ötztal, dem Inntal und dem Kaunertal. Darunter: „WET – Wildwasser erhalten Tirol“, WWF Österreich, GLOBAL 2000, Fridays for Future Innsbruck, Naturfreunde Österreich, Verein Unser Wasser, „Lebenswertes Kaunertal“ und River Collective. Die Demonstranten brachten ein Raftingboot und Kajaks mit.[19] Eine weitere Demonstration fand am 8. Juli 2023 im Platzertal statt. Dabei wurde ein 50 Meter langes Transparent am Standort des geplanten Staudamms über das Tal gespannt.[20]

Im Juni 2024 gab der Projektwerber überraschend bekannt, die Wasserfassungen samt Überleitungsstollen im hinteren Ötztal vorerst nicht mehr zu verfolgen.[21] Bei einer ebenfalls im Juni 2024 in der Gemeinde Sölden durchgeführten Volksbefragung sprachen sich 96 % gegen eine Überleitung aus dem Ötztal aus (Wahlbeteiligung 59 %).[22]

Das Abtauen der Permafrostböden in den Alpen destabilisiert die Gebirgshänge, auch in der Nähe des Stausees. Der Hang des Bliggferners rutschte im Jahr 2007 20 Zentimeter am Tag ab und riss damit die vergletscherte Hangstruktur zusehends auf. Damit wuchs die Wahrscheinlichkeit eines plötzlichen Abrutschens in den Stausee. In der Folge wäre mit einer Flutwelle zu rechnen, die die Staumauer überwindet, im schlimmsten Fall sei auch mit der Beschädigung des Staudamms selbst zu rechnen.[23]

Einzelnachweise

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  1. a b c TIWAG: Kraftwerk Kaunertal. In: Saubere Energie für Tirol. 2019, S. 20 (tiwag.at [PDF; 3,1 MB]).
  2. Kraftwerkspark. In: TIWAG. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2016; abgerufen am 16. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tiwag.at
  3. Neubau Druckschacht Kaunertal. In: TIWAG. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Juni 2021; abgerufen am 16. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tiwag.at
  4. Tiwag reagiert auf Kritik ORF.at, 14. Januar 2023, abgerufen am 14. Januar 2023.
  5. „Eine ausgewogene Gesamtlösung“, (Memento des Originals vom 26. März 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rundschau.at rundschau.at vom 10. Juli 2010, abgerufen am 7. Mai 2013.
  6. Ausbau KW Kaunertal - Projektvorstellung. In: TIWAG. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 21. Juni 2021; abgerufen am 16. Januar 2021.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.tiwag.at
  7. Projektgebiet: Ausbau Kraftwerk Kaunertal (Memento vom 12. November 2013 im Internet Archive) auf der Webseite der TIWAG, abgerufen am 7. Mai 2013.
  8. Johann Neuner: Ausbau der Wasserkraft in Tirol. Aktuelle Projekte aus Wissenschaft und Praxis. Hrsg.: TIWAG. München 10. Januar 2017 (tiwag.at [PDF]).
  9. Neuer unmöglicher Speicherstandort: TIWAG tritt völlig überstürzt die Flucht nach vorne an, dietiwag.org vom 15. Mai 2010, abgerufen am 7. Mai 2013.
  10. Weder Ja noch Nein zu neuem Kraftwerksplan, ORF Tirol, 15. Mai 2010, abgerufen am 7. Mai 2013.
  11. Entscheidung ist nun gefallen - Vielen Menschen in Tösens sitzt Angst im Nacken, meinbezirk.at, 8. Februar 2011 abgerufen am 7. Mai 2013.
  12. Kaunertal: Rund 50.000 landeten auf Sparbuch ORF Tirol, 12. Mai 2010, abgerufen am 7. Mai 2013.
  13. Katastrophales „Öko-Zeugnis“ für das TIWAG-Kraftwerk Kaunertal, (Memento vom 30. Juni 2013 im Webarchiv archive.today) tt.com, nicht mehr abrufbar am 25. Juni 2023.
  14. „Rütlischwur“ der Umweltorganisationen gegen Kraftwerk Kaunertal, wwf.at, 27. März 2012, abgerufen am 7. Mai 2013.
  15. Gutachten: Kraftwerk Kaunertal „Auslaufmodell“, orf.at, 30. November 2012, abgerufen am 7. Mai 2013.
  16. Bayerischer Rundfunk: Stromspeicher: Vorratslager für Windkraft und Sonnenenergie. 11. November 2022 (ardalpha.de [abgerufen am 18. August 2023]).
  17. Nadine Gode und Axel Weiß SWR: Pumpspeicherkraftwerke: Von null auf hundert in hundert Sekunden. Abgerufen am 18. August 2023.
  18. Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, Technische Universität Graz: OPTIMIERTER SPEICHERBEDARF FÜR 100% ERNEUERBAREN STROM. Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, Technische Universität Graz, 18. August 2022, abgerufen am 18. August 2023.
  19. Großdemo gegen Kraftwerksausbau Kaunertal ORF.at, 25. Juni 2023, abgerufen am 25. Juni 2023.
  20. Mit Riesentransparent gegen „Megaprojekt“ ORF.at, 8. Juli 2023, abgerufen am 11. Juli 2023.
  21. Kraftwerkspläne: Erleichterung und Kritik. In: tirol.orf.at. 4. Juni 2024, abgerufen am 13. Juni 2024.
  22. Totale Ablehnung der TIWAG-Pläne im Ötztal. In: tirol.orf.at. 9. Juni 2024, abgerufen am 13. Juni 2024.
  23. Permafrost – Und dann war der Gipfel weg (Memento vom 29. Dezember 2007 im Internet Archive), Süddeutsche, 27. Dezember 2007.
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