Gerhard Fietz

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Gerhard Fietz (* 25. Juli 1910 in Breslau; † 4. März 1997 in Göddingen) war ein deutscher Maler, Professor und Vertreter der gegenstandslosen Malerei. Er gilt als ein wichtiger Maler der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Deutschland.

Als Mitbegründer der Künstlergruppe ZEN 49 trat er gegen die traditionelle Gegenständliche Kunst an und entwickelte mit Malern wie Willi Baumeister, Fritz Winter oder Rupprecht Geiger eine Malerei, die sich auf die Erprobung der künstlerischen Mittel konzentrierte. Fietz stellte auf zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen aus, so unter anderem 1955 in der vielbeachteten Ausstellung im Cercle Volnay in Paris.

Gerhard Fietz ist am 25. Juli 1910 in Breslau geboren. Nach dem Abitur 1930 begann Fietz sein Studium an der Staatlichen Akademie für Kunst und Kunstgewerbe in Breslau, wo er unter anderem bei Alexander Kanoldt und Oskar Schlemmer studierte. 1932 wechselte er an die Staatliche Kunstakademie Düsseldorf. 1937 wurde Fietz Meisterschüler von Kanoldt an der Preußischen Akademie der Künste in Berlin. Bald nach Abschluss seiner Ausbildung und Malaufenthalten im Riesengebirge, an der Ostsee und in Schlederloh wurde Gerhard Fietz in den Krieg eingezogen. Der 31-jährige kämpfte als MG-Schütze ab 1941 im sogenannten Mittelabschnitt Russlands bei Orel und Minsk. Fietz blieb Gefreiter, weil er sich weigerte, Offizier zu werden. Ein Bataillonsarzt verhalf ihm zu einer Sanitäterausbildung. Seine Kriegsverletzung zwang ihn zu einem mehrmonatigen Aufenthalt im Lazarett in Stolp (Słupsk, Polen), anschließend zog Fietz nach Schlederloh (Icking).

Nach Aufenthalten in Stuttgart und Buch bei Illertissen nahm Gerhard Fietz 1953 und 1956 eine Stelle als Gastdozent in Hamburg an und wurde 1957 zum Professor an der Hochschule der Bildenden Künste in Berlin ernannt; zu seinen Studenten gehörten dort u. a. die Maler und Graphiker Ernst Marow und Karl-Heinz Herrfurth. In den Jahren 1965 bis 1974 unternahm er mit seinen Studierenden jährlich eine Studienreise auf die holländische Insel Terschelling. Nach längeren Aufenthalten auf der Insel Cres, Kroatien, zog Gerhard Fietz 1979 nach Göddingen bei Bleckede, wo er am 4. März 1997 verstarb. Sein Nachlass wurde gepflegt von seiner Frau Anne Fietz (* 20. Oktober 1938, † 23. September 2014).[1]

Das Gerhard-Fietz-Haus

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Das Gerhard-Fietz-Haus liegt nahe der Elbe in dem kleinen Ort Göddingen, einem von 14 Ortsteilen der Stadt Bleckede. Aus einer ausgedienten Kartoffelscheune wurde es 1979 zu einem großzügigen Wohn- und Atelierhaus umgebaut. 1999 gründete sich der Freundeskreis Gerhard Fietz e. V. und zeigt nun in dem erweiterten Anbau Ausstellungen von namhaften Künstlern, die unter anderem mit Gerhard Fietz in Verbindung standen.

Während des Krieges in Russland musste sich Gerhard Fietz mit dem Alltag von Krieg und Besetzung sowie der Andersartigkeit des Landes und seiner Menschen auseinandersetzen. Ungewohnt weit, urwüchsig und ungekünstelt erlebte er die russische Landschaft. Er beobachtete und zeichnete und fotografierte Dörfer, die hüttenartigen Bauten und alles was dazugehörte: einfache Arbeitsgeräte, Brunnen, Zäune, Wege. Faszinierend empfand er die Begegnung mit den russischen Menschen. Mit Einwilligung der Modelle zeichnete er bildmäßige Porträts von alten Männern und Frauen mit ihren vom Leben geprägten Gesichtern, oder junge Mädchen, Madonnentypen mit unregelmäßigen, großflächig ruhigen Zügen. Das Zeichnen wurde Gerhard Fietz zur Überlebensstrategie, er erlebte den Krieg, die russische Bevölkerung, das Land subjektiv anders als die primitiven Klischees der Kriegspropaganda glauben machen wollten. Er litt an dem Unheil, das der Krieg, er selbst inbegriffen, über Russland brachte. Als er am 23. Juli 1943 an Arm, Hals und Handgelenk verwundet wurde, war der Krieg für ihn zu Ende. Seine gelähmte Linke und die zitternde rechte Hand konnten im Reservelazarett Stolp und durch späteres Training wieder funktionsfähig gemacht werden. Sein Bataillon wurde aufgerieben.

"Ich werde nicht fertig mit meinem Urteil über Russland; je länger ich hier bin, kommen schnell gefasste Urteile ins Wanken. Ich zweifle an vielem, was ich voreilig gedacht hatte. Russland in den Extremen schwankend, hat so vieles zum Lieben und so vieles, das abzulehnen ist. So manches im alten Europa erscheint falsch und dekadent und ungesund, je länger ich die Naturhaftigkeit Russlands erkenne. Ich spüre immer wieder die ganze Kraft und Schönheit des Russen hinter der sonstigen Verwahrlosung, bedingt durch lähmende Armut." (G. Fietz, Kriegstagebuch).

Die Verarbeitung der Kriegserlebnisse auf bildnerischer Ebene gab Fietz nach 1945 bald auf. Auch von seinem Vorkriegswerk trennte er sich entschlossen. Auf der Suche nach einer neuen Ausdrucksmöglichkeit fand er in der Abstraktion eine Bildsprache, die Klärung der Nachkriegssituation ermöglichte und zugleich ein „neues Alphabet der Verständigung“ (G. Fietz) bot. Von der Naturdarstellung verlagerte sich das Interesse auf die Erprobung der künstlerischen Mittel, der Funktionen von Farbe, Linie, Form im Raum, Möglichkeiten ihrer Verhältnisse und Wirkungen aufeinander. Theoretische Studien über die Grundelemente der Malerei begleiteten die Experimente. Konsequent vermied er hinfort Titel und nummerierte seine Arbeiten fortlaufend.

Im Oktober 1949 gründeten Fietz und andere, gegenstandslos arbeitende Künstler aus dem südwestdeutschen Raum die Vereinigung ZEN 49: Willi Baumeister, Fritz Winter, Rupprecht Geiger, Rolf Cavael, Willi Hempel und die Bildhauerin Brigitte Meier-Denninghoff. Als kunsthistorische Berater standen Dr. Franz Roh, Dr. Ludwig Grote und der spätere Kunstkritiker John Anthony Twaites zur Seite. ZEN 49 trat gegen die traditionell gegenständliche Kunst an, lehnte sie als reaktionär ab. Auf den Namen hatte man sich geeinigt, weil der ostasiatische Kulturkreis des Buddhismus eine geistige Grundlage bot, die den Vorstellungen der Mitglieder entgegenkam. Fast fünf Jahre hatte die Gruppe Bestand, weitere, heute namhafte Künstler aus Frankreich, schlossen sich an: Pierre Soulages, Hans Hartung, Gérard Schneider. Gerhard Fietz beteiligte sich an allen ZEN 49-Ausstellungen.

Immer neue Ansätze, Reflexionen, Experimente mit dem bildnerischen Vokabular bestimmen den künstlerischen Weg des Malers. Formen treten organoid oder geometrisch scharf abgegrenzt auf, Figurationen abstrakt-konkret, Strukturen reliefartig oder tachistisch. Die geschlossene Form löst sich auf, der Bildraum wird zum Farbraum. Bald übernimmt die Farbe die Funktionen der Form und Linie, um am Ende selbst strukturiert und mit neuem reliefartigem Ausdruck hervorzutreten. Der Maler bediente sich jetzt bestimmter Werkzeuge zur Strukturierung, er benutzt zuweilen Werkzeuge wie einen Spachtel.

Menschenbild, Ikarus

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Ab 1959 ergab sich eine neue Annäherung an die Natur, ausgelöst durch Arbeitsaufenthalte auf der Insel Terschelling und Unterhaltungen mit seinen Studenten. Die Spannungen der Gegenwart – der Vietnamkrieg, der Mauerbau, die 68er Auseinandersetzungen – ließen alte Bilder wieder aufsteigen, von Krieg, Zerstörung, Verletzungen, Erfahrungen mit dem Tod. Gerhard Fietz grübelte über eine angemessene Bildform für das menschliche Gesicht. Bis in die 80er Jahre hinein befasste er sich mit Serien von Köpfen, mit der Gestaltung jener Traumgesichter, die ihn verfolgten. Es wurden Bilder von hoher Intensität und außerordentlicher Divergenz. 1965/66 malte Gerhard Fietz fünf monumentale Bilder, die sich thematisch zusammenfügen. Die Bilder zeigen Szenen mit Figurengruppen, die das Thema Krieg auf eine allgemein menschliche Ebene versetzen. Das Innenraumbild (1965/4) weckt Assoziationen an geöffnete Luftschutzbunker mit Schreckensszenarien von Toten, die Merkmale des Wahnsinns und langen Ausharrens zeigen. "Die Gefährten des Ikarus" (1966/1) bilden eine Persiflage auf menschliche Hybris. Ikarus bleibt kein Einzelfall: wer seine Macht und sein Können leichtfertig missbraucht, stürzt tödlich ab. Das dritte große Bild (1966/25) überträgt die Menschentragödie auf Tierwelt und Natur. Ein verwundetes Pferd bäumt sich auf und wendet sich panisch zur Flucht, von einem prügelnden Menschen verfolgt. Mit der Pathosgeste des hochgereckten Kopfes weckt es Erinnerungen an Picassos Guernica-Bild. Es verkörpert das Leiden der Kreatur im Krieg, der jedoch der Ausbruch in die Freiheit gelingt.

Zu Beginn der 70er Jahre hielt sich Gerhard Fietz mit dem befreundeten Kollegen Helmut Thoma auf der kroatischen Insel Crés auf. Das Erlebnis mittelmeerischen Lichts leitete eine neue Phase der Malerei ein, den Schritt zur autarken Farbe, die aus eigener Kraft Thema und Inhalt des Bildvorgangs wird. Er untersuchte die Proportionalität von Farbe und von geometrischen Formen, ferner die Möglichkeiten der Farbe innerhalb geometrischer Abgrenzungen. Das Kolorit steigerte er dabei, den Gesetzen der Kontrastwirkungen folgend, zunehmend zu ungebrochenen, reinen Tönen. Mathematisch exakte Linien, Flächen, Dreiecke, Kreise, puristische Formen bestimmen die Arbeiten dieser Zeit.

Das Spätwerk von Gerhard Fietz entstand nach dem Ende der Verpflichtung als Hochschullehrer und seinem Umzug nach Göddingen im Jahre 1979. In Göddingen, fern vom Getriebe der Großstadt, fanden sie Gestaltung, hier setzte er seine philosophische Lebensanschauung und seine Reflexionen in neue Ausdrucksformen freier, farbenreicher Malerei um. Aus Motiven und Bildern der 40er und 50er Jahre entstanden veränderte, großformatige Bildkompositionen. Manche wecken Vorstellungen an Eruptionen oder Explosionen geballter Energie. So wandelte sich das kriegerische Bild von 1953 "Es gibt Gegner und Auseinandersetzung", 1953/108, im Spätwerk zu "Neuer Sturm", 1990/27. Die Bilder vom Krieg, die Fragen nach dem Menschen münden im Alter in eine Sphäre des Kosmos, reduzieren sich auf ein physikalisches Kräftesystem. Die Physik löst moralisch-ethische Fragen nach Schuld, Religion, Macht und Krieg in einer außermenschlichen, überirdischen Sphäre auf.

Einzelausstellungen (Auswahl)

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1940 Galerie Günther Franke, München
1947 Galerie Dr. Petzet, Icking
1948 Moderne Galerie Otto Stangl, München
1950 Galerie der Spiegel, Köln | Galerie Springer, Berlin
1954 Galerie Schüler, Berlin.
1957 Stedelijk Museum, Amsterdam
1958 Museum Ulm
1963 Kunsthalle Wilhelmshaven | Kunstmuseum Mülheim an der Ruhr | Kunstamt Charlottenburg, Berlin
1964 Akademie der Künste, Berlin
1979 Museum für das Fürstentum Lüneburg
1981 Kurhaus Hitzacker
1988 Galerie Harthan, Stuttgart | Kunstverein Springhornhof, Neuenkirchen | Galerie Walther, Düsseldorf | Haus der Kultur, Mali Losinj, Jugoslawien
1989 Galerie Dittmar, Hamburg
1990 Galerie Walther, Kunstmesse ART COLOGNE, Köln
1991 Haus am Lützowplatz, Berlin | Ostdeutsche Galerie, Regensburg
1992 Galerie am Rotkreuzplatz, München
1994 Galerie Walther, Düsseldorf
1995 Karl & Faber, München
1996 Kunstverein Schweinfurt
1997 Fritz-Winter-Atelier, Dießen
1998 Fritz-Winter-Haus, Ahlen
1999 Gerhard Fietz Haus, Bleckede/Göddingen | Galerie Dittmar, Berlin
2000 Galerieverein Leonberg | Oberhessisches Museum, Gießen
2002 Städtische Sammlungen Schweinfurt
2003 Franz Hitze Haus, Münster
2004 Villa Wessel, Iserlohn
2005 München Swiss Life
2010 Kunstverein Schweinfurt
2013 Schloss Neuhardenberg, Brandenburg | Stadtbibliothek Leba, Polen
2014 Buchheim-Museum, Bernried am Starnberger See | Fietz Haus Göddingen, Bleckede/Göddingen
1949 Blevin-Davis-Preis, München
1950 1. Ströher-Preis, Darmstadt
1951 4. Domnick-Preis, Stuttgart
1988 Kulturpreis des Landkreises Lüneburg
1991 Lovis Corinth-Preis
  • Werner Haftmann: Malerei im 20. Jahrhundert. München 1962.
  • Gerhard Fietz. Herausgegeben vom Museumsverein für das Fürstentum Lüneburg. Mit einem Text von Herbert Kessler. Lüneburg 1980.
  • Gerhard Fietz – Arbeiten 1957–1967. Galerie Angelika Harthan. Mit einem Text von Brigitte Lohkamp. Stuttgart 1989.
  • Gerhard Fietz – Retrospektive. Herausgegeben von Galerie Angelika Harthan Stuttgart, Städtische Galerie Leinfelden-Echterdingen, Kulturverein Zehntscheuer Rottenburg, Galerie der Stadt Sindelfingen. Mit einem Text von Brigitte Lohkamp, Texten und autobiographischen Aufzeichnungen des Künstlers. 1991.
  • Gerhard Fietz zum 85. Geburtstag. Werke 1947–1995. Karl & Faber München 1995.
  • Bruhns, Maike: Russlandbilder – Künstler zeichnen im Zweiten Weltkrieg. Mit Texten von Gerhard Fietz, Theo Wilhelm und Heinrich Christian Meier. Altonaer Museum in Hamburg 1995.
  • Gerhard Fietz – Die Suche nach der Bildform des menschlichen Gesichtes im Spiegel von Lebenserfahrungen. Mit einem Text von Eckhard Michael. Kunstverein Lüneburg 1999.
  • Erich Schneider, Joachim Haas: Auf dem Weg zum absoluten Bild. Schweinfurter Museumsschriften 68/1996.
  • Gerhard Fietz – Annäherung und Werk. Herausgegeben von Anne Fietz. Mit einem Werkverzeichnis. Göddingen 2000.
  • Gerhard Fietz – Arbeiten auf Papier. Bilder und Texte. In: Schweinfurter Museumsschriften, Bd. 104/2002. Schriften des Freundeskreises Gerhard Fietz, Band 2002/2003.
  • Gerhard Fietz Russlandzeichnungen, Werkverzeichnis II. Freundeskreis Gerhard Fietz, Schriften des Freundeskreises Gerhard Fietz, Göddingen 2005.
  • Gerhard Fietz Russlandzeichnungen, Werkverzeichnis III. Freundeskreis Gerhard Fietz, Schriften des Freundeskreises Gerhard Fietz, Göddingen 2013.

Einzelnachweise

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  1. http://www.landkreis-lueneburg.de/Home-Landkreis-Lueneburg/Tourismus-und-Ehrenamt/Auszeichnungen-und-Ehrenamtliche/Ehrenbuch/Ehrenbuch-1/anne-fietz.aspx/myfilter-f/@1@2Vorlage:Toter Link/www.landkreis-lueneburg.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.