Gottlob Nathusius (Unternehmen)
Die Magdeburger Firma Gottlob Nathusius[1] bestand von 1786 bis 1950. Sie gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg zu den größten und bekanntesten[2] Tabak- und Zigarrenfabriken Deutschlands und begründete den Reichtum von Johann Gottlob Nathusius. Sie blieb bis zur Enteignung 1950 in der Hand der Familie und wurde von fünf Generationen geführt.
Johann Gottlob Nathusius’ Tabakfabrik
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johann Gottlob Nathusius hatte nach einer kaufmännischen Ausbildung in Hamburg für den angesehenen Magdeburger Kaufmann Johann Julius Sengewald gearbeitet. Als der am 14. April 1785 starb, wurde Nathusius zunächst Geschäftsführer der Sengewald'schen Grosshandlung, kurze Zeit später übernahm er das Geschäft auf eigene Rechnung.
Gründung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Tod König Friedrichs des Großen am 17. Oktober 1786 hob die neue preußische Regierung unter seinem Nachfolger Friedrich Wilhelm II., der staatlich organisierte Monopole und Prohibition ablehnte,[3] im Dezember 1786 das bis dahin bestehende Tabakmonopol[4] auf. Kurze Zeit später kam als Ergänzung zur Sicherstellung der Produktionsqualität eine Konzessionspflicht dazu. Nathusius entschloss sich, neben dem Handelsgeschäft eine Tabakfabrikation zu errichten. Im selben Jahr wurde die Firma Richter & Nathusius gegründet, bei der neben Nathusius auch der Schwager des verstorbenen Sengewald, Wilhelm Richter, als Teilhaber mit eintrat. Es war die erste preussische Tabakfabrik. Später firmierte der Betrieb unter Gottlob Nathusius.
Damals wurde Tabak vorwiegend zu Schnupftabak verarbeitet, Zigarren waren noch nicht üblich, und nur ein kleiner Teil wurde in – zumeist holländischen – Tonpfeifen geraucht. Der Tabak wurde in der Regel bereits verarbeitet importiert, da die deutsche Tabakproduktion einen schlechten Ruf hatte. In der neugegründeten Firma wurden also zunächst Versuche angestellt, Rohtabak auf bislang unübliche Art zu bearbeiten. Nach kurzer Zeit war eine neuartige Verarbeitungsform der importierten Tabakblätter gefunden. Anstelle des vormals üblichen Zusatzes vieler Geschmacksverstärker (sogenannter „Saucen“) zu stark gegorenen Blättern, wurde bei Gottlob Nathusius nur noch leicht angegoren und den Blättern neben Kochsalz nur gereinigte Pottasche zugesetzt. So entstand ein natürliches und dennoch aromatisches Produkt.
Die ersten Jahre
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemeinsam mit seinem Partner hatte Nathusius 1788 ein Haus im Breiten Weg (Nr. 177) in der Magdeburger Innenstadt im Wert von 8.000 Talern erworben. Hier wurde die Firma etabliert. In dem vierstöckigen Gebäude konnte Nathusius nicht nur wohnen, sondern bis zu 70 Personen bei der Tabakherstellung einsetzen. Außerdem wurden eine Bleiwalze (Blei wurde zum Einwickeln des Schnupftabaks benötigt), eine Buchdruckerpresse und eine Siegellackproduktion installiert, um Verpackungsmaterial herstellen zu können.
Wie auch andere Magdeburger Tabakfabrikanten wurde in den 1790er Jahren auch Ackerland außerhalb der Stadt (etwa 5 Hektar) gepachtet. Dort ließ Nathusius Tabak anbauen. Später wurden hier gewonnene Erkenntnisse im größeren Umfang in Althaldensleben verwertet. Den größten Teil des Rohmaterials bezog die Fabrik aus der Uckermark, aus Polen, Galizien, Russland und Ungarn. Das Unternehmen hatte zur Abwicklung der Geschäfte vor Ort Kommissionäre in Sankt Petersburg, Pressburg und Pest. Die gefertigten Produkte wurden im Herzogtum Magdeburg, in Hamburg, in Anhalt und in Sachsen abgesetzt.
Wilhelm Richter starb 1793, die Firma beschäftigte zu dem Zeitpunkt bereits 130 Personen[6] und war 100.000 Taler wert[3]. Nach dem Tod des Partners übernahm Nathusius dessen Anteile.
Ende des Jahrhunderts war Nathusius' Manufaktur in der Elbstadt der führende Tabakhersteller und von erheblicher Bedeutung für das örtliche Wirtschaftsleben. Rund 300 Menschen arbeiteten in der Fabrik, von den 1799 verarbeiteten rund 22.500 Zentnern Tabak entfielen 1799 über die Hälfte auf Nathusius' Betrieb.[7]
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Nathusius zum reichsten Magdeburger Bürger geworden. 10 % der produzierten Waren wurden ins Ausland verkauft, der Rest wurde innerhalb der Monarchie abgesetzt. Nach 1800 wurden auch ein neues Stampfmühlenwerk und eine eigene Seilerei errichtet. Für die Mahlwerke wurden 16 Pferde gehalten.[8]
Es kam zunehmend zu Konfrontationen mit den noch handwerklich arbeitenden Tabakspinnern.[9] Sie mussten sich auf die Herstellung von Rolltabak und zwei Sorten geschnittenen Rauchtabaks beschränken und konnten sich im Markt nicht mehr gegen die industriell produzierenden Fabriken behaupten. Tabakspinner in Magdeburg forderten deshalb, dass das Nathusius'sche Unternehmen keinen Rolltabak mehr herstellen dürfe. Die Behörden unterstützten jedoch die Liberalisierung der Produktion[3].
Das zweite preußische Tabakmonopol
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Als Preußen 1797 im Laufe der Koalitionskriege in finanzielle Schwierigkeiten geriet, wurde das Tabakmonopol erneut eingeführt. Bislang private Fabriken wurden auf Rechnung der Königlichen Administration weitergeführt.[10] Mit Blick auf seine Erfolge als Tabakunternehmer wurde Nathusius zum General-Fabrikdirektor für alle Fabriken ernannt. Im selben Jahr nach Regierungsantritt König Friedrich Wilhelms III. wurde das Monopol bereits wieder aufgehoben, Nathusius konnte wieder seine Magdeburger Fabrik übernehmen.
1798 bezeichnete man in Magdeburg mit „Cigaros“ Rauchtabak, der an einem Ende angezündet wurde und ohne Pfeife geraucht wurde. Der Anteil der Tabakindustrie an der gesamten industriellen Produktion Magdeburgs war bedeutend und betrug 6 %[3].
Kriegszeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die bereits 1792 begonnenen Koalitionskriege betrafen ab 1804 zunehmend die Magdeburger Gegend. Spätestens seit Preußens Niederlage bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt, dem anschließenden Einzug französischer Truppen in Berlin, und mit der durch Napoleon erhobenen Kontinentalsperre gegen England, kam es neben den Kriegsfolgen zu deutlich erschwerten Wirtschaftsbedingungen in Magdeburg. Die Probleme in der Produktion wurden begleitet von einem Rückgang der Nachfrage aufgrund des Mangels an verfügbaren Zahlungsmitteln und der Verarmung ländlicher Gegenden.
Königreich Westphalen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das 1807 auf Basis des Tilsiter Friedens entstandene Königreich Westphalen brachte den Kaufleuten und Produzenten des eingegliederten Magdeburgs zunächst erhebliche Steuerlasten. Es ergaben sich in dem liberalisierten Markt aber auch geschäftliche Möglichkeiten. So konnte Nathusius 1810 das bei Magdeburg gelegene, säkularisierte Klostergut Althaldensleben kaufen. Als dann 1813 eine Belagerung der Stadt durch anrückende preußische Truppen bevorstand, wurde die Tabakfabrik Gottlob Nathusius am 28. August 1813 von Magdeburg nach Althaldensleben verlegt, wo es geeignete Gebäude gab und die Produktion ungestört weitergeführt werden konnte. Nach dem Abzug der französischen Truppen[11] wurde die Tabakproduktion am 4. Mai 1814 wieder nach Magdeburg in die Straße Breiter Weg zurückverlegt. G. A. Hillebrand und Jacob Steinbrück wurden Prokuristen.[12]
Wieder Preußen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Mit der Völkerschlacht bei Leipzig im Jahr 1813 wurde das Ende des Königreichs Westphalen eingeleitet. Es kam zur Wiederherstellung der ursprünglichen Territorien, Magdeburg wurde wieder preußisch. Die jungen Industrien, darunter auch die industrielle Tabakherstellung erlebten einen starken Aufschwung. Ab 1813 verschwand auch der Beruf des Tabakspinners[3]. Die Firma Gottlob Nathusius verfügte wegen ihrer vorteilhaften Preisgestaltung bald über einen enormen Absatzmarkt.[13]
Unter den Nachfolgern
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 1835 starb Johann Gottlob Nathusius. Die bisherigen Prokuristen Hillebrand und Steinbrück führten – als Mitgesellschafter – die Firma auf Rechnung der Erben weiter. Am 1. Januar 1845 wurde nach achtjähriger Tätigkeit in der Firma der Neffe des verstorbenen Gründers, Moritz Nathusius (1815–1886),[14] als Teilhaber aufgenommen. Er und seine Nachkommen führten die Firma bis 1950.
Moritz Nathusius
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 1. Januar 1849 traten Hillebrand und Steinbrück aus der Firma aus, und Moritz Nathusius übernahm die Fabrik als Alleingesellschafter. Zu der bis dahin betriebenen Herstellung von Rauch-, Kau- und Schnupftabak wurde nun auch die Fabrikation von Zigarren aufgenommen. Die Zigarren-Produktion wurde weiter ausgebaut, vor allem als mit Gottlob August Nathusius (1849–1906),[15] der Sohn des Moritz Nathusius, am 1. Januar 1875 in nunmehr dritter Generation als Teilhaber in die Firma aufgenommen wurde.
Gottlob August Nathusius
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nach dem Tod von Moritz Nathusius 1886 übernahm dessen Sohn Gottlob August Nathusius die Firma. Da das Zigarrengeschäft stetig expandierte, mussten außerhalb Magdeburgs Zweigwerke angelegt werden, so in Calbe (Saale) in der Ritterstraße 2,[16] in Mihla an der Werra sowie in Heiligenstadt. Die Tabakfabrikation der Nathusius'schen Fabriken ging ständig zurück und wurde schließlich zugunsten der Zigarrenherstellung ganz eingestellt. Am 1. April 1906 wurde dann auch die zu klein gewordene alte Fabrik am Breiten Weg aufgegeben und in moderne Fabrikationsräume in der Straße Am alten Brücktor 8–10 (heute existiert diese Straße nicht mehr) umgezogen.
Gottlob Moritz Nathusius
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 14. April 1906 starb Gottlob August Nathusius wenige Tage nach dem Umzug in die direkt an der Elbe gelegene neue „Zentral“-Fabrik. Sein Sohn Gottlob Moritz Nathusius übernahm das Geschäft – er war bereits seit dem 10. Oktober 1899 als Prokurist tätig und am 1. Januar 1904 als Teilhaber in die Firma aufgenommen worden.
Vor dem Ersten Weltkrieg wurden in den verschiedenen Werken der Tabakfabrik Gottlob Nathusius rund 100 verschiedene Zigarren-Sorten hergestellt. In der Magdeburger Zentral-Fabrik wurden – neben der dortigen Zigarren-Produktion – auch die in den Zweig-Fabriken hergestellten Zigarren verarbeitet. In Magdeburg erfolgte das Sortieren und Verpacken dieser Produkte. Ebenso waren hier die Kistenfabrikation, das Lager, der Versand und das Kontor (Verkauf, Buchhaltung) untergebracht. Die damals verwendete Schutzmarke der Produkte aus den Nathusius-Fabriken war „Gonama“, gebildet aus den jeweils ersten zwei Buchstaben der Namen in der zu der Zeit genutzten Firmenbezeichnung Gottlob Nathusius Magdeburg.
Erster Weltkrieg und Nachkriegszeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Während der Kriegsjahre wurde der größte Teil der Produktion der Versorgung der Fronttruppen zugeteilt. Die gesamte Rohtabak-Bewirtschaftung (Einkauf und Verteilung des Rohtabaks) lag bei einer Verteilungsstelle des Reichs. Im Jahr 1918 wurde die Einfuhr von holländischen und amerikanischen Kolonialtabaken immer schwieriger und das Volumen entsprechend geringer, so dass die Erzeugung an Tabakfabrikaten so weit zurückging, dass der reguläre Handel mit Tabakwaren kaum noch beliefert werden konnte. Im Frühjahr 1919 waren alle Tabak-Restbestände aufgearbeitet, die Nachfrage konnte nicht mehr bedient werden. Finanzielle Einbußen entstanden zusätzlich dadurch, dass das Betriebskapital großteils in nun wertlose Kriegsanleihen investiert worden war.
Am 30. September 1934 wurde die Magdeburger Fertigung in ein neues Fabrikgebäude in der Königgrätzerstr. 20 (heute: Denhardtstraße) verlegt. Bis auf den Standort in Mihla wurden die Zweigwerke geschlossen. Im November 1936 starb Nathusius nach einem Zusammenbruch in seinem Büro im Altstädtischen Krankenhaus in Magdeburg.
Gottlob Hans Nathusius
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Erben der Firma und der Fabriken waren die Witwe und die beiden Kinder von Nathusius, Marga Katharina sowie der damals 11-jährige Gottlob Hans Nathusius (1925–2008).[17] Gottlob Moritz Nathusius hatte es seiner Witwe testamentarisch zugestanden, die Firma zu verkaufen. Die wollte sie jedoch für ihren Sohn erhalten und so wurde 1936 zunächst der bisherige Prokurist Schade als Geschäftsführer eingesetzt.
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Am 16. Januar 1945 wurde das Magdeburger Fabrikgebäude bei dem verlustreichsten Bombenangriff auf den Rüstungsproduktionsstandort Magdeburg schwer beschädigt. Die Fabrikation lief dennoch unter schwierigen Bedingungen weiter. Nach der Rückkehr von Gottlob Hans Nathusius aus der Kriegsgefangenschaft im Jahr 1946 wurde er zunächst als Lehrling und am 1. Oktober 1948 als Teilhaber der Firma aufgenommen.
Trotz Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Baumaterial und der Sperrung von Privat- und Firmen-Bankkonten in der sowjetischen Besatzungszone konnte die Fabrik in den Jahren 1946 und 1947 wiederaufgebaut werden. Das Zweigwerk in Mihla musste allerdings aufgegeben werden. Die Produktion wurde 1947 wieder aufgenommen. In der Folge kam es zu Engpässen bei der Rohstoffversorgung sowie zu politischen Repressalien gegen den Unternehmer.
Mit Veröffentlichung vom 5. Juli 1950 wurde die in fünfter Generation geführte Traditionsfirma vom Amtsgericht Magdeburg enteignet und stillgelegt. Im Anschluss an die Enteignung wurde eine Herren-Bekleidungsfabrikation der Marke „Hubert Schacht“ (Mäntel und Sakkos) in der ehemaligen Tabakfabrik eingerichtet.
Das enteignete Gebäude wurde nach der Wiedervereinigung an die Familie Nathusius zurückübereignet, und von dieser in den 1990er Jahren an die Universität Magdeburg verkauft. Die alten Fabrikanlagen wurden abgerissen und in das Gelände in den heutigen Universitäts-Campus integriert.
Die Eigentümer bis zum Zweiten Weltkrieg
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Johann Gottlob Nathusius (1760–1835)
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Moritz Heinrich Nathusius (1815–1886)
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Gottlob August Nathusius (1849–1906)
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Gottlob Moritz Nathusius (1876–1936)
Sonstiges
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Schläge von Richter und Nathusius
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Nathusius'sche Tabakfirma war Ende des 18. Jahrhunderts so bekannt, dass sie zum Sprichwort wurde. So soll auf einen alten Oberst in der Posener Garnison der Befehl zurückgehen: „Zählt mal dem Kerl 25 auf, aber von Richter und Nathusius“.
Der simple Köckeritz
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Karl Leopold von Köckeritz,[18] Generaladjutant Friedrich Wilhelms III., hatte sich an einen bestimmten Nathusius-Tabak so gewöhnt, dass ihm nichts anderes mehr schmeckte. Als die preußischen Einheiten 1806 vor den Franzosen fliehen mussten und wegen des Krieges dieser Tabak im Norden Deutschlands nicht mehr erhältlich war, bat er einen Danziger Tabak-Fabrikanten an Nathusius zu schreiben und ihn in des Generals Namen nach der Rezeptur zu fragen. Nathusius erlaubte die Produktion seines Tabaks in Danzig, und der dortige Fabrikant bat den General darum, dessen Namen als Marke verwenden zu dürfen. Der General erlaubte das mit der Aussage: „Nur keine Umschweife so dabei, ganz simpel“. Entsprechend wurde zukünftig dieser Tabak unter dem Namen "Simpler Köckeritz" verkauft.[19]
Der Etikettenprozess in Berlin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein kleinerer Berliner Tabakfabrikant brachte Anfang des 19. Jahrhunderts eigene Produkte unter dem Namen Richter & Nathusius auf den Markt. In einem Gerichtsverfahren wurde er von der Anklage, mit dem Verkauf dieser Produkte unter falscher Marke Käufer übervorteilt zu haben, freigesprochen. Julius Eduard Hitzigs Zeitschrift für die Criminal-Rechts-Pflege in den Preußischen Staaten mit Ausschluß der Rheinprovinzen[20] führte dazu aus, dass es nach Meinung des Gerichtes üblich sei, schlechteren Tabak mit den Marken besserer Tabaksorten zu beschriften; das würden auch die großen Tabakproduzenten so praktizieren. Insofern würde keine Schädigung, mithin kein Betrug des Käufers vorliegen. Strafbar, wenn auch noch kein Betrug, sei nach Ansicht des Gerichtes aber die Verwendung von Marken anderer Produzenten, wenn ihnen so deren Kundschaft entzogen würde. Diese Strafbarkeit gelte allerdings nur bei unerlaubter Nutzung von Marken inländischer Produzenten, das Imitieren von Marken ausländischer Produzenten sei dagegen erlaubt. Zu dem Zeitpunkt gehörte Magdeburg zum Königreich Westphalen, die Klage wurde abschlägig beschieden und der Kläger (Gottlob Nathusius) wurde zu einer Strafzahlung von 30 Talern verurteilt.[21]
Einzelnachweise und Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Im Laufe der Jahre firmierte der Betrieb auch als Richter & Nathusius, Richter und Nathusius, Tabacks Fabrique Gottlob Nathusius, Tabacks Fabrique von Nathusius, Gottlob Nathusius Cigarren-Fabriken oder Gottlob Nathusius Magdeburg
- ↑ so wird sie in Pierer's Universal-Lexikon, Band 17, Altenburg 1863, S. 179–185 als eine der berühmtesten in Deutschland bezeichnet, siehe online bei Zeno.org
- ↑ a b c d e gem. Karl Friedrich Wernet, Wettbewerbs- und Absatzverhaltnisse des Handwerks in historischer Sicht, Erster Band: Nahrung, Getränke, Genußmittel, Duncker & Humblot, Berlin 1967, S. 343
- ↑ Ein Tabakmonopol (oder auch Tabakregie) ist das von einem Staat in Anspruch genommene Recht, alleinig Tabakhandel zu betreiben. In Preußen bestand von 1765 bis 1787 ein Tabakmonopol, gem. Pierer's Universal-Lexikon, Band 17, Altenburg 1863, S. 186, online bei Zeno.org
- ↑ a b aus: Blätter für Architektur und Kunsthandwerk, XVI Jahrgang, Tafel 119, Verlag von Max Spielmeyer, Berlin
- ↑ gem. Elsbeth von Nathusius, Johann Gottlob Nathusius …, siehe LitVerz.
- ↑ Rolf Straubel, Kaufleute und Manufakturunternehmer, Vierteljahrschrift für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, VSWG Beihefte, ISBN 3-515-06714-0, Franz Steiner, Stuttgart 1995, S. 370
- ↑ gem. Rolf Straubel, Kaufleute und Manufakturunternehmer, aus der Serie: VSWG Beihefte, Band 122, Franz Steiner, Stuttgart, S. 370
- ↑ Das Verfahren der Tabakspinnens lehnte sich sehr eng an das der Flachsspinnerei an, daher wohl auch die Übernahme des Namens "Spinner", gem. Joachim Acker, Tabakspezialitäten, bei: Pfeife-tabak.de ( vom 6. September 2012 im Webarchiv archive.today), abgerufen am 4. Februar 2010
- ↑ gem. Wolfram Fischer, Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Probleme der frühen Industrialisierung, Publikationen zur Geschichte der Industrialisierung, Band 1, Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Colloquium Verlag, 1968, S. 370
- ↑ Der General Bogislav Graf Tauentzien vertrieb an der Spitze eines preußisch-russischen Heeres die französische Besatzung
- ↑ gem. einer Bekanntmachung des Johann Gottlob Nathusius am 4. März 1814 betreffend die Rückkehr seiner Tabakfabrikation nach Magdeburg
- ↑ gem. Nadja Stulz-Herrnstadt, Berliner Bürgertum im 18. und 19. Jahrhundert. Unternehmerkarrieren und Migration, .., de Gruyter, ISBN 3-11-016560-0, Berlin u. a. 2002, S. 136
- ↑ Moritz Heinrich Nathusius (* 20. März 1815 in Kemberg; † 27. Dezember 1886 in Magdeburg) war der Sohn von Ferdinand Nathusius (1762–1827) und der Christina, geb. Hillebrandt (1777–1845). Vater Ferdinand Nathusius, Bürgermeister von Kemberg, war der jüngste Bruder des Johann Gottlob Nathusius
- ↑ Gottlob August Nathusius (* 7. November 1849 in Magdeburg; † 14. April 1906 in Halle (Saale)) war das zweitälteste von fünf Kindern des Moritz Nathusius. 1875 heiratete er in Stendal Catharina von Raabe (1857–1920), die Tochter des Oberst Rudolf von Raabe und der Ottlie, geb. von Haeseler. Das Ehepaar führte ein gastfreies Haus in Magdeburg, unter anderem war der damalige kommandierende General des in Magdeburg stationierten IV. Armee-Korps, Paul von Hindenburg, ein häufiger Gast und Schachpartner von Gottlob August Nathusius
- ↑ gem. Die Geschichte der Tuchmacherei in der Stadt Calbe an der Saale. Aufstieg und Untergang eines bedeutenden calbischen Gewerbes, Autor unbekannt, Heimatverein Calbe (Hrsg.), Fußnote auf S. 14 (PDF; 5,5 MB)
- ↑ Gottlob Hans Nathusius (8. März 1925 in Magdeburg; † 10. Juni 2008 in Bensheim) war der einzige Sohn seiner Eltern. Er besuchte die Wilhelm-Raabe-Schule in Magdeburg und wurde 1943 zur 13. (Panzer-Abwehr-) Kompanie des Infanterie-Regiments 31 nach Saint-Josse in der Normandie eingezogen. Im Oktober 1944 erfolgte die Versetzung zu einer Volksgrenadier-Division im bereits eingekesselten Kurland. Einer zweifachen Verwundung während der Dritten Kurlandschlacht folgten Lazarettaufenthalte. Der letzte Einsatz vor seiner Gefangennahme durch amerikanische Einheiten erfolgte bei der Genesendenkompanie des Infanterie-Regiments Nr. 17 in Braunschweig. Nach dem 1950 gescheiterten Versuch, die Magdeburger Tabakfabrik wieder zu leiten, verließ Nathusius die DDR und arbeitete als leitender Angestellter in Westdeutschland, zuletzt als Geschäftsführer der Chemieschutz Gesellschaft für Säurebau mbH in Bensheim an der Bergstrasse, einem Unternehmen der Th. Goldschmidt AG (heute eine Tochtergesellschaft der Degussa) aus Essen. Sein Grab befindet sich auf dem Bergfriedhof in Auerbach
- ↑ Karl Leopold von Köckritz aus dem Haus Zielenzig (1744–1821) trat 1762 in die Preußische Armee, wurde 1797 Generaladjutant und 1805 zum Generalmajor befördert. Er war Vertrauter König Friedrich Wilhelms III. und starb 1821 als Generalleutnant
- ↑ gem. Lutz Graf Schwerin von Krosigk, Die grosse Zeit des Feuers. Der Weg der deutschen Industrie, Band 1, Wunderlich, 1957, S. 313 f.
- ↑ Band 16, Seite 1
- ↑ gem. Friedrich Kappler, Handbuch der Literatur des Criminalrechts und dessen philosophischer und medizinischer Hülfswissenschaften, J. Scheible, Stuttgart 1838, S. 867
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Allgemeine Deutsche Biographie, Historische Commission bei der Königlichen Akademie der Wissenschaften (Hrsg.), Duncker & Humblot, München u. a. 1912
- Conrad Matschoß (Hrsg.), Männer der Technik. Ein biographisches Handbuch, Verein Deutscher Ingenieure, VDI-Verlag, Berlin 1925
- Mitteldeutsche Lebensbilder, Historische Kommission für die Provinz Sachsen und für Anhalt (Hrsg.), Selbstverlag der Historischen Kommission, Magdeburg 1926–1930
- Elsbeth von Nathusius, Johann Gottlob Nathusius. Ein Pionier deutscher Industrie, Deutsche Verlags-Anstalt, Stuttgart und Berlin 1915
- Lilly von Nathusius: Stamm Magdeburg In: Johann Gottlob Nathusius und seine Nachkommen sowie sein Neffe Moritz Nathusius mit seinen Nachkommen. (Familien-Chronik). Detmold 1964, S. 216–227.
- Martin Nathusius, Die „Magdeburger Linie“ der Familie Nathusius, Illustrierte Stammfolge, o. V., Druck: IRL Imprimeries Reunies Lausanne, Saint-Sulpice (Schweiz) 1985
- Neuer Nekrolog der Deutschen, Friedrich August Schmidt oder Bernhard Friedrich Voigt (Hrsg.), Voigt, Ilmenau u. a. 1824–1856
- Matthias Puhle (Hrsg.), Die Seele möchte fliegen. Ein Frauenleben zwischen Anpassung und Aufbruch. Marie Nathusius (1817–1857), ISBN 978-3-89812-466-9, Begleitbuch zu einer Ausstellung des Kulturhistorischen Museums Magdeburg, Mitteldeutscher Verlag, Magdeburg 2007