Graduale (Liturgisches Buch)

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Graduale Ecclesiae Parisiensis (1669) im Format 80 × 57 cm
Innentitel des Graduale Novum (2011)

Als Graduale (auch [Liber] Gradualis) bezeichnet man in der römisch-katholischen Liturgie ein liturgisches Buch. Es handelt sich um das Choralbuch, in dem die Messgesänge des Proprium MissaeIntroitus, Graduale, Hallelujaruf, Tractus, Sequenz, Offertorium und Communio – aufgezeichnet sind. Daneben enthält das Graduale das Ordinarium und andere Gesänge wie die Allerheiligenlitanei, Hymnen und Prozessionsgesänge. Gesänge zum Ordinarium sind auch in einem eigenen Buch zusammengefasst, dem Kyriale.

Das Graduale enthält die lateinischen Texte mit den Melodien des gregorianischen Gesangs, die anfangs in Neumen und später in Quadratnotation dargestellt wurden. Heute gibt es außerdem verschiedene landessprachliche Äquivalente mit Melodien in gregorianischer bzw. einstimmiger kirchentonartlicher Tradition, wie beispielsweise das Deutsche Meßantiphonale von Heinrich Rohr, das Klein Graduale in niederländischer oder das Simple English Propers in englischer Sprache.

Aus dem Frühmittelalter sind erstmals um 920 einige Graduale-Handschriften mit Neumen überliefert; sie gehören zu den wichtigsten Zeugnissen zur Erforschung des Gregorianischen Chorals; vorher gab es seit dem Ende des 8. Jahrhunderts Messtextsammlungen ohne Noten oder Neumen, die ebenfalls bereits Graduale genannt wurden.[1] Die frühen Handschriften hatten noch ein eher kleines Format; spätmittelalterliche Graduale-Handschriften sind dagegen häufig sehr große Bücher (Format beispielsweise 80 × 57 cm), da sie dazu gedacht sind, dass aus ihnen eine größere Gruppe von Sängern singen soll. Sie umfassen dann meist mehrere Bände.

Der Begriff Graduale entstand im fränkischen Raum und wurde im 12. Jahrhundert allgemein üblich. Das Graduale bestand als eigenständiges Buch, gegebenenfalls auch mehrbändig, oder wurde als Faszikel mit Sequentiar, Sakramentar und Lektionar im Spätmittelalter zum Missale vereinigt,[2] doch schrieb man weiterhin separate Gradualien auch nach der Erfindung des Buchdruckes noch lange per Hand.

Auf Anregung von Papst Pius X. erschien 1908 das Graduale Romanum, das nach der Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils in verschiedenen Schritten zum Graduale Novum (2011) weiterentwickelt wurde.[3] Eine Variante mit einfacheren Gesängen stellt das Graduale Simplex (1967) dar, das Graduale Triplex (1979) bietet die Choralmelodien neben der Quadratnotation in zwei verschiedenen Neumenschriften.

Mehrbändige Ausgaben umfassen in getrennten Bänden einerseits die Texte des Proprium de tempore mit den wechselnden Propriumstexten für Sonntage, Wochentage und Herrenfeste und andererseits des Proprium Sanctorum oder Proprium de Sanctis für die mit den Heiligenfesten wechselnden Texte. Beide Kategorien haben jeweils mehrere Bände, fortschreitend mit dem Kirchenjahr.

  • Erich Joseph Thiel: Ein kleines Lexikon zur Handschriftenkunde. In: Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe. Band 23, 1967, ISSN 0940-0044, S. 2379–2395, Nr. 83, besonders S. 2387.
  • Virgil Fiala, Wolfgang Irtenkauf: Versuch einer liturgischen Nomenklatur. In: Clemens Köttelwesch (Hrsg.): Zur Katalogisierung mittelalterlicher und neuerer Handschriften (= Zeitschrift für Bibliothekswesen und Bibliographie. Sonderheft 1, ISSN 0514-6364). Klostermann, Frankfurt am Main 1963, S. 105–137, besonders S. 111.
Commons: Graduale – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Stefan Klöckner: Der Gregorianische Choral-Modell und Inspiration christlicher Musik. Hrsg.: Michael Theobald, Wolfgang Bretschneider. Katholisches Bibelwerk GmbH, Stuttgart 2020, ISBN 978-3-460-08609-8, S. 53 f.
  2. Franz Karl Praßl: Graduale. I. Buch. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 4. Herder, Freiburg im Breisgau 1995, Sp. 973.
  3. Zweites Vatikanisches Konzil: Konstitution über die heilige Liturgie Sacrosanctum Concilium (SC) Nr. 117: „Die ‚editio typica‘ der Bücher des Gregorianischen Gesanges soll zu Ende geführt werden; darüber hinaus soll eine kritische Ausgabe der seit der Reform des heiligen Pius X. bereits herausgegebenen Bücher besorgt werden. Es empfiehlt sich ferner, eine Ausgabe zu schaffen mit einfacheren Melodien für den Gebrauch der kleineren Kirchen.“