Grendeltor

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Das Grendeltor und die Schifflände auf den Altarbildern von Hans Leu dem Älteren

Das Grendeltor, gemäss Salomon Vögelin kurz auch «der Grendel» genannt,[1] bildete gegen den Zürichsee hin den Abschluss der spätmittelalterlichen Stadtbefestigung von Zürich. Das Grendeltor diente als Durchgang für den Schiffsverkehr zwischen Limmat und Zürichsee. Es war das einzige Zürcher Wassertor und stand am rechten Ufer in der Limmat etwa beim nördlichen Ende des heutigen Bellevuehauses am Limmatquai 3.

Das Grendeltor als Teil der Stadtbefestigung

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Die Stadtbefestigung auf dem Murerplan von 1576. Ganz rechts das Grendeltor mit den Schwirren.
Der obere Limmatraum auf dem Müllerplan von 1790. Rechts oben das Grendeltor mit den Schwirren, links davon die Schifflände.

Die Stadt Zürich schützte sich vermutlich bereits im Hochmittelalter zusätzlich durch Letzinen und Letzigräben, als den Stadtmauern vorgelagerte Verteidigungslinien, am linken und am rechten Limmatufer, am Zürichberg, Käferberg und Uetliberg sowie im Limmattal mit weiteren Vorwerken.

Beim Grendeltor verlief zur Seeseite hin ein hoher Zaun, der Grendel,[2] über die Limmat zum gegenüberliegenden Ende der Stadtmauer. Eine doppelte Reihe von Palisaden, die Schwirren,[3] schützte den Limmatabfluss auf Seeseite. Pluralisch «Schwirren» wurden Seeuferbefestigungen in Ufernähe, die das Anlanden feindlicher Schiffe verhindern sollten, bezeichnet – weitere bedeutende befanden sich in Luzern, bei Arth, Brunnen und Stansstad.

Links neben dem Spitzbogen der Toröffnung war auf gelbem Grund, inmitten des Doppelschildes der Stadt Zürich, das Reichszeichen angebracht, ein schwarzer, zweiköpfiger Adler. Auf der Seeseite des Tores waren für den zur «Schifflände» am Limmatquai einfahrenden Schiffsverkehr die Öffnungszeiten des Tores und die Höhe des Wegzolls ersichtlich.[4] Mit dem rechten Flussufer war das Tor durch ein Mauerstück mit Wehrgang verbunden, eine Treppe führte zum Gebäude hoch.

Die Wohnung des Wächters, die Grendelhütte, befand sich im Fachwerkbau über dem Torbogen aus Quadern. Aus einem Raumprogramm von 1829 bekannt sind die Wächterstube mit Alkoven, Kammer, Vorplatz, Küche und Toilette sowie eine Treppe zum Dachboden mit den Erkertürmchen. Diese dienten als Schlafkammern für den Grendelwart und die Besatzung des Turms, vermutlich auch für die Familie des Wächters. Darüber lag ein weiterer Boden. Zur Wohnung gehörten ausserdem ein kleiner Holzschopf und ein Keller ausserhalb der Mauer. 1829 war vom Wächter ein Zins von zehn Schilling an das Grossmünsterstift zu entrichten.

Jeden Morgen um sechs Uhr liess der Grendelwart von seiner Wohnung aus den mit Stacheln bewehrten Sperrbalken, der an einer langen Kette hing, durch die Strömung öffnen. Bei Torschluss am Abend kettete er diesen Balken wieder in die Durchfahrt.

Der Grendelwart überwachte tagsüber vom Turm hinab den Schiffsverkehr und war für die Erhebung des Wegzolls verantwortlich. Dazu liess er ein Kesselchen an einem Seil hinab, so dass die Einreisenden den Zoll darin deponieren konnten. Anschliessend wurde das Behältnis hinaufgezogen, und der Schiffsverkehr durfte das Grendeltor passieren.

Schifflände mit Grendeltor. Kolorierter Kupferstich von J. Meyer, um 1830.

Die Schifflände, nördlich des Grendeltors am rechten Limmatufer, war der mittelalterliche Landeplatz und Handelshafen für die See- und Limmatschifffahrt. Dort wurde Handelsware von den grossen Seeschiffen, die bis zu 60 Tonnen transportierten, auf Limmat-Weidlinge mit einer Tragfähigkeit von ungefähr 1,5 Tonnen umgeladen.[5] Die natürlichen Buchten am Seeabfluss zur Limmat hin wurden mit dem Ausbau der Stadt Zürich ab 1834 zugeschüttet und bilden die heutige Schifflände-Strasse zwischen Kirch- und Torgasse.

Als Baudatum wird eine Zeit um die Mitte des 15. Jahrhunderts angenommen.[6] Dass die Erfahrungen aus dem «Seekrieg» während des Alten Zürichkriegs (1436/50) auf dem Zürichsee in den Bau des Grendeltors und seiner vorgelagerten Befestigung eingeflossen sind, gilt als wahrscheinlich.

In einer Belegungsliste aus der Zeit vor 1489 erscheinen zwei Büchsenschützen «uff der hutten», womit das Grendeltor gemeint sein dürfte. 1578 wurde die Grendelwache, «die wach zu den schwirren uff der hütten», Tag und Nacht garantiert. Mit Erweiterung der Stadtbefestigung wurde 1657 dem Grendeltor das fünfeckige Ravelin «Kratz» vorgelagert,[7] das heutige Bauschänzli.[8] 1661 wurden die Schwirren durch eine neue Palisadenreihe verstärkt, den äusseren Grendel. 1694 bis 1699 erfolgte der Ausbau des Grendels; seither war er auf der See- und auf der Stadtseite mit einem Zürcher Wappen versehen.[9] Eine zusätzliche und letzte Befestigung in Form eines sogenannten «Corps de Garde» erfolgte 1779/80.

Die Palisaden wurden 1834 abgebrochen, das Grendeltor 1836 – nicht zuletzt auf Druck der Landbevölkerung, die eine freie Einfahrt in die Stadt zum Stadtzürcher Markt forderten. Gleichzeitig wurde der überwiegende Teil der mittelalterlichen Stadtbefestigung abgetragen.

  • Stadtmauern. Ein neues Bild der Stadtbefestigungen Zürichs, Schrift zur Ausstellung im Haus zum Rech. Stadtgeschichte und Städtebau in Zürich; Schriften zu Archäologie, Denkmalpflege und Stadtplanung, 5. Zürich 2004.
  • Thomas Germann: Zürich im Zeitraffer, Band 1. Werd Verlag, Zürich 1997. ISBN 3-85932-227-3
  • Hans Peter Treichler: Bollwerke der Reaktion: Die Zürcher Schanzen. In: Hans Peter Treichler: Die bewegliche Wildnis. Biedermeier und ferner Westen. Schweizer Verlaghaus AG, Zürich 1990. ISBN 3-7263-6523-0
  • Franz A. Roedelberger: Zürich in 500 Bildern. Ein Stadtbuch. Verlagsgenossenschaft Zürich, Zürich 1944.
Commons: Grendeltor – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Salomon Vögelin: Das alte Zürich historisch-topographisch darstellt, oder eine Wanderung durch dasselbe im Jahr 1504, Zürich 1829, S. 175.
  2. Von althochdeutsch grintil bzw. mittelhochdeutsch grindel, grendel ‚Riegel, Querbalken, -stange, Barrikade, Deichsel, Pflugbaum‘; Weiteres siehe Schweizerisches Idiotikon Bd. II Sp. 757, Artikel Grendel, mit den Bedeutungen ‚Gatter, Palisadenwerk‘, ‚Pflugbaum‘, ‚Pflugsterz‘ und ‚Werkzeug für den Steinbruch‘.
  3. Von mittelhochdeutsch swir ‚Uferpfahl‘; siehe Schweizerisches Idiotikon Bd. IX Sp. 2132, Artikel Schwir, besonders Bedeutung 1aλ Spalte 2137.
  4. Gang durch Alt-Züri: Grendel, abgerufen am 11. Mai 2008
  5. Geographisches Institut der Universität Bern. Verkehrspolitik von gestern, Verkehrsprobleme von heute? von Dominik Bucheli
  6. Thomas Germann: Zürich im Zeitraffer (Memento des Originals vom 25. Januar 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.thomas-germann.ch, abgerufen am 11. Mai 2008
  7. Website zum ehemaligen Kratzquartier mit Plänen, Abbildungen und weiteren Erläuterungen, abgerufen am 11. Mai 2008
  8. Neugestaltung Aussenraum Restaurant Bauschänzli, Zürich-Altstadt: Dokumentation zur Wiedereröffnung am 9. Mai 2006. Herausgegeben von der Liegenschaftenverwaltung der Stadt Zürich, Mai 2006.
  9. Barraud/Jezler: Die Kunstdenkmäler des Kantons Zürich, neue Ausgabe, Band 1, Basel 1999
  10. Heraldik Zürcher Dorfwappen, abgerufen am 11. Mai 2008
  11. Der Bogen von Heinrich Pfenninger ist noch in einigen Exemplaren vorhanden und kann beim Verlag bezogen werden: www.paedag.ch.

Koordinaten: 47° 22′ 4,7″ N, 8° 32′ 38,8″ O; CH1903: 683500 / 246936