Grenze zwischen Litauen und Polen
Die derzeitige Grenze zwischen Litauen und Polen besteht seit der Wiederherstellung der Unabhängigkeit Litauens am 11. März 1990. Bis dahin bestand die identische Grenze zwischen Polen und der Litauischen SSR der Sowjetunion. Die Länge der Grenze beträgt 104 Kilometer.[1] Sie verläuft vom Dreiländereck Litauen – Polen – Russland in südöstlicher Richtung zum gemeinsamen Grenzpunkt mit Belarus und ist 104 Kilometer lang (Luftlinie: 65,4 km). Die letzten 12 Kilometer im Südosten folgen dem stark mäandrierenden Flusslauf der Marycha.
Es ist eine Landgrenze zwischen Staaten der Europäischen Union, der NATO und Mitgliedern des Schengener Abkommens, die zwischen zwei GUS- und OVKS-Mitgliedern verläuft. Für die Strategen der NATO ist das Grenzgebiet als „Suwałki-Lücke“ bekannt,[Anmerkung 1] da es ein schwer zu verteidigendes, hindernisarmes Gelände darstellt, eine schmale Lücke zwischen Belarus und der russischen Exklave Kaliningrad, die die baltischen Staaten der NATO mit Polen und dem Rest der Bündnisstaaten verbindet.[Anmerkung 2]
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Grenzverlauf war in der Geschichte vielen Veränderungen unterworfen, da benachbarte und fremde Regenten häufig wechselnde Territorien in diesem Gebiet beanspruchten.
- Im späten Mittelalter teilten das Königreich Polen und das Großherzogtum Litauen eine lange Grenze, da letzteres ab dem 14. Jahrhundert auch weite Teile des heutigen Belarus und der Ukraine umfasste.[2]
- Von der Union von Lublin (1569) bis zu den polnischen Teilungen Ende des 18. Jahrhunderts waren beide Länder Teil der Adelsrepublik und konstitutionellen Wahlmonarchie Polen-Litauen.[3]
- Nach der Dritten Teilung Polens 1795 gehörte Litauen zum Russischen Kaiserreich, der Nordosten Polens als Neuostpreußen zum Königreich Preußen. Die Memel (Njemen) war Grenzfluss. Nach dem Frieden von Tilsit 1807 fiel Neuostpreußen an das von Napoleon abhängige Herzogtum Warschau.
- Nach dem Wiener Kongress 1815 waren sowohl Kongresspolen (damalige Woiwodschaft bzw. Gouvernement Augustów) als auch die litauischen Gouvernements Kowno und Wilna Teile des Russischen Kaiserreiches. Die Grenze zwischen den Landesteilen verlief weiterhin entlang der Memel.
- Zwischen der Zweiten Polnischen Republik und Litauen bestand zwischen 1918 und 1939 eine andere Grenze. Nach dem polnisch-litauischen Grenzkonflikt war sie ab 1922 stabil und hatte eine Länge von 521 km. Polen reichte damals deutlich weiter nach Norden und Osten und umfasste auch das Gebiet um Vilnius (Wilno).[4][5]
- Die derzeitige Grenze wurde nach dem Zweiten Weltkrieg infolge der Westverschiebung Polens festgelegt als Abgrenzung der Volksrepublik Polen von der Litauischen SSR als Teil der Sowjetunion.
- Litauen und Polen traten 2007 dem Schengen-Raum bei. Dies bedeutete, dass im Dezember 2007 alle Passkontrollen an der Grenze entfernt wurden.
Grenzübergänge
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Die Liste der Grenzübergänge ist inzwischen theoretisch, da sie nur noch von historischer, verkehrstechnischer oder besonderer touristischer Bedeutung sind. |
Litauen | ⇄ | Polen | Position | ||
---|---|---|---|---|---|
Vištytis | 5144 | Wiżajny | 54° 22′ 50,6″ N, 22° 49′ 2,4″ O | ||
Vigreliai | 5142 | Sudawskie | 54° 23′ 49,5″ N, 22° 55′ 23,7″ O | ||
Klinavas | Krejwiany | ||||
Šešupė nowrap|(deutsch Scheschuppe, früher Ostfluss) | Wasserwanderweg | Szeszupa | 54° 20′ 58,5″ N, 23° 2′ 42,1″ O | ||
Žiogačiai | 2653 | Poszeszupie | 54° 20′ 41,4″ N, 23° 3′ 31,2″ O | ||
Kalvarija | Budzisko | 54° 18′ 31,5″ N, 23° 7′ 13,2″ O | |||
Trumpaliai | Trompole / Trumpalis | 54° 17′ 40,4″ N, 23° 10′ 13,1″ O | |||
Olksmiany | [12] | Senieji Alksnėnai | 54° 16′ 10,6″ N, 23° 13′ 32,6″ O | ||
Trakiszki | [Anmerkung 4] | Šeštokai | 54° 15′ 53,7″ N, 23° 13′ 47,7″ O | ||
Felicjanowo (litauisch Filicijanavas) | 2511 | Burbiškiai (polnisch Burbiszki) | |||
Tarnauka | [Anmerkung 5] |
Dusznica | 54° 10′ 32,3″ N, 23° 27′ 20,9″ O | ||
Lazdijai (deutsch Lasdien, polnisch Łoździeje), Bezirk Alytus | A135 | Ogrodniki (litauisch Aradnykai), Powiat Sejneński | 54° 9′ 48,4″ N, 23° 28′ 31″ O | ||
[Anmerkung 6] |
|||||
Kalėdiškai | 2524 | Bałędzianka | 54° 5′ 24″ N, 23° 31′ 5,2″ O | ||
Kapčiamiestis | Berżniki | 54° 2′ 43,5″ N, 23° 31′ 35,6″ O |
Anmerkungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ benannt nach der nahe gelegenen Stadt Suwałki
- ↑ Diese Ansicht spiegelte sich in einer NATO-Übung von 2017 wider, die sich zum ersten Mal auf die Verteidigung der Kluft vor einem möglichen russischen Angriff konzentrierte. Diese Region gilt – insbesondere nach der Annexion der Krim durch Russland – als eine der militärisch potentiell brisantesten in Europa, wie der Kommandeur der US-Streitkräfte in Europa, General Ben Hodges, während der Konferenz CEPA Forum 2015 schilderte.
CEPA Forum 2015 and 2016, Speakers. CEPA, 2015, abgerufen am 6. Juni 2019 (englisch).
Agnia Grigas: Opinion: Putin’s Next Land Grab. The Suwalki Gap. Meinung: Putins nächster Landraub: Die Suwalki-Lücke. Newsweek, 14. Februar 2016, abgerufen am 5. Juni 2019 (englisch).
Thomas Gutschker: 'Russisches Zapad-Manöver. Wo das Baltikum wirklich verwundbar ist. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 25. Juni 2017, abgerufen am 5. Juni 2019.
Andrius Sytas: NATO war game defends Baltic weak spot for first time. Das NATO-Manöver verteidigt zum ersten Mal die Schwachstelle im Baltikum. Reuters, 18. Juni 2017, abgerufen am 5. Juni 2019 (englisch). - ↑ a b Rekonstruktion alter Grenzübergänge Polen/Litauen
Granica historyczna. Historische Grenze. Kiermusy Dworek nad Łąkami, abgerufen am 7. Juni 2019 (polnisch). - ↑ Aktuelle Route der Rail Baltica. Derzeit provisorische Umgehungsstrecke der Petersburg-Warschauer Eisenbahn um Belarus-Passagen zu vermeiden. Auf dem etwa 20 km entfernten litauischen Bahnhof Mockava wurden die Züge umgespurt. Inzwischen ist der mehrgleisige Ausbau fortgeschritten.
First section of Rail Baltica inaugurated. Erster Abschnitt der Rail Baltica eingeweiht. Railway Gazette, 16. Oktober 2015, abgerufen am 7. Juni 2019 (englisch). - ↑ Jakobsweg
About Camino Lituano. 2018, abgerufen am 7. Juni 2019 (englisch): „Camino Lituano is a modern-day pilgrimage route across Lithuania. It starts on the Lithuanian-Latvian border, spans 500 km across the country and finishes on the Lithuanian-Polish border, where pilgrims can continue to Camino Polaco, the Polish Camino.“
Saint James Way in Lithuania. European Federation of Saint James Way, 2019, abgerufen am 7. Juni 2019 (englisch). - ↑ Start der lettischen Radroute LT1 Kapčiamiestis - Vilnius
Dzūkija. BaltiCCycle, abgerufen am 2. Juni 2019.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- INTERREG V-A Lithuania – Poland Programme. In: INTERREG. (englisch).
- Suwalki Gap. GlobalSecurity.org (englisch).
- Securing The Suwałki Corridor: Strategy, Statecraft, Deterrence, and Defense. CEPA (englisch).
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mały Rocznik Statystyczny Polski 2013. (PDF) Kleines Statistisches Jahrbuch Polens 2013. Główny Urząd Statystyczny, 2013, S. 26, abgerufen am 5. Juni 2019 (polnisch).
- ↑ Stephen R. Burant and Voytek Zubek, Eastern Europe's Old Memories and New Realities: Resurrecting the Polish-lithuanian Union, East European Politics and Societies 1993; 7; 370, online ( des vom 24. Oktober 2020 im Internet Archive) Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Halina Lerski: Historical Dictionary of Poland, 966–1945. ABC-CLIO, Westport, Conn. 1996, ISBN 0-313-03456-7, S. 308 (englisch, books.google.com).
- ↑ Eugeniusz Romer: Atlas Polski współczesnej. (Zeitgenössischer polnischer Atlas). In: Wrocław; Warszawa: Książnica-Atlas, 1948. 1928, abgerufen am 6. Juni 2019 (polnisch).
- ↑ Michael Brecher, Jonathan Wilkenfeld: A Study of Crisis. University of Michigan Press, 1997, ISBN 0-472-10806-9, S. 252–255 (englisch, books.google.com – Leseprobe).
- ↑ Umowa między Rządem Rzeczypospolitej Polskiej a Rządem Republiki Litewskiej. w sprawie przejść granicznych, sporządzona w Warszawie dnia 12 sierpnia 1992 r. In: Monitor Polski auf der Website des ISAP. Kanzlei des Sejm, 12. August 1992, abgerufen am 6. Juni 2019 (polnisch, Abkommen zwischen der Regierung der Republik Polen und der Regierung der Republik Litauen über Grenzübertritte, unterzeichnet am 12. August 1992 in Warschau).
- ↑ Stephen Kabera Karanja: Transparency and proportionality in the Schengen information system and border control co-operation. Hrsg.: Martinus Nijhoff Publishers. Martinus Nijhoff Publishers, Leiden 2008, ISBN 978-90-04-16223-5, S. 39 (books.google.com).
- ↑ Europe’s border-free zone expands. In: BBC News. 27. Dezember 2007, abgerufen am 6. Juni 2019 (englisch).
- ↑ Krzysztof Kolanowski: Nowe polsko-litewskie drogi po wejściu do Schengen. Neue polnisch-litauische Straßen nach dem Einzug in Schengen. In: DELFI. 28. Juli 2012, abgerufen am 6. Juni 2019.
- ↑ Wspólne patrole na polsko-litewskiej granicy. Gemeinsame Patrouillen an der polnisch-litauischen Grenze. Kresy.pl, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 15. September 2016; abgerufen am 6. Juni 2019. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Przemyt papierosów przy polsko – litewskiej granicy. Zigarettenschmuggel an der polnisch-litauischen Grenze. bialystok, 16. Mai 2014, abgerufen am 6. Juni 2019.
- ↑ ump.waw.pl abgerufen am 18. Januar 2010 (UMP-Suwalki/src/inne.ulice.txt)