Grete Thiele
Margarethe Thiele, genannt Grete, (* 16. Dezember 1913 in Bottrop; † 29. Dezember 1993 in Wuppertal) war eine deutsche Politikerin der KPD, später DKP.
Leben und beruflicher Werdegang
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Margarethe Thiele wurde als eines von sechs Kindern eines sozialdemokratischen Bergarbeiters und Stadtverordneten und seiner als Weberin arbeitenden Ehefrau in Bottrop geboren. Von Beruf war sie Kontoristin. Nach der Machtübernahme durch die NSDAP begann sie illegal zu arbeiten. 1933 wurde sie erstmals, 1936 erneut verhaftet und zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt. Hier lernte sie Kommunistinnen kennen. Nach der Entlassung 1940 nahm sie Kontakt zu Kommunisten auf und arbeitete in Widerstandsgruppen mit, ohne selbst Mitglied der KPD zu sein. Sie fand eine Stelle als Kontoristin, die sie bis Kriegsende innehatte. Sie heiratete und bekam einen Sohn. Ihre Ehe scheiterte jedoch.
1952, noch während ihrer Zeit als Abgeordnete, wurde ein Haftbefehl gegen sie erlassen, der allerdings nie vollstreckt wurde. Man warf ihr u. a. die Teilnahme in einer hochverräterischen Organisation vor. Zudem entfernte die Stadt Wuppertal sie von der Einwohnerliste – damit war sie faktisch ausgebürgert. Sie fürchtete viele Jahre lang Verhaftung und Repression, zumal die KPD bei der Bundestagswahl 1953 nicht mehr die Fünf-Prozent-Hürde erreicht und Thiele ihre Abgeordnetenimmunität verloren hatte. Aus diesem Grund hielt sich Thiele eine Zeitlang in der DDR und in Süddeutschland auf. Nach dem Verbot der KPD arbeitete sie dann bis Mitte der 1960er Jahre als Redakteurin für den Deutschen Freiheitssender 904, der aus Burg (bei Magdeburg) KPD-Propaganda für Westdeutschland ausstrahlte.
Sie starb am 29. Dezember 1993 in ihrer Heimatstadt Wuppertal.[1]
Politische Betätigung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bereits mit 14 Jahren wurde Thiele Mitglied der Sozialistischen Arbeiter-Jugend in Wuppertal[2] und später deren Vorsitzende. Von 1932 bis 1945 war sie Mitglied der SPD. 1945 wurde Thiele Mitglied der KPD und in Wuppertal Stadtverordnete. Von 1947 bis 1949 war sie Landtagsabgeordnete in Nordrhein-Westfalen. 1949 schied sie aus dem Landtag aus und wurde Mitglied des neu gegründeten Deutschen Bundestags. Sie gehörte dem Deutschen Bundestag in dessen erster Legislaturperiode (1949–1953) an und war mit ihren 36 Jahren die jüngste weibliche Abgeordnete und innerhalb der 15-köpfigen KPD-Fraktion anfangs die einzige Frau. Nachdem die Kommunistin Gertrud Strohbach nachgerückt war, wies die KPD von allen Fraktionen mit gerade einmal 13 % den größten Anteil an weiblichen Abgeordneten auf. Neben ihrem Einsatz für die Emanzipation engagierte sich Thiele vornehmlich im Bereich Gesundheitsversorgung, gegen die Wiederbewaffnung und für die Belange der Jugend. So beantragte sie beispielsweise das Wahlrecht bereits für 18-Jährige.[3]
1968 war sie maßgeblich an der Gründung der DKP sowie am Zustandekommen des Wahlbündnis Aktion Demokratischer Fortschritt für die Bundestagswahl 1969 beteiligt.[4][5]
Bei der DKP wurde sie u. a. Mitglied des Parteivorstands. Grete Thiele blieb bis ins hohe Alter politisch aktiv.
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ist der friedliche Weg zum Sozialismus in Westdeutschland möglich? In: Wissen und Tat, 1956, Heft 7, S. 11–19.
- Hrsg.: Kommunalpolitik – Gegenwart und Perspektive (= Reihe Marxismus aktuell; 150). Verlag Marxistische Blätter, Frankfurt am Main, 2. Auflage, 1980, ISBN 3-88012-616-X.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Rudolf Vierhaus, Ludolf Herbst (Hrsg.), Bruno Jahn (Mitarb.): Biographisches Handbuch der Mitglieder des Deutschen Bundestages. 1949–2002. Bd. 2: N–Z. Anhang. K. G. Saur, München 2002, ISBN 3-598-23782-0, S. 874.
- Jens Klocksin: Kommunisten im Parlament: die KPD in Regierungen und Parlamenten der westdeutschen Besatzungszonen und der Bundesrepublik Deutschland (1945 – 1956), Bonn 1994.
- Edith Laudowicz, Dorlies Pollmann (Hrsg.): Weil ich das Leben liebe. Persönliches und Politisches aus dem Leben engagierter Frauen. Köln 1981, S. 68–85.
- Mallmann, Michael: Zwischen Denunziation und Roter Hilfe. Geschlechterbeziehungen und kommunistischer Widerstand 1933 – 1945. In: Christl Wickert (Hrsg.), Frauen gegen die Diktatur – Widerstand und Verfolgung im nationalsozialistischen Deutschland. Berlin 1995, S. 82–97.
- Mensing, Wilhelm: Wir wollen unsere Kommunisten wieder haben …: Demokratische Starthilfen für die Gründung der DKP. Zürich 1989.
- Erika Runge: Frauen: Versuche zur Emanzipation. Protokolle von Interviews mit 17 Frauen, die in der Bundesrepublik leben. Frankfurt am Main 1969, S. 201–217.
- Schuh, Birgitta: Grete Thiele. In: Präsidentin des Landtags Nordrhein-Westfalen (Hrsg.), Redaktion: Irmgard Birn und Dr. Hans Zinnkann. Düsseldorf 1992, S. 58–63.
- Thiele, Grete: Hanna Melzer. In: Guste Zörner (Hrsg.), Sie kämpften auch für uns. Nach einer Artikelreihe in der Zeitschrift „für dich“. Leipzig 1967, S. 91–98.
- Wilke, Jürgen, Stephan Sartoris: Radiopropaganda durch Geheimsender der DDR im Kalten Krieg. In: Jürgen Wilke (Hrsg.), Pressepolitik und Propaganda: Historische Studien vom Vormärz bis zum Kalten Krieg. Köln/Weimar/Wien 1997, S. 285–331.
- Juli Zeh: „Straße frei, es wird geschossen!“. Juli Zeh über die KPD-Abgeordnete Grete Thiele. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Der nächste Redner ist eine Dame. Die Frauen im ersten Deutschen Bundestag. 2. Auflage, Chr. Links-Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-96289-210-4, S. 85–94.
- Heike Erlbeck: Grete Thiele (1913–1993), KPD. In: Deutscher Bundestag (Hrsg.): Der nächste Redner ist eine Dame. Die Frauen im ersten Deutschen Bundestag. 2. Auflage, Chr. Links-Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-96289-210-4, S. 236–239.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Juli Zeh: Der nächste Redner ist eine Dame: die Frauen im ersten Deutschen Bundestag. Hrsg.: Deutscher Bundestag. 2. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-96289-210-4, S. 98.
- ↑ Juli Zeh: Der nächste Redner ist eine Dame: die Frauen im ersten Deutschen Bundestag. Hrsg.: Deutscher Bundestag. 2. Auflage. Ch. Links Verlag, Berlin 2024, ISBN 978-3-96289-210-4, S. 86.
- ↑ Lebensgeschichte Margarethe Thiele. In: Der Landtag - Geschichte des Landtags. Landtag Nordrhein-Westfalen, 2021, abgerufen am 19. Oktober 2024.
- ↑ Deutsche Kommunistische Partei konstituiert. In: Trend Onlinezeitung. September 1998, abgerufen am 30. September 2021. Original erschienen in Unsere Zeit. Nr. 9, 25. September 1998.
- ↑ Edith Laudowicz, Dorlies Pollmann: Weil ich das Leben liebe: Aus dem Leben engagierter Frauen. Pahl-Rugenstein, Köln 1981, ISBN 3-7609-0653-2 (Interview mit Grete Thiele).
Personendaten | |
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NAME | Thiele, Grete |
ALTERNATIVNAMEN | Thiele, Margarethe (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutsche Politikerin (KPD, DKP), MdL, MdB |
GEBURTSDATUM | 16. Dezember 1913 |
GEBURTSORT | Bottrop |
STERBEDATUM | 29. Dezember 1993 |
STERBEORT | Solingen |
- Bundestagsabgeordneter (Nordrhein-Westfalen)
- Landtagsabgeordneter (Nordrhein-Westfalen)
- Politiker (Wuppertal)
- Mitglied des Parteivorstands der KPD
- DKP-Funktionär
- SPD-Mitglied
- Hörfunkjournalist
- Opfer der NS-Justiz
- Person (Widerstand gegen den Nationalsozialismus)
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