Grigori Kanowitsch
Grigori Kanowitsch (russisch Григорий Канович; litauisch Grigorijus Kanovičius, hebräisch גריגורי כנוביץ', Vorname eigentlich Яков Семёнович, Jakow Semjonowitsch; geboren 18. Juni 1929 in Jonava, Litauen; gestorben 20. Januar 2023 in Tel Aviv, Israel[1]) war ein litauisch-israelischer Schriftsteller, Dramatiker, Übersetzer, Drehbuchautor und Kinoregisseur. Er schrieb russisch und litauisch; in seinen russischen Prosawerken beschrieb er hauptsächlich das Leben der litauischen Juden.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Grigorijus Kanovičius wurde als Jakow Semjonowitsch Kanowitsch in der litauischen Stadt Jonava in der Nähe von Kaunas, nach anderer Quelle in Kaunas selbst, als Sohn eines religiösen jüdischen Schneiders geboren.[2] 1941, nachdem an seinem Wohnort mehr als 2100 Juden ermordet worden waren, flüchtete er während der kurzen Phase der sowjetischen Besatzung nach Zentralasien und lebte und lernte in Kasachstan und im Ural. Nach Kriegsende 1945 kam er zurück nach Litauen und lebte und studierte in Vilnius. 1948 debütierte er als Dichter und begann über die litauischen Juden und ihre Vergangenheit zu schreiben. Er schrieb auf Russisch, aber die Einflüsse des jiddischen Witzes und talmudischer Gedankengänge sind in seinem Werk unübersehbar. Wolfgang Kasack, ein deutscher Slawist, sagt über die Texte von Kanowitsch: „Er schrieb über das Schicksal der Juden, über ihre Beziehung zur litauischen und russischen Kultur. Im Zentrum seines Werks steht der kleine Mann, der sich dickköpfig dem Bösen entgegenstellt und der für den Autor den Menschen generell verkörpert.“
1953 absolvierte er ein Studium der russischen Sprache und Literatur an der Universität Vilnius. Er arbeitete am Institut der Litauischen Akademie der Wissenschaften und bei der Filmgesellschaft Lietuvos kino studija. 1959 erschien sein erster Powest Ich schaue in die Sterne.
Kanovičius war Mitglied des Sąjūdis-Rats und leitete von 1988 bis 1993 die jüdischen Gemeinden Litauens.
1993 emigrierte er nach Israel. Von 1995 bis 1999 war er israelischer Korrespondent der Nowoje ruskoje slowo, der größten russischsprachigen Zeitung der Vereinigten Staaten.
Werke
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]In deutscher Übersetzung sind erschienen:
- Kerzen im Wind. Roman. Übersetzt aus dem Russischen von Waltraud Ahrndt. Aufbau-Verlag, Berlin 1984.
- Neuauflage unter dem Titel Ewiger Sabbat (= Die Andere Bibliothek. Band 351). Berlin 2014, ISBN 978-3-8477-0351-8.
- Tränen und Gebete der Einfältigen. Historischer Roman. Übersetzt aus dem Russischen von Waltraud Ahrndt. Volk und Welt, Berlin 1985.
- Ein Zicklein für zwei Groschen. Roman. Übersetzt aus dem Russischen von Waltraud Ahrndt. Aufbau-Verlag, Berlin 1993, ISBN 3-351-02203-4.
- Kaddisch für mein Schtetl. Autobiographischer Roman. Übersetzt aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. Aufbau Verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-351-03610-2.
- Die Freuden des Teufels. Roman. Übersetzt aus dem Russischen von Franziska Zwerg. Corso Verlagshaus Römerweg, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-7374-0736-6.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- 1995: Orden des litauischen Großfürsten Gediminas 3. Klasse
- 2014: Litauischer Nationaler Kultur- und Kunstpreis[3]
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Ehrenvorsitzender von Lietuvos žydų bendruomenė
- 2014: Ehrenbürger der Rajongemeinde Jonava[4]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Grigori Kanowitsch im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Website von Grigori Kanowitsch
- Andrius Navickas, Gediminas Kajėnas: Grigorijus Kanovičius. Pasaulis negali būti beženklis ( vom 23. Oktober 2007 im Internet Archive). In: bernardinai.lt, 21. September 2007 (litauisch)
- Šiaurės Atėnai: Grigorijaus Kanovičiaus romanas „Šėtono apžavai“ ( vom 22. August 2008 im Internet Archive). In: bernardinai.lt, 14. Juli 2008 (litauisch)
- Vida Gražienė: Briuselyje – Grigorijaus Kanovičiaus literatūrinis vakaras ( vom 9. Januar 2009 im Internet Archive). In: Lietuvos Respublikos Kultūros Ministerija, 3. Dezember 2008 (litauisch)
- Požiūriai. Grigorijus Kanovičius
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mirė rašytojas Grigorijus Kanovičius. In: LRT televizija. 20. Januar 2023, abgerufen am 21. Januar 2023 (litauisch).
- ↑ Kanovich, Grigory. In: Michael Berenbaum, Fred Skolnik (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. 2. Auflage. Band 11. Macmillan Reference USA, Detroit 2007, ISBN 978-0-02-865939-8, S. 766 (encyclopedia.com).
- ↑ Dovilė Jablonskaitė: Nacionalinės premijos laureatas G.Kanovičius: „Tokį paminklą pastačiau tėvynainiams, kurie mirė arba žuvo“. In: 15 min.lt, 12. Oktober 2014, abgerufen am 22. Januar 2023 (litauisch).
- ↑ Jonavoje G. Kanovičiui suteiktas Garbės piliečio vardas. ( vom 26. September 2014 im Internet Archive). In: Lietuvos rytas, 26. September 2014.
Personendaten | |
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NAME | Kanowitsch, Grigori |
ALTERNATIVNAMEN | Kanovičius, Grigorijus |
KURZBESCHREIBUNG | litauisch-israelischer Schriftsteller, Dramatiker, Übersetzer, Szenarist und Kinoregisseur |
GEBURTSDATUM | 18. Juni 1929 |
GEBURTSORT | Jonava, Litauen |
STERBEDATUM | 20. Januar 2023 |
STERBEORT | Tel Aviv, Israel |
- Autor
- Literatur (20. Jahrhundert)
- Literatur (21. Jahrhundert)
- Roman, Epik
- Filmregisseur
- Journalist (Israel)
- Künstler (Rajongemeinde Jonava)
- Person des Judentums (Jonava)
- Ehrenbürger der Rajongemeinde Jonava
- Schriftsteller (Vilnius)
- Literatur (Russisch)
- Litauischer Abgeordneter (Oberster Sowjet der UdSSR)
- Träger des litauischen Großfürst-Gediminas-Ordens
- Träger des Litauischen Nationalen Kultur- und Kunstpreises
- Absolvent der Universität Vilnius
- Sowjetbürger
- Litauer
- Israeli
- Geboren 1929
- Gestorben 2023
- Mann