Grotta de Nadale
Grotta de Nadale
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Grotta de Nadale (2019) | ||
Lage: | Bei Zovencedo, Provinz Vicenza, Region Venetien, Italien | |
Höhe: | 80 m s.l.m. | |
Geographische Lage: |
45° 25′ 16,4″ N, 11° 29′ 22,6″ O | |
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Geologie | Oligozäner Kalkstein | |
Entdeckung | 2006 | |
Beleuchtung | keine |
Die Grotta de Nadale, auch Cuoléto de Nadale, engl. De Nadale Cave, ist eine auf dem Gemeindegebiet von Zovencedo im Zentrum des Höhenzugs der Colli Berici gelegene Karsthöhle.
Bei den seit 2014 durchgeführten archäologischen Ausgrabungen fand sich in den weitgehend sterilen Höhlensedimenten eine einzelne anthropogene Schicht, die aufgrund der typologischen Merkmale der Steinartefakte und des Alters von rund 70.000 Jahren dem mittelpaläolithischen Quina-Moustérien zugerechnet wird.
Aus den Analysen der zahlreichen und sehr gut erhaltenen Funde und Befunde erhoffen sich Wissenschaftler neue Erkenntnisse zu den Lebens- und Ernährungsgewohnheiten von Neandertaler-Populationen, die sich am Beginn der Sauerstoff-Isotopenstufe (MIS) 4 im Gebiet der heutigen Region Venetien aufgehalten haben.
Geographische Lage und Topographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Grotta de Nadale liegt im unteren Drittel des steil aufragenden Monte Spiadi[1] nahe der Gemeinde Zovencedo. Die Seehöhe ist in verschiedenen Quellen mit 50[2], 80[3][1] oder 130[4] m s.l.m. angegeben. Die Höhle ist nur wenige Meter tief, ihr etwa 8 m breiter Eingang weist nach Süden. In westlicher Richtung schließen die Covolo de Vecio Possibile - in der Mauerreste auf eine frühere Nutzung als Wohnhöhle hinweisen - sowie ein schmaler Felsüberhang an. Der Platz vor den Höhlen diente früher als landwirtschaftliche Anbaufläche, zu diesem Zweck wurde der Abhang auf einer Breite von etwa 75 m zweistufig terrassiert.
Befund
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Jahr 2006 fand G. Baruffato, ein Mitarbeiter der Universität Ferrara, auf dem Feld vor der Höhle mehrere Knochen und Steinwerkzeuge, die ein grabender Dachs in den Pflughorizont eingebracht hatte. Die Grotta De Nadale war zu dieser Zeit fast ebenerdig mit Sediment verfüllt und nur als kleiner Felsüberhang zu erkennen. 2013 kamen beim Abtragen des oberen Bodenhorizonts weitere Funde zutage, woraufhin im darauffolgenden Jahr zwei archäologische Grabungen erfolgten. Im westlichen Bereich wurde zunächst eine 1,5 m × 1,5 m große Fläche bis auf den anstehenden Fels ergraben. In dem entstandenen Profil ließen sich acht geologische Horizonte unterscheiden, von denen lediglich die Schicht 7 anthropogene Einflüsse zeigt. Sie zeichnet sich als dunkelbraun-graue lehmige Schicht mit mittelgroßem, leicht verrundetem Kalksteinschutt deutlich sichtbar von den anderen Straten ab.
Fauna und organische Geräte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Neben wenigen Holzkohlebröseln enthält die Schicht 7 eine Vielzahl Knochenfragmente großer Säugetiere wie Riesenhirsch, Rothirsch, Steppenbison, Auerochse, Steinbock und Gämse, was in Verbindung mit den durchgeführten Pollenanalysen auf eine Paläoumwelt mit kaltgemäßigtem Klima und lichten borealen Nadelwäldern sowie teils offenen Grassteppen schließen lässt. Höhlenbär, Wolf, Rotfuchs sowie verschiedene Vögel und Kleinsäuger sind in geringer Zahl vorhanden. Fast die Hälfte aller Huftierknochen zeigt die beim Zerwirken auftretenden Schnitt- und Schabespuren, Schlagmarken oder Anzeichen von Spiralbruch. In dem Inventar sind 224 Knochen enthalten (Stand: 2019), die aufgrund charakteristischer Narbenfelder als Retuscheure angesprochen werden können und dem Nachschärfen von Steingeräten dienten.[4][1] An einem Bisonzahn ließ sich mittels Uran-Thorium-Datierung das Mindestalter der Fundschicht auf 70.200 +1000/ -900 Jahre BP bestimmen.[5]
Steinartefakte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das lithische Inventar umfasst bislang 386 Artefakte, darunter zahlreiche Schaber, Spitzen sowie retuschierte, gezähnte Stücke. Es wird wegen der angewandten Abschlagtechniken und seiner formenkundlichen Eigenschaften als Moustérien des Typs Quina angesprochen. Als Rohmaterial fanden überwiegend Feuersteine aus Biancone- und Scaglia Rossa-Formationen Verwendung, wie sie in den wenige Kilometer entfernten Euganeischen Hügeln und den Monti Lessini anstehen.[4]
Menschliche Überreste
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ein im ersten Grabungsjahr nahe der nördlichen Höhlenwand freigelegter Zahn (Nadale 1) konnte anhand seiner morphologischen Merkmale als unterer rechter 1. Milchmolar (Zahn 84 bzw. rdm1) eines Neandertalers bestimmt werden. Die Zahnwurzel ist zum größten Teil aufgelöst, die Krone stark abgenutzt und mit Rissen durchzogen, die erst nach dem Ausfallen entstanden sind. An der bukkalen, zur Wange weisenden Seite, ist eine an Neandertaler-Zähnen bislang nur in wenigen Fällen nachgewiesene, beginnende Karieserkrankung erkennbar. Dies legt nahe, dass das Nahrungsspektrum des Individuums auch kohlenhydrathaltige Kost umfasste.[6]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Davide Delpiano, Andrea Zupancich, Stefano Bertola, Eva Francesca Martellotta, Alessandra Livraghi, Emanuela Cristiani, Marco Peresani: Flexibility within Quina lithic production systems and tool-use in Northern Italy: implications on Neanderthal behavior and ecology during early MIS 4, in: Archaeological and Anthropological Sciences, 4. November 2022, S. 1–42 [1]
- Alessandra Livraghi, Gabriele Fanfarillo, Maurizio Dal Colle, Matteo Romandini, Marco Peresani: Neanderthal ecology and the exploitation of cervids and bovids at the onset of MIS4: A study on De Nadale cave, Italy, in: Quaternary International, 13. November 2019, S. 1–18 doi:10.1016/j.quaint.2019.11.024
- Camille Jéquier, Alessandra Livraghi, Matteo Romandini, Marco Peresani: Same but different: 20,000 years of bone retouchers from northern Italy. A diachronologic approach from neanderthals to anatomically modern humans, in: The origins of bone tool technologies: "Retouching the Palaeolithic: Becoming Human and the Origins of Bone Tool Technology", RGZM – Tagungen, Band 35, Heidelberg 2018, S. 269–285 doi:10.11588/propylaeum.408.590
- Juan Manuel Lopéz Garcia, Alessandra Livraghi, Matteo Romandini, Marco Peresani: Environmental and climatic reconstruction of the Neanderthal site of De Nadale cave (Zovencedo, Berici Hills, Northeastern Italy) through the small mammal assemblages (Abstract), in: Konferenzband zur 60. Jahrestagung der Hugo Obermaier Gesellschaft in Tarragona, Erlangen 2018, S. 29–30. ISBN 978-3-946387-12-1
- Julie Arnaud: Analisi di denti decidui di due siti del Paleolitico medio dell’Italia nord-orientale, in: Museologia Scientifica e Naturalistica, IV Incontro Annuale di Preistoria e Protostoria, Vol. 13, Ferrara 2017, S. 47–49. doi:10.15160/1824-2707/1496
- Julie Arnaud, Stefano Benazzi, Matteo Romandini, Alessandra Livraghi, Daniele Panetta, Piero A. Salvadori, Lisa Volpe, Marco Peresani: A Neanderthal deciduous human molar with incipient carious infection from the Middle Palaeolithic De Nadale cave, Italy, in: American Journal of Physical Anthropology. Vol. 162, Issue 2, 2017, S. 370–376. doi:10.1002/ajpa.23111
- Camille Jéquier, Marco Peresani, Matteo Romandini, Davide Delpiano, Renaud Joannes-Boyau, Giuseppe Lembo, Alessandra Livraghi, Juan Manuel Lopéz Garcia, Marija Obradović, Cristiano Nicosia: The De Nadale Cave, a single layered Quina Mousterian site in the North of Italy, in: Quartär Internationales Jahrbuch zur Eiszeitalter- und Steinzeitforschung. Vol. 62, Rahden/Westfalen 2015, S. 7–21. ISBN 978-3-86757-928-5
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- A Grotta De Nadale la casa del Neandertal, 70mila anni fa ( vom 30. Mai 2017 im Internet Archive) (italienisch)
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c Alessandra Livraghi, Gabriele Fanfarillo, Maurizio Dal Colle, Matteo Romandini, Marco Peresani: Quaternary International. 13. November 2019, Neanderthal ecology and the exploitation of cervids and bovids at the onset of MIS4: A study on De Nadale cave, Italy, S. 2, 8.
- ↑ Camille Jéquier, Alessandra Livraghi, Matteo Romandini, Marco Peresani: The origins of bone tool technologies: "Retouching the Palaeolithic: Becoming Human and the Origins of Bone Tool Technology". Hrsg.: Römisch-Germanisches Zentralmuseum Leibniz-Forschungsinstitut für Archäologie, Jarod M. Hutson et al. Band 35. Propylaeum, Heidelberg 2018, ISBN 978-3-947450-21-3, Same but different: 20,000 years of bone retouchers from northern Italy. A diachronologic approach from neanderthals to anatomically modern humans, S. 269–285.
- ↑ Alessandra Livraghi, Matteo Romandini, Marco Peresani: Proceedings of the European Society for the study of Human Evolution. Hrsg.: European Society for the study of Human Evolution ESHE. Band 5, 2016, ISSN 2195-0776, Giant deers and large-sized bovids exploited by Quina Neanderthals in the North of Italy, S. 144.
- ↑ a b c Camille Jéquier, Marco Peresani, Matteo Romandini, Davide Delpiano, Renaud Joannes-Boyau, Giuseppe Lembo, Alessandra Livraghi, Juan Manuel Lopéz Garcia, Marija Obradovic´, Cristiano Nicosia: Quartär Internationales Jahrbuch zur Eiszeitalter- und Steinzeitforschung. Hrsg.: Hugo-Obermaier-Gesellschaft. Band 62. Marie Leidorf GmbH, Rahden/Westf. 2015, ISBN 978-3-86757-928-5, The De Nadale Cave, a single layered Quina Mousterian site in the North of Italy, S. 7–21.
- ↑ Juan Manuel Lopéz Garcia, Alessandra Livraghi, Matteo Romandini, Marco Peresani: Konferenzband zur 60. Jahrestagung der Hugo Obermaier Gesellschaft in Tarragona. Band 60, 2018, ISBN 978-3-946387-12-1, Environmental and climatic reconstruction of the Neanderthal site of De Nadale cave (Zovencedo, Berici Hills, Northeastern Italy) through the small mammal assemblages (Abstract), S. 29–30.
- ↑ Julie Arnaud, Stefano Benazzi, Alessandra Livraghi, Matteo Romandini: American Journal of Physical Anthropology. Band 162, 2017, A Neanderthal deciduous human molar with incipient carious infection from the Middle Palaeolithic De Nadale cave, Italy, S. 370–376.