Grunewaldkirche

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Grunewaldkirche
Grunewaldkirche mit Turm
Grunewaldkirche mit Turm

Grunewaldkirche mit Turm

Baubeginn: Juli 1902
Einweihung: 1. Juni 1904
Architekt: Philipp Nitze
Stilelemente: Neugotik
Bauherr: Gemeindekirchenrat
Grundfläche: 42 × 25 m
Platz: 750 Personen
Turmhöhe:

50 m

Lage: 52° 29′ 6,1″ N, 13° 16′ 25,6″ OKoordinaten: 52° 29′ 6,1″ N, 13° 16′ 25,6″ O
Anschrift: Bismarckallee
Berlin-Grunewald
Berlin, Deutschland
Zweck: evangelisch-uniert; Gottesdienst
Gemeinde: Evangelische Grunewald-Gemeinde
Landeskirche: EKBO
Webseite: www.grunewaldgemeinde.de

Die Grunewaldkirche ist eine evangelische Kirche im Berliner Ortsteil Grunewald des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Der in spätgotischer Form errichtete Werksteinbau wurde im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt. Von 1956 bis 1959 erfolgte die Wiederherstellung der kriegsbeschädigten Kirche in mehreren Abschnitten durch den Architekten Georg Lichtfuß. Die Kirche steht unter Denkmalschutz.

Die Villenkolonie Grunewald wurde am 1. April 1899 zur selbstständigen Landgemeinde erhoben. In dem vornehmen und wohlhabenden Villenvorort regte sich der Wunsch nach einem eigenen Gotteshaus. Die Kurfürstendamm-Gesellschaft stellte als Bauplatz ein dreieckiges Grundstück im Knie der Bismarckallee zur Verfügung, ferner 150.000 Mark für den Kirchenbau (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 1.237.000 Euro). Im Jahr 1901 wurde ein Architektenwettbewerb ausgelobt, bei dem spätgotische Formen unter Verwendung von Haustein zur Bedingung gemacht wurden. 45 Entwürfe wurden eingeliefert; zwei davon, die nach Ansicht des Preisgerichts dem ländlichen Charakter des Ortes gerecht wurden, erhielten ein Preisgeld von je 2.000 Mark. Von diesen beiden wurde der des Architekten Philipp Nitze (1873–1946) – zu dieser Zeit in Halle (Saale) tätig, seit 1903 in Berlin – zur Ausführung bestimmt.[1] Der erste Spatenstich erfolgte im Juli 1902, im August 1903 war der Turmbau vollendet und im Dezember 1903 waren die eigentlichen Bauarbeiten fertiggestellt. Nun folgte die Ausstattung des Innenraums. Durch Stiftungen von Gemeindemitgliedern kamen weitere 54.000 Mark für Orgel, Glocken und Fenster zusammen. Mit dem Einbau einer Sauer-Orgel war die Innenausstattung fertiggestellt, sodass die feierliche Einweihung der Kirche stattfinden konnte.

Im Jahr 1921 wurde hier Dietrich Bonhoeffer konfirmiert. Bei einem Luftangriff im Zweiten Weltkrieg wurde die Kirche schwer beschädigt, als eine Luftmine das Dach wegriss. Ab 1949 wurde die Kirche wiederhergestellt, allerdings in vereinfachter Form, und am 12. April 1959 neu eingeweiht.

Grunewaldkirche mit Eingang
Grundriss 1904

Auf einem kleinen Dreieckplatz wurde eine rechteckige, dreischiffige Hallenkirche mit unterschiedlich breiten Seitenschiffen errichtet. Die Altarapsis ist ebenfalls rechteckig. Der quadratische Turm befindet sich seitlich zwischen Kirchenschiff und Altarapsis. Symmetrisch zum Turm liegt die Sakristei. Abweichend von dem seinerzeit üblichen Backstein, wurde passend zum Villencharakter der Umgebung, gelbgrauer Tuff und grüner und blauer Mainsandstein verwendet. Die Kirche mit ihren frühgotischen Formen wurde zum Mittelpunkt der umliegenden Villenbebauung. Die künstlerische Ausgestaltung haben der Bildhauer Otto Richter, der Maler Hans Seliger, der Glasmaler August Oetken und der Kunstschmied Paul Golde vorgenommen. Bei der Wiederherstellung der Kirche, die in mehreren Abschnitten erfolgte, ersetzte Architekt Georg Lichtfuß von 1956 bis 1959 den ursprünglich gotisch gestalteten Eingangsvorbau durch eine einfache, kupfergedeckte Halbtonne auf zwei schlanken Stützen.

Die Mauerflächen des Kirchenschiffs im Innern sind hell verputzt, nur die Pfeiler, die Maßwerke der Fenster und die Umrahmung des Triumphbogens, der den Chor vom Kirchenschiff trennt, sind aus grauem Sandstein ausgeführt. Steinern sind auch die Brüstungen der Emporen. Über dem Schiff spannt sich heute anstatt des vormaligen dreijochigen Sterngewölbes ein Tonnengewölbe, das aus Rabitz besteht und in die Dachkonstruktion eingehängt wurde und in das die Stichkappen hineinragen. Der Chor wird von einem spitzbogigen Gewölbe überdeckt. Einzig die Arkadengänge sowie die Seitenempore besitzen ein Kreuzrippengewölbe.

Kirchenschiff mit Altar

Die Kirche besaß bis zu ihrer Zerstörung im März 1943 sechs Antikglasfenster mit Glasmalereien. Sie wurden zunächst schmucklos notverglast und zwischen 1993 und 2000 durch neu gestaltete Fenster nach Entwürfen von Johannes Schreiter ersetzt. Von der ursprünglichen Kanzel, die wie auch die heutige auf der rechten Seite des Chorbogens stand, war der Unterbau erhalten geblieben, nicht aber der Kanzelkorb mit den Reliefs. Das Pendant zur Kanzel, das Taufbecken auf der gegenüberliegenden Seite, hatte den Krieg wenngleich angeschlagen überstanden.

Das Ölgemälde in der Eingangshalle, das Karl den Großen vermutlich mit Papst Leo III. und zwei Bischöfen zeigt, stammt von Julius Schrader. An der Innenseite der mittleren Tür im Kirchenschiff ist ein Portal gestaltet, das aus einem Relief in einer oberen dreieckigen Bekrönung besteht sowie aus zwei weiblichen Figuren, rechts und links neben der Portalöffnung. Bei dem Relief handelt es sich um die Szene der Auferstehung Jesu Christi.

In den 1950er und 1960er Jahren wurde die Kirche auch als Aufnahmeort für Schallplatten verwendet, u. a. von Capitol Records bzw. nach deren Übernahme von der EMI oder der Deutschen Grammophon. Hier entstanden 1956 mit dem Tonmeister Peter K. Burkowitz die ersten Stereo-Aufnahmen mit den Berliner Philharmonikern unter Leopold Stokowski.[2] Andere Orchester, wie das der Deutschen Oper Berlin oder die Berliner Symphoniker, und Dirigenten, wie etwa Herbert von Karajan,[3] Giuseppe Patané oder Horst Stein benutzten die Kirche ebenfalls als Aufnahmestudio.

Im Turm hängen vier Bronzeglocken:

Schlag­ton Guss­jahr Glocken­gießerei Gewicht (kg) Durch­messer (cm) Höhe (cm) Krone (cm) Inschrift
bo 1959 Petit & Gebr. Edelbrock 3000 164 135 27 O LAND, LAND, LAND, HÖRE DES HERRN WORT +
des′ 1900 135 120 22 SUCHET MICH, SO WERDET IHR LEBEN +
f′ 0850 106 090 19
as′ 1934 Franz Schilling 0430 082 068 17 GLAUBET AN DAS LICHT, DIEWEILGE IHR ES HABT, AUF DASS IHR DES LICHTES KINDER SEID.

Die erste Orgel, gebaut von der Firma Sauer aus Frankfurt (Oder), wurde durch die Kriegseinwirkungen von 1943 nahezu vollkommen zerstört. Die Orgel wurde 1967 von Karl Schuke (Berlin) erbaut. Das Instrument ist in Anlehnung an barocke Orgel disponiert. Es hat 51 Register auf drei Manualen und Pedal. Die Spieltrakturen und Koppeln sind mechanisch, die Registertrakturen sind elektrisch.[4]

Blick zur Orgel von 1967
I Unterwerk C–g3
01. Quintadena 8′
02. Gedackt 8′
03. Blockflöte 4′
04. Nasat 223
05. Praestant 2′
06. Waldflöte 2′
07. Terz 135
08. Quinte 113
09. Sifflöte 1′
10. None 89
11. Zimbel III
12. Regal praestant 8′
13. Krummhorn 8′
Tremulant
II Hauptwerk C–g3
14. Quintadena 16′
15. Prinzipal 08′
16. Gemshorn 08′
17. Gedackt 08′
18. Oktave 04′
19. Rohrflöte 04′
20. Quinte 0223
21. Großmixtur IV–VI 0113
22. Scharff III 01′
23. Trompete 08′
III Schwell-Oberwerk C–g3
24. Praestant 08′
25. Rohrgedackt 08′
26. Gemsflöte 08′
27. Schwebung 08′
28. Prinzipal 04′
29. Holzflöte 04′
30. Zartgeige 04′
31. Schwegel 02′
32. Quintflöte 0113
33. Septime 0117
34. Superoktave 01′
35. Cornett V 08′
36. Mixtur V 02′
37. Dulzian 16′
38. Oboe 08′
39. Schalmey 04′
Tremulant
Pedal C–f1
40. Prinzipal 16′
41. Subbaß 16′
42. Zartbaß 16′
43. Oktave 08′
44. Gedackt 08′
45. Sesquialter II 0513
46. Hohlflöte 04′
47. Rauschpfeife III 04′
48. Prinzipalflöte 02′
49. Mixtur V 02′
50. Posaune 16′
51. Fagott 16′
52. Posaune 08′
  • Koppeln: I/II, III/II, III/I, I/P, II/P, III/P
  • Spielhilfen: zwei freie Generalkombinationen, zwei freie Pedalkombinationen, Plenum, Nachtigall, Zimbelstern
  • Architekten- und Ingenieur-Verein zu Berlin (Hrsg.), Marcus Cante (Red.): Sakralbauten. (= Berlin und seine Bauten, Teil VI.) Ernst & Sohn, Berlin 1997, ISBN 3-433-01016-1.
  • Günther Kühne, Elisabeth Stephani: Evangelische Kirchen in Berlin. Berlin 1978, S. 305 f.
  • Karl-Heinz Metzger: Kirchen, Moschee und Synagogen in Wilmersdorf. Berlin 1986, S. 37–42.
  • Dehio-Handbuch der Deutschen Kunstdenkmäler, Berlin. 3. Auflage, Deutscher Kunstverlag, München / Berlin 2006, ISBN 978-3-422-03111-1.
  • Klaus-Dieter Wille: Die Glocken von Berlin (West). Geschichte und Inventar. Berlin 1987.
  • Christiane Baumgärtner: 100 Jahre Grunewaldkirche. Berlin 2004.
Commons: Grunewaldkirche – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Deutsche Bauzeitung, 35. Jg. 1901, S. 316.
  2. Emil Berliner Studios. Die etwas andere Geschichte der Schallplatte. Eine Chronik von Peter K. Burkowitz. Abgerufen am 3. September 2018.
  3. Classical Net Review The Karajan Collection. Abgerufen am 3. September 2018 (englisch).
  4. Nähere Informationen zur Orgel der Grunewaldkirche