Gustav Leo
Gustav Heinrich Leo (* 3. Mai 1868 in Hamburg; † 8. Dezember 1944 ebenda) war ein deutscher Bauingenieur und Oberbaudirektor.
Biografie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Leo kam als Sohn des Juristen und Senatssyndicus Dr. Karl Ludwig Leo und seiner Ehefrau Franzisca Henriette, geb. Herrmann, im Jahr 1868 in der Freien und Hansestadt Hamburg zur Welt.
Er besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums und absolvierte im Anschluss an die Schulzeit ein einjähriges Praktikum in der Eisenbahnhauptwerkstatt in Altona. Dem Praktikum folgte ein vierjähriges Studium der Bauingenieurwissenschaften an den Technischen Hochschulen Karlsruhe und Berlin. Nach der Studienzeit war Leo drei Jahre als Regierungsbauführer tätig. Er wirkte mit an den Umbauten der Bahnhöfe in Hamburg und Altona. 1896 legte Leo am Technischen Prüfungsamt in Berlin das Zweite Staatsexamen ab. Ein Jahr später, 1897, trat er als Regierungsbaumeister in den hamburgischen Staatsdienst ein.
Im Jahr 1902 heiratete Leo Lilli (Caroline) Franzen, die Tochter des Direktors der Hamburg-Südamerikanischen Dampfschifffahrtsgesellschaft. 1909 wurde sein Sohn Friedrich geboren.
Berufliche Tätigkeit
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Leo war Mitarbeiter von Fritz Schumacher. Beauftragt wurde er mit der Neuplanung der Alsterkanalisierung. Zahlreiche Brücken entstanden unter seiner Leitung; beispielsweise die Leinpfadbrücke und die Krugkoppelbrücke. Auch leitete Leo die Planungs- und Ausführungsarbeiten für den Hamburger Stadtpark. Ebenso war er zuständig für die Erschließung der nördlichen Randbezirke Hamburgs. 1920 wurde Leo zum Baudirektor ernannt, 1923 zum Oberbaudirektor des Ingenieurwesens und damit zum Nachfolger von Friedrich Ferdinand Sperber. Zuständig war er von Amts wegen für den Straßen-, Brücken- und Flussbau. Darüber hinaus fielen die Kanalisation, Straßenreinigung und Müllverbrennung in seinen Aufgabenbereich. Auch leitete er den ingenieurtechnischen Teil des Städtebaus. Mit 65 Jahren, 1933, wurde Leo in den Ruhestand versetzt. In diesem Zusammenhang würdigte das Hamburger Fremdenblatt seine Verdienste für die Stadt Hamburg.
Im Jahr 1921 wurde Leo Mitglied der Patriotischen Gesellschaft. Auch gehörte er verschiedenen Fachvereinigungen an.
In Fachzeitschriften wie beispielsweise der Deutschen Bauzeitung erschienen zu unterschiedlichen Themen Aufsätze von Leo. Nach seinem Tod veröffentlichte der Arbeitsausschuss der hamburgischen Bauwirtschaft eine Arbeit Leos zu William Lindley.[1]
Opfer des Nationalsozialismus
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gustav Heinrich Leo, seine Ehefrau Lilli und sein Sohn Friedrich wurden Opfer der Nationalsozialisten. Anders als seine Ehefrau und sein Sohn überlebte Gustav Leo die Zeit des Nationalsozialismus nicht.
Gustav Heinrich Leo
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Im Zusammenhang mit einer Sachverständigentätigkeit, die an Gustav Leo herangetragen worden war, wurde 1935 amtlicherseits festgestellt, dass Leo ‚zu einem Viertel Nichtarier’ war. 1938 lehnte es der Verein für Hamburgische Geschichte ab, eine eingereichte Schrift Leos zu William Lindley zu veröffentlichen mit der Begründung, der Autor sei nicht ‚rein deutschblütig’.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde Leo wegen Rundfunkverbrechens angeklagt.
Des Weiteren wurde gegen ihn Klage wegen staatsfeindlicher Betätigung erhoben. Während eines Kuraufenthaltes in Bad Wiessee, dem er sich zur Behandlung einer Herzerkrankung unterzogen hatte, wurde Leo am 27. September 1944 verhaftet. Den Hintergrund hierfür bildete ein Briefwechsel mit seinem Sohn. Leo wurde in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel gebracht. Am 4. Dezember erfolgte seine Verlegung in das Untersuchungsgefängnis Hamburg-Stadt am Holstenglacis.
Im Untersuchungsgefängnis erhielt Leo nicht die für ihn lebensnotwendigen Arzneimittel. Nach vier Tagen, am 8. Dezember 1944, wurde er in das Evangelische Krankenhaus Alsterdorf verlegt. Gustav Leo starb dort am selben Tag im Alter von 76 Jahren.
Auf der Familiengrabstätte Carl Leo auf dem Hamburger Friedhof Ohlsdorf im Planquadrat Z 12, 60-7 (Norderstraße südwestlich Nordteich) befindet sich je ein Kissenstein für Gustav Heinrich Leo und seine Ehefrau Lilli.[2]
Ehefrau Lilli Leo
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Auch gegen Lilli Leo wurde Anklage wegen Rundfunkverbrechens und staatsfeindlicher Betätigung erhoben. Eine Woche vor ihrem Ehemann, am 20. September 1944, kam sie nach Fuhlsbüttel. Am 25. November erfolgte ihre Verlegung in das Untersuchungsgefängnis Hamburg-Stadt. Einen Tag vor dem Einmarsch der britischen Besatzungstruppen am 3. Mai 1945 wurde sie aus dem Untersuchungsgefängnis entlassen. An der Bestattung ihres Ehemannes hatte sie nicht teilnehmen dürfen.
Sohn Friedrich Leo
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Friedrich Leo studierte Rechtswissenschaft. Als sogenannter Mischling 2. Grades durfte er das Zweite Staatsexamen nur mit einer Ausnahmegenehmigung ablegen. Die fehlende Aussicht, als Rechtsanwalt tätig werden zu können, führte dazu, dass er das Referendariat abbrach. 1940 wurde er zur Wehrmacht eingezogen und in Frankreich stationiert.
Dorthin schickten ihm seine Eltern Geld. Dieses erreichte ihn mithilfe von Verwandten des Sohnes in Paris lebender Freunde der Leos. Der Sohn der Pariser Freunde wohnte seit 1943 bei den Leos in Hamburg. Er arbeitete bei einem Architekten, der mit Gustav und Lilli Leo befreundet war. Zivilpersonen konnten ihren Verdienst über ihren Arbeitgeber in ihre Heimat schicken lassen. Dies nutzte Leo dazu, seinem Sohn über die Firma des Architekten Geld zukommen zu lassen. Mit diesem wurde Friedrich Leo gefasst. Um seine Eltern nicht zu belasten, akzeptierte er eine Strafe wegen Unterschlagung.
1944 erfolgte seine Überstellung in das Wehrmachtsuntersuchungsgefängnis Hamburg-Altona. Dort wurde ihm eröffnet, dass das entsprechende Verfahren so lange ausgesetzt sei, bis ein gegen ihn und seine Eltern anhängiges Verfahren wegen staatsfeindlicher Betätigung stattfinden würde. Die diesbezüglich erhobene Klage erfolgte aufgrund des Inhalts eines Briefwechsels mit seinen Eltern, welcher der Gestapo vorlag.
Nach neunmonatiger Haft, am 2. April 1945, wurde Friedrich Leo zum Feldausbildungs-Regiment nach Fürstenwalde befohlen. Am 2. Mai kam er in amerikanische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser wurde er am 13. Juli 1945 entlassen.
Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Sowohl zu Lebzeiten als auch posthum wurden Leo Ehrungen zuteil. Im Jahr 1929 verlieh ihm die Technische Universität Danzig die Würde eines Dr. Ing. ehrenhalber. Posthum wurde 1947 die Straße Rehhagen in Hamburg-Eppendorf nach Gustav Leo benannt.[3]
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Maria Koser: Dr. Gustav Heinrich Leo, abgerufen am 13. Januar 2020.
- Maria Koser: Dr. Ing. e. h. Gustav Heinrich Leo. In: Patriotische Gesellschaft, Stolpersteine für jüdische Mitglieder, abgerufen am 13. Januar 2020.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gustav H. Leo: William Lindley. Ein Pionier der Technischen Hygiene, Arbeitsausschuss der hamburgischen Bauwirtschaft, Hamburg 1969.
- ↑ Kissenstein Gustav Heinrich Leo bei fredriks.de
- ↑ Gustav-Leo-Straße, abgerufen am 13. Januar 2020.
Personendaten | |
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NAME | Leo, Gustav |
ALTERNATIVNAMEN | Leo, Gustav Heinrich (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Bauingenieur und Oberbaudirektor |
GEBURTSDATUM | 3. Mai 1868 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 8. Dezember 1944 |
STERBEORT | Hamburg |