Haaretz

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Haʾaretz

Logo der hebräischen Ausgabe

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Beschreibung israelische Tageszeitung
Sprache Hebräisch und Englisch
Verlag Haʾaretz-Gruppe (Israel)
Hauptsitz Tel Aviv-Jaffa (bis 1922 Jerusalem)
Erstausgabe 18. Juni 1919
Erscheinungsweise täglich
Verkaufte Auflage ca. 72.000 Exemplare
(Stand 2007)
Chefredakteur Aluf Benn
Herausgeber Amos Schocken
Weblink www.haaretz.com
ZDB 2503101-6

Haʾaretz anhören/? (hebräisch הָאָרֶץ; auch haʾAretz und HaʾAretz, wörtlich: „Das Land“, gemeint ist Eretz Israel) ist eine israelische Tageszeitung. Sie erschien erstmals am 18. Juni 1919 in hebräischer Sprache, seit 1997 hat sie auch eine englische gedruckte Ausgabe und ist in beiden Sprachen online abrufbar. Die Zeitung gehört zur Haʾaretz-Gruppe, die zu 60 % im Besitz der israelischen Verlegerfamilie Schocken ist. Das deutsche Medienhaus DuMont Mediengruppe und der russische Geschäftsmann Leonid Newslin waren bis 2019 mit jeweils 20 % Teileigentümer.[1] DuMont verkaufte 2019 sämtliche Anteile.[2] Seit 1990 ist ʿAmos Schocken der Herausgeber von Haʾaretz,[3] gegenwärtiger Chefredakteur ist Aluf Benn.[4]

Haʾaretz gilt als kritische Instanz der israelischen Gesellschaft.[5] Sie bezeichnet sich als „umfassend liberal“, was sich in einem säkularen Staatsverständnis, dem Eintreten für die Gründung eines Palästinenserstaates und einem weitgehenden Wirtschaftsliberalismus niederschlägt.[6] Die Zeitung verfügt zudem über landesweites Renommee aufgrund ihrer anspruchsvollen Kommentierung des israelischen Kulturlebens und wird auch international als Leitmedium eingestuft.

Die Zeitung ging aus der vom britischen Militär ab 1918 herausgegebenen Zeitung The Palestine News hervor, der ab Juni 1918 eine hebräische Beilage mit dem Namen Chadaschōt me-ha-ʾAretz ha-qdōschah (חֲדָשׁוֹת מֵהָאָרֶץ הַקְּדוֹשָׁה ‚Nachrichten aus dem Heiligen Land‘) beigefügt wurde. Diese richtete sich offiziell an die britischen jüdischen Soldaten im Sultanat Ägypten und Palästina, wurde jedoch auch von den Angehörigen des Jischuv, der jüdischen Bevölkerung Palästinas, gelesen. Im Jahre 1919 stellte die britische Regierung das Erscheinen des Blattes ein und bot die Veröffentlichungsrechte zum Kauf an. Unterstützt von der Zionistischen Weltorganisation, übernahm Isaac Leib Goldberg, ein führendes Mitglied des frühzionistischen Chibbat Zion aus Wilna, die Herausgabe der Zeitung, die nun täglich in Jerusalem erschien,[5] erstmals am 18. Juni 1919. Einige Monate später wurde sie von Chadaschot ha-Aretz in Haʾaretz umbenannt.[7]

Im Jahr 1922 wurde das Erscheinen eingestellt, nach kurzer Zeit jedoch von einer durch die Mitarbeiter gegründeten Genossenschaft mit zionistischer Unterstützung und von einer Berliner Familie gesponsert weitergeführt und nach Tel Aviv verlegt. 1933 wurde die Genossenschaft in eine Anteilsgesellschaft umgewandelt. 1937 kaufte Salman Schocken das Unternehmen, und sein Sohn Gershom Schocken wirkte von 1939 bis 1990 als Chefredakteur. Im November 2006 kaufte das Kölner Verlagshaus M. DuMont Schauberg 25 % des Aktienkapitals der Haʾaretz-Gruppe. Die Kapitalaufstockung wurde vornehmlich in die Ausweitung lokaler Wochenblätter und zum Ausbau des Internetgeschäfts investiert.[8] 2011 wurde bekannt, dass der russisch-israelische Geschäftsmann Leonid Newslin 20 % an der Haʾaretz-Gruppe erworben hat, 15 % von der Schocken-Familie und 5 % von M. DuMont Schauberg.[1]

Im Jahr 2005 hatte die hebräische Ausgabe eine Auflage von 70.000, an Wochenenden von etwa 90.000 Exemplaren. Die Auflage der englischsprachigen Ausgabe betrug 12.000, an Wochenenden 20.000 Exemplare. Die Onlineausgaben lasen nach Angaben der Zeitung 2005 auf Hebräisch 700.000 und auf Englisch eine Million Nutzer monatlich.[7] Mit einem Marktanteil von zehn Prozent lag Haʾaretz im Jahr 2012 auf Platz vier der hebräischsprachigen israelischen Zeitungen hinter Jediʿot Acharonot, Maʿariv und Jisraʾel haJom.[6] Der Leseranteil sank von 7,9 % im Jahr 2005 auf 3,9 % im Jahr 2016.[9]

Chefredakteur ist Aluf Benn (Stand: 2022). Zu den Journalisten, die bei Haʾaretz tätig sind, gehören unter anderem Merov Arlosoroff, Noa Landau, Ravit Hecht, Alon Idan, Amos Schocken und Gideon Levy.[10][11]

Erscheinungsweise

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Haʾaretz erscheint täglich außer samstags auf Hebräisch und seit 1997 auch auf Englisch. Die englische Ausgabe ist der International New York Times beigelegt und wird in Kooperation mit der New York Times verlegt. Die Zeitung hat eine Onlineausgabe in beiden Sprachen. Seit 2013 werden viele Inhalte nur mehr entgeltlich zur Verfügung gestellt, mit einer Registrierung kann man jedoch sechs Artikel im Monat gratis lesen. Die Anzahl der Leser nahm mit Einführung der Paywall um 15 % ab.[12]

Im Gegensatz zu anderen israelischen Tageszeitungen wie Maʿariv und Jediʿot Acharonot, die in gestalterischer Hinsicht dem Boulevard-Journalismus näherstehen, legen die Herausgeber von Haʾaretz auf ein seriöses Erscheinungsbild ihres Blattes wert. So druckt Haʾaretz längere Artikel, verwendet eine kleinere Schrift und präsentiert weniger Bilder.

Politische Ausrichtung

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Haʾaretz: Hebräische und englische Druckausgabe, 2006

Haʾaretz wird in Israel als linke Zeitung wahrgenommen.[13] Haʾaretz befürwortete die Oslo-Abkommen mit der PLO. Bei Themen, die den Konflikt mit den Palästinensern betreffen, vertritt Haʾaretz eine regierungskritische Haltung, stellt sich gegen die israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten und zeigt Verständnis für palästinensische Anliegen. Besonders in Artikeln von Amira Hass sowie Beiträgen von Gideon Levy wird dies deutlich.

Bei innerisraelischen Gesellschaftsdebatten nimmt Haʾaretz einen entschieden säkularen Standpunkt ein. Haʾaretz setzt sich für eine vollständige Trennung von Staat und Religion ein, bekämpft die Privilegien der Ultraorthodoxen und befürwortet die Schaffung einer Zivilehe.[6]

Wirtschaftlich vertritt Haʾaretz hauptsächlich klassisch-liberale Prinzipien, ähnlich dem britischen The Economist.

Daneben veröffentlicht Haʾaretz oft und in großem Umfang Beiträge von Autoren aus einem sehr breiten politischen Spektrum. Die Bandbreite der Gastautoren reicht vom Likkud-Hardliner Mosche Arens bis hin zu linken Exponenten der Friedensbewegung.

Am 23. Oktober 2012 wurde auf der Titelseite der Zeitung ein Artikel von Gideon Levy mit der Überschrift „Die meisten Israelis unterstützen das Apartheid-Regime in Israel“ veröffentlicht. Ein Faktencheck ergab, dass weder die Überschrift noch die Analyse von Levy von den tatsächlichen Daten der Umfrage gestützt wurden. Nach öffentlicher Kritik musste Haʾaretz eine Korrektur veröffentlichen.[14] Amira Hass verursachte im April 2013 große Aufregung mit ihrer Behauptung, dass Steinewerfen „Erbrecht und Erbpflicht von jemandem unter einer fremden Macht“ sei, wenige Tage nachdem ein israelisches Mädchen infolge eines Steinwurfs schwer verletzt worden war.[14]

Die Palästinenser-freundliche Haltung wird für Haʾaretz zunehmend zu einem Problem, da das Scheitern der Camp-David-Verhandlungen 2000 und die folgende zweite Intifada dem israelischen Friedenslager nachhaltig geschadet haben.[6] Ein im April 2017 veröffentlichter Meinungsbeitrag der Zeitung, der die religiöse Rechte als „schlimmer als die Hisbollah“ bezeichnete, wurde durch Politiker aus dem gesamten Spektrum verurteilt.[15] Der liberale amerikanische Kolumnist Jeffrey Goldberg erklärte im August 2016, dass er mit der Lektüre der Haʾaretz fertig sei, da diese „unterdurchschnittliche“ Artikel und „hasserfüllte Beschimpfungen“ gegen Israel enthalte, die von Antisemiten ausgenutzt würden, um die Übel der Juden und des jüdischen Staates aufzuzeigen.[16]

Shmuʾel Rosner, der über ein Jahrzehnt lang als Chef der Nachrichtenabteilung, Feuilletonredakteur sowie Auslandskorrespondent für Haʾaretz tätig gewesen war, schrieb 2017 in der New York Times über den Wandel des Blattes, dass es ihm nunmehr vor allem darum ginge, „die Mehrheit der Israelis wütend zu machen, indem sie im Ausland absurde Thesen über ihr Land verbreitet“.[17] Wesentliche Zielgruppe sei nicht länger die israelische Bevölkerung, sondern eine internationale Leserschaft.

  • Oren Soffer: Haʾaretz. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 2: Co–Ha. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02502-9, S. 488–490.
  • Ulrich W. Sahm: Jubiläum: 100 Jahre „Haʾaretz“. In: Christliche Medieninitiative pro e. V. (Hrsg.): Israelnetz. Nr. 4, 2019, S. 10 (archivierte Kopie. [Memento vom 26. Juni 2021 im Internet Archive] [PDF; 863 kB]).
Commons: Haaretz – Sammlung von Bildern und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Haʾaretz announces: Leonid Nevzlin acquires 20 percent of Haʾaretz shares. In: Haʾaretz. 12. Juni 2011, abgerufen am 8. Februar 2017 (englisch).
  2. Shareholders Bought Haʾaretz Stock Owned by M. DuMont Schauberg. In: Haʾaretz. (englisch, haaretz.com [abgerufen am 8. April 2022]).
  3. Jacques Schuster: ʿAmos Schocken macht Zeitungen, die nicht nur eine Wahrheit kennen. In: Welt Online. 26. Oktober 2002, abgerufen am 23. Dezember 2011.
  4. Aluf Benn. In: Haʾaretz. Abgerufen am 8. Februar 2017 (englisch).
  5. a b Oren Soffer: Haʾaretz. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur. Band 2. J.B. Metzler, Stuttgart/Weimar 2012, ISBN 978-3-476-02502-9, S. 488–490.
  6. a b c d Christoph Schult: Haʾaretz. In: Mediendatenbank. Institut für Medien- und Kommunikationspolitik, 4. Mai 2012, abgerufen am 2. November 2019.
  7. a b Yoʾel Cohen: Haʾaretz. In: Michael Berenbaum und Fred Skolnik (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. 2. Auflage. Band 8. Macmillan Reference USA, Detroit 2007, S. 168 (online: Gale Virtual Reference Library).
  8. Joachim Frank: DuMont investiert in Israel. In: Kölner Stadt-Anzeiger. 13. August 2006, abgerufen am 8. Februar 2017.
  9. Lilac Sigan: I’m Going to Take a Break, Sorry. In: Huffpost. 5. August 2016, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  10. Schocken, Der Selfmade-Man. In: programm.ard.de. ARD, 23. September 2023, abgerufen am 16. Januar 2024.
  11. Schocken – Der Selfmade-Man. In: tagtraum.de. Tagtraum Filmproduktion GmbH, 2023, abgerufen am 16. Januar 2024.
  12. Roy Goldenberg: "Haʾaretz" paywall reduces website traffic 15%. In: Globes. 17. April 2013, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  13. Alexandra Föderl-Schmid: "Viele lesen Haʾaretz, weil sie keine Alternative haben". In: Süddeutsche Zeitung. 19. Juni 2019, abgerufen am 1. November 2019.
  14. a b Erez Tadmor: Downfall of a Great Newspaper. In: The Tower Magazine. Mai 2013, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  15. Ran Boker: Haʾaretz slammed for article calling national religious 'worse than Hezbollah'. In: Ynet News. 13. April 2017, abgerufen am 2. November 2019 (englisch).
  16. Ruthie Blum: Atlantic Columnist Jeffrey Goldberg Sparks Twitter Frenzy With Harsh Criticism of ‘Hateful’ Haʾaretz Invective Against Israel. In: The Algemeiner. 2. August 2016, abgerufen am 2. November 2019 (amerikanisches Englisch).
  17. Shmuʾel Rosner: Opinion | The People vs. Haʾaretz. In: The New York Times. 11. Mai 2017, ISSN 0362-4331 (amerikanisches Englisch, nytimes.com [abgerufen am 16. Januar 2024]).