Halbleiterschutzgesetz

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Basisdaten
Titel: Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen
Kurztitel: Halbleiterschutzgesetz
Abkürzung: HalblSchG
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Gewerblicher Rechtsschutz
Fundstellennachweis: 426-1
Erlassen am: 22. Oktober 1987
(BGBl. I S. 2294)
Inkrafttreten am: 1. November 1987
Letzte Änderung durch: Art. 9 G vom 10. August 2021
(BGBl. I S. 3490, 3501)
Inkrafttreten der
letzten Änderung:
überw. 18. August 2021
(Art. 13 G vom 10. August 2021)
GESTA: C189
Bitte den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung beachten.

Nach dem Gesetz über den Schutz der Topographien von mikroelektronischen Halbleitererzeugnissen (Halbleiterschutzgesetz – HalblSchG) werden in Deutschland die dreidimensionalen Strukturen (Topographien) von Halbleitererzeugnissen geschützt (Halbleiterschutzrecht).

Ziel des, aufgrund der Richtlinie RL 87/54/EWG,[1] entstandenen Gesetzes ist es, das unbefugte Kopieren von Topographien von Mikro-Chips zu verhindern und der Produktpiraterie auf dem Gebiet der Halbleiterindustrie entgegenzuwirken. Bei dem Halbleiterschutzgesetz handelt es sich um ein Schutzgesetz eigener Art. Es weist dabei Überschneidungen zu anderen Schutzrechten auf (etwa zu dem Verfahren des Gebrauchsmusterschutzrecht (§ 11 HalblSchG) oder zum Designschutzrecht („Eigenart“)). Die Schutzdauer von Topographien beträgt maximal zehn Jahre, eine Verlängerung ist unmöglich (§ 5 Absatz 2 HalblSchG).[2] Mikro-Chips als solche schützt das Gesetz nicht.

Voraussetzungen und Schutzumfang

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Geschützt werden Topographien allerdings nur, wenn diese „Eigenart“ aufweisen (§ 1 Absatz 1 HalblSchG). Eigenart haben sie dann, wenn die Herstellung auf geistiger Arbeit beruht, es sich nicht um eine bloße Nachbildung einer anderen Topographie handelt und wenn sie nicht alltäglich ist (§ 1 Abs. 2 HalblSchG). Eine bestimmte Erfindungs- oder Werkhöhe ist ebenso wie eine Neuartigkeit nicht erforderlich.[3]

Der Schutz steht dem zu, der die Topographie erschaffen hat. Liegt ein Arbeits- oder Auftragsverhältnis vor, so ist der Arbeits- oder Auftraggeber Rechteinhaber. Anders liegt es hier allerdings dann, wenn eine entsprechende Abrede getroffen wird, die den Rechteinhaber regelt (§ 2 Abs. 2 HalblSchG). Bezüglich des persönlichen Schutzbereiches werden Staatsbürger anderer EU-Länder gleichbehandelt, genauso Personen die ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort bzw. ihre Niederlassung in einem EU-Land haben (§ 2 Abs. 3 HalblSchG). Ebenso Personen die aufgrund völkerrechtlicher Verträge oder unionsrechtlicher Bestimmungen die gleiche Behandlung wie Inländer erfahren. Andere Personen nur dann, wenn ihre Heimatländer gleichfalls deutsche Unternehmen schützen.[4]

Eine Geltendmachung des Schutzes ist nur dann möglich, wenn die Topographie beim Deutschen Patent- und Markenamt registriert ist (§ 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 3 HalblSchG). Damit die Registrierung wirksam ist, müssen „Unterlagen zur Identifizierung oder Veranschaulichung der Topographie oder eine Kombination davon“ beigelegt sein (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 HalblSchG).

Das DPMA prüft vor der Registrierung nicht die Eigenart der Topographie. Die Anmeldung wird u. a. lediglich daraufhin geprüft, ob es sich nur um eine und nicht um zwei Topographien handelt, dass die Unterlagen zur Beschreibung der Topographie nicht als Geschäftsgeheimnis deklariert sind und ob das etwaige Datum der ersten Verwendung nicht länger als zwei Jahre zurückliegt. Die Anmeldegebühr beträgt 300 Euro bei Anmeldung in Papierform und 290 Euro bei Anmeldung in elektronischer Form (Stand 2022[5]) und ist innerhalb von drei Monaten nach dem Anmeldetag zu zahlen.

Die Schutzdauer beginnt am Anmeldetag oder am Tag der ersten nicht nur vertraulichen Verwertung. Diese Verwertung muss aber innerhalb von zwei Jahren vor dem Anmeldetag erfolgt sein. Die Schutzdauer endet jeweils am Ende des Kalenderjahres.

Die Topographie darf dann nicht mehr ohne Erlaubnis verwertet werden. Für Dritte ist die Nachbildung der Topographie verboten (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 HalblSchG). Auch ist es verboten, die Topographie oder das die Topographie enthaltende Halbleitererzeugnis anzubieten, in Verkehr zu bringen oder zu verbreiten oder zu den genannten Zwecken einzuführen (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 HalblSchG). Typische Beispiele sind hier etwa Verkauf, Vermietung, Leasing und jede Form des Vertriebs.[6]

Nicht erfasst ist allerdings bloßer Besitz oder Gebrauch.[7] Genauso wenig gelten die Schutzrechte im privaten Bereich, wenn keine Absicht besteht Gewinne zu erzielen. Außerdem erlaubt ist die Nachbildung der Topographie zum Zwecke der Analyse, der Bewertung oder der Ausbildung und, insoweit sie keine Gewinnerzielungsabsicht haben, Versuchs- und Forschungshandlungen.[8] Auch „reverse engineering“, also die Verwertung einer Topographie, die als Ergebnis einer Analyse einer geschützten Topographie hergestellt wurde, ist erlaubt (§ 6 Halbleiterschutzgesetz).

§ 10 Absatz 1 HalblSchG sieht im Verfall der Verletzung von Schutzrechten nach § 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 1, Nr. 2 HalblSchG Freiheitsstrafe bis zu drei Jahre oder Geldstrafe vor. Vorsatz ist erforderlich. Bei gewerbsmäßiger Begehung sieht Absatz 2 Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahre vor. Der Versuch ist für beide Absätze strafbar. Absatz 2 ist ein Offizialdelikt, Absatz 1 ein (relatives) Antragsdelikt.

Im Jahr 2005 wurden in Deutschland sechs Topographien nach dem Halbleiterschutzgesetz neu angemeldet, im Jahr 2006 zwei, im Vergleich zu 506 Mask work registrations in den USA im Haushaltsjahr 2005.

In Deutschland gab es bis 2008 noch keine einzige gerichtliche Auseinandersetzung um Topographien von Halbleitern. Aus den USA sind im Rahmen des Semiconductor Chip Protection Act (SCPA) von 1984 lediglich die beiden Fälle Brooktree Corp. vs. Advanced Micro Devices, Inc. (1992)[9] und Altera Corporation vs. Clear Logic, Inc. (2005)[10] bekannt, wobei letzterer Fall den Anwendungsbereich des Gesetzes von dem reinen Maskenvergleich (dort geschützte Maske einer anwendungsspezifischen integrierten Schaltung (ASIC)) hin zum funktionalen Vergleich ausdehnt, weil der „bitstream“ (Konfigurationsprogramm) einer programmierbaren logischen Schaltung (PLD) als ausführbare technische Zeichnung einer Maske behandelt wird.[11]

  • Geissler: Halbleiterschutzgesetz / Semiconductor Protection Act. (Textausgabe mit Erläuterungen). Carl Heymanns, 1988.
  • Lehmann: Rechtsschutz und Verwertung von Computerprogrammen. 2. Auflage, 1993.
  • Heilein: Die Bedeutung des Rechtsschutzes für integrierte Halbleiterschaltkreise in der Praxis – Prognose und Probleme eines sondergesetzlichen Schutzes. Peter Lang, 2003.
  • Thomas Hoeren: Der Schutz von Mikrochips in der Bundesrepublik Deutschland: kritische Überlegungen zum Halbleiterschutzgesetz vom November 1987. Waxmann, 1989.
  • Werum: Der Schutz von Halbleitererzeugnissen der Mikroelektronik im deutschen Rechtssystem. 1990.
  • Kucsko: Geistiges Eigentum. Manzsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung, Wien 2003, S. 988–1006.
  • Rinnert: Die neue Customs-IP-Enforcement-Verordnung. GRUR 2014, S. 241.
  • Busse, Keukenschrijver: Patentgesetz. 7. Auflage, 2013.
  • Dreier: Die Entwicklung des Schutzes integrierter Halbleiterschaltkreise, GRUR Int 1987, S. 645.

Einzelnachweise

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  1. RL 87/54/EWG des Rates vom 16. Dezember 1986 über den Rechtsschutz der Topographien von Halbleitererzeugnissen. ABl. EG Nr. L 24 v. 27. Januar 1987, S. 36.
  2. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2648 Rn. 1.
  3. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2649 Rn. 3.
  4. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2649 Rn. 4.
  5. Stand 2022: Kostenmerkblatt des DPMA
  6. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2649 Rn. 8.
  7. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2649 Rn. 6.
  8. Robert Esser, Markus Rübenstahl, Frank Saliger, Michael Tsambikakis (Hrsg.): Wirtschaftsstrafrecht: mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht: Kommentar Mit Steuerstrafrecht und Verfahrensrecht. 1. Auflage. Otto Schmidt, Köln 2017, ISBN 978-3-504-40016-3, S. 2649 Rn. 9.
  9. United States Court of Appeals for the Federal Circuit: Brooktree Corp. v. Advanced Micro Devices, Inc. 977 F.2d 1555 (Memento vom 30. September 2008 im Internet Archive)
  10. United States Court of Appeals for the Ninth Circuit: Altera Corporation vs. Clear Logic, Incorporated uscourts.gov (PDF; 108 kB)
  11. Altera Corp. v. Clear Logic, Inc., 424 F.3d 1079 (9th Cir. 2005). In: casetext. 15. September 2005, abgerufen am 1. September 2022: „Altera’s layout design is more than a mere idea. It is the blueprint for the layout of the semiconductor chip.“