Hans Göppinger

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Hans Göppinger (* 11. April 1919 in Stuttgart; † 5. April 1996 in Tübingen) war ein deutscher Jurist, Psychiater und Kriminologe.

Göppinger[1] machte 1937 das Abitur in Stuttgart und kam dann der Arbeitsdienst- und Wehrpflicht nach. Nach einer schweren Verwundung wurde ihm 1941 ein Bein amputiert. Noch im Lazarett begann er mit dem Studium der Rechtswissenschaft, zwei Semester später zusätzlich mit dem Studium der Medizin. Göppinger war während des Zweiten Weltkrieges an den Universitäten in Tübingen, Freiburg, Göttingen und Heidelberg immatrikuliert. Sein Denken wurde insbesondere von den Heidelberger Wissenschaftlern Karl Jaspers und Kurt Schneider geprägt. Das juristische Staatsexamen machte er noch während des Krieges im März 1945. Die Promotion zum Dr. jur. folgte im Oktober 1946 an der Universität Tübingen. Das medizinische Staatsexamen legte Göppinger im November 1948 an der Universität Heidelberg ab, einen Monat später wurde er ebendort zum Dr. med. promoviert. Die Ausbildung zum Facharzt für Psychiatrie und Neurologie erfolgte in Heidelberg bei Kurt Schneider. Es folgte eine Tätigkeit als Obermedizinalrat beim Gesundheitsamt Stuttgart. 1959 wurde Göppinger Oberarzt an der Universitäts-Nervenklinik in Bonn, wo er sich 1960 an der Medizinischen Fakultät habilitierte und zum Privatdozenten ernannt wurde.

1962 wurde er Ordinarius und Direktor des Instituts für Kriminologie der Universität Tübingen. Dabei handelte es sich um das erste ausschließlich kriminologische Institut in der Bundesrepublik Deutschland. Seinen Tübinger Lehrstuhl hatte er bis 1986 inne. Nachfolger als Lehrstuhlinhaber und Institutsdirektor wurde Hans-Jürgen Kerner.

Bis zum Ende der 1970er Jahre galt Göppinger als der führende deutsche Kriminologe. In seinen Forschungen legte er Wert auf Interdisziplinarität und empirische Herleitung der Aussagen. Damit wandte er sich gegen die (in der damaligen Kriminologie weit verbreitete) frei schwebende Theorieproduktion. Göppinger ist der Erfinder der Angewandten Kriminologie, die sich der Erforschung des Täters – und zwar des einzelnen Täters in seinen sozialen Bezügen – widmet. Er bevorzugte somit die idiographische Methode. Das positivistische Formulieren von gesetzesförmigen Abläufen (nomothetische Methode) bei der Entstehung von Straffälligkeit hielt er für unergiebig. Diese Tradition wird von Michael Bock an der Universität Mainz fortgeführt, der inzwischen auch alleiniger Herausgeber des großen Göppinger-Lehrbuchs ist.

Am Ende seines Wissenschaftlerlebens war Hans Göppinger aus dem Zentrum seiner Fachdisziplin ganz an deren Rand gedrängt worden und ist aus der Lehrbuchkriminologie fast getilgt.

Schriften (Auswahl)

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  • Die gegenwärtige Situation der Kriminologie. Antrittsvorlesung. Mohr (Siebeck), Tübingen 1964.
  • Kriminologie. Eine Einführung. Beck, München 1971, ISBN 3-406-03411-X. (weitere Auflagen: 1973, ISBN 3-406-03557-4; 1976, ISBN 3-406-06655-0; 1980, ISBN 3-406-07343-3)
  • Der Täter in seinen sozialen Bezügen. Ergebnisse aus der Tübinger Jungtäter-Vergleichsuntersuchung. (unter Mitarbeit von Michael Bock, Jörg-Martin Jehle, Werner Maschke). Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1983, ISBN 3-540-12518-3.
  • Angewandte Kriminologie. Ein Leitfaden für die Praxis. (unter Mitarbeit von Werner Maschke). Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1985, ISBN 3-540-13821-8.
  • Life style and criminality. Basic research and its application: criminological diagnosis and prognosis (unter Mitarbeit von Michael Bock, Jörg-Martin Jehle, Werner Maschke). Springer, Berlin/Heidelberg/New York/Tokyo 1987, ISBN 3-540-16688-2.
  • Angewandte Kriminologie – international (als Herausgeber; unter Mitarbeit von Werner Maschke). Forum-Verlag Godesberg, Bonn 1988, ISBN 3-927066-05-2.

Fortführung des Göppinger-Lehrbuchs

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  • Jörg-Martin Jehle, Werner Maschke, Denis Szabo (Hrsg.): Strafrechtspraxis und Kriminologie. Festgabe für Hans Göppinger. 2. erweiterte Auflage. Forum-Verlag Godeberg, Bonn 1990, ISBN 3-927066-25-7.
  • Hans-Jürgen Kerner, Günther Kaiser (Hrsg.): Kriminalität. Persönlichkeit, Lebensgeschichte und Verhalten. Festschrift für Hans Göppinger zum 70. Geburtstag. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1990, ISBN 3-540-52144-5.
  • Michael Bock: Erfahrung und Verstehen. Ein persönlicher Blick auf den Wissenschaftler Hans Göppinger. In: Wissenschaftliche Vereinigung Tübinger Kriminologen e. V. (Hrsg.): In memoriam Hans Göppinger. Kolloquium am 28. September 1996 im Institut für Kriminologie der Universität Tübingen; Tübingen 1996. S. 5–11.
  • Werner Janzarik (Hrsg.): Zum Gedenken an Professor Dr. med. Dr. iur. Dr. h.c. Hans Göppinger (1919 - 1996), Eberhard Karls Univ., Tübingen 1997 (Tübinger Universitätsreden, N.F., Band 24).
  • Hans-Jürgen Kerner, Jörg Kinzig, Rüdiger Wulf (Hrsg.): Zum Gedenken an Prof. Dr. med. habil. Dr. jur. Dr. h.c. Hans Göppinger (11. April 1919 – 5. April 1996). Symposium am 6. April 2019. Tübinger Schriften und Materialien zur Kriminologie, Band 43, Tübingen 2019 (Onlineversion, PDF).

Einzelnachweise

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  1. Zu den biografischen Angaben vgl. Hans-Jürgen Kerner, Günther Kaiser (Hrsg.): Kriminalität. Persönlichkeit, Lebensgeschichte und Verhalten. Festschrift für Hans Göppinger zum 70. Geburtstag. Springer-Verlag, Berlin u. a. 1990, Einleitung, S. XI ff.