Hanseatische Werft

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Hanseatische Werft GmbH ist eine ehemalige Werft in Hamburg-Harburg.

Harburger Dockhafen mit der Hanseatischen Werft

Die Werft geht auf die Renck-Werft (Zitadellenstraße) im Harburger Binnenhafen zurück. Diese geriet 1954 in finanzielle Schieflage, woraufhin der Hamburger Reeder Adolph Gleue, dessen anbezahlter aber unfertiger Neubau auf dem Helgen der Werft lag, die Interessengemeinschaft Gleue Reederei gründete und die Werft übernahm. Nach der Fertigstellung des begonnenen sowie eines weiteren Schiffs gab Gleue die Werft wieder ab und das Konkursverfahren wurde fortgesetzt.

Die Wohldorf (Baunummer 10) als Büroschiff in Wilhelmshaven

Zwei Jahre später errichtete man auf Initiative des Hamburger Reeders J. A. Reinecke die Hanseatische Werft auf dem brachliegenden Gelände. Es wurden ca. 20 See- und Binnenschiffe gebaut, dazu zählten auch die Personenfähren Wohldorf und Pöseldorf für die HADAG vom Typ IIIc. Die Schiffe wurden dieselelektrisch angetrieben und hatten ein am Heck offenes Hauptdeck und auf dem Oberdeck ein abnehmbares Dach aus Aluminium.

Hier entstanden auch die ersten Auto- und Personenfähren von deutschen Werften wie die Holger Danske (3.700 BRT) für eine norwegische Reederei und die Nils Holgersson (3.500 BRT) für die TT-Line. Mit der Indienststellung der (ersten) Nils Holgersson 1962 wurde der regelmäßige und ganzjährige Fährdienst zwischen Travemünde und Trelleborg eröffnet. Das Schiff konnte 650 Passagiere mitführen (300 Bettplätze) und 90 Pkw bzw. 10 Lkw transportieren. Auch das Seebäderschiff Helgoland wurde ursprünglich bei der Hanseatischen Werft begonnen und als Doppelbodensektion zu Wasser gelassen, im Zuge des Konkurses aber bei den Howaldtswerken fertiggestellt.

Die Werft hatte um 1960 sechs Pielstick-Dieselmotoren für Neubauten bei den Ottenser Eisenwerken bestellt und angezahlt. Aufgrund des Zusammenbruchs von deren Muttergesellschaft Schlieker-Werft flossen diese Anzahlungen in die Schlieker-Konkursmasse ein. Infolgedessen geriet die Hanseatische Werft, bei der zuletzt 600 Werftarbeiter beschäftigt waren, in Liefer- und Zahlungsschwierigkeiten und ging im Juli 1962 schließlich in Konkurs.[1]

Bauliste (Auswahl)

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Jahr Baunummer Name Auftraggeber Abmessungen Anmerkungen
1957 1 Delfdijk Delfdijk Rederij, Delfzijl 350 BRT,
45,08 × 3,55 m
Frachtschiff, 1964 niederl. Caravelle, 1972 brit. Ivy-B, 1983 im Golf von Suez gestrandet und gesunken;[2]
1957 2 Alge Geert Slagter, Amsterdam 350 BRT,
45,08 × 3,05 m
Frachtschiff, 1972 niederl. Sea Primo, 2007 guyan. Lady Mary, 2014 guyan. Tri Venie, 2020 in Equasis noch als in Fahrt verzeichnet;[2]
1957 3 Roerdomp E. Wildeman, Pieter Willem & Harm Cornelis, Delfzijl 350 BRT,
45,42 × 3,05 m
Frachtschiff, 1979 panam. Bittern, 1981 panam. Odca, 1984 hond. TQ Boys, 1993 hond. Sand Island, 1995 hond. Odca, 1997 hond. Q Boys, 2001 gesunken;[2]
1957 4 Bambi Damskibsselskabet A/S Bananfart & A/S Gulftrade, Oslo 2723 BRT,
89,37 × 13,59 m
Frachtschiff, 1969 ital. Vioca, 1984 abgewrackt;[3]
1958 6 Palmah ?, Israel 2958 BRT,
95,00 × 13,62 m
Frachtschiff, 1960 Atid, 1979 israel. Palmah, 1986 Mastrogiorgis, 1986 hondur. Nikolaos, abgewrackt;[4][5]
1958 ? Edertal Reederei J. A. Reinecke, Hamburg 2880 BRT Frachtschiff, 1961 Hugo Retzlaff, 1969 vergrößert auf 3048 BRT, 1972 zypr. Tara E., 1977 nach Kollision vor Tanger gesunken;[6]
1959 10 Wohldorf HADAG Seetouristik und Fährdienst, Hamburg 274 BRT,
18,50 × 5,00 m
Personenfähre vom Typ III, 1982 Lady Gabrischa, 1989 Wappen von Büsum, seit 2016 Museumsschiff im Hamburg;[7]
1959 11 Okertal Reederei J. A. Reinecke, Hamburg 2117 BRT,
108,03 × 14,40 m
Kühlschiff, 1968 dt. Calor, 1972 hond. Calor, 1972 griech. Lindaki, 1975 panam. El Podrero, 1987 in Thessaloniki aufgelegt, 1988 abgewrackt;[8]
1960 12 Pöseldorf HADAG Seetouristik und Fährdienst, Hamburg 274 BRT,
18,50 × 5,00 m
Personenfähre vom Typ III, 1996–2011 Trafaria Praia in Lissabon, 2013 Portugiesischer Pavillon auf der Kunstbiennale in Venedig 2013; Verbleib unklar;[7][9]
1960 14 Bodetal Reederei J. A. Reinecke, Hamburg 2117 BRT,
108,03 × 14,40 m
Kühlschiff, 1968 dt. Algor, 1971 hond. Algor, 1972 griech. Ellaki, 1976 panam. El Gaucho, 1982 griech. El Gaucho, 1985 in Piräus aufgelegt, 1988 abgewrackt;[8]
1961 15 Holger Dankske K/S Jens C. Hagen & Co, Oslo 3714 BRT,
109,08 × 15,60 m
Personenfähre zwischen Norwegen und Dänemark, 1989 Friendship, 1989 Wohnschiff für Flüchtlinge in Schweden, 1996 panam. Monte Carlo, 1998 panam. Dolce Vita, 2000 panam. Caribean Serenade, 2001 abgewrackt;[10]
1961 ? Hoisbüttel ? 929 Tonnen,
67,11 × 8,19 m
Tankmotorschiff (Binnenschiff), späterer Name Walter Sperling, 1993 abgewrackt.[11]
1962 18 Nils Holgerssson TT-Line, Lübeck-Travemünde 3843 BRT,
110,01 × 15,27 m
Passagier- und Fahrzeugfähre für Einsatz zwischen Deutschland und Schweden, 1966 Gösta Berlin, 1967 frz. Charter Escapade, 1967 Gösta Berlin, 1968 frz. Charter Escapade, 1968 Gösta Berlin, 1968 verchartert nach Dom. Rep., 1969 verchartert nach Frankr., 1975 finn. Mary Poppins, 1976 griech. Samaina, 1990 abgewrackt;[12]
1962 20 Hansa Express Finnlines, Helsinki 2268 BRT,
88,2 × 15,9 m
Passagier- und Fahrzeugfähre für Einsatz zwischen Deutschland und Finnland, 1966 Finndana, 1967 poln. Gryf, 1981 griech. Eolos, 1995 Agios Vassilios, 2003 abgewrackt.[13]
  • Paul Schroedter, Gustav Schroedter (Hrsg.): 100 Jahre Schiffahrt, Schiffbau, Häfen. Schiffahrts-Verlag „Hansa“, Hamburg 1964.
  • Uwe Hagen: Ehemalige Hamburger Werft. In: Schiffahrt international, 2/1999, S. 28–29, Schiffahrts-Verlag „Hansa“, Hamburg.

Koordinaten: 53° 28′ 6,1″ N, 9° 59′ 10,7″ O

Commons: Hanseatische Werft – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Die Löhne können nicht mehr ausbezahlt werden. In: Hamburger Abendblatt, 27. Juli 1962
  2. a b c Hanseatische Werft GmbH, bei marhisdata.nl
  3. 1957 MS Bambi (1) (OSL388195701), bei skipshistorie.net
  4. Nikolaos, bei shipvault.com
  5. Nikolaos, IMO 5269168, bei balticshipping.com
  6. Hugo Retzlaff, bei shipsnostalgia.com
  7. a b Arnold Kludas: Hundert Jahre HADAG-Schiffe 1888–1988, Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 1988, ISBN 3-7822-0446-8, S. 74
  8. a b Karl-Heinz Hilbig, Karsten Kunibert Krüger-Kopiske: Die deutsche Kühlschifffahrt / German Reefer Shipping, Koehlers Verlagsgesellschaft, Herford 2020, ISBN 3-7822-1380-7, S. 301
  9. Luís Miguel Correia: Lisbon and its Ferries. In: Joana Vasconcelos: Trafaria Praia, Babel/Verbo, Lissabon 2013, ISBN 978-972-22-3098-8, S. 35–40
  10. M/S Holger Danske, bei faktaomfartyg.se
  11. Walter Sperling – TMS – 04019980, bei binnenschifferforum.de
  12. F/B Samaina, bei adriaticandaegeanferries.com
  13. M/S Hansa Express, bei faktaomfartyg.se